Freie und Hansestadt Hamburg B e h ö r d e f ü r S t a d t e n t w i c k l u n g u n d U m w e l t Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt, Postfach 30 05 80, D - 20302 Hamburg Bezirksversammlung Hamburg- Mitte Geschäftsstelle Präsidialabteilung Senats- und Parlamentsangelegenheiten P 14 Stadthausbrücke 8 D - 20355 Hamburg Telefon 040-428 40-2369 Zentrale - 0 Telefax 040-428 40-2016 Ansprechpartner: Maren Hinck Zimmer B 236 E-Mail Maren.Hinck@bsu.hamburg.de Hamburg, 23. Februar 2012 Müllberg Georgswerder (Drs. A/20/113/12) Sehr geehrte Damen und Herren, die Deponie Georgswerder wurde durch eine Sicherung saniert, bei der die Ausbreitungspfade der Schadstoffe in die Umwelt unterbrochen werden. Zuvor waren umfangreiche Untersuchungen und Studien zur Machbarkeit durchgeführt worden, teils mit internationaler Beteiligung. Ein Abtrag der Deponie mit der Zerstörung der Schadstoffe war technisch nicht realisierbar und finanziell nicht leistbar. Die Sicherung der Deponie Georgswerder erfolgt durch ein aus vier Komponenten bestehendes Sicherungssystem: 1. Vollständige Oberflächenabdichtung 2. Deponiegasförderung (mit industrieller Gasnutzung) 3. Sickerflüssigkeitsfassung am Deponiefuß 4. Grundwassersanierung Das Sicherungsbauwerk sowie die technischen Sicherungsanlagen auf der Deponie wurden 1995 fertiggestellt. Seit 1997 wird das Grundwasser im Abstrom der Deponie saniert. Seit ca. 20
- 2 - Jahren besteht ein umfangreiches Überwachungsprogramm mit 17 Unterprogrammen zur Funktionskontrolle der Sicherungssysteme und zur Überwachung der angestrebten Unterbrechung der Schadstoffpfade in die Umwelt. Die Ergebnisse belegen, dass die Ziele des Sanierungskonzeptes weitgehend erreicht wurden. Der oberirdische Austritt von Schadstoffen in die Umwelt konnte vollständig verhindert werden. Der Schadstoffaustrag in das Grundwasser konnte reduziert werden. Dies vorausgeschickt, beantwortet die Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt die Fragen wie folgt: Zu 1.: Das Grundwasser wurde zuletzt im Herbst 2011 überprüft, die Oberflächengewässer im Herbst 2010, die Luft im Sommer 2010. Zu 2.: Ja. Zu 3.: Zur Kontrolle der Grundwassersanierung wird die Grundwasserqualität im Südteil und im südlichen Umfeld der Deponie jährlich untersucht, der Nordteil und die weitere Umgebung der Deponie in einem dreijährlichen Rhythmus. Beprobungen der Oberflächengewässer erfolgen unregelmäßig in mehrjährigem Abstand (zuletzt in 2005 und 2010). Aus Anlass der für 2013 von März bis Oktober geplanten Öffnung der Deponie für die Öffentlichkeit wurden vom Frühjahr 2009 bis Sommer 2010 umfangreiche Sonderuntersuchungen zur Luftbelastung durchgeführt. Dabei handelte es sich nicht um allgemeine Luftqualitätsmessungen gemäß 39 BImSchV. Zu 4.: Das Messstellennetz zur Grundwasserüberwachung reicht im Süden und Südwesten über den Deponierand hinaus bis ca. 450 m südlich an die Dove-Elbe-Wettern. Die untersuchten Oberflächengewässer befinden sich etwa 450 m südlich der Deponie. Die Luftuntersuchungen haben sich auf den zukünftig öffentlichen ca. 20 ha großen Zentralund Nordbereich der Deponie beschränkt.
- 3 - Zu 5.: Boden: Aufgrund des überlagernden Müllkörpers und der Oberflächenabdichtung sind Bodenuntersuchungen unter der Deponie nur mit extremem Aufwand möglich. 1984/85 durchgeführte Untersuchungen von Oberbodenproben im Umfeld der Deponie ergaben keine von der Deponie verursachten Belastungen. Daher erfolgt im Deponieumfeld keine Bodenüberwachung mehr. Grundwasser: Untersucht werden vor allem organische Schadstoffe. Die sog. Georgswerder-Leitparameter sind LCKW (leichtflüchtige Chlorkohlenwasserstoffe), BTEX (aromatische Lösungsmittel), Chlorbenzole, Chlorphenole und HCH (Hexachlorcyclohexan). Daneben werden auch Schwermetalle und Arsen analysiert. Oberflächengewässer: Zwischen 1983 und 1998 wurde das Wetternsystem im weiteren Umfeld der Deponie halbjährlich bis jährlich u.a. auf die Georgswerder-Leitparameter untersucht. Nachdem große Teile des Wetternsystems im Zuge der Sanierung der Deponie Georgswerder geräumt worden waren, ergaben sich keine Hinweise auf aktuelle Schadstoffeinträge aus der Deponie, worauf das Programm eingestellt wurde. Seit 2005 werden die Dove-Elbe-Wettern und benachbarte Oberflächengewässer südlich der Deponie u.a. auf LCKW und BTEX untersucht. Luft: Die Luft wurde auf die Parameter Schwefeldioxid, Feinstaub (PM10) und Staubniederschlag untersucht. Im Feinstaub wie im Staubniederschlag wurden die Elemente Blei, Cadmium, Kupfer, Nickel und Arsen bestimmt. Zu 6.: Im Folgenden wird der systematisch ausgewertete Stand von 2010 dargestellt, da die Auswertung der Beprobung vom Herbst 2011 noch nicht abgeschlossen ist. Als Bewertungsmaßstab für die Grundwasserkontamination werden die Geringfügigkeitsschwellenwerte (GFS-Werte) der Länderarbeitsgemeinschaft Wasser (LAWA) genannt. Diese werden als die Konzentration definiert, bei denen trotz einer Erhöhung der Stoffkonzentrationen gegenüber regionalen Hintergrundwerten keine relevanten ökotoxischen Wirkungen auftreten können
- 4 - und die Anforderungen der Trinkwasserverordnung oder entsprechend angeleiteter Werte eingehalten werden. Grundwasser: LCKW: Die LCKW sind die mobilsten organischen Schadstoffe der Grundwasserfahne. Die Summenkonzentration im südlichen Deponie-Randbereich beträgt bis zu 5.000 µ/l, im Bereich südlich der Deponiegrenze noch bis ca. 1.000 µg/l. Vinylchlorid wurde in der Fahne mit Konzentrationen von 800 µg/l festgestellt. GFS-Wert für LCKW: 20 µg/l GFS-Wert für Vinylchlorid: 0,5 µg/ BTEX-Aromaten: Die Benzol-Konzentrationen lagen im Herbst 2010 am Deponierand bei 400 µg/l und im Bereich des Niedergeorgswerder Deichs bei 35 µg/l. GFS-Wert für Benzol: 1 µg/l Chlorbenzole: Die deutlich weniger mobilen Chlorbenzole sind bisher bis etwa 100 m über den Deponierand hinaus mit Summenkonzentrationen um 100 µg/l nachgewiesen worden. GFS-Wert für Chlorbenzole: 1 µg/l Chlorphenole u. HCH: Die Chlorphenole wurden am südlichen Deponierand mit Konzentrationen bis ca. 5 µg/l analysiert, während HCHs dort nicht nachgewiesen werden konnten. Sie sind auf die unmittelbare Nähe der Flüssigabfallbecken mit Maximalkonzentrationen von ca. 100 µg/l beschränkt. GFS-Wert für Chlorphenole: 1 µg/l Arsen: Die Arsenkonzentrationen lagen am östlichen Deponierand bei etwa 2.000 µg/l, am Südrand der Deponie bei maximal 80 µg/l und 150 m südlich der Deponie noch bei 16 µg/l.
- 5 - Der räumliche und zeitliche Verlauf der Arsenkonzentrationen belegen eindeutig, dass das Arsen nicht aus der Deponie Georgswerder, sondern aus der nordöstlich gelegenen Industrieregion stammt. GFS-Wert für Arsen: 10 µg/l Alle aufgeführten Schadstoffe im Grundwasser werden mit der in der Antwort zu Frage 9 genannten hydraulischen Sanierungsanlage erfasst, so dass keine weitere Ausbreitung erfolgen kann. Oberflächengewässer: Seit dem Jahr 2005 ist bekannt, dass die LCKW- und BTEX-Schadstofffahne bis an die Dove- Elbe-Wettern heranreicht. Die Vinylchlorid(VC-)-Konzentrationen in der Wettern lagen 2010 im Bereich des östlichen Fahnenrandes bei max. 18 µg/l. Der höchste VC-Wert im Jahr 2005 lag bei 42 µg/l. Diese Konzentrationen können als ökotoxilogisch unbedenklich angesehen werden, da einerseits eine schnelle Verdünnung erfolgt und aufgrund der aeroben Verhältnisse im Gewässer VC dort nicht lange beständig ist. Weiter östlich in Fließrichtung nehmen die Konzentrationen schnell deutlich ab. Im Anstrom westlich der Fahne war in der Dove-Elbe-Wettern kein VC nachweisbar. Auch in der weiter westlich anschließenden Dove-Elbe wurde kein VC nachgewiesen. Benzol wurde nur vereinzelt in Spuren im Bereich der Nachweisgrenze gemessen (Höchstwert im Herbst 2010: 1,2 µg/l). Luft: Die ermittelte Belastung durch Feinstaub (PM10-Staub) und seine Staubinhaltsstoffe Blei, Cadmium und Nickel war niedriger als die zum Vergleich herangezogenen Grenz- oder Zielwerte der 39. BImSchV für die allgemeine Luftqualität. Für Arsen wurde eine Konzentration ermittelt, die in Höhe des Zielwertes für die allgemeine Luftqualität lag. Beim Staubniederschlag wurden die Grenzwerte der TA-Luft zum Vergleich herangezogen. Für die Parameter Staub, Blei, Cadmium und Nickel wurden niedrigere Werte und für Arsen zum Teil höhere Werte gemessen. Bei den kontinuierlich gemessenen Schwefeldioxid-Werten wurde mehrfach der WHO-10min- Richtwert von 500 µg/m³ überschritten, der Höchstwert lag bei 1.488 µg/m³. Die zum Vergleich herangezogenen Schwefeldioxid-Grenzwerte der TA-Luft und der 39. BImSchV für das Stundenmittel, das Tagesmittel und den Jahresmittelwert wurden dagegen nicht erreicht. Die Kupferbelastungen im Feinstaub und im Staubniederschlag lagen deutlich über dem städtischen
- 6 - Belastungsniveau. Mangels Beurteilungskriterien für die allgemeine Luftqualität wurde für die Bewertung der Kupferdesposition der Beurteilungswert für Grünland eines Expertengremiums herangezogen. Die Kupferdespositionen lagen im Bereich dieses Wertes. Die gemessenen Luftwerte stehen in keiner Beziehung mit den Inhaltsstoffen der Deponie Georgswerder. Zu 7.: Die organischen Schadstoffe gelangen vor allem durch Absickerung im Bereich der ehemaligen Flüssigabfallbecken im Südostteil der Deponie in den oberflächennahen Grundwasserleiter. Dort sind die Weichschichten (Klei und Torf), die als natürliche Basisabdichtung der Deponie fungieren, nur in geringer Mächtigkeit, z.t. auch nur lückenhaft vorhanden. Zu 8.: Ja. Zu 9.: Das belastete Grundwasser hat sich zunächst mit dem natürlichen Grundwasserabstrom in südwestliche Richtung ausgebreitet. Zur Sanierung der Fahne erfolgte 1997 die Inbetriebnahme einer Grundwassersanierungsanlage mit fünf Sanierungsbrunnen. Dadurch konnte der Westteil der Schadstofffahne abgebaut werden. Durch eine Änderung der Wasserhaltung (Inbetriebnahme des Pumpwerks Sperlsdeich mit dauerhafter Wasserstandsabsenkung in der Dove-Elbe-Wettern Ende der 1990er Jahre) kam es aus hydraulischen Gründen zu einer Verschwenkung der Fahne nach Süden bis an die Dove- Elbe-Wettern. Die Fahnenfläche außerhalb des Deponiegrundstücks umfasst gegenwärtig etwa 9 ha. Als Reaktion auf die geänderte Fahnengeometrie wurden im August 2011 zwei neue Sanierungsbrunnen am Niedergeorgswerder Deich und am südlichen Deponierand in Betrieb genommen. Gemäß einer Modellprognose des Geologischen Landesamtes Hamburg soll durch die Sanierungsmaßnahmen die Schadstofffahne nach ca. 25 Jahren außerhalb des Deponiegrundstücks vollständig zurückgeholt sein. Mit freundlichen Grüßen Maren Hinck