58 CAD/CAM-gefertigte monolithische Restaurationen aus Zirkon Materialhintergrund und klinische Anwendung Ein Beitrag von Dr. André Hutsky und Jan Illner, Berlin CAD/CAM-gefertigte monolithische Restaurationen aus Zirkonoxid sind im Vergleich zu klassischen Restaurationen aus Silikatkeramiken weniger transluzent, was im Frontzahn- und Lachlinienbereich von Bedeutung ist. Dafür lassen sie sich maschinell an den Rändern zu dünneren Schichtstärken schleifen. Sie sind insgesamt weniger empfindlich und zugleich belastbarer als Restaurationen aus Silikatkeramiken. Im Gegensatz zu keramisch verblendeten Restaurationen gehören Chippings und Mikrochippings bei vollana - tomischen Arbeiten aus Zirkonoxid ohne Verblendung der Vergangenheit an [11]. Sie eignen sich in besonderer Weise zur ästhetischen Versorgung im Seitenzahnbereich, also außerhalb des sogenannten Lachlinienbereichs. Hier können sie gemäß den Festzuschuss-Richtlinien gesetzlich krankenversicherten Patienten als weiße und zugleich kostengünstige Alternative zu edelmetallfreien Kronen oder Brücken angeboten werden (Tab. 1). Um ein noch natürlicheres Edelmetallfreie Kronen und Brücken/teilverblendete Versorgungen auf edelmetallfreien Gerüsten Gesetzlich bezuschusster Werkstoff für festsitzenden Zahnersatz außerhalb des Lachlinienbereichs Potenziell erhöhtes Risiko für Chipping und Mikrochipping Durch Metalloxide dunkel verfärbter Zahnfleischsaum möglich Graue oder freiliegende (Opaker-) Ränder bei teilverblendeten Restaurationen möglich Materialbedingt opakes Erscheinungsbild Wenn unverblendet, metallisch glänzend Jahrzehntelange Erfahrungen bei der Anwendung Nachkontrollen im üblichen Rahmen Monolithische Kronen und Brücken aus Zirkonoxid Hochfeste Vollkeramik bei gehobenen ästhetischen Ansprüchen, gutes Preis-Leistungs-Verhältnis Kein Risiko für Chipping und Mikrochipping Keine Verfärbung der Gingiva durch die Restauration Ohne Verblendung, ästhetisch ansprechende Kronenränder Hohe Transluzenz in Abhängigkeit von der Materialwahl und -stärke Zahnfarben (in bis zu 16 VITA- Farben erhältlich) Keine langfristigen klinischen Daten, unzureichende Studienlage Aufwendigere und arbeitsintensivere Nachkontrollen Tab. 1: Vergleich der Vor- und Nachteile klassischer EMF-basierter, festsitzender Versorgungen mit monolithischen Restaurationen aus Zirkon Abb. 1a: Scan-Datensatz zur Herstellung von Kronen aus Vollzirkon auf den Zähnen 16, 15, 14, 13, 12, 11, 21 und 22 sowie einer Brücke aus Vollzirkon auf den Zähnen 23, 24 und 26 zum Ersatz von 25 Farbspiel zu erzielen, kann man das Material gezielt einfärben und bei Bedarf mit Effektmassen und Malfarben individualisieren. Insbesondere Allergikern bietet der ausgesprochen biokompatible Zahnersatz eine langzeitverträgliche Zukunft. Die sehr glatte und gewebeschonende Oberflächenstruktur erleichtert die Parodontalhygiene und vermindert so das Entstehen plaqueinduzierter Gingivitiden. Monolithische Restaurationen aus Zirkonoxid schützen im Gegensatz zu solchen aus Metall besser vor thermischen Reizen. Sie sind daher hervorragend zur Versorgung kälte- und wärmeempfindlicher Zähne geeignet. Die besonderen physikalischen Eigenschaften von Zirkonoxid können Behandlungsabläufe im Rahmen einer ästhetischen Therapie vereinfachen, sie erfordern jedoch eine gezielte Nachsorge. Die Abbildungen 1a bis 3b zeigen einige Anwendungsbeispiele. Präparationsdesign Die Präparation für monolithische Restaurationen aus Zirkonoxid kann je nach Indikation genauso substanzschonend erfolgen wie für solche aus Metalllegierungen. Bei Keramikinlays stellen Kanten am Übergang von der okklusalen zu der approximalen Kavität eine typische Sollbruchstelle dar. Um Spannungsspitzen an der durch Zug
59 Abb. 1b und c: Festlegung der Einschubrichtung und der Präparationsgrenzen b c d e f g Abb. 1d bis g: Auswahl der jeweils passenden Zahnkrone aus der Zahnbibliothek und systematische Individualisierung der Restaurationen belasteten inneren Seite der Keramik zu vermeiden, verbieten sich klassische scharfkantige, retentiv wirkende Kästen, vorausgesetzt die Inlays werden adhäsiv befestigt. Diese Bereiche würden bei CAD/CAM-Fertigung ohnehin von der Produktionssoftware rundgerechnet. Für eine Überkronung wird der Stumpf ohne Unterschnitte mit einem beidseitigen Konuswinkel von drei bis sechs Grad mit zervikaler Hohlkehle oder mit abgerundeter Schulter präpariert. Je kürzer der Stumpf ist, desto steiler sollte der Präparationswinkel gewählt werden. Die Präparationstiefe sollte am Kronenrand mindestens einen Millimeter betragen. Die Außenform der Zahnkrone wird überall möglichst gleichmäßig um 1,5 Millimeter reduziert. Der Kronenäquator wird nicht nachgebildet, es sei denn, dass Stellungskorrekturen vorgenommen werden müssen. Für Brückenpfeiler gelten die gleichen Präparationskriterien wie für einzelne Kronenstümpfe. Natürlich müssen sie in einer gemeinsamen Einschubrichtung präpariert werden. Zudem müssen bei der Gestaltung des Brückengerüstes system- und materialabhängige Mindestverbinderstärken eingehalten werden, da die Unterschreitung zur Fraktur des Gerüstes führen kann. Insbesondere bei sehr geringem vertikalen Platz-
60 h i j k Abb. 1h bis k: Nach der Auswahl des passenden virtuellen Artikulatortyps und der Festlegung der Kauebene des Scan-Modells im Artikulator erfolgt die Anpassung der Okklusion. Die Modelle sind mittelwertig artikuliert. l m Abb. 1l und m: Fertig modellierte (links) und freigestellte Restaurationen (rechts) mithilfe der Software Dental System 2013 (3Shape) angebot können vollkeramische Brücken kontraindiziert sein, da nur eine ausreichende Höhe der Verbinder zwischen Brückenzwischenglied und Ankerkrone die Stabilität der Restauration gewährleistet. Konventionelle Befestigung Monolithische Kronen aus Zirkonoxid oder keramisch verblendete Gerüste aus Zirkonoxid kann man aufgrund ihrer Stabilität konventionell zementieren. Kapselmischzemente sind zu empfehlen, da sie ein konstantes Mischverhältnis, eine gleichbleibende Konsistenz und eine exakt definierte Abbindezeit gewährleisten. Wegen der mangelnden Klebekraft konventioneller Zemente muss die Präparation so beschaffen sein, dass sie ausreichende Retentionsflächen für eine sichere Befestigung bietet. Auch die mikroretentive Friktion der Zementpartikel im Fügespalt erzeugt nur wenig Retention. Glasionomerzemente, die besser am Schmelz und am Dentin haften, können zu einer gewissen Verbesserung des Verbundes beitragen. Auswaschungen im Bereich der Befestigungsfuge lassen sich langfristig mit beiden Befestigungsmaterialien nur bei Randspalten unter 50 Mikrometern zuverlässig vermeiden.
61 n o p q Abb. 1n bis q: CAD/CAM-gefertigte und ausgearbeitete Restaurationen aus dem polychromen Hochleistungszirkon Katana Zirconia ML A dark (Kuraray Noritake). Durch geschicktes Positionieren der Restaurationen in der Höhe des polychromatischen Fräsrohlings können der gewünschte Farbton und der natürliche Farbverlauf besser abgestimmt werden. Im vorliegenden Patientenfall wurden die Restaurationen mit Keramikmalfarben individualisiert. Adhäsive Befestigung Wenn der präparierte Zahnstumpf wenig Retention für die Restauration bietet (kurze, konische Stümpfe, lose Kronenpassung), muss diese selbstadhäsiv oder adhäsiv befestigt werden, um einen verbesserten Verbund zwischen der keramischen Restauration und der präparierten Zahnhartsubs - tanz zu erzielen. Selbstadhäsive Zemente sind deutlich einfacher in ihrer Handhabung und damit weniger fehleranfällig. Gerade die kurze Verarbeitungszeit in Verbindung mit einer verringerten Fehleranfälligkeit bei eventueller Restfeuchtigkeit erweist sich von Vorteil, zumal präparierte Kronenstümpfe in der Regel kein fachgerechtes Anlegen von Kofferdam erlauben. Hier sichert ein möglichst zeitsparendes Befestigungsverfahren die Qualität des Gesamtergebnisses, da das Risiko einer Kontamination der Fügeflächen minimiert wird. Im Gegensatz zu den Silikatkeramiken enthält Zirkonoxid keine Glasphase und kann daher nicht mit Flusssäure angeätzt werden. Da kein Siliziumdioxid vorhanden ist, ist eine Bindung zu einem Haftsilan nicht ohne Weiteres möglich. Eine Haftung der Befestigungskomposite an der Restauration lässt sich dennoch erreichen, durch: Abstrahlen der Innenflächen des Werkstückes mit Al 2 O 3 (50 µm-körnung, 1 bis 2 bar Druck), was deren Säuberung und eine mikromechanische Vergrößerung der Klebefläche durch Anrauen bewirkt Sachgerechte Konditionierung der Innenflächen des Zirkonoxidelements mit geeigneten Primern (Monobond plus; Metal/Zirkonia Primer, Ivoclar Vivadent; Scotchbond Universal, 3M Espe) Verbesserte Haftwirkung bei Verwendung von Phosphatmonomer enthaltendem Kompositkleber (Panavia) Bei einer Kontamination von Zirkonoxid auch für den Fall, dass die Restauration laborseitig abgestrahlt ausgeliefert wurde empfiehlt es sich, die Innenfläche der Restauration in der Praxis erneut sandzustrahlen ( 50 µm Aluminiumoxid, Korund, 1,5 bis 2 bar), mit Alkohol zu reinigen und zu trocknen.
62 a b c d Abb. 2a bis d: Scan-Datensatz zur Herstellung einer vollanatomischen Krone auf dem Zahn 47. Die digitale Erfassung im Mund erfolgte mit dem puderfreien Intraoralscanner Trios von 3Shape. Virtuell erstelltes Modell mit herausnehmbarem Zahnstumpf 47. Auswahl des passenden Artikulatortyps und Festlegung der Kauebene des Modells. Bearbeitung von Zirkonoxid Die hohe Härte von Zirkonoxid erfordert auf das Material abgestimmte Schleifkörper. Bei der Entfernung adhäsiv befestigter, zirkonoxidbasierter monolithischer Versorgungen wird man mit der hohen Härte des Materials konfrontiert. Es gibt aber spezielle Kronentrenner für Zirkonoxid (z.b. Kronentrenner 4ZR.314.014, Gebr. Brasseler GmbH & Co. KG), die sich durch eine sehr gute Abtragleistung und eine lange Standzeit auszeichnen. Zirkon kann auch hervorragend mit geeigneten Diamanten bearbeitet und anschließend auch effizient poliert werden. Nachsorge Der Abrieb einer Keramikoberfläche sollte in etwa demjenigen des natürlichen Zahnschmelzes von 20 bis 40 Mikrometern pro Jahr entsprechen [2]. Auch die Abrasion an natürlichen Antagonisten oder Dentalmaterialien wie Gold, Amalgam oder Komposit sollte nicht größer sein als die durch einen natürlichen Zahn verursachte. Dies ist beispielsweise bei Materialien wie IPS Empress und trotz dessen höherer Festigkeit auch bei Lithiumdisilikat gegeben [3-5]. Testergebnisse mit Vollzirkonkronen zeigen nach zirka 600 000 Kauzyklen (entspricht etwa zwei bis drei Jahre klinischem Einsatz), dass die Abrasion sowohl an der Restauration als auch an den Antagonisten gering ist [6]. Die Härte eines Werkstoffs ist aber nicht allein für die Abnutzung antagonistischer Strukturen maßgeblich, sondern in erster Linie die Rauigkeit seiner Oberfläche. In einer Prüfanordnung, die eine Tragedauer von fünf Jahren simulierte, entstanden an polierten und gegebenenfalls zusätzlich glasierten Kronen aus Vollzirkon und am Antagonisten nur geringe Abrasionen [7]. Aufgrund der spezifischen Werkstoffeigenschaften von Zirkonoxid sollten Restaurationen aus Vollzirkon samt den Antagonisten regelmäßig ein- bis zweimal pro Jahr überprüft und wenn nötig korrigiert werden. Nach Einschleifmaßnahmen müssen die bearbeiteten Kauflächen sorgfältig poliert werden [6]. Um Gefügedefekte zu vermeiden, bedürfen Einschleif- und Politurmaßnahmen an Elementen aus Zirkon wie bei allen Keramiken einer sensiblen Vorgehensweise. Sofern die okklusalen und approximalen Kontaktflächen zum Beispiel nach Einschleifmaßnahmen im Mund oder nach Abrieb der Glasur nicht ordnungsgemäß poliert wer-
63 e f Abb. 2e und f: Aus Polyurethan gefrästes Arbeitsmodell für das Dentallabor mit herausnehmbarem Stumpf 47 (Material: Modell blank, R+K CAD/CAM Technologie GmbH & Co. KG) und CAD/CAM-gefertigte, ausgearbeitete Vollzirkonkrone (Material: Katana Zirconia ML A dark, Kuraray Noritake) a b Abb. 3a und b: CAD/CAM-gefertigte, ausgearbeitete Inlaybrücke auf den Zähnen 24 bis 26 aus dem tetragonal stabilisierten Organic Zirkon transluzent (R+K CAD/CAM Technologie GmbH & Co. KG), eingefärbt und poliert den, kann eine erhöhte Abrasion und Attrition an den Antagonisten nicht ausgeschlossen werden [8]. Belastbare klinische Daten, insbesondere umfangreiche Langzeiterfahrungen, gibt es dazu aber noch nicht. Erste In-vitro-Versuche konnten diese Bedenken jedoch bestätigen [9]. In einer Kausimulatorstudie wurde untersucht, wie stark natürliche Zähne und Prothesenzähne aus nanogefülltem Komposit unter dem Einfluss dreier unterschiedlich rauer und sehr harter Oberflächen (ZrO 2 ) abradiert werden. Rauigkeiten von über 0,75 µm hinterließen im Schmelz der Antagonisten sichtbare Spuren. Bei einer Rauigkeit von 2,75 µm stieg der Abrieb des Schmelzes auf das nahezu vierfache Maß an. Der Abrieb des Schmelzes war doppelt so hoch und der Substanzverlust fast viermal so hoch wie derjenige der Prothesenzähne [10]. Eine regelmäßige Nachsorge sollte also zwingend erfolgen, damit die vom Hersteller vorgegebenen Bedingungen erfüllt werden. Verteilen sich beispielsweise bei Einzelrestaurationen die Kaukräfte anfänglich noch gleichmäßig auf alle Zähne, verschieben sich diese zunehmend auf den prothetisch versorgten Zahn und seine Antagonisten, da sich der Rest des Gebisses altersgerecht abnutzt, nicht aber die Kaufläche des Elements aus Zirkonoxid und diejenigen der Antagonisten. Reagiert man darauf mit gezielten Einschleifmaßnahmen zu spät, sind besonders bei Patienten mit mangelnder Mundpflege parodontale Schädigungen nicht auszuschließen. Nicht überkronte, wurzelbehandelte beziehungsweise großflächig gefüllte Antagonisten können vorzeitig frakturieren. Auch die Muskulatur und die Kiefergelenke können durch Hyperbalancen geschädigt werden. Natürlich sind diese Ausführungen nicht gänzlich bestätigt und werden bisweilen als akademisch abgetan. Umso wichtiger erscheint eine kritische Auseinandersetzung hinsichtlich aller diskutierten Sachverhalte unter Einbeziehung der wissenschaftlichen, klinischen und industriellen Partner. Fazit Die CAD/CAM-gestützte, maschinelle Herstellung verblendfreier, anatomisch gestalteter Kronen und Brücken aus Vollzirkon eröffnet ästhetisch orientierten Patienten eine preiswerte Alternative zu den zweifellos weniger ästhetischen edelmetallfreien Versorgungen, insbesondere im Seitenzahnbereich. Dentale Werkstoffe, materialgerechte Präparatio-
64 nen und zahntechnische Produktionsprozesse sollten perfekt aufeinander abgestimmt sein. Um dem Risiko einer frühzeitigen Zerstörung der Keramik, einer unnatürlich hohen Abnutzung der verbleibenden Zahnhartsubstanz oder anderer inserierter Restaurationsmaterialien und auch um funktionellen Komplikationen vorzubeugen, sollte der Politur eingeschliffener Okklusalflächen aus Zirkon sowohl am Tag der Eingliederung als auch bei regelmäßigen Nachsorgeintervallen besondere Bedeutung beigemessen werden. Der Behandler sollte regelmäßig die statische und dynamische Okklusion überprüfen und bei Bedarf adjustieren. Letztendlich entscheidet der Patient, was seinem persönlichen ästhetischen Empfinden und seinem Geldbeutel gerecht wird. Der aktuelle Preiskampf inländischer und ausländischer Dentallabore bei monolithischen Volkskronen aus Zirkonoxid beweist, wie interessant dieser Werkstoff für Zahnärzte und Patienten gleichermaßen ist. Literatur bei den Verfassern Korrespondenzadresse: Dr. André Hutsky R+K CAD/CAM Technologie GmbH & Co. KG Ruwersteig 43, 12681 Berlin andre.hutsky@ruebeling-klar.de Bisphosphonat-induzierte Osteonekrose der Kiefer Marx, Robert E.: Bisphosphonat-induzierte Osteonekrose der Kiefer Ätiologie, Prävention, Behandlung, 2013, Quintessenz Verlags-GmbH, Berlin, 184 Seiten, 261 Abbildungen, Preis: 88 Euro, ISBN: 978-3-86867-107-0 Mit der deutschen Übersetzung der amerikanischen Originalausgabe durch Priv.- Doz. Dr. Dr. Christian Walter aus Mainz liegt nunmehr ein Referenzwerk über das 2003 erstmals beschriebene Krankheitsbild der Bisphosphonat-induzierten Kiefernekrose vor. Der erste Eindruck der Fibel begeistert durch eine Fülle an klinischen und radiologischen Bildern. Der praktisch tätige Zahnarzt kann seinen diagnostischen Blick besonders für Frühzeichen der Erkrankung schärfen. Beschäftigt man sich länger mit dem Buch, gefallen vor allem die vielen Fallsammlungen. Die Geschichte der Entdeckung und Beschreibung der Bisphosphonat-induzierten Kiefernekrose, ihre historischen und genetischen Analoga sowie die Pharmakokinetik der Medikamente werden in eigenen Kapiteln dargestellt. Die Indikationen der Bisphosphonattherapie werden erläutert, sodass klar wird, welche Patienten hier unter Risiko stehen. Marx differenziert nach intravenöser, hoch dosierter und onkologischer Bisphosphonatmedikation versus niedrig dosierter, oraler, zumeist anti-osteoporotischer Indikation. Dies ergibt für den Praktiker eine gute Orientierung hinsichtlich der klinischen Konsequenzen im jeweiligen Patientengut. Marx zeigt auch konkrete Empfehlungen für die Prävention sowie Therapie der Erkrankung auf und äußert sich zum Nutzen einer Pausierung der Medikation. Dem Praktiker wenig hilfreich erscheint die laborchemische Erhebung des CTX (C-terminales kreuzvernetzendes Peptid), der ein relativ hoher Stellenwert beigemessen wird. Im Gegensatz zu Empfehlungen im europäischen Raum schlägt Marx oft ein relativ zurückhaltendes therapeutisches Vorgehen bei manifester Nekrose vor. Hilfreich ist hier die vom deutschen Autor hinzugefügte aktuelle Leitlinie der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e.v. (AWMF) und die Einordnung der Marx schen Angaben durch den Übersetzer im informativen Nachwort. Hier wird auch auf aktuelle Entwicklungen eingegangen. Besonders sei noch auf das Vorwort verwiesen. Marx gibt hier einen wichtigen, desillusionierenden Einblick in die Strategien der Vermarktung von Medikamenten. Das Buch kann jedem Zahnarzt und Verordner von Bisphosphonaten empfohlen werden. Es stellt aktuell sicherlich die Referenz auf dem Gebiet dieser Erkrankung dar. Aufgrund der rasanten Entwicklung des Wissens über die zugrundeliegenden Medikamente und der Erkenntnisse in Prävention, Therapie und Nachsorge der Bisphosphonat-induzierten Kiefernekrose ist allerdings schon jetzt auf eine Überarbeitung des Buches zu hoffen. Dr. Yorck Zebuhr Wels/Österreich