Suche den Frieden und jage ihm nach. So lautet die Jahreslosung für das kommende Jahr 2019. Ganz persönlich, hat mich kein Thema so sehr beschäftigt wie der Frieden und sein dunkler Zwillingsbruder der Krieg. Ich hatte das Glück in einer Zeit und in einem Land aufzuwachsen, in dem bis heute weitgehend Frieden herrscht. Helmut Kohl, der Kanzler der Einheit, hat das mal als die Gnade der späten Geburt bezeichnet. Meine Eltern und meine Großeltern haben ganz andere Erfahrungen machen müssen. Meine Großmutter wurde 1899 geboren und wurde 94 Jahre alt. Sie hat zwei Weltkriege miterleben müssen, hat ihren Mann im Krieg verloren, hat am Ende des Krieges Furchtbares durchmachen müssen und wurde aus Schlesien, ihrer Heimat, für immer vertrieben. Mein Vater wurde als Siebzehnjähriger zum Volkssturm eingezogen, und wurde zu seinem Glück sehr bald verwundet und überlebte den Krieg im Lazarett. Mein Großvater, der selbst kein Soldat war, wurde in russische Gefangenschaft deportiert und ist nie wieder zurückgekehrt. Gerade im letzten Kriegsjahr mussten mit Abstand die meisten Menschen ihr Leben lassen, obwohl eigentlich schon klar war, dass der Krieg verloren war. Unendliches Leid ist über die Menschen gekommen in diesen wenigen Jahren der Weltgeschichte. Suche Frieden und jage ihm nach, so antwortet die Bibel auf diese wirklich große Herausforderung der Menschheit, die immer wieder in zerstörerischen Kriegen versunken ist. Diese Losung war der Wahlspruch einer ganzen Generation. Auf den Trümmern stehend und fassungslos auf die Zerstörung blickend, entstand der Schrei: Nie wieder Krieg! Wie aber kann man das verhindern, dass es wieder einen Krieg gibt?
Suche den Frieden und jage ihm nach, so sagt die Bibel. Offensichtlich fällt einem der Frieden nicht in den Schoß, sondern er muss erkämpft werden. Ist das nicht ein Widerspruch? Ein Kampf für den Frieden? Hat Kampf nicht mit Aggression, Gewalt und Angriff zu tun? Die Väter und Mütter des Grundgesetzes haben diesen Kampf für den Frieden in unsere Verfassung geschrieben. Dort heißt es im Artikel 26 Abs. 1: Wer einen Angriffskrieg, an dem die Bundesrepublik Deutschland beteiligt sein soll, vorbereitet und dadurch die Gefahr eines Krieges für die Bundesrepublik Deutschland herbeiführt, wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe oder mit Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren bestraft. Wer einen Angriffskrieg auch nur vorbereitet, kann zu lebenslanger Haft verurteilt werden. Ich verstehe bis heute nicht, wie dieser Artikel des Grundgesetzes mit dem Militäreisatz der Bundeswehr in zurzeit über zehn zum teil sehr weit entfernten Staaten in Einklang zu bringen ist. Ich weiß nicht wen oder was unsere Armee da angeblich verteidigt. Die Bundesrepublik Deutschland kann es jedenfalls nicht sein. Sie wurde in den letzten 73 Jahren von keiner fremden Armee angegriffen. Suche den Frieden und jage ihm nach. In meiner Studentenzeit bin ich häufig für den Frieden auf die Straße gegangen, gegen die sogenannte Nato-Nachrüstung mit atomaren Mittelstrecken in Europa. Wir haben uns Anfang der 80er Jahre mit Hundertausenden im Bonner Hofgarten versammelt und haben Kilometerlange Menschenketten gebildet, alles mit Unterstützung aus der Kirche und von unseren Professoren.
In Bruchenbrücken haben wir uns während der Golfkriege zu Friedensgebeten in der Kirche zusammengefunden und an Pfingsten 1999 habe ich gegen die NATO-Bomben auf Belgrad gepredigt und mir damit nicht nur Freunde gemacht. Suche den Frieden und jage ihm nach. Wer den Frieden haben will, muss sich für ihn einsetzten. Das gilt nicht nur für den Weltfrieden, für den wir zwar demonstrieren, den wir aber nicht herbeiführen können. Das gilt auch und gerade für den Frieden in unserem ganz persönlichen Umfeld. Wenn wir den ganzen Vers, 15 unserer Jahreslosung betrachten, dann finden wir: Lass ab vom Bösen und tue Gutes; suche Frieden und jage ihm nach! Hier geht es ganz offensichtlich um unser ganz persönliches Verhalten. Wir alle wünschen uns nicht nur Frieden in der Welt und besonders in unserm Land und vor unserer Haustür, sondern wir wünschen uns auch Frieden innerhalb unserer vier Wände in unserer Familie. Und ob wir da wirklich Frieden haben, hängt ganz wesentlich von unserem persönlichen Verhalten ab. Dem Frieden ist es sicherlich nicht dienlich, wenn wir denken, lass die doch mal machen, Hauptsache, die lassen mich zu frieden. Suche den Frieden und jage ihm nach. Wer sich nur zurücklehnt und die anderen machen lässt, der wird keinen Frieden haben. Tue Gutes, dazu fordert und Psalm 34 auf. Wer den Frieden will, muss sich dafür einsetzen, er muss Gutes tun. Was heißt das jetzt aber, Gutes tun für den Frieden in der Familie?
Manchmal ist es leichter etwas zu erklären und zu verstehen wenn man vom Negativen ausgeht. Und genau das tut der Psalm 34 auch: Dort heißt es lass ab vom Bösen. Wer Böses tut, der lädt Schuld auf sich, so erfahren wir in dem Psalm. Der Zusammenhang von Sünde und Schuld ist uns als Christen geläufig. Viele halten das mittlerweile für einen überholten Gedanken aber das stimmt nicht. Der Psychologe Jordan B. Peterson hat das in seinem Buch 12 Regeln für das Leben anschaulich beschrieben. Man könnte darin auch eine Neuauflage der zehn Gebote sehen. In Regel Nummer 8 sagt er: Sag die Wahrheit oder lüge zu mindestens nicht. Wir kennen diese Regel auch als das 8. Gebot in der Bibel: Su sollst nicht lügen. Wie leicht lassen wir uns dazu hinreißen, um des lieben Friedens willen nicht die Wahrheit zu sagen. Da kommt das Kind zu spät aus der Schule, weil es sich noch mit Freunden herumgetrieben hat, oder gar, weil es eine Stunde Nachsitzen musste, wegen Fehlverhaltens. Das Essen ist schon ganz kalt sagt die Mutter, wo hast du dich wieder rumgetrieben, du weißt doch das ich mit dem Essen auf dich warte. Es gab einen Unfall und die Straßenbahn konnte nicht weiterfahren, sagt das Kind, um des lieben Friedens willen. Hätte es gesagt, ich habe mich noch herumgetrieben mit meinen Freunden, hätte es sicherlich ein Donnerwetter gegeben. Die Mutter hätte gesagt, wie oft habe dir doch verboten, dich mit den Jungs aus der Unterstadt herumzutreiben. Das ist kein guter Umgang für dich. Oder das Kind sagt gar, ich habe den Unterricht gestört und musste deshalb nachsitzen, wie hätte die Mutter dann erst reagiert?
Wir neigen dazu, nicht nur die Kinder, sondern auch die Erwachsenen, Dinge zu sagen, die nicht der Wahrheit oder doch zu mindestens nicht ganz der Wahrheit entsprechen, um des lieben Friedens willen. Aber, und das weiß jedes Kind, Lügen haben kurze Beine. Wenn es herauskommt, dann ist der Schock und die Enttäuschung auf der anderen Seite nur um so größer. Wer den Frieden will, der jage ihm nach. Der darf nicht ausweichen und sich verstecken, weil das vermeintlich einfacher ist. Wer den Frieden will, der muss auch was aushalten und was einstecken können. Der muss auch in Kauf nehmen, dass er für seine Ehrlichkeit zunächst nur Ablehnung und Ärger erntet. Es geht aber nicht nur darum, wie den anderen Menschen auf mich reagieren. Viel wichtiger ist, was ich mir selbst damit antue, wenn ich andere täusche und belüge. Ich lade Schuld auf mich, so erfahren wir aus dem Psalm 34. Wenn ich aber etwas auf mich lade, dann belaste ich mich und bin nicht frei. Lügen machen oft immer weitere Lügen erforderlich, damit die Wahrheit unter dem Teppich bleiben kann. Wer den Frieden will und ihm nachjagt, hat viele verschiedene Möglichkeiten das zu tun. Eine davon ist ehrlich bleiben, auch wenn es schwerfällt. Nur so kann er seinen inneren Frieden erhalten und langfristig hilft das auch zur Erhaltung des äußeren Friedens in der Familie. Amen