» Achtung! Neue Öffnungszeiten ab 2030: Mo. Fr. geschlossen. «René Badstübner, Niedergelassener Arzt www.ihre-aerzte.de
Demografie Die Zukunft der Arztpraxen A uch unsere Ärzte werden immer älter. Mehr als 40 Prozent aller Haus- und Fachärzte sind bereits älter als 55 Jahre. Bis 2021 werden voraussichtlich 51.000 Mediziner in Rente gehen, bis 2030 folgen Tausende mehr. Gleichzeitig wird es immer schwieriger, den Nachwuchs für die Niederlassung zu gewinnen. Und das in einer Zeit, in der aufgrund der Überalterung der Bevölkerung ein höherer Bedarf an medizinischer Versorgung mit immer höheren medizinischen Standards besteht. In vielen Regionen Deutschlands werden Praxen schließen müssen. Niedergelassene Ärzte brauchen bessere Rahmenbedingungen Therapiefreiheit Krankenkassen greifen immer stärker in die Entscheidung ein, ob und welche Behandlung für einen Patienten die richtige ist. Mehr wirtschaftliche Sicherheit Das Geld, das die gesetzlichen Krankenkassen für die Behandlung ihrer Versicherten zur Verfügung stellen, ist begrenzt. Deshalb bekommt der Arzt nicht jede Leistung, die er durchführt, auch zu einem festen und kostendeckenden Preis vergütet. Bessere Arbeitsbedingungen Viele Überstunden, Nacht- und Bereitschaftsdienste Ärzte arbeiten durchschnittlich 55 Stunden pro Woche. Deshalb sehen viele bei der Übernahme einer Praxis keinen Freiraum für die eigene Familie. Weniger Bürokratie Ein niedergelassener Arzt verbringt immer mehr Zeit mit Verwaltungs aufgaben und Dokumentationspflichten und das meist in seiner Freizeit.
51.000 Haus- und Fachärzte gehen bis 2021 in den Ruhestand. Schon heute werden Ärzte besonders in der Basisversorgung gesucht: z. B. Haus-, Kinder- und Jugend ärzte, Augenärzte sowie HNO-Ärzte. 53,4 Jahre ist das Durchschnittsalter der deutschen Vertragsärzte. 1995 waren sie noch im Schnitt 48,3 Jahre alt. 550.000 Angestellte arbeiten für niedergelassene Haus- und Fachärzte. Damit zählen Ärzte zu den wichtigsten Arbeitgebern Deutschlands.
Interview»Der Kontakt zu meinen Patienten wird mir fehlen. «Rolf-Hermann Schmahl, Internist und Allgemeinmediziner aus Lüneburg, geht in Kürze in Rente. Seine Praxis muss er schließen, niemand wollte sie übernehmen. Was zeichnet Ihre Arbeit als niedergelassener Arzt aus? Entscheidend ist die menschliche Interaktion in unserem Beruf. Wir sollten Menschen nicht nur gesund, sondern auch zufrieden machen. Das kann man als niedergelassener Arzt, der seine Patienten lange begleitet, wesentlich besser als ein Krankenhausarzt. Wieso konnten Sie dennoch keinen Nachfolger finden? Die einen hatten falsche Vorstellungen von meinen Praxisräumen, mit anderen konnte ich mich wirtschaftlich nicht einigen, aber den meisten Ärzten fehlte der Mut zur Selbstständigkeit. Woran liegt das? Eine Einzelpraxis ist für viele einfach nicht mehr attraktiv genug. Die schwierige Vereinbarkeit mit der eigenen Freizeit spielt hier eine wesentliche Rolle. Was muss getan werden, um junge Mediziner für eine Niederlassung zu gewinnen? Heutzutage wird den jungen Ärzten zu große Angst vor der Selbstständigkeit gemacht. Dem Nachwuchs muss irgendeine Form von finanzieller Sicherheit geboten werden. Außerdem sollte die Praxisarbeit einen größeren Stellenwert in der Ausbildung bekommen, damit Studenten die Tätigkeit in einer Praxis früh kennenlernen. Würden Sie sich heute wieder für eine Praxis entscheiden? Ganz klar: ja. In einer Praxis bin ich mein eigener Chef, im Krankenhaus muss ich mich den strengen Hierarchien unterordnen. Was wird Ihnen an Ihrer Arbeit fehlen? Der Kontakt zu meinen Patienten wird mir fehlen. Ich habe Familien über Jahre begleitet. Ich wusste nicht nur über ihren Schnupfen, sondern auch über ihre Eheprobleme Bescheid. Diese Bindung ist über Jahre entstanden und fällt nun einfach weg.
Neue Anreize schaffen Was tun gegen Ärztemangel? Um Mediziner zur Niederlassung zu motivieren, müssen die richtigen Anreize und Rahmenbedingungen geschaffen werden. Die folgenden Maßnahmen zeigen: Der eingeschlagene Weg ist richtig. Denn der drohende Ärztemangel geht alle an. Nachwuchs begeistern Jungen Medizinern muss für eine Niederlassung eine verlässliche Perspektive geboten werden. Lebens- und Arbeitsbedingungen müssen stimmen. Die Aufhebung der Residenzpflicht hat dazu beigetragen. Ärzte müssen nicht mehr in der Nähe ihrer Praxis wohnen. Liegt ihre Praxis auf dem Land, können sie dennoch in die nahegelegene Stadt ziehen, in der es beispielsweise weiterführende Schulen für die Kinder oder ein besseres Freizeitangebot gibt. Auch gibt es heute viel mehr Möglichkeiten, mit anderen Ärzten zusammenzuarbeiten. Das bedeutet mehr Flexibilität und weniger Verwaltungsaufwand für den Einzelnen. Familie und Beruf besser miteinander vereinbaren Niedergelassene Ärzte können sich für die Elternzeit oder die Pflege eines Angehörigen bis zu 36 Monate und damit doppelt so lange wie bisher vertreten lassen. Auch eine Teilzeitbeschäftigung ist möglich. Und durch die Kooperation mit Kollegen lassen sich Arbeitszeiten flexibler gestalten. So ist die Vereinbarkeit von Familie und Beruf wesentlich erleichtert worden. Landärzte unterstützen Bereits heute gibt es in ländlichen Regionen zu wenig Ärzte. Um dort Landärzte zu halten, wird ihnen eine finanzielle Unterstützung gewährt: Da sie häufig mehr Patienten betreuen als viele ihrer Kollegen in der Stadt, werden ihre Leistungen voll vergütet. Dies ist nicht die Regel: Normalerweise müssen Ärzte Honorarkürzungen hinnehmen, wenn in ihrer Praxis eine bestimmte Anzahl an Behandlungen überschritten wird. Filialen ermöglichen Ärzte können mittlerweile wesentlich einfacher Filialen eröffnen. Ein Arzt, der seine Praxis zum Beispiel in der Stadt hat, kann dadurch auch Sprechstunden auf dem umliegenden Land anbieten.
» Der Vorteil einer eigenen Praxis: Ich kenne meine Patienten und meine Patienten kennen mich.«dr. Ingolf Mertens, Augenarzt»Ich wünsche mir, dass meine Patienten auch dann gut versorgt sind, wenn ich in Rente bin.«dipl.-med. Heidelind Schäfer, Hausärztin» Auch wenn ich mich oft über die vielen Anfragen der Krankenkassen ärgere: Ich bin gern Ärztin.«Dr. Birgit Keßler, Hautärztin» Junge Ärzte sind hochmotiviert. Damit das so bleibt, müssen sich die Arbeitsbedingungen ändern.«dr. Johannes Gerber, Hausarzt Impressum Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV)* Herbert-Lewin-Platz 2, 10623 Berlin Telefon: (030) 40 05-0 Telefax: (030) 40 05-15 90 E-Mail: info@kbv.de www.kbv.de * Die KBV vertritt die Interessen der rund 150.000 Vertragsärzte und -psychotherapeuten. Gemeinsam mit ihnen und den 17 Kassenärztlichen Vereinigungen organisiert sie die ambulante medizinische Versorgung in Deutschland.