PREDIGT ÜBER JES. 58,7-12 (Erntedankfest 2017)

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PRESSESTELLE Textservice zur Pressemitteilung Nr. 176/2017

Jesaja 58, 7-12 Erntedankfest

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Transkript:

PREDIGT ÜBER JES. 58,7-12 (Erntedankfest 2017) 7 Brich dem Hungrigen dein Brot, und die im Elend ohne Obdach sind, führe ins Haus! Wenn du einen nackt siehst, so kleide ihn, und entzieh dich nicht deinem Fleisch und Blut! 8 Dann wird dein Licht hervorbrechen wie die Morgenröte, und deine Heilung wird schnell voranschreiten, und deine Gerechtigkeit wird vor dir hergehen, und die Herrlichkeit des HERRN wird deinen Zug beschließen. 9 Dann wirst du rufen und der HERR wird dir antworten. Wenn du schreist, wird er sagen: Siehe, hier bin ich. Wenn du in deiner Mitte niemand unterjochst und nicht mit Fingern zeigst und nicht übel redest, 10 sondern den Hungrigen dein Herz finden lässt und den Elenden sättigst, dann wird dein Licht in der Finsternis aufgehen, und dein Dunkel wird sein wie der Mittag. 11 Und der HERR wird dich immerdar führen und dich sättigen in der Dürre und dein Gebein stärken. Und du wirst sein wie ein bewässerter Garten und wie eine Wasserquelle, der es nie an Wasser fehlt. 12 Und es soll durch dich wieder aufgebaut werden, was lange wüst gelegen hat, und du wirst wieder aufrichten, was vorzeiten gegründet ward; und du sollst heißen: 1

»Der die Lücken zumauert und die Wege ausbessert, dass man da wohnen könne«. (Jes.58,7-12) Liebe Gemeinde, Brich dem Hungrigen dein Brot! So fordert uns der Prophet auf. Gerade am heutigen Tag, können wir mit gutem Gewissen sagen, dass wir dem Bibeltext folgen. Nicht nur der Altarbereich ist festlich geschmückt mit Gaben, die wir später noch als Geschenke in die Unterkünfte der Menschen aus allen Nationen in Iserlohn verteilen wollen, sondern drüben im Lutherhaus ist auch schon der Tisch eingedeckt für den das Mittagstischangebot, das im Winterhalbjahr Menschen ein günstiges und wohlschmeckendes Essen zum geringen Preis verspricht mit aufmerksamer Bedienung und manches Mal noch unbekannten Tischnachbarn. Vor 21 Jahren zum Erntedankfest hat es begonnen, und inzwischen ist der Mittagstisch aus unserer Gemeinde nicht mehr fort zu denken, weil hier die Armen unserer Stadt Gastrecht haben und die Einsamen Gemeinschaft finden, und die Generationen sich begegnen und die Ökumene gelebt wird im abwechselnden Tischdienst von den Caritas- Damen und der Frauenhilfe des Lutherhauses, wir hören dazu nachher noch ein paar Worte von Frau Brennscheidt. 7 Brich dem Hungrigen dein Brot, und die im Elend ohne Obdach sind, führe ins Haus! Wenn du einen nackt siehst, so kleide ihn, und entzieh dich nicht deinem Fleisch und Blut! 2

Das geht spürbar noch über unser bisheriges Tun hinaus, weil sich der Blick ausweitet auf wirklich alle, die in Not geraten sind, seien sie ohne Zukunft in Afrika und dem Nahen Osten, seien sie ohne Obdach in den Flüchtlingsbooten im Mittelmeer, sie sind nackt, wenn es um die Versorgung mit dem Nötigsten geht, und es erklingt diese prophetische Forderung an uns: Entzieh Dich nicht deinem Fleisch und Blut! Sind wir doch alle Gottes Kinder, wie immer unsere Religionen von ihm zu erzählen vermögen, welche Kulturen und Farben und Sprachen uns auch immer trennen mögen, vereint auf Gottes Erde, in seiner Schöpfung. Das wird nicht immer verstanden. Dein Fleisch und Blut ist nicht nur deine Familie und auch nicht nur deine Nation. Wir fahren gerade in unserem Land eine traurige politische Ernte ein mit Menschen, denen es zu einem Großteil gar nicht schlecht geht, aber die den Wandel ablehnen und sich an Vergangenes klammern wollen, was nicht mehr trägt, vielleicht sogar nie Gutes für alle getragen hat. Zweierlei ist leider unterbleiben: Zum ersten die Geschlossenheit der Demokraten, indem wir alle mit dem Grundgesetz im Blick auf die unantastbare Würde zuerst den Menschen sehen, jeden Menschen und nicht zuerst seine Landesherkunft oder nationale Zugehörigkeit. Als Kirchen bekennen wir zudem mit der schmerzlichen Erfahrung von 1939-19465: Gottes Volk ist mehr als das deutsche Volk und Gottes Kinder sollen sich nicht um sich selber und ihr eigenes 3

EGO drehen, sondern um die Armen und Bedürftigen! Zum zweiten: Ja, es gibt durch politische Versäumnisse einen Verteilungskampf um gut bezahlte Jobs, um bezahlbaren Wohnraum, um gute schulische Förderung bei denen, die nicht mehr mitkommen. Gerechtigkeit braucht eine Politik, die Neues wagt und die Integration nicht nur an die Ehrenamtlichen delegiert nach dem Motto: Wir schaffen das macht ihr mal! Es braucht ein Integrationsministerium und es braucht viel Geld. Der Steuerreichtum und die Subventionsrücklagen hätten schon längst einem gerechten Strukturwandel dienen müssen! 8 Dann wird dein Licht hervorbrechen wie die Morgenröte, und deine Heilung wird schnell voranschreiten, und deine Gerechtigkeit wird vor dir hergehen, und die Herrlichkeit des HERRN wird deinen Zug beschließen. Da wird aufgefordert, den vorhandenen Mangel nicht zu übersehen, sondern zu teilen, was wir haben und nicht nur ein Almosen zu geben, sondern wirklich ein Opfer. Der unlängst verstorbene CDU-Politiker Heiner Geißler ist über die Jahre vom Saulus zum Paulus geworden, als er im Geist der Bergpredigt der ungleichen Verteilung den Kampf angesagt hat: Es gibt auf der Erde Geld wie Dreck, es haben nur die falschen Leute! Ändern wir nichts, sagte auch Edzard Reuter, der ehemalige Daimler-Chef, wird es nicht nur bald wie unter den Brücken in den USA vermehrte Obdachlose und mehr Kriminalität gehen, sondern eine wachsende Zukunftslosigkeit 4

der nachkommenden Generationen. Jetzt sind es - mit dem Familienreport der Bundesregierung - schon fast 20 % armutsgefährdete Kinder und Jugendliche in unserem Land und das auch nicht nur unter Flüchtlingen und Migranten. Hören wir wieder auf den biblischen Text mit der Zusage: Deine Heilung wird schnell voranschreiten. Aber heißt dass nicht auch, dass im Umkehrschluss, ein Mensch, der nicht freigiebig ist, der nicht teilt, und andere an seinem Reichtum teilhaben lässt, krank ist? Ja, vielleicht ist Krankheit so gemeint, dass ich merke, dass mir etwas fehlt. Das ist ja auch eine in unserem Sprachgebrauch, durchaus gebräuchliche Form der Umschreibung. Ich gehe zum Arzt, wenn mir etwas fehlt. Und wenn ich nicht teilen kann, wenn ich andere nicht teilhaben lassen kann, wenn ich nicht freigiebig bin, da fehlt mir eben etwas Wichtiges. Doch diese Situation muss nicht immer so bleiben, in dem Moment, wo ich erkenne, was mir fehlt, und ich an andere denke und für sie sorge, dann stehe ich wieder im Licht. Und fühle selbst, wie die Kraft dieses Lichtes mich dann auch spüren lässt, dass ich gesund bin. 9 Dann wirst du rufen und der HERR wird dir antworten. Wenn du schreist, wird er sagen: Siehe, hier bin ich. Dann gelingt auch wieder die Kommunikation, das Gespräch mit Gott. Wenn es mir solchermaßen an nichts fehlt, dann habe 5

ich die Freiheit mich an Gott zu wenden, und dann steht nichts dem im Wege, dass ich seine Antwort auch höre. Der Prophet beschreibt also, was zu einem gelingenden Leben gehört. Er beschreibt, wie ein ganzheitliches Leben aussieht. Ganz und komplett ist der Mensch nicht nur, wenn er körperlich gesund ist, wenn er gar gut situiert ist, sondern wenn er auch von sich absehen kann, wenn er für andere da sein kann. Allein auf sich bezogen ist der Mensch also kein ganzheitlicher Mensch, er braucht die intakte Beziehung zum Mitmenschen, und auch zur gesamten Schöpfung Gottes. Der Prophet beschreibt das, wenn er den teilenden Menschen mit Ehrentiteln schmückt. Titel die sich manchmal ganz verwunderlich anhören. Du sollst heißen:»der die Lücken zumauert und die Wege ausbessert, dass man da wohnen könne«. Wer möchte schon gern ein Lückenbüßer sein? Diese Assoziation könnte einem in den Sinn kommen, wenn man das Wort des Propheten hört. Doch hier ist ja etwas anderes gemeint. Nicht ein Lückenbüßer, der an einen Platz gestellt wird, wo er sich nicht richtig entfalten kann, und nur eine Lücke mit seiner eigenen Person ausfüllen soll. Nein, der Prophet gibt hier dem Menschen eine aktive Aufgabe. Er wird die Lücken selbst entdecken und aktiv suchen, und wird helfen die so entstandenen Schäden gering zu halten. Und auf das Beispiel des Teilens bezogen, ist die Metapher des 6

Propheten durchaus heute noch passend. Wer heute arm ist und externe Hilfe braucht, der ist an den Lücken unseres Sozialsystems gescheitert, der ist durchs soziale Sicherungsnetz gefallen, und der ist dankbar, dass es Menschen gibt, die diese Lücken aktiv zu schließen helfen. Wege ausbessern wird dieser hilfreiche Mensch. Es kommt also nicht darauf an, abwartend alles den anderen und Gott zu überlassen und sich selbst zurückzulehnen. Die aktive Mitarbeit des Menschen ist gefragt, sie wird gebraucht. Menschen tun das in unserer Gemeinde, vom ökumenischen Mittagstisch über Lebenswert mit Checkpoint, Lichtblick und dem Flüchtlingsnetzwerk. Woran wir uns mit ihnen ein Beispiel nehmen können, zeigt sich, wenn wir einen großen Sprung machen herüber in das Neue Testament, in ein Wort Jesu, das die Gedanken aus dem Prophetenwort aufnimmt. Sie haben dieses Wort bereits als Lesung gehört, nun soll es Ihnen in Form eines Bildes begegnen, dass den Titel trägt: Werke der Barmherzigkeit und von Siger Köder stammt. Wir sehen das Bild und hören dazu eine Musik von unserem Musiker Ernst W. Klar... Entdeckung der Bildinhalte zusammen mit den anwesenden Kindern. Menschen brauchen Hilfe von einander, und wo sie einander das Brot und das Glas reichen, den Kranken pflegen, den Gefangenen besuchen, den Nackten kleiden, den Fremden aufnehmen, da tun sie das, was Christus durch uns unseren 7

Nächsten Gutes tun will. Jesus macht sich eins mit dem Nächsten, der Nächsten, macht sich so eins mit dem Armen und Notleidenden, dass er die Hilfeleistung, die geschieht oder auch die, die unterbleibt, so ansieht, als ob sie ihm selbst getan worden sei. Er selbst, macht er seinen Jüngerinnen und Jüngern deutlich, er selbst ist in den Armen gegenwärtig. Christus im Fremden, im Anderen, im Mitmenschen! Diese Vergleiche sprengen alle Bilder, die wir sonst in uns tragen über den Zugang im Glauben zu Gott. Hier kommt man zu Gott allein mit der Tat der Nächstenliebe. Hier gilt mit dem Wiener Theologen Paul Zulehner: Wer bei Gott eintaucht, der taucht beim Armen auf. Dietrich Bonhoeffer hat in seiner Gefangenschaft eine ähnliche Sichtweise entwickelt, die das Gebet und das Tun des Gerechten ganz eng zusammenbindet und dann erklärt: Ich dachte, ich könnte glauben lernen, indem ich selbst so etwas, wie ein heiliges Leben zu führen versuchte Später erfuhr ich und ich erfahre es bis zur Stunde, dass man erst in der vollen Diesseitigkeit des Lebens glauben lernt." Was daraus entsteht, wenn man bei so bei Gott eintaucht, dass man beim Armen auftaucht, das beschreibt das Prophetenwort mit einem letzten Bild: Und du wirst sein wie ein bewässerter Garten und wie eine Wasserquelle, der es nie an Wasser fehlt. 8

12 Und es soll durch dich wieder aufgebaut werden, was lange wüst gelegen hat, und du wirst wieder aufrichten, was vorzeiten gegründet ward; Gerade am heutigen Erntedankfest wird deutlich, dass es ein Zusammenwirken von Mensch und Gott gibt, und dass dieses Zusammenwirken in einem rechten Maß geschehen muss. Jesaja spricht vom bewässerten Garten, von der wiederaufgebauten Wüste. Das betont die Aufgabe des Menschen, als Teil der Schöpfung die Gaben Gottes zu bebauen und zu bewahren. Im bekannten Erntedanklied, dass wir gleich singen werden, heißt es: Wir pflügen und wir streuen den Samen auf das Land, doch Wachstum und Gedeihen steht in des Himmels Hand. So sind wir dankbar, dass Gott die Welt geschaffen hat, mit allem was auf ihr wächst und lebt, so sind wir dankbar, dass er uns die Möglichkeiten gegeben hat, darin zu gestalten und zu bearbeiten. So wollen wir ihn bitten, dass er uns immer wieder den Mut gibt zu teilen, und dass er uns die Einsicht gibt zu erkennen, wo unser Lücken ausfüllen und Wegeausbessern angesagt ist, aber auch, wo er uns zur Geduld und zur Barmherzigkeit mit eigenen und fremden Fehlern aufruft wir leben die Gnade von der Vergebung her. 9

Am heutigen Erntedankfest wollen wir Gottes Gaben entgegennehmen und weitergeben, wir wollen innehalten und das Licht Gottes spüren als eine wärmende Kraft, die uns stark macht, die Aufgaben zu erfüllen, die uns gestellt sind. Wir wollen im Gespräch bleiben mit unseren Mitmenschen, damit wir erfahren, wessen sie bedürfen, und wir wollen im Gespräch bleiben mit Gott und immer wieder die nötige Ruhe finden, um auf sein Wort zu hören, damit wir ihm auch antworten können mit unserem Dank. Kanzelsegen 10