Rubus teuni spec. nov. - der Taunus-Brombeerstrauch - eine weitere Rubus-Art der Serie Vestiti (Focke) Focke

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Transkript:

Osnabrücker Naturwissenschaftliche Mitteilungen Band 23, S. 305-313, 1997 Rubus teuni spec. nov. - der Taunus-Brombeerstrauch - eine weitere Rubus-Art der Serie Vestiti (Focke) Focke Wieland Schnedler & Harald Großheim Kurzfassung: Es wird eine Brombeerart (Gattung Rubus, Rosaceae) der Subsektion HiemaJes E. H. Krause, Serie Vestiti (Focke) Focke neu beschrieben und abgebildet. Die Art kommt in Deutschland in Hessen (Taunus) und Rheinland-Pfalz (E-Hunsrück) vor. Weitere Aussagen werden zur Ökologie und Abgrenzung zu ähnlichen Arten gegeben. Abstract: A new bramble species (Rubus, Rosaceae) of the Subsection HiemaJes E. H. Krause, Serie Vesti (Focke) Focke is described and illustrated. The species is recorded from Germany, Hesse (Taunus) and Rhineland-Palatinate (S-Westerwald). Information is also given on ecology and differences with related species. Key words: Rosaceae, Rubus, taxonomy, distribution, Hesse, Germany. Autoren: H. Großheim, Eisenborner Str. 2 Haus 833, 0-65929 Frankfurt am Main-Höchst; W. Schnedler, Wiesenstraße 2, 0-35614 Aßlar-Bechlingen 1 Einleitung Seit 1968 bemüht sich der Erstautor im Zuge einer allgemeinen "Floristischen Kartierung" in Hessen auch die Vertreter der Gattung Rubus zu erfassen. Daß dies keineswegs einfach war und ist, belegt allein die große Zahl von nomenklatorischen Klärungen und Neubeschreibungen von Taxa dieser Gattung, welche im Laufe der letzten Jahrzehnte durch den Jubilar Heinrich E. Weber erfolgten. Durch die vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem Erstautor konnte H. E. Weber für diese Arbeit vielfach auf in Hessen gesammeltes Herbarmaterial zurückgreifen. Aber noch sindjängst nicht alle in Hessen als eigenständig erkannten Rubus-Sippen wissenschaftlich beschrieben und benannt. Auf einige von ihnen machte der Zweitautor in seiner Arbeit (Großheim 1995) bereits mit vorläufiger Namensgebung aufmerksam. Unter diesen soll hier der.taunus-brombeerstrauch" zur Neubeschreibung vorgezogen werden. 2 Rubus teuni Schnedler & Großheim spec. nov. (Abb. 1, 2 u. 3) Beschreibung: Turio humile arcuatus faciebus planis vel convexis, 3-6 mm diametro, pilis singulis fasciculatibusque ± dense pilosus, pilis stellulatis paucis, glandulis stipitatis 20-50 pro 1 cm lateris inaequalibus (pro maxima parte 0,5-1,0 mm, singulis usque ad 1,5 mm) et gibbis aculeolis- 305

Wieland Schnedler & Harald Großheim Osnabrücker Naturwiss. Mitt. 23 1997 o HERBAR WIELANf) SCHNEOI..ER 571(,/4-~} /400/96 Rubus laun! Dom. pro\!. Foratweqr-enc "Untere ÖdIJIU)" SC CJaahtilten 301.;5 FEl[)Bf.RG-TAUNUSKAI+'l 5716/433; 34. S966, SS.634S 20.09.1996 w.ecrmedler Blüten und Staubfäden rot, Schaßling,,~spjlzcn antbozvan... HOlOTYPUS Abb. 1: Rubus tauni Schnedler & Großheim, Holotypus. Foto: U. Schwieger 1997 306

Taunus-Brombeerstrauch Abb. 2: Rubus teuni bei Langenhain (Taunus),Schößling. Foto: H. Großheim 1994 que paucis vel numerosis obsitus. Aculei 10-25 pro 5 crn, leviter vel non reclinati, recti velleviter curvi, rari paulum ensiformes, graciles, parum inaequales, 3-7 mm longi. Folia pedate 5-nata, supra perviridia cum 30-100 pilis pro crn", subtus velutina pilibus micanti bus, qui sensu percipi possunt, nullis pilis stellulatis obsita. Foliolum terminale breviter petiolatum (Iongitudo petioluli ca. (22-)24-34 % longitudinis laminulae), e basi cordata leviter elongate obovatum, subaprupte acuminatum cum apice (11-)13-16(-20) mm longo, dentis mucronatis humilibus, dentibus principalibus paulo longioribus excurvatis 1-2 mm alte serratum. Foliola infima 2-5 mm petiolulata. Petiolus aequilongus vel longior foliola infima, dense et patenter pilosus praeterea pilis stellulatis obsitus, glandulis stipitatis numerosis setisque, 8-18 aculeis gracilibus rectis vel leviter curvatis mediocriter reclinatis 3-4 mm longis. Stipulae filiformes. Folia apicales turionis badia. Inflorescentia conica apice densifloro obtuso ramulis ascendentis saepe a basi dividuis, usque ad 5-10 cm infra apicem efoliosa. Folia suprema una aut dua indivisa, folia inferiora 3- nata foliis terminalibus e basi cordata elongate obovatis vel ellipticis, foliolis lateralibus 1-3 mm petiolulatis. Folia inflorescentiae subtus viridia aut canoviridia. Rachis patenter pilosa praeterea pilis stellulatis et glandulis stipitatis inaequalibus 0,3-1,5 mm longis mediocriter dense obsita. Aculei longiores 8-15 pro 5 cm, graciles, leviter reclinati, pro maxima parte recti, inaequales, 3-5 mm longi, aculeolis et setis (pro parte glanduliferis) immixtis. Pedicelli 6-15 mm longi, tomentosi et patenter pilosi, mediocriter dense glandulis stipitatis inaequalibus 0,2-1,0 mm longis obsiti. Aculei pedicelli 0-5, vix vel mediocriter reclinati, graciles, plerique recti, 2,0-3,5 mm longi, praeterea saepe setis paucis glanduliferis. Calyx ex 5-6 sepalis compositus. Sepala externe canoviridia tomentosa glandulis stipitatis obsita et aculeolis gracilibus setisque glanduliferis armata, in florae ± paten- 307

Wieland Schnedler & Harald Großheim Osnabrücker Naturwiss. Mitt. 23 1997 Abb. 3: Rubus tauni bei Langenhain (Taunus),Blütenstand. Foto: H. Großheim 1994 tia, in fructu erecta. Corolla ex 5-6 petalis compositus. Petala rosea obovata vel elliptica 7-10 mm longa. Filamenta staminorum rosea. Stamina stylos virides vel in basi roseos superantia. Antherae glabrae. Ovaria dense breviter pilosa. Receptaculum dense pilosum. Rubus e sectione Rubus, subsectione Hiemales E. H. Krause, serie Vestiti (Focke) Focke. Crescit in Germania praecipue in monte Tauno (Hassia), ut nomine indicatur, et rarius in regionibus adiacentibus. Typus : 400/96, Forstwegrand "Untere Ödung" SE Glashütten, 301.3 Feldberg- Taunuskamm, Hessen, Deutschland, 5716/ 433, 34.5966, 55.6345, leg.: W.Schnedler 20.09.1996. Holotypus: F, Isotypi: Herbarium Wieland Schnedler, JE, KA. Schößling flachbogig bis niederliegend, stumpfkantig mit flachen oder gewölbten Seiten, 3-6 mm dick, mäßig bis sehr dicht mit einfachen und gebüschelten, ungleich langen Haaren, dazu etwas sternflaumig, mit 308

Taunus-Brombeerstrauch 20-50 ungleich 0,3-1,0(-1,5) mm langen Stieldrüsen pro cm Seite besetzt. Stacheln unterschiedlich lang und mit wenigen bis zahlreichen Übergängen zu Stachelhöckern und Drüsenborsten, oder Schößling fast gleichstachelig. Größere Stacheln zu 10-25 pro 5 cm, schlank, senkrecht abstehend oder mäßig geneigt, schwach gekrümmt oder gerade, einzelne auch leicht durchgebogen, 3-7 mm lang, kanten- und seitenständig. Blätter fußförmig 5-zählig, oberseits dunkelgrün, mit 30-100 Haaren pro crn", unterseits von dichter, nervenständiger, schimmernder Behaarung samtig weich. Endblättchen (22-)24-34% gestielt, aus (tief) herzförmiger Basis, schwach umgekehrt verlängert eiförmig, oft mit annähernd geraden und fast parallel verlaufenden Seitenrändern und dann im Umriß von andeutungsweise rechteckiger Grundform, mit etwas abgesetzter, (11-)13-16(-20) mm langer Spitze. Serratur mit flachen, aufgesetzt bespitzten Zähnen, weit, wenig oder deutlich periodisch mit längeren, auswärts gekrümmten Hauptzähnen, 1-2 mm tief. Untere Seiten blättchen 2-4(-5) mm lang gestielt. Blattstiel etwa so lang wie die unteren Seitenblättchen, dicht abstehend behaart, dazu mit Sternhaaren, (mäßig) dicht stieldrüsig und stachelborstig. Größere Stacheln zu 8-18, nadelig, mäßig geneigt, gerade oder schwach gekrümmt, 3-4 mm lang, dazu einzelne bis zahlreiche kleinere Stachelchen und Stachelborsten. Junge Blätter an der Schößlingsspitze durch Anthocyanfärbung bräunlich. Blütenstand konisch" stumpf endend, mit aufsteigenden, häufig schon am Grunde geteilten, rispigen, (3-)7-9(-13)-blütigen Ästen, zur Spitze hin gedrängtblütig, oben auf 5-10 cm unbeblättert. Die oberen 1-2 Blätter einfach, die unteren 3-zählig mit aus herzförmigem Grunde verlängert umgekehrt eiförmigen oder elliptischen Endblättchen und 1-3 mm lang gestielten Seitenblättchen. Blätter im Blütenstand unterseits filzlos grün, bei Pflanzen an vollsonnigen Standorten gelegentlich graugrün filzig. Achse dicht anliegend stern haarig und dazu mit langen, abstehenden Haaren, mäßig dicht mit ungleich 0,3-1,5 mm langen Stieldrüsen besetzt. Größere Stacheln zu 8-15 pro 5 cm, schlank bis nadelig, schwach geneigt, ± gerade, ungleich 3-5 mm lang, dazu einzelne bis zahlreiche kleinere Stachelchen und (Drüsen-) Borsten. Blütenstiele 6-15 mm lang, dicht und wirr kurz sternhaarig, (fast) ohne längere Haare, mit zahlreichen, die Behaarung weit überragenden, ungleich 0,2-0,7(-1,0) mm langen Stieldrüsen. Stacheln zu 0-5, kaum oder mäßig geneigt, nadelig, ± gerade, 2,0-3,5 mm lang, dazu häufig einige Drüsenborsten. Perianth 5-6-zählig. Kelche graugrün, filzig, stieldrüsig, mit zarten Stachelchen und Drüsenborsten besetzt, zur Blütezeit ausgebreitet, an der Sammelfrucht aufgerichtet. Kronblätter rosa, umgekehrt eiförmig oder elliptisch, 7-10 mm lang. Filamente rosa, Staubblätter länger als die grünen, am Grunde teilweise geröteten Griffel. Antheren kahl. Fruchtknoten dicht kurzhaarig. Fruchtboden dicht behaart. Art der Gattung Rubus L., Subsection Hiemales E. H. Krause, Serie Vestiti (Focke) Focke. Der Namen leitet sich von dem in Hessen (Deutschland) gelegenen MitteIgebirgszug Taunus (Teil des Rheinischen Schiefergebirges) ab. Ähnliche Arten: Verwechslungen könnte es vor allem mit Rubus vestitus Weihe und Rubus pannosus P J. Müller & Wirtgen geben, die ebenfalls im Taunus vorkommen, rosa blühen und sich durch samtige Unterseiten (wie Omas Plüschsofa) der Schößlingsblätter auszeichnen. Rubus vestitus hat aber umge- 309

Wieland Schnedler & Harald Großheim Osnabrücker Naturwiss. Mitt. 23 1997 kehrt eiförmige bis kreisrunde Schößlings- Endblättchen und keine anthozyan gefärbten Schößlingsspitzen, die Kelchblätter sind an der Frucht zurückgeschlagen. Rubus pannosus hat zwar wie Rubus tauni anthozyan gefärbte Schößlingsspitzen, aber u.a. zur Fruchtzeit zurückgeschlagene Kelchblätter, völlig rote Griffel und keinen mehr oder weniger heteracanthen Schößling wie Rubus tauni; auch hat er nicht die parallelrandig wirkenden Endblättchen der Schößlingsblätter. Kurze Entdeckungsgeschichte Der älteste zur Zeit bekannte Beleg befindet sich im Herbarium Wieland Schnedler mit der Sammel-Nummer 7/69. Er wurde 1969 bei Mauloff im Taunus (5716/12) gesammelt. Bei seinen zahlreichen floristischen Aktivitäten in den Folgejahren fiel dem Erstautor bald auf, daß ihm dieser Brombeerstrauch nur im Taunus begegnete, weshalb er für diese Sippe den Hilfsnamen "Rubus Taunus" einführte, der in der internen Diskussion auch von anderen Batologen übernommen wurde. Um eine auf das ganze Land Hessen bezogene, möglichst repräsentative Floren-Erfassung zu gewährleisten, hat der Erstautor sein jährliches Exkursionsprogramm so gestaltet, daß zu allen Jahreszeiten möglichst alle hessischen Landschaften aufgesucht werden. Bei diesem Verfahren kommt eine Einzellandschaft (wie in diesem Falle das Taunus-Gebirge) zu kurz. Mit Hilfe einer statistischen Zwischen auswertung wurde festgestellt, daß das Taunus-Gebirge vom Erstautor sogar unterrepräsentativ begangen wurde, so daß im Jahr 1991 dort ein Exkursionsschwerpunkt hingelegt wurde. Erst dabei fiel auf, daß dieser Brombeerstrauch in großen Teilen des Taunus ausgesprochen häufig ist und stellenweise Mas- sen bestände bildet. In immissionsgeschädigten Nadelforsten beteiligt er sich an der Umsetzung der reichlich anfallenden Nadelstreu und bildet im Halblicht der nadelarmen Baumkronen kniehohe Teppiche. Dem Zweitautor begegnete die Art 1993 und 1994 im Taunus gebietsweise ebenfalls häufig, und er fand die Sippe 1995 vereinzelt auch in der Untermain-Ebene. Bei einer gemeinsamen Batologen-Exkursion konnte der Strauch auch im östlichen Hunsrück nachgewiesen werden, wo G. Matzke-Hajek anschließend weitere Nachweise erbrachte (schrifl. Mitt.). Verbreitung (Karte 1) Alle zur Zeit bekannten EinzeIbeobachtungen der Art (das sind 171 am Jahresende 1996) sind in Karte 1 im VierteIquadranten- Raster wiedergegeben. Für das auf der Karte umrahmt dargestellte Bearbeitungsgebiet des Erstautors ergibt sich zum Jahresende 1996 der statitische Durchschnittswert, daß in etwa der Hälfte der 2588 Rasterfelder die Erfassung der Rubus-Flora bereits stattgefunden hat. Die Verteilung ist allerdings nicht gleichmäßig. Diese Relation gilt auch für den Taunus, wobei im östlichen Taunus mehr Aktivitäten stattfanden als in seinem westlichen Teil. Nach den bisher erfolgten Nachweisen liegt der Verbreitungsschwerpunkt im Taunus und zwar vor allem im westlichen Teil dieses Gebirges. Bei weiterer floristischer Durchforschung dürften sich dort die Nachweispunkte verdichten. Im östlichen Hintertaunus sind trotz guter floristischer Durchforschung nur einzelne Fundorte bekannt. Zusätzlich gibt es Funde im östlichen Hunsrück und in der Untermainebene. Die zur Darstellung verwendete Karte mit dem umrandeten Untersuchungsgebiet des Erst- 310

Tau n us- Brom beerstrauch 11 43 12 13 14 15 16 FLORA VON HESSEN Bearbeitungsgebiet: 44 W. Schnedler 44 und Mitarbeiter FLOREIN 5.0 Grundkarte: R. May & W. Subal (Zentralstelle Floristische Kartierun / BIN 45 46 47 48 49 50 51 51 52 53 54 55 56 57 58 59 61 63 64 65 66 11 12 13 Rubus tauni Schnedler 14 15 16 17 18 19 & Großheim, Taunus-Brombeerstrauch. 311

Wieland Schnedler & Harald Großheim Osnabrücker Naturwiss. Mitt. 23 1997 autors soll deutlich machen, daß es auf der überwiegenden hessischen Landesfläche keine Rubus tauni-nachweise gibt, obwohl dort mit vergleichbarer Intensität batologisch geforscht wurde. (Zum, wenn auch bereits überholten, Stand der Rubus-Erfassung in Hessen siehe Schnedler 1990.) Der höchstgelegene, bisher bekannte Fundort befindet sich auf dem Kleinen Feldberg bei 800 m NN, der niedrigste im Forst E Dietzenbach bei 140 m NN. Das bisher bekannte Nachweisbild zeigt das einer Regional-Sippe (siehe Weber 1977, 1995: 295), die vermutlich junger Enstehung ist. Die schon oben erwähnte.teppichbildung" in immissionsgeschädigten Nadelforsten läßt sie aber unter den gegenwärtigen Umweltbedingungen recht vital erscheinen, so daß mit Flächeneroberung im Nachweisgebiet, wenn nicht sogar mit rascher Ausbreitung zu rechnen ist. Ökologie Nemophile Sippe auf mäßig nährstoff- und basenreichen bis -armen, frischen Böden (potentiell natürliche Fagetalia-Standorte), mit Tendenz zur Ausbildung von Massenbeständen. Exemplarische Belege: 5614/413, Birkenkopf SW Mensfelden, Landkreis Limburg-Weilburg, 311.21 Kirberger Hügelland, 34.3525, 55.7760, Herbarium W. Schnedler Nr. 453/87,12.09.1987.5616/ 343, Riedelbacher Heide, Hochtaunuskreis, 302.6 Pferdskopf- Taunus, 34.5580, 55.7420, Herbarium W. Schnedler Nr. 481/ 87, 18.09.1987.5813/413, Herzbach-Tal W Hilgenroth, Rheingau- Taunuskreis, 304.0 Wispertaunus, 34.2310,55.5600, Herbarium W. Schnedler Nr. 522/87, 29.09.1987. 5815/ 233, Theisbach-Tal W Niedernhausen, Rheingau-Taunus-Kreis, 301.2 Wiesbadener Hochtaunus, 34.4740, 55.5740, Herbarium W. Schnedler Nr. 380/88, 03.08.1988. 5816/ 212,2 km NW Königstein an der S-Seite des Campingplatzes am Käsbach, Hochtaunuskreis, 301 Hoher Taunus, 34.5996, 55.6248, Herbarium H. Großheim Nr. 940720.8, 20.07.1994. 5816/232, Fichtenforstschlagfläche W Schneidhain, Main- Taunus-Kreis, 301 Hoher Taunus, 34.6020, 55.5980, Herbarium H. Großheim Nr. 940710.5, 10.07.1994. 5816/234, Roden- Berg N Kelkheim-Hornau, Main-Taunus- Kreis, 300 Vortaunus, 34.6064/55.5834, Herbarium H. Großheim Nr. 940708.10, H. Großheim 08.07.1994. 5816/414, SW Kelkheim-Münster, Main- Taunus-Kreis, 300.11 Hornauer Bucht, 34.6034/555450, Herbarium H. Großheim Nr. 940625.19, 25.06.1994. 5913/441, Birkenkopf NW Johannisberg, Rheingau-Taunus-Kreis, 236 Rheingau, 34.2640, 55.4270, Herbarium W. Schnedler Nr. 415/87, 05.09.1987. Weitere, in den verschiedenen Landschaften des Nachweisgebietes gesammelte Belege, befinden sich in den Herbarien H. Großheim, G. Matzke-Hajek, W. Schnedler und H. E. Weber. Dank Die Verfasser danken dem Jubilar Prof. Dr. Dr. Heinrich E. Weber für die jahrelange, fruchtbare Zusammenarbeit. Herrn Dr. G. Matzke-Hajek danken sie für die Überlassung noch unpublizierter Fundortangaben, hauptsächlich von außerhessischen Lokalitäten. Herrn Wolfgang Subal wird für die Erstellung der speziellen Grundkarte gedankt, die neben dem hessischen Bearbeitungsgebiet das Nachweisgebiet von Rubus tauni umfaßt. 312

Taunus-Brombeerstrauch Literatur Großheim, H. 1995: Untersuchungen zur Rubus-Flora in einem Transekt vom Main- Taunus-Vorland bis zum Hintertaunus. - Unveröff. Diplomarbeit im Fachbereich Biologie, der Johann Wolfgang Goethe-Universität, Frankfurt am Main. Schnedler, W. (1990): Die Kartierung "kritischer Pflanzensippen" am Beispiel von Rubus nessensis W. Hall, dem Aufrechten Brombeerstrauch. - Oberhessische Naturwiss. Zeitschrift 52: 47-94. Weber, H. E. (1977): Die ehemalige und jetzige Brombeerflora von Mennighüffen, Kreis Herford, Ausgangsgebiet der europäischen Rubus-Forschung durch K. E. Weihe (1779-1834). - Ber. Naturwiss. Ver. Bielefeld Umgegend 23: 161-193. Weber, H. E. (1995): Gattung Rubus. - in: Hegi, G.: Illustrierte Flora von Mitteleuropa, Bd.IV, Teil 2A, 3. Aufl. 284-595. Blackwell: Berlin. 313