Die Kostentransparenz ist ein erklärtes Ziel der Strukturreform in der 2. Säule. Bis dieses Ziel Realität ist, bleibt noch einiges zu tun.



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Transkript:

ZUM PROJEKT KICKBACK-FREIE ZONE 2. SÄULE von Dr. Ueli Mettler, Partner c-alm AG Die Kostentransparenz ist ein erklärtes Ziel der Strukturreform in der 2. Säule. Bis dieses Ziel Realität ist, bleibt noch einiges zu tun. Wenn jemand in Ihrem Auftrag eine Arbeit erledigt, so hat dieser Jemand ein Anspruch auf ein Entgelt. Das ist fair. Umgekehrt sollten Sie als Auftraggeber die Höhe dieses Entgelts in Erfahrung bringen können. Ansonsten ist es unmöglich, den Auftrag an den kompetitivsten Anbieter zu vergeben bzw. den geeigneten Dienstleistungsumfang zu bestimmen. Soweit die Theorie. Die Praxis nicht nur in der 2. Säule sieht freilich anders aus: In diversen Dienstleistungsbereichen fallen dem Auftragnehmer neben dem vereinbarten Honorar zusätzliche Erlösbestandteile zu, die gegenüber dem Auftraggeber nicht oder nur teilweise ausgewiesen werden. In gewissen Dienstleistungs-Sparten hat es sich gar eingebürgert, dass der Auftragnehmer die Dienstleistung gratis also ohne Honorar vom Auftraggeber erbringt und sich vollständig durch Kickbacks finanziert. Grafik 1 (Ideale Positionierung) Arten von Kickbacks: im Anlagesegment im Versicherungssegment im Immobiliensegment Vermögensverwaltung Beratung, Depotbeziehung, Handel Spezifische Grundlagen: BGE 132 III 460 BGE 4A_127/2012 BGE 4A_141/2012 Spezifische Grundlagen: Art. 45 VAG Art. 68 VVG (prov.) Allgemeine Forderungsgrundlage Art. 48k BVV2 Grundlagen, um Offenlegung und Herausgabe zu verlangen: Im ersten Teil dieses Artikels erhalten Sie eine Übersicht über die in der 2. Säule verbreiteten Kickback-Arten. Im zweiten Teil befassen wir uns mit den Instrumenten, die Ihnen zur Formulierung von Offenlegungs- und Herausgabeansprüchen zur Verfügung stehen. In den Medien und in der Öffentlichkeit am heftigsten diskutiert sind die Kickbacks bei Anlage- und Finanzdienstleistungen. Grund dafür ist neben der materiellen Bedeutung dieser Kickbacks wohl auch die Serie von Bundesgerichtsentscheiden zu diesem Thema. Die häufigste und in der Praxis relevanteste Form von solchen Kickbacks betreffen einmalige und/oder wiederkehrende Rückvergütungen, die von Anbietern von Kollektivanlagen oder strukturierten Produkten entweder an Vermögensverwalter, Anlageberater oder Depotbanken ausgerichtet werden. Grundlage dieser

Transferzahlungen bilden Vertriebsverträge zwischen den Produktanbietern und den Finanzdienstleistern. Der in diesen Vereinbarungen verhandelte Rückvergütungssatz steigt im Normalfall zum einen mit der Höhe der Gesamtgebühren der betroffenen Produkte und zum anderen mit dem Gesamtvolumen, das der Finanzdienstleister gegenüber dem Produktanbieter geltend machen kann. Diese Vertriebsleistungen bewegen sich typischerweise in einem Bereich von 20 bis 50 Prozent der gesamten Produktgebühren. Ebenfalls substanziell ins Gewicht fallen Kickbacks bei der Vermittlung von Versicherungsleistungen. Für die Auswahl und Vertragsüberwachung von Risiko- und Vollversicherungen erhalten Versicherungsbroker die sogenannte Broker-Courtage. Diese wird jährlich wiederkehrend als Prozentsatz der Bruttoprämie berechnet, die von den Vorsorgeeinrichtungen an die Versicherungsanbieter entrichtet werden. Marktübliche Entschädigungssätze bewegen sich im Bereich von 2 bis 3% bei Sparprämien und von 4 bis 8% bei Risikoprämien. Wie bei den Anbietern von Finanzprodukten sind auch im Versicherungssegment Staffeltarife marktüblich je höher das gesamte Versicherungsvolumen, das ein Versicherungsbroker bei einem spezifischen Versicherungsanbieter platziert hat, desto höher ist dessen prozentualer Entschädigungsanspruch. Ein weiterer Bereich mit Kickback-Tradition ist das Immobiliensegment Liegenschaftsverwaltungen, die von Vorsorgeeinrichtungen oder kollektiven Immobilienanlagen beauftragt werden, deren Liegenschaftsbestand zu bewirtschaften, vergeben ihrerseits eine Vielzahl von Aufträgen an externe Anbieter: Sie betrauen Architekturbüros mit der Planung und Ausarbeitung von Neubau- und Renovationsprojekten. Generalunternehmen erhalten den Auftrag, diese umzusetzen. Im Zusammenhang mit der Wartung und Verwaltung des bestehenden Liegenschaftsbestandes werden zahlreiche kleinere und grössere Aufträge an verschiedene Unternehmen aus dem Bau-, Wartungsund Reiningungsbereich vergeben. Zur Sicherstellung des Mieterbestandes sind fortlaufend Inseratschaltungen notwendig, die bei verschiedenen Medienträgern eingekauft werden. Gemäss Alex Jenny, Geschäftsführer von der VERIT, vergüten beauftragte Unternehmen am Ende einer Geschäftsperiode teilweise unaufgefordert einen Rabatt, der sich am Gesamtvolumen der erhaltenen Aufträge ermittelt. Ausschlaggebend ist dann die von der Liegenschaftsverwaltung gewählte Policy zur Offenlegung bzw. Herausgabe solcher Begünstigungen die VERIT AG hat sich beispielsweise 2010 mit der Unterstellung unter die ASIP Charta zur Offenlegung und Herausgabe solcher Kickbacks verpflichtet. Die obige Übersicht deckt zwar die bezüglich Kickback-Thematik materiell wesentlichen Dienstleistungssegmente ab, ist aber nicht abschliessend Kick-Back Gefahr lauert grundsätzlich überall. So ist es möglich, dass ein (interner oder externer) Geschäftsführer vom Anbieter einer gerade eben eingekauften Software für die Versichertenadministration eine Entschädigung für den Zuschlag erhält. Oder ein Investment Consultant wird im Rahmen einer Mandatsausschreibung mit einem Zustupf dazu gebracht, seine Empfehlung in die eine oder andere Richtung zu verändern. Bevor nun auf die einzelnen Instrumente eingegangen wird, die einer Vorsorgeeinrichtung in der Bekämpfung unerlaubter Kickbacks zur Verfügung stehen, ist die folgende Vorbemerkung wichtig: Kickbacks sind nicht grundsätzlich verboten: Solange die Höhe der Kickbacks im Vornherein abschätzbar sind und vertraglich quantifiziert wird, ist die Herausgabe Verhandlungssache zwischen den Parteien. Dies ist ein Ausfluss aus der im Schweizerischen Obligationenrecht verankerten Vertragsfreiheit.

Eine generelle Formel zum Umgang mit Kickbacks in der 2. Säule liefert der im Rahmen der Strukturreform ergänzte und seit 1. August 2011 in Kraft getretene Art. 48k BVV2. Gemäss Absatz 1 muss jeder für eine Vorsorgeeinrichtung tätige Dienstleister die Art und Weise der Entschädigung und deren Höhe eindeutig bestimmbar in einer schriftlichen Vereinbarung festhalten. Nach Absatz 2 gilt dieser Grundsatz auch für Vermittler von Vorsorgegeschäften also beispielsweise für Versicherungsbroker oder Immobilienmakler. Materiell liefert Art. 48k BVV2 für Vorsorgeeinrichtungen eine umfassende Grundlage, um die Offenlegung (und allenfalls Herausgabe) von Kickbacks zu verlangen. Formell ist derzeit der Vorbehalt zu machen, dass bislang noch keine Klagen basierend auf Art. 48k BVV2 angestrengt wurden und deshalb der Artikel noch nicht prozessgestählt ist. Solange es Stimmen im Markt gibt die behaupten, dass Art. 48k BVV2 einer gesetzlichen Grundlage entbehrt, ist der Ausgang einer Klage basierend auf Art. 48k BVV2 unsicher. Doch dies ist (zukünftiges) Juristenfutter und wir wenden uns nun den spezifischen Forderungsgrundlagen zu. Spezifische Forderungsgrundlagen im Anlagesegment: Im Anlagesegment hat der kürzliche Bundesgerichtsentscheid vom 30. Oktober 2012 einige wichtige Fragen geklärt, einige Frage offen gelassen und schliesslich einige neue Fragen aufgeworfen: 1. Die im Rahmen der Vermögensverwaltung von Dritten erhaltenen Kickbacks sind ohne gültigen Verzicht herausgabepflichtig unabhängig davon, ob es sich beim Vermögensverwalter um einen Bank oder einen unabhängigen Vermögensverwalter. Ein gültiger Verzicht beinhaltet (a) die vertragliche Bezeichnung der Kickbacks, (b) eine vertragliche Verzichtsklausel und (c) die approximative Quantifizierung der Kickbacks (Bandbreitenregelung) im Vertrag. 2. Der neue Bundesgerichtsentscheid stellt klar, dass konzerneigene Produkte wie Drittprodukte zu behandeln sind und Erträge aus konzerneigenen Produkten ohne entsprechende Verzichtserklärung im Vermögensverwaltungsvertrag ebenfalls herausgabepflichtig sind. Welche formellen Voraussetzungen an einen gültigen Verzicht geknüpft werden, wird derzeit heftig debattiert. Wir empfehlen Ihnen, diesbezüglich von Ihren Vermögensverwaltern eine Stellungnahme anzufordern gemäss FINMA-Mitteilung vom 26. November 2012 wurden diese bereits aufgefordert, ihre Kunden aktiv über die konkreten Folgen des BGE s zu informieren. 3. Die aus dem Bundesgerichtsentscheid abgeleiteten Regeln gelten nur für den Vermögensverwaltungsvertrag, explizit aber (noch) nicht für andere Dienstleistungsverhältnisse im Anlagebereich (namentlich die Anlageberatung, die reine Konto- / Depotbeziehung oder den Wertschriftenhandel). Als Vorsorgeeinrichtung können Sie bezüglich dieser Dienstleistungeverhältnisse jedoch allfällige Offenlegungs- und Herausgabeansprüche auf Artikel 48k BVV 2 abstützen. Die im Anlagebereich zur Verfügung stehenden Anspruchsgrundlagen sind in der beiliegenden Darstellung zusammengefasst. Bevor Sie nun aber konkret die Formulierung von Ansprüchen prüfen, lohnt sich eine vorgängige Analyse Ihres Wertschriftendepots: Die Höhe der möglichen Kickbacks ist nämlich direkt proportional zur Kostenstruktur der in Ihrem Depot enthaltenen Wertschriften.

Grafik 2 (Ideale Positionierung) Vertragstyp Vermögensverwaltungsauftrag Mit gültigem Verzicht Ohne gültigen Verzicht Im Depot enthaltene Wertschriftenarten Drittprodukte (Fonds, Strukt. Produkte) Konzerneigene Produkte (Fonds, Strukt. Produkte) Direktanlagen (Aktien, Obligationen) Kein Anspruch Kein Anspruch Anderes Dienstleistungsverhältnis Anspruchs- Grundlage BGE 4A 127/2012 Anspruchs- Grundlage BGE 4A 141/2012 Anspruchsgrundlage für Vorsorgeeinrichtungen: Art. 48k BVV2 Anspruchsgrundlage für Vorsorgeeinrichtungen: Art. 48k BVV2 Kein Vertriebsentschädigungen möglich; Kickback-Problematik kann nur im Wertschriftenhandel entstehen. Spezifische Forderungsgrundlagen im Versicherungssegment: Gestützt auf Art. 45 Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) kann die Pensionskasse beim Versicherungsbroker die Offenlegung von dessen Entschädigungsstruktur verlangen. Obwohl sich die Versicherungsindustrie auf den Standpunkt stellt, dass damit dem Transparenzerfordernis hinreichend Rechnung getragen wird, stellt man in der Praxis fest, dass trotz dieses Artikels nur die Minderheit der Vorsorgeeinrichtungen über die (implizite) Entschädigungsstruktur ihrer Versicherungsbroker Bescheid weiss. Deshalb begrüssen wir die laufende Revision des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG): Gemäss Art. 68 des Gesetzes-Entwurfs muss der Broker dem Kunden zukünftig ungefragt die Details zur Entschädigungshöhe und -art offenlegen. Damit wird die Offenlegung der Courtage aus Sicht des Versicherungsbrokers von einer Holschuld (gemäss Art. 45 VAG) zu einer Bringschuld (gemäss Art. 68 VVG). Diese Bringschuld deckt sich auch mit der in Art. 48k Abs. 2 BVV2 geäusserten Absicht des Gesetzgebers. Als Verantwortlicher einer Pensionskasse, als der Sie nun schon jahrein jahraus von Ihren Auftragnehmern mit zweideutig ausformulierten Retrozessionsbestätigungen abgespiesen wurden, mögen Sie sich zu Recht die Frage stellen, ob die Offenlegung bzw. Herausgabe von Kickbacks überhaupt durchsetzbar ist: Wenn sowohl der Kickbackzahler als auch der Kickbackempfänger dicht halten und auf Anfrage keine bzw. zweideutige Auskünfte erteilen, wie soll man denn diesen Riegel aufbrechen können? Zum einen ist es wichtig, dass die Anfrage bezüglich erhaltener Kickbacks von Ihnen als Auftraggeber und nicht vom Auftragnehmer formuliert wird damit entzieht man dem Auftragnehmer die Option, eine zweideutige Formulierung zu wählen. Zum anderen müssen Sie als Auftraggeber auch eine gewisse Eskalationsbereitschaft mitbringen: Wenn der Auftragnehmer auf Anfrage eine Antwort verweigert oder auf einer anderen Formulierung beharrt, dann liegt es in ihrem Interesse, hart zu bleiben und auf Ihrem Vorgehen zu beharren. Unter diesen zwei Voraussetzungen ist Dr. Albrecht Langhart, Rechtsanwalt bei Blum & Grob und Vertreter der Siemens Pensionskasse im Retrozessionsfall BGE 4A_266/2010, überzeugt, dass sich etablierte und einer anerkannten Aufsicht unterstellte Anbieter nicht leisten können, auf (sorgfältig formulierte) Anfrage

Informationen zu verweigern. Im Umkehrschluss muss bezweifelt werden, dass allfällige Geldtransfers zwischen nicht regulierten Auftragnehmern also beispielsweise eine Kickbackzahlung eines auf den Cayman Islands domizilierten Zielfonds an einen ebenfalls auf den Cayman Islands domizilierten Dachfondsanbieter wirksam aufgedeckt und überwacht werden können. Als Vorsorgeeinrichtung muss man sich angesichts einer Dienstleistung, deren Vergütung sich faktisch der Offenlegung entzieht, aber auch ernsthaft die Frage stellen, ob diese überhaupt nachhaltig den Interessen der Destinatäre dienen kann. Schliesslich beinhaltet die Forderung nach transparenten Gebührenmodellen auch ein Apell an die Eigenverantwortung der Vorsorgeeinrichtungen. Nicht wenige Vorsorgeeinrichtungen sind in der Vergangenheit auch unter dem Druck verschiedener Stimmen aus der Politik und aus den Medien der Verlockung erlegen, eine Dienstleistung anstatt zu einem festgelegten Honorar lieber gratis zu beziehen und es dem Auftragnehmer zu überlassen, wie er seine Dienstleistung (via Kickbacks) finanziert. In der Betriebsrechnung der Vorsorgeeinrichtung erscheinen damit keine Kostenaufwendungen faktisch sind diese natürlich in den bezogenen Produkt- und Dienstleistungspreisen enthalten. Und eines ist klar: ein transparent verhandeltes Honorar liegt grundsätzlich unter der bei einem intransparenten Kickback-Modell resultierenden Entschädigung. In diesem Sinne: Kostentransparenz ist eine notwendige Voraussetzung für Kosteneffizienz.