Parlamentarische Initiative Streichung von Vorrängen im grenzüberschreitenden Übertragungsnetz

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Transkript:

zu 15.430 Parlamentarische Initiative Streichung von Vorrängen im grenzüberschreitenden Übertragungsnetz Bericht der Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie des Ständerates vom 1. September 2016 Stellungnahme des Bundesrates vom 9. November 2016 Sehr geehrter Herr Ständeratspräsident Sehr geehrte Damen und Herren Zum Bericht der Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie des Ständerates vom 1. September 2016 betreffend die parlamentarische Initiative «Streichung von Vorrängen im grenzüberschreitenden Übertragungsnetz» nehmen wir nach Artikel 112 Absatz 3 des Parlamentsgesetzes vom 13. Dezember 2002 1 nachfolgend Stellung. Wir versichern Sie, sehr geehrter Herr Ständeratspräsident, sehr geehrte Damen und Herren, unserer vorzüglichen Hochachtung. 9. November 2016 Im Namen des Schweizerischen Bundesrates Der Bundespräsident: Johann N. Schneider-Ammann Der Bundeskanzler: Walter Thurnherr 1 SR 171.10 2016-2316 8333

Stellungnahme 1 Ausgangslage Die Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie des Ständerates (UREK-S) beschloss am 28. April 2015, auf dem Weg der parlamentarischen Initiative eine Änderung des Stromversorgungsgesetzes vom 23. März 2007 2 (StromVG) auszuarbeiten. Die Änderung zielt darauf ab, die gesetzliche Vorrangregelung für Stromlieferungen im grenzüberschreitenden Übertragungsnetz an das anzupassen, was von der nationalen Netzgesellschaft und den benachbarten Übertragungsnetzbetreibern bis anhin tatsächlich praktiziert wurde. Namentlich soll der Vorrang für Lieferungen an Endverbraucherinnen und Endverbraucher in der Grundversorgung und für Lieferungen aus erneuerbaren Energien aufgehoben werden. Neu sollen nur noch Lieferungen aufgrund von internationalen Bezugs- und Lieferverträgen sowie Lieferungen aus Grenzwasserkraftwerken Vorrang haben. Der Beschluss der Kommission wurde gemäss Artikel 109 Absatz 3 des Parlamentsgesetzes vom 13. Dezember 2002 3 (ParlG) der Schwesterkommission des Nationalrates (UREK-N) vorgelegt. Diese befasste sich an ihrer Sitzung vom 22. Juni 2015 mit dem Anliegen der Initiative und stimmte diesem zu. Die UREK-S arbeitete in der Folge einen Gesetzesvorentwurf aus. Am 17. November 2015 stimmte die UREK-S dem Vorentwurf zu und schickte ihn am 4. Dezember 2015 in die Vernehmlassung. Am 17. Mai 2016 nahm die UREK-S das Ergebnis der Vernehmlassung zur Kenntnis. An ihrer Sitzung vom 1. September 2016 präzisierte sie schliesslich den Vorentwurf hinsichtlich des Vorrangs für Lieferungen aus Grenzwasserkraftwerken: Dieser soll insoweit bestehen, als dass die grenzüberschreitende Übertragung von Elektrizität zur Sicherstellung der den Anrainerstaaten zustehenden Hoheitsanteile nötig ist. Mit dieser Änderung stimmte die UREK-S dem Gesetzesentwurf samt dem Kommissionsbericht zu. Die UREK-S wurde bei ihren Arbeiten vom Eidgenössischen Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) unterstützt. 2 Stellungnahme des Bundesrates 2.1 Streichung der Vorränge für Grundversorger und erneuerbare Energien Der Bundesrat unterstützt die mit der parlamentarischen Initiative 15.430 geplante Aufhebung der Vorränge für Stromlieferungen an Endverbraucherinnen und Endverbraucher in der Grundversorgung sowie für Lieferungen aus erneuerbaren Energien. 2 SR 734.7 3 SR 171.10 8334

Da die Gesamtheit der Stromlieferungen mit gesetzlich eingeräumtem Vorrang die verfügbare Kapazität des grenzüberschreitenden Übertragungsnetzes deutlich übersteigt, birgt die gegenwärtige Vorrangregelung eine Gefahr für die Netzstabilität in sich. Bisher hatte diese Problematik nur deshalb keine negativen Auswirkungen, weil der Vorrang zugunsten der erneuerbaren Energien nur für gewisse Lieferungen aus Grenzwasserkraftwerken beansprucht wurde und der Vorrang für Lieferungen an Endverbraucherinnen und Endverbraucher in der Grundversorgung gar nie gewährt wurde. Zwar wurde der Grundversorgungs-Vorrang im Jahr 2014 erstmals eingefordert, das betreffende Verfahren ist derzeit aber noch vor dem Bundesgericht hängig. Dieses wird namentlich zu prüfen haben, ob der Grundversorgungs-Vorrang grundsätzlich voraussetzungslos zu gewähren ist oder ob er nicht vielmehr gemäss Artikel 20 Absatz 2 der Stromversorgungsverordnung vom 14. März 2008 4 (StromVV) gewissen Einschränkungen unterliegt. Angesichts der attraktiven Importbedingungen ist wenn das Bundesgericht im fraglichen Fall die Verweigerung des Vorrangs nicht bestätigen sollte damit zu rechnen, dass der Grundversorgungs-Vorrang in Zukunft vermehrt geltend gemacht wird. Aufgrund der eingangs beschriebenen Problematik könnten deshalb Situationen auftreten, in welchen die Netzstabilität und mithin die Versorgungssicherheit nur noch mit besonderen Massnahmen gewahrt werden können. Dies gilt ungeachtet des Ausgangs des bundesgerichtlichen Verfahrens zum Grundversorgungs-Vorrang auch deshalb, weil das Volumen der vorrangigen Lieferungen aus erneuerbaren Energien an sich unbeschränkt ist, da sich dieser Vorrang prinzipiell auf international frei handelbare Herkunftsnachweise stützen lässt. In Anbetracht der gewichtigen Nachteile aller Alternativen, die sich gegebenenfalls zur Sicherstellung der Netzstabilität anbieten (z. B. sequenzielle Auktionen oder anteilmässige Kürzung von Vorrängen), erscheint die Streichung dieser gesetzlich eingeräumten Vorränge richtig. Dies gilt nicht zuletzt auch deshalb, weil die vorrangige Zuteilung der verfügbaren Kapazitäten zu Marktverzerrungen führt und aus diesem Grund gegen die Vorgaben des Rechts der Europäischen Union (EU) zur marktbasierten Allokation der Grenzkapazitäten verstösst. Der Abbau der gesetzlich eingeräumten Vorränge ist auch vom Gedanken der Rechtsgleichheit getragen und vereinfacht die internationale Abstimmung der Verfahren zur marktorientierten Vergabe der Kapazitäten des grenzüberschreitenden Übertragungsnetzes. Dadurch kann die nationale Netzgesellschaft ihre gesetzliche Pflicht zur Gewährleistung eines stabilen Netzbetriebs sowie zur internationalen Koordination besser erfüllen. Hinsichtlich der erneuerbaren Energien ist ferner darauf hinzuweisen, dass die regenerative Stromproduktion weiterhin mittels der frei handelbaren Herkunftsnachweise valorisiert werden kann. 4 SR 734.71 8335

2.2 Beibehaltung des Vorrangs für internationale Bezugs- und Lieferverträge Der Bundesrat begrüsst weiter auch, dass sich das Initiativbegehren auf eine Streichung der Vorränge zugunsten der Stromlieferungen für Endverbraucherinnen und Endverbraucher in der Grundversorgung sowie zugunsten der Lieferungen aus erneuerbaren Energien beschränkt, wogegen der Vorrang für Lieferungen aufgrund von internationalen Bezugs- und Lieferverträgen, die vor dem 31. Oktober 2002 abgeschlossen wurden (sog. Langfristverträge), bis auf Weiteres bestehen bleiben soll. Während zweifelhaft ist, ob die Vorränge zugunsten der Grundversorgung und der erneuerbaren Energien im Rahmen der Kooperationsabkommen, welche zwischen der nationalen Netzgesellschaft und den Übertragungsnetzbetreibern der Nachbarländer bestehen, überhaupt durchgesetzt werden könnten, bietet die Handhabung des Vorrangs für Langfristverträge derzeit keine operativen Schwierigkeiten; die dazu notwendigen Vollzugsmechanismen sind seit Jahren international abgestimmt. 2.3 Beibehaltung eines Vorrangs für Stromlieferungen aus Grenzwasserkraftwerken Der Bundesrat stimmt auch der gesetzlichen Statuierung eines ausdrücklichen Vorrangs zugunsten von Lieferungen aus Grenzwasserkraftwerken zu. Bis anhin konnten sich die Betreiber von Grenzwasserkraftwerken auf den Vorrang für erneuerbare Energien (Art. 17 Abs. 2 i.v.m. Art. 13 Abs. 3 Bst. c StromVG) stützen. Aufgrund der Aufhebung dieses den erneuerbaren Energien generell eingeräumten Vorrangs muss für Grenzwasserkraftwerke ein ausdrücklicher Vorrang statuiert werden. Dabei handelt es sich folglich nicht um die Schaffung eines neuen Vorrangs. Zudem werden mit dem Grenzwasserkraft-Vorrang die Kapazitäten des grenzüberschreitenden Übertragungsnetzes nur in eng begrenztem Rahmen beansprucht. Die diesen Grenzkraftwerken zugrunde liegende Nutzung der Wasserkraft ist durch Staatsverträge und Konzessionen geregelt. Geregelt ist darin insbesondere die Aufteilung der Hoheitsanteile zwischen den Anrainerstaaten. Mitunter geben diese Staatsverträge auch ausdrücklich vor, dass die Hoheitsanteile den Anrainerstaaten frei von Gebühren oder anderen Abgaben zur Verfügung zu stellen sind. Also so, wie wenn die Elektrizität im betreffenden Staatsgebiet selbst erzeugt worden wäre. Indem die gesetzliche Normierung dieses Grenzwasserkraft-Vorrangs implizit auf diese Regelungen Bezug nimmt, steht sie in Einklang mit den Staatsverträgen. Darüber hinaus deckt sich das Regelungsanliegen der UREK-S auch mit den Zielen der Energiestrategie 2050, da es der Nutzung der Grenzwasserkraft als einheimische, regenerative Form der Stromerzeugung förderlich ist. Der Bundesrat begrüsst weiter auch, dass der Vorrang nicht in genereller Weise bestehen soll. Der Vorrang dient namentlich dazu, dass den Anrainerstaaten ihre Hoheitsanteile staatsvertragskonform zur Verfügung gestellt werden können, nötigenfalls auch über eine Beanspruchung des grenzüberschreitenden Übertragungsnetzes. Eine solche kann etwa dann notwendig sein, wenn ein Grenzwasserkraftwerk 8336

nur an das Verteilnetz eines Anrainerstaates angeschlossen ist oder wenn eine beidseitige Einspeisung vorübergehend nicht möglich ist (z. B. infolge des Ausfalls von gewissen Anlage- oder Netzkomponenten). Für rein betriebswirtschaftliche Zwecke soll der Vorrang demgegenüber nicht gebraucht bzw. missbraucht werden können (z. B. Gewinnoptimierung im Intraday-Handel oder Maximierung von Einspeisevergütungen). Der Vorrang kann sodann nur durchgesetzt werden, wenn der Übertragungsnetzbetreiber des jeweiligen Nachbarstaates diesen ebenfalls gewährt. Dass die praktische Umsetzung des Vorrangs vom Vorliegen geeigneter Kooperationsabkommen mit den Übertragungsnetzbetreibern der Nachbarländer abhängig ist, hat auch das Bundesverwaltungsgericht in seinen Urteilen vom 22. März 2016 (A-4025/2015 und A-4043/2015) festgehalten. Ferner ist zu bedenken, dass die Zuteilung der knappen Netzkapazitäten dann mit maximaler Allokationseffizienz erfolgt, wenn sich die Zuteilung ausschliesslich nach marktorientierten Verfahren (z. B. Auktionen) richtet. Ob die den einzelnen Grenzwasserkraftwerken eingeräumten Vorränge dereinst bei der Erneuerung der betreffenden Konzessionen bzw. bei einer allfälligen Änderung der Staatsverträge bestehen bleiben sollen, ist daher auch unabhängig vom Abschluss eines Stromabkommens mittels einer umfassenden Güterabwägung zu entscheiden. In die Güterabwägung miteinzubeziehen sind unter anderem einerseits das ökonomische Gebot zur effizienten Nutzung des grenzüberschreitenden Übertragungsnetzes und andererseits der Investitionsschutz sowie die aus Gründen des Territorialitätsprinzips notwendige, gebührenfreie Repatriierung der schweizerischen Hoheitsanteile. 3 Anträge des Bundesrates Der Bundesrat stimmt dem Bericht und dem Gesetzesentwurf der Kommission zu und beantragt die Annahme der im Rahmen der parlamentarischen Initiative erarbeiteten Vorlage zur Änderung des StromVG. 8337

8338 BBl 2016