Liberalisierung des Dienstleistungshandels mit dem TiSA-Abkommen (Trade in Services Agreement)

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Transkript:

Deutscher Bundestag Drucksache 18/10811 18. Wahlperiode 09.01.2017 Kleine Anfrage der Abgeordneten Klaus Ernst, Annette Groth, Inge Höger, Andrej Hunko, Susanna Karawanskij, Jutta Krellmann, Thomas Lutze, Niema Movassat, Thomas Nord, Richard Pitterle, Michael Schlecht, Dr. Axel Troost, Alexander Ulrich, Kathrin Vogler und der Fraktion DIE LINKE. Liberalisierung des Dienstleistungshandels mit dem TiSA-Abkommen (Trade in Services Agreement) Seit 2012 laufen die öffentlich weitgehend geheimen Verhandlungen zur Formulierung eines TiSA-Abkommens (TiSA: Trade in Services Agreement), mit dem der Dienstleistungshandel der daran beteiligten Nationen stärker liberalisiert werden soll. An den Verhandlungen ist auch die EU beteiligt und so die Bundesregierung mittelbar eingebunden. Informiert wird der Deutsche Bundestag über die TiSA-Verhandlungen ähnlich wie über die Handelsabkommen CETA (EU mit Kanada) und TTIP (EU mit USA): Dokumente werden elektronisch zur Verfügung gestellt und über den Verlauf der Verhandlungen wird allgemein informiert. Eine tiefergehende inhaltliche politische und öffentliche Debatte des Parlaments gab es bisher nicht. Parlamentarische Mitwirkungsrechte beim TiSA sind nicht vorgesehen und werden von der Bundesregierung auch nicht angemahnt. Ebenso wenig gibt es bislang belastbare Studien, Gutachten und Ausarbeitungen zu möglichen Effekten von TiSA-Bestimmungen (wie sie in Kapitelentwürfen bereits vorliegen und/oder in die Verhandlungen eingebracht werden), beispielsweise für den europäischen Daten- oder Verbraucherschutz, die Arbeitsgesetzgebung oder die Erbringung öffentlicher Dienstleistungen. Das Abkommen soll den Handel mit Dienstleistungen liberalisieren und neue verbindliche Regeln für deren Regulierung festlegen. Dienstleistungen machen in den Ländern der TiSA-Verhandlungsgruppe den Großteil der Wirtschaftstätigkeiten aus; entsprechend werden Änderungen bei deren Regulierung fast alle Aspekte von Arbeit, Leben und Politik betreffen. Die im Jahr 2016 veröffentlichten vorläufigen Vertragskapitel (https://netzpolitik.org//2016/neue-tisaleaks-handelsinteressen-gehen-vor-datenschutz-netzneutralitaet-und-it-sicherheit/; www.ituc-csi.org/img/pdf/ituc-tisa-report_de.pdf) zeigen den umfassenden Geltungsbereich. Es behandelt u. a. Transport- und Energieleistungen, Einzelhandel, elektronischen Handel, Expresszustelldienste, Telekommunikation, Bankleistungen, Leistungen im Gesundheits- und im privaten Bildungswesen. Im Unterschied zum Warenhandel unterliegen Dienstleistungen gewöhnlich keinen Einfuhrzöllen oder anderen nichttarifären Handelshemmnissen. Hürden des Dienstleistungshandels sind deshalb originär europäische, nationale und lokale Vorschriften wie Eigentumsbeschränkungen, Lizenzanforderungen, Qualitätsstandards, Finanzregelungen zu Universaldienstleistungen und öffentlichen Dienstleistungen etwa im Gesundheits- oder Bildungswesen. Das TiSA soll Vorschriften abbauen, die kommerzielle Ziele und Aktivitäten von Dienstleistungs-

Drucksache 18/10811 2 Deutscher Bundestag 18. Wahlperiode unternehmen begrenzen. Logischerweise rücken damit stets Themen im Zusammenhang mit ausländischen Investitionen, gemeinwohlorientierter Regulierung und der befristeten Freizügigkeit von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in den Mittelpunkt. Praktisch wird ein TiSA-Abkommen das künftige Recht der demokratischen Regulierung von Dienstleistungen verändern können, sei es in Deutschland oder einem anderen Mitgliedsland der Europäischen Union. Wir fragen die Bundesregierung: 1. Wann wird nach Kenntnis der Bundesregierung das TiSA-Verhandlungsmandat der Europäischen Kommission veröffentlicht, bzw. wird die Bundesregierung sich für eine Veröffentlichung einsetzen? Wenn nein, warum nicht? 2. Wie sieht nach Kenntnis der Bundesregierung der aktuelle Zeitplan für die TiSA-Verhandlungen aus? 3. Rechnet die Bundesregierung angesichts der neuen US-Administration mit einem veränderten Zeitplan der TiSA-Verhandlungen oder mit signifikanten inhaltlichen Änderungen am bisherigen Vertragstext? Wenn ja, in welchen Bereichen? Wenn nein, warum nicht? 4. Wird der vorläufige Vertragstext allen Abgeordneten und Mitarbeitern des Deutschen Bundestages uneingeschränkt zugänglich sein, oder wird er vergleichbaren Restriktionen wie TTIP-Kapitel unterliegen und in den entsprechenden Räumen des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) ausgelegt? 5. Wie könnte konkret eine bessere parlamentarische Mitwirkung bei den TiSA-Verhandlungen umgesetzt werden, oder wird die Übermittlung von Dokumenten und deren Kennzeichnung als vertraulich, nur für den Dienstgebrauch oder limited/restricted an die Abgeordneten des Bundestages weiterhin als Beleg demokratischer Mitwirkung bei solchen Verhandlungen verstanden? 6. Wie setzt sich sonst die Bundesregierung für eine wirkliche, frühzeitige und öffentliche Transparenz der TiSA-Verhandlungen und die parlamentarische Mitwirkung im laufenden Verfahren ein, oder bleibt die breite Öffentlichkeit und damit auch die politische Debatte darauf angewiesen, von TiSA-Angeboten der EU-Verhandlungsführer und entsprechenden Dokumenten durch leaks informiert zu werden? 7. Welche praktischen Konsequenzen zieht die Bundesregierung aus den anhaltenden öffentlichen Protesten, der breiten inhaltlichen Kritik in Europa und Nordamerika an der intransparenten Verhandlungsführung rund um die Abkommen CETA und TTIP für die TiSA-Verhandlungen, die aus Sicht der Fragesteller noch intransparenter ablaufen? 8. Hält die Bundesregierung die restriktive Informationspolitik und den weitgehenden Ausschluss der breiten Öffentlichkeit für richtig bzw. die eingeschränkte Beteiligung nationaler Parlamente bei den möglichen Effekten von internationalen Abkommen wie CETA, TTIP und TiSA bis auf die kommunale Ebene für hilfreich angesichts der massiven Legitimationsprobleme der europäischen Politik und des nach wie vor bestehenden Demokratiedefizits der EU-Institutionen? 9. Inwiefern setzt sich die Bundesregierung für eine grundlegende Prüfung des europäischen Ansatzes bei internationalen Verhandlungen von Handels- und Investitionsschutzabkommen ein, und welche praktischen Konsequenzen für die laufenden TiSA-Verhandlungen resultieren daraus?

Deutscher Bundestag 18. Wahlperiode 3 Drucksache 18/10811 10. Wie stellt die Bundesregierung sicher, dass die Debatte nach Vorlage eines vorläufigen TiSA-Vertragstextes im Bundestag in einem ausreichenden Zeitrahmen stattfindet und die jeweiligen Ausschüsse eine sorgfältige inhaltliche Prüfungen zu den möglichen Folgen von TISA-Bestimmungen u. a. für die Erbringung von Dienstleistungen, den nationalen Datenschutz oder die Freizügigkeit von Personen und das Arbeitsrecht durchführen können? 11. Werden mit Vorlage des vorläufigen TiSA-Vertragstextes entsprechend belastbare Wirkungsstudien zu ökonomischen, sozialen und regulatorischen Folgen für zentrale Kernbereiche (u. a. Arbeits- und Verbraucherschutz, regulatorische Konsequenzen, Datenschutz, Freizügigkeit von Dienstleistern sowie deren Vergütungssystemen und deren Besteuerung) in Auftrag gegeben und vorgelegt? 12. Wenn für solche Studien kein Bedarf gesehen wird, wie stellt sich die Bundesregierung eine in Ansätzen faktenbasierte und objektive Entscheidungsfindung des Deutschen Bundestages über ein TiSA-Abkommen vor? 13. Wie bewertet die Bundesregierung die sehr engen, massiven Konsultationen der EU-Repräsentanten mit Unternehmensvertretern und deren Lobbyorganisationen zu den TiSA-Verhandlungen, wie sie etwa durch eine jüngste Auswertung der zivilgesellschaftlichen Organisation LobbyControl (www. lobbycontrol.de/2016/12/tisa-hochprozenige-lobbypower/) vorgelegt wurde? 14. Stellt eine solche Abstimmung europäischer Verhandlungsführer mit Unternehmensvertretern und deren Lobbyorganisationen eine ausgewogene, demokratische Basis für die Formulierung eines Verhandlungsmandates der Europäischen Kommission, für europäische Angebote im Verhandlungsprozess und eine Zustimmung zu Vertragskapiteln dar? 15. Sollte dieser privilegierte Zugang zu politischen Entscheidungsträgern unbedenklich sein, knüpft die Bundesregierung ihre Zustimmung zum TiSA-Abkommen eventuell daran, dass ein vergleichbar quantitativer wie qualitativer Zugang von Bürgerinnen und Bürgern, Beschäftigten, Gewerkschaften, Verbraucher- und Umweltschutzverbänden eine Mindestbedingung für die Ratifikation eines Vertragstextes ist? Wenn ja, wie soll dies gewährleistet werden, und welche Maßnahmen werden durchgesetzt? Wenn nein, wie wird ein gleichwertiger Zugang zu den Verhandlungsführern und die Formulierung von Positionen jenseits spezifischer Unternehmensinteressen überhaupt möglich? 16. Hat die Bundesregierung die Unterzeichnung der ILO-Konventionen (ILO: International Labour Organization) zu den Kernarbeitsnormen als Kernbedingung aller TiSA-Vertragspartner eingefordert, oder ist sie der Ansicht, das TiSA sei nicht der richtige Ort dafür? 17. Sollten nicht einmal die ILO-Kernarbeitsnormen als Mindestbedingungen für das TiSA-Abkommen gelten und dort rechtsverbindlich aufgenommen sein, welchen konkreten Wert haben dann entsprechende Absichtserklärungen und rote Linien, wie sie etwa das Europäische Parlament für die TiSA- Verhandlungen im Hinblick auf die Arbeitsstandards im Dienstleistungssektor formuliert? 18. Soll es bei dem TiSA einen vertraglich ausformulierten und fixierten Sanktionsmechanismus geben, wenn Dienstleister gegen geltende Arbeits-, Sozial- und Umweltstandards verstoßen? Wenn nein, warum setzt sich die Bundesregierung nicht dafür ein und knüpft ihre Zustimmung an einen solchen Mechanismus?

Drucksache 18/10811 4 Deutscher Bundestag 18. Wahlperiode 19. Werden bei den TiSA-Verhandlungen ähnliche Vorbehalte der Bundesregierung im Hinblick auf die Zuständigkeit der EU-Kommission in bestimmten inhaltlichen Fragen formuliert, wie sie über Protokollnotizen zu CETA vorgelegen haben? Wenn nein, warum nicht? 20. Wie wird konkret im TiSA-Abkommen die öffentliche Daseinsvorsorge geschützt und das Recht zur Regulierung juristisch klar festgeschrieben? 21. Für welche Dienstleistungen hat die Bundesregierung signalisiert, entsprechende Verpflichtungen zur Liberalisierung einzugehen? 22. Für welche Anwendungsbereiche im TiSA-Abkommen hat die Bundesregierung über die gemeinsame Liste hinaus individuelle Regelungen für sich in Anspruch genommen, bzw. wird sie noch solche für Deutschland formulieren und in die Verhandlungen einbringen? 23. Welche Ausnahmen sind bisher in die Verpflichtungsliste für Deutschland aufgenommen worden (in welchen Abschnitten und für welche Anwendungsbereiche im TiSA)? 24. Wie werden die sensiblen Bereiche audiovisuelle und kulturelle Dienstleistungen rechtssicher vor Verpflichtungen im TiSA geschützt, wo laut BMWi mit Hinweis auf das GATS-Abkommen (GATS: General Agreement of Trade in Services) von 1994 keine generellen Definitionen und Ausnahmenregelungen aufgenommen werden können (siehe Bundestagsdrucksache 18/2447), aber über das GATS hinaus keine völkerrechtlich verbindlichen Verpflichtungen eingegangen werden sollen? 25. Wie sollen für Deutschland bzw. Europa öffentliche Dienstleistungen von den TiSA-Bestimmungen rechtssicher ausgeschlossen werden, wenn sie nach üblicher GATS-Konzeption erstens nicht eindeutig definiert sind und zweitens die drei zentralen Kriterien (Dienstleistungen, die in hoheitlicher Ausübung, nicht auf kommerzieller Grundlage und nicht im Wettbewerb erstellt werden) etwa im Kulturbereich gar nicht mehr erfüllt werden? 26. Welche Konsequenzen ergeben sich für die Bundesregierung aus den bisherigen Verstößen und den Umgehungen des nationalen und europäischen Datenschutzes durch international tätige Dienstleistungsunternehmen für die entsprechenden TiSA-Kapitel? 27. Welche Datenschutzbestimmungen sollen beim TiSA konkret gelten, und wie sind die entsprechenden Absätze formuliert? 28. Unterstützt die Bundesregierung die Europäische Kommission bei der Formulierung einer Verordnung, dass Dienstleister dazu angehalten werden, personenbezogene Daten auf Servern im EU-Rechtsgebiet zu speichern, um damit die Prüfung der Einhaltung europäischer Datenschutzbestimmungen effektiver zu gewährleisten? 29. Inwiefern wird der Konflikt gelöst zwischen dem Datenschutz, zu dem laut TiSA-Kerntext zwar Maßnahmen zum Schutz der Privatsphäre von Personen in den jeweiligen Ländern ergriffen werden dürfen, und dem kommerziellen Interesse der Dienstleister, dass diese Maßnahmen nur so lange und so weit reichen dürfen, wie sie konsistent mit den Vereinbarungen im TiSA sind (siehe https://netzpolitik.org/2016/das-tisa-abkommen-datenschutz-undnetzneutralitaet-koennen-als-handelshemmnis-ausgehebelt-werden/)? 30. Wie soll das europäische Datenschutzniveau konkret gehalten werden, wenn im vorläufigen TiSA-Kapitel zu E-Commerce entsprechende Hindernisse zur Sammlung, Verarbeitung und kommerziellen Weitergabe der Daten oder Übertragung an Dritte mit dem Hinweis auf das konkrete Geschäft und Geschäftsmodell ausgehebelt werden können (ebd.)?

Deutscher Bundestag 18. Wahlperiode 5 Drucksache 18/10811 31. Wie wird der effektive Schutz personen- und unternehmensbezogener europäischer Daten im Ausland beim TiSA dann überhaupt generell garantiert, wo schon der Ansatz des Rahmenabkommens Safe Harbour in den USA vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) als unzureichend zurückgewiesen wurde und das Folgeabkommen Privacy Shield kaum substantielle Verbesserungen beinhaltet (siehe https://netzpolitik.org/2016/privacy-shieldneue-grundlage-fuer-transatlantischen-datenverkehr-gilt-jetzt-noch/) und mit den bisherigen Formulierungen wie etwa beim E-Commerce im TiSA Letzteres umgangen werden kann? 32. Wenn vor dem EuGH auch gegen das Folgeabkommen Privacy Shield geklagt wird, wie bereits angekündigt und dieses gleichfalls als unzureichend eingestuft würde, inwiefern würde ein mögliches TiSA-Abkommen davon betroffen sein, bzw. wie könnte das europäische Datenschutzniveau gesichert werden? 33. Liegt das TiSA-Entwurfskapitel (Annex) zu Energiedienstleistungen mittlerweile vor (siehe Antwort der Bundesregierung, Plenarprotokoll 18/192, Anlage 6), und was beinhaltet es? 34. Welchen rechtlichen Charakter und welche Implikationen hat der Begriff Technologieneutralität bei Energiedienstleistungen, und warum sieht die Bundesregierung konkret durch die mögliche Auslegung des Begriffs keine Gefährdung für die Regulierung von Energiedienstleistungen und die Förderung wie den Ausbau regenerativer Energien (ebd.)? Berlin, den 4. Januar 2017 Dr. Sahra Wagenknecht, Dr. Dietmar Bartsch und Fraktion

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