Krise und Konflikt auf der koreanischen Halbinsel Dr. Sebastian Harnisch, Universität Trier 1. Einführung 2. Die innerkoreanische Annäherung

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Transkript:

Krise und Konflikt auf der koreanischen Halbinsel Dr. Sebastian Harnisch, Universität Trier 1. Einführung 2. Die innerkoreanische Annäherung 1. Der Gipfel im Juni 2000 2. Stagnation seit 2002 3. Die Zuspitzung des Nuklearkonflikts 1. Genese und Entwicklungsstand 2. Die Zuspitzung 2003 4. Derzeitige Situation und Ausblick

Die koreanische Halbinsel: Prisma der internationalen Politik Kollidierende Großmachtinteressen seit Beginn des 20. Jahrhunderts Verbreitung von Massenvernichtungswaffen Humanitäre Krise durch nordkoreanische Hungersnot Zweifacher Transitionsprozess: Konsolidierung der Demokratie in Südkorea Systemversagen in Nordkorea

Großmachtinteressen auf der koreanischen Halbinsel 37.000 US-Truppen in ROK 47.000 US-Truppen Japan

Kleine Geschichte der innerkor. Annäherung Kontakte auslösende Faktoren Juli 1972: Gemeinsame Erklärung Herbst 1991: Innerkoreanische Erklärungen Juni 1994: Vorschlag f. Gipfeltreffen Entspannungspolitik der Großmächte Auflösung der Sowjetunion Lösung für nordkoreanisches Nuklearwaffenprogramm

Zentrale Faktoren für die innerkoreanische Annäherung 1998-2001 Nordkoreanisches Systemversagen Südkoreanische Systemkonsolidierung Zusammenbruch der Lebensmittelversorgung Wachsende Zahl von Überläufern Wahl eines Oppositionspolitikers Kim Dae-jung zum Präsidenten Reform und Konsolidierung nach Finanzkrise 1997/98 Innerkoreanische Entspannung

Nordkoreanische Produktion, 1992-1996 (Angaben in US$ Mio.) 1992 1993 1994 1995 1996 Gesamt 20,875 20,935 15,421 12,802 10,588 Agrar 7,807 8,227 6,431 5,223 4,775 Industrie 4,551 4,689 3,223 2,228 1,556 Bau 1,315 1,256 910 819 508 Andere 7,160 6,762 4,858 4,532 6,748 Nordkorean. Angaben gegenüber IMF, Quelle: M. Noland, Avoiding the Apocalypse, Washington, DC 2000, Tab. 3.2.

Quelle: Noland 2003: http://www.iie.com/publications/wp/2003/03-5.pdf

Quelle: Noland 2003: http://www.iie.com/publications/wp/2003/03-5.pdf

Nordkoreanische Wirtschaftsreformen, Juli 2002 1998: Verfassungsänderung: Art. 33 betont bereits Bedeutung von Kosten, Preisen und Profiten Juli-Reformen 2002: dramatische Preiserhöhung für Grundnahrungsmittel => Anreiz für Produktionserhöhung Dramatische Abwertung der nordkor. Währung gegen US $ => Anreiz für Außenhandel Legalisierung von Märkten => neben Fortbestehen des öffentlichen Zuteilungssystems führt dies zu Verbesserung der Versorgungssituation Wachsender Ungleichheit in Gesellschaft Ausgabe einer Staatsanleihe (People s Life Bond) => Refinanzierung der Lohnerhöhungen

Demokratisierungsprozess in Südkorea 1985-2002 1987 Wahl Roh Tae -woo 1993 Wahl Kim Young-sam 1997 Wahl Kim Dae-jung 2002 Wahl Roh Moo-hyun? 1985 Transition beendet 1990 1995 2000 2005

Bruttoinlandsprodukt Südkoreas, 1994-2000 600 500 400 300 200 BIP in US$ Mrd. 100 0 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 Quelle: http//www.mofe.go.kr/eng/e-es_2000000000.htm

Arbeitslosenzahl Südkoreas, 1994-2000 1600 1400 1200 1000 800 600 400 200 0 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 Jan 01 Arbeitslosenzahl in Tausend Quelle: http//www.mofe.go.kr/eng/e-es_2000000000.htm

Die Sunshine-Policy des südkoreanischen Präsidenten Kim Dae-jung Prinzipien: Keine Tolerierung bewaffneter oder sonstiger Provokationen des Nordens Keine wie auch immer geartete Absorption des Nordens durch den Süden Förderung von Kooperation und Austausch zwischen beiden koreanischen Staaten Ziele: Angesichts der wirtschaftlichen Schwäche Südkoreas einen Kollaps Nordkoreas vermeiden, Kosten für zukünftige Wiedervereinigung reduzieren Die aufgrund der Wirtschaftskrise geschwächte innenpolitische Legitimität auf dem Feld der Vereinigungspolitik verbessern

Die Genese des innerkoreanischen Gipfels vom Juni 2000 (I) Februar 1998: Kim Dae-jung wird südkoreanischer Präsident => Sonnenscheinpolitik April 1998: Verhandlungen über Düngemittel und Familienzusammenführung scheitern => Südkorea erleichtert Nordkoreahandel Juni 1998: Rindertanz des Hyundai-Gründers Chung Juyung Juli 1998: militärische Zwischenfälle August 1998: Abschuss einer nordkoreanischen Langstreckenrakete Oktober 1998: Chungs zweite Rinderreise ermöglicht Mt. Kumgang-Tourismusprojekt

Die Genese des innerkoreanischen Gipfels vom Juni 2000 (II) Februar 1999: nordkoreanische Initiative für bilaterale Gespräche März: nordkoreanische fact-finding-mission in Kanada April-Juni 1999: innerkoreanische Verhandlungen: Thema Düngemittel gegen Familienzusammenführung 15. Juni 1999: kleineres innerkoreanisches Seegefecht Januar 2000: Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen Italien-DVRK 9. März 2000: KDJs Berliner Deklaration 17. März 2000: bilaterale Vorbereitungstreffen in Shanghai 8. April 2000: Vereinbarung über Gipfeltreffen

Kooperation und Konflikt auf der koreanischen Halbinsel, 15. Juni 1999 Mt. Kumgang Tourismus-Schiffstour DVRK-ROK Seegefecht (30 nordkoreanische Seeleute getötet)

KDJs Berliner Deklaration: Lessons of German Unification and the Korean Question Angebote: Wirtschaftliche Kooperation soll über Privatsektor hinaus auch Infrastruktur (Strassen, Kommunikation, Energie) umfassen Rechtliche Rahmenbedingungen für vertiefte wirtschaftliche Kooperation schaffen Umfassende Hilfe zur Steigerung der Agrarproduktion (Reform + Dünger) Maßnahmen: Keine Vereinnahmung des Nordens durch den Süden Familienzusammenführung Austausch von Sondergesandten zur Durchführung der Gemeinsamen Erklärung von 1991

Ergebnisse des innerkoreanischen Gipfels I diplomatisch-politischer Dialog: weiteres Gipfeltreffen (-) Harmonisierung der Vereinigungskonzepte (-) Einstellung der Lautsprecherpropaganda (+) Arbeitstreffen auf Ministerebene: 12 Ministerrunden; 1 Verteidigungsminister (+-) 2 Rot-Kreuz-Gespräche (+) Reetablierung eines Liaison-Büro (-) Südkoreanische Unterstützung für nordkoreanische Beitrittsbestrebungen in int. Organisationen/multilateralen Foren (+-) humanitäre Angelegenheiten: Familienzusammenführungen (+) Rückführung 63 nordkoreanischer Spione (September 2000) Verbesserte Kommunikation (Briefwechsel, Telefon, Medienberichterstattung) (+-) Austausch von Sportlern und Künstlern (+)

Ergebnisse des innerkoreanischen Gipfels II Vertrauensbildende Maßnahmen im militärischen Bereich: Verteidigungsminister-Treffen September 2000 Drei Arbeitsgruppentreffen über Seoul-Shinuiju-Linie DVRK erkennt partiell Waffenstillstandsvereinbarung an Einrichtung eines Heißen Drahtes Vereinbarung über VSBM während der Minenräumarbeiten in DMZ für Strassen- und Bahnverbindung (Februar 2001) bisher keine Unterzeichnung Nordkorea verlängert Raketentestmoratorium (Mai 2001)

Ergebnisse des innerkoreanischen Gipfels III: Wirtschaft Verbesserung der rechtlichen Grundlagen des innerkoreanischen Handels Etablierung eines Committee for the Promotion of Inter- Korean Economic Cooperation Investitionsgarantieabkommen Doppelbesteuerungsabkommen Vereinbarung über Streitbeilegung zwischen Unternehmen Vereinbarung über Öffnung von Clearing accounts 600.000 t Getreide auf Kreditbasis; 100.000 t Dünger (vor Gipfel 200.000t) Verbesserung der Infrastruktur durch Straßen- und Bahnverbindung (Seoul-Shinuiju-Linie) Hyundai Asan-DVRK Kaesong Industriekomplex-Projekt

Gründe für den Wandel der nordkoreanischen Südkoreapolitik Offizielle Kontakte werden südkoreanische Wirtschaftshilfe + Investitionen beflügeln Kooperation mit ROK verbessert Gesprächsklima mit USA/J Kim Jong-Il hat Herrschaft konsolidiert Zusammenbruch der Nahrungsmittelversorgung durch int. Hilfe verhindert Regimesicherheit kann durch Nuklearprogramme hergestellt/verbessert werden

Teil II: Der Konflikt um die nordkoreanischen Nuklearprogramme Vorbemerkungen Stark militarisierte Konfliktsituation (Koreakrieg) mit erheblichem Eskalationspotential Regionale Destabilisierung durch eine Nuklearmacht Nordkorea (Anreize für Japan, Südkorea, Taiwan) Interregionale Stabilität durch Export von Massenvernichtungswaffen (Indien/Pakistan; Naher/Mittlerer Osten: Iran, Syrien, Jemen, Ägypten, Libyen) Globale Stabilität des Nichtweiterverbreitungsregimes gefährdet

Reichweiten des nordkoreanischen Langstreckenraketenprogramms und der durch Nordkorea unterstützten Programme (Auswahl) http://www.ceip.org/files/projects/npp/powerpoint/cirincione/decliningmissilethreat/img016.gif

Nordkoreanisches Nuklearwaffenpotential Projektion 2003-2009 Anlagen Nuklearwaffenkapazität/Zeitraum Entnahme 1989-1991 Wiederaufbereitung 8.000 Brennstäbe Februar 2003: 1-2 Sprengköpfe vermuteter Bestand September 2003: 4-5 Sprengköpfe 5 MW-Reaktor Januar 2004: pro Jahr 1-2 Sprengköpfe Urananreicherung Ab 2005: 2-6 Sprengköpfe pro Jahr 50 und 200 MW-Reaktor Ab 2009 ca. 50 Sprengköpfe pro Jahr

Genese des nordkoreanischen Plutoniumprogramms Entwicklung auslösende Faktoren Ab 1965: Kooperation mit SU, Bau eines Forschungsreaktors Ab Herbst 1975: Beschleunigung: Bau eines 5 MW-Reaktors; Uranforschung 1985 NVV-Beitritt 1989-1991: Entnahme von abgebr. Brennstäben zur Wiederaufbereitung => Sprengkopfproduktion US-Drohung mit A-Waffen in Koreakrieg; Kubakrise US-Abzug aus Vietnam; ROK erwägt A-Waffen Wende in sowjet. Außenpolitik Ende des OWK: Verlust traditioneller Bündnispartner

Faktoren für erste innerkoreanische Eindämmungsversuche 1991-1992 Innerkoreanische Entwicklung Ende des Ost-West-Konflikts Nordkoreas Verlust traditioneller Bündnispartner Nordpolitik Roh Tae Woos Veränderung der Koreapolitiken VR China und SU Abzug US-Atomwaffen Sept. 1991 Innerkoreanische Entspannung Denuklearisierungsabkommen 31.12. 1991

Genese des Plutoniumprogramms: Krise von 1994 30. Januar 1992: Nordkorea paraphiert IAEA- Inspektionsabkommen Ab Mai 1992: erste IAEA-Inspektionen überprüfen nordkorean. Angaben (150-seitige Liste), stellen erhebliche Abweichungen fest mehrere Entnahmen von Spaltmaterial Aufbereitung von mehr als 100 gr. 25. Februar 1993: IAEA-Gouverneursrat fordert Sonderinspektionen innerhalb eines Monats 12. März 1993: KDVR erklärt Austritt aus NVV 11. Mai 1993: UN-SR legitimiert bilaterale Verhandlungen 11. Juni 1993: KDVR suspendiert NVV-Austritt nach Verhandlungen mit USA für Zeitraum der Gespräche

Genese des Plutoniumprogramms: Krise von 1994 März 1994: nach bilateralen Verhandlungen erste IAEA-Inspektionen => erneute Abweichungen April 1994: KDVR kündigt Entnahme von 8.000 Brennstäben an; USA verlegen zusätzliche Truppen nach ROK Ende Mai 1994: KDVR entnimmt Brennstäbe ohne IAEA Aufsicht Juni 1994: USA kündigen Sanktionspolitik in UN an und drohen (inoffiziell) bei Wiederaufbereitung mit Präemptivschlag 15.-16. Juni 1994: Vermittlungsmission Jimmy Carters KDVR friert sein Plutoniumprogramm ein und lässt IAEA überwachen USA kompensieren Energieausfall und organisieren Bau von modernen Reaktoren 21. Oktober 1994: Genfer-Rahmenabkommen zwischen USA und KDVR

Zeitraum Nordkoreanische Verpflichtungen Verpflichtungen der USA und ihrer Verbündeter Okt. 1994 - Jan. 1995 Jan. 1995 - März 1995 April 1995 Einfrierung der bestehenden Reaktoren (durch Nordkorea) Einfrierung der im Bau befindlichen 200 MW u. 50 MW- Reaktoren Sichere Lagerung der 8.000 abgebrannten Brennstäbe Handels- u. Investitionsbeschränkungen reduziert Öffnung von Liaison-Vertretungen Ad-hoc u. reguläre Inspektionen der IAEO auf nichteingefrorenen Nuklearanlagen (durch IAEO) Bereitstellung von 50.000 t Schweröl Handels- u. Investitionsbeschränkungen reduziert Etablierung des Nuklearkonsortiums Korean Peninsula Engery Development Organization" Öffnung von Liason-Vertretungen Juli 1995 - Jan. 1996 Bauplatzerschließung für LW-Reaktoren (durch KEDO) Beginn des Baus d. ersten LW-Reaktors (durch KEDO) Oktober 1999 Vollständige IAEO-Inspektionen, inkl. Special inspections an nicht-deklarierten Standorten Abschluss eines nuklearen Kooperationsabkommens 2005 Beginn Auslagerung der 8.000 abgebrannten Brennstäbe Ende Auslagerung der Brennstäbe Inbetriebnahme LW-Reaktor 1 2006 Abbau aller sensitiven Nuklearanlagen: radiochemisches Labor Inbetriebnahme LW-Reaktor Bezahlung für LW-Reaktoren u. nuklearen Brennstoff Abschluss eines nuklearen Kooperationsabkommens Bereitstellung von kritischen Nuklearkomponenten für ersten LW-Reaktor (durch USA) Weiterführung des Baus von LW-Reaktoren I und II Ende Auslagerung der Brennstäbe Inbetriebnahme LW- Reaktor 1 Abbau aller sensitiven Nuklearanlagen: radio-chemisches Labor Inbetriebnahme LW-Reaktor 2 Bereitstellung von nuklearen Brennstoffen für LW-Reaktoren

Faktoren für Erosion des multilateralen KEDO-Prozesses 1995-2002 Nordkoreanisches Systemversagen Veränderung der US-Politik WMD-Potential wird zu Wirtschaftsfaktor Wachsendes Misstrauen wg. Durchsetzungsdefizit Militärische Provokationen Innenpolitische Kritik führt zu Ausweitung des Forderungskatalogs Provokationen führen zu Rückschlägen Steigende Finanzierungslasten Ausweitung und Erosion des Normalisierungsprozesses

Genese des Plutoniumprogramms: Konfrontation und Kooperation 1998-2000 31. August: Test einer nordkoreanischen Mittelstreckenrakete über Japan Herbst 1998: Beginn des Perry-Prozesses zur Normalisierung der Beziehungen Mai 1999: bilaterales Besuchsregime für Verdächtigen Nuklearstandort Kumchang-ri 15. Juni 1999: kleineres innerkoreanisches Seegefecht September 1999: Berliner Vereinbarung über vorläufigen Raketenteststopp Juni 2000: innerkoreanischer Gipfel Oktober 2000: Vizemarschall Cho in Washington; US-AM Albright in Pjöngjang November 2000: Scheitern einer Vereinbarung über Beendigung des nordkoreanischen Raketenprogramms im US-Wahlkampf

Die Haltung der Bush-Administration gegenüber Nordkorea charakterisiert durch Gegensatz zwischen Falken und Tauben, wenige Eulen => instabiler Kompromiss über Fortführung der Einbindungspolitik stetige Ausweiterung der Anforderungen für Aufnahme von bilateralen Gesprächen starke rhetorische Verurteilung des Regimes Militarisierung der Nichtweiterverbreitungspolitik für MVW Nuclear Posture Review (01/2002) Rumsfeld Pressekonferenz (09/2002): Keine Präemptivschläge gegen Nuklearstaaten Nationale Sicherheitsstrategie 2002 (09/2002) Präemptivschläge gegen nordkoreanische MVW-Exporte (11/2002)

Entwicklung der amerikanisch-nordkoreanischen Beziehungen Juni 2000 - Dezember 2002 Korea- Gipfel 13.-15.06. 2000 US-ROK Gipfel 7.03.2001 Achse des Bösen 29.01.2002 innerkoreanische Seegefechte 06/02 nordkorean. Beichte Nuklearprogr.10/02 NVV-Austritt 10.01.2003 WTC Attacke 11.09. 2001 Konfrontation Kooperation Juni 2000 Januar 2001 Juni 2001 Januar 2002 Juni 2002 Januar 2003?

3. Genese des nordkoreanischen Urananreicherungsprogramms Entwicklung auslösende Faktoren Ab 1997: Kooperation mit Pakistan, Import aus RSFR, VR China Ab 2001: intensive Beschaffungs- und Bautätigkeit Oktober 2002: eingeschränktes Eingeständnis Schleppende Implementierung des KEDO-Prozesses Verschärfung der US- Politik? Aufwertung der KDVR- Verhandlungsposition

Zuspitzung der Nuklearkrise Jan. - Febr. 2003 6. Januar 2003: Einstimmige Verurteilung durch IAEA- Gouverneursrat 10. Januar 2003: KDVR erklärt sofortigen NVV-Austritt, sagt aber friedliche Nutzung der Nuklearanlagen zu 29. Januar 2003: Verlegungsaktivitäten zwischen Brennstäbelager und Wiederaufbereitungsanlage werden bekannt 5. Februar 2003: KDVR erklärt Wiederinbetriebnahme des 5 MW- Reaktors 18. Februar 2003: Nordkorea droht Aufkündigung der Waffenstillstandsvereinbarung an 25. März 2003: 5-MW-Reaktor wird gestartet 11. April: Nordkorean. Austritt aus NVV tritt in Kraft

Zuspitzung der Nuklearkrise Februar bis Mai 2003 23.-25. April Nordkorea erklärt während trilateralen Gesprächen in Peking Es sei im Besitz von zwei Nuklearwaffen Es habe die Wideraufbereitung von Plutonium begonnen Es könne auch Nuklearmaterial/Nuklearwaffen exportieren Es werde eine Nuklearwaffe testen Desweiteren legte der Norden einen bold approach vor, der die Aufgabe KDVR-Nuklearwaffen vorsieht nach dem Usa Nicht-Angriffspakt unterzeichnet hat USA und Japan diplomat. Beziehungen voll normalisiert hat Zwei LWR fertiggestellt wurden Und weitere Energielieferungen erfolgt sind 12. Mai 2003: KDVR kündigt innerkoreanisches Denuklearisierungsabkommen auf mit der Begründung, dass es durch US-Nuklearwaffen bedroht ist und Abschreckung benötigt

Zuspitzung der Nuklearkrise: Juli bis heute 14. Juli: Medien berichten erstmals von Krypton 85-Fund, Abfallprodukt der Wiederaufbereitung 26.-28. August: Sechs-Parteiengespräche Nordkorean. Delegation trägt abermals bold approach droht erst nach erfolglosem Abschluß mit mit Nukleartest 2. Okt.: DVRK behauptet erfolgreiche Wiederaufbereitung aller Brennstäbe 16. Okt. DVRK droht Nukleartest an 29.-31. Oktober: Chines. Delegation unter Wu Banguo erwirkt nordkorean. Einwilligung für weitere 6-Parteiengespräche (=>Dez.) 7 Nov.: Nordkorean. Botschafter in London: Nukleare Abschreckung ist einsatzbereit, aber DVRK bereit Abstriche bei formale Nichtangriffserklärung zu machen

Ausblick I Öffnung Nordkoreas ist durch taktische Konzessionen gekennzeichnet, weil grundlegende Reformen die interne Machtbalance erschüttern würden Konflikt um Nuklearprogramm ist entscheidend für Fortführung des Entspannungsprozesses Zeit für kooperative Lösungen in Nuklearfrage und Raketenfrage läuft ab US-Allianzbeziehungen zu Südkorea stark beeinträchtigt Starke Wechselwirkung zur Konfliktentwicklung im Irak und Iran!

Ausblick II Eine weitere militärische Krise auf der koreanischen Halbinsel ist wahrscheinlich nordkoreanische Systemstabilität hängt an aggressiver Haltung gegenüber Nachbarn gewichtige Minderheit in Bush-Administration setzt auf Bestrafung Nordkoreas und vorzügliche Ersatzbedrohung für die VR China die Rolle anderer Akteure/Institutionen ist schwach: Südkorea: wachsende Unzufriedenheit der Bevölkerung Ausgang der Präsidentschaftswahlen Stabilität der Regierung Japan: außenpolitische Initiative durch Entführungsproblematik blockiert Europa: strategisch überfordert

Sicherheitspolitische Entwicklungspfade eines vereinigten Koreas USA US-Allianzbindung Multilaterale Allianzbindung (USA-J) Vereinigtes Korea Neutralität (+ Atomwaffen) Multilaterale Konfliktregulierung oder Gleichgewichtssystem Neutralität (+ multilaterale Garantien) VR China Allianzbindung an VR China

www.sebastian-harnisch.de Dr. Sebastian Harnisch FB III/Politikwissenschaft Universität Trier