BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL. Verkündet am: 8. Februar 2007 Bürk Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle



Ähnliche Dokumente
BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS. 6. April in dem Verfahren auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS. vom. 15. Juli in dem Insolvenzverfahren

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS. vom. 19. Januar in dem Rechtsstreit

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS. vom. 3. Juli in dem Rechtsstreit

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS. vom. 25. November in der Rechtsbeschwerdesache

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS. vom. 17. April in dem Rechtsstreit

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL. 6. Oktober 2010 Ermel, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle. in dem Rechtsstreit

So bemisst sich die Gebühr beim zweiten Versäumnisurteil nach dem Vollstreckungsbescheid. von RA Norbert Schneider, Neunkirchen

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS. vom. 25. September in dem Rechtsstreit

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS. vom. 13. September in dem Rechtsstreit

Die Gebühren im selbstständigen Beweisverfahren

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS. vom. 12. Mai in dem Verbraucherinsolvenzverfahren

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS. 9. Dezember in dem Rechtsstreit. ZPO 544; GKVerz Nr. 1230, Nr. 1242; RVG VV Nr. 3206, Nr. 3506

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS IX Z A 16/14. vom. 18. September in dem Rechtsstreit

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL. Verkündet am: 15. Juli 2010 Kluckow Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL. in dem Rechtsstreit

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS. vom. 24. Januar in dem Rechtsstreit

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL. in der Familiensache

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS. vom. 17. Oktober in der Patentnichtigkeitssache

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS. vom. 3. Februar in der Abschiebungshaftsache

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL. in dem Rechtsstreit

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL. 7. März 2007 Ermel Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle. in dem Rechtsstreit

Rückschlagsperre und zunächst verfahrensrechtlich unzulässiger Eröffnungsantrag

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS. vom. 15. März in der Zwangsverwaltungssache

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS. vom. 8. Januar in dem Insolvenzverfahren

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

Landesarbeitsgericht Nürnberg BESCHLUSS

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

1. Berufung wird durch Beschluss verworfen

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS. vom. 11. Februar in dem Rechtsstreit

Nicht selten legen Kollegen während des Prozesses Ihr Mandat nieder. Dennoch bleiben sie einstweilen Zustellempfänger.

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS. vom. 13. Juli in der Rechtsbeschwerdesache

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS. vom. 27. März in dem Rechtsstreit

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS IX ZA 5/14. vom. 3. April in dem Nachtragsverteilungsverfahren. Nachschlagewerk: InsO 35, 203 Abs. 1 Nr.

DNotI. Dokumentnummer: 7u76_04 letzte Aktualisierung: OLG Rostock, U 76/04. EGBGB Art a Abs. 1 S.

Befristung Inkrafttreten des TzBfG BeschFG Abs. 1; TzBfG 14 Abs. 2 Satz 1 und 2

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS. vom. 14. Januar in dem Verfahren auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS. vom. 17. September in dem Insolvenzverfahren

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL. in dem Rechtsstreit

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL. Verkündet am: 20. Dezember 2007 Preuß Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS. vom. 11. Dezember in dem Zwangsvollstreckungsverfahren

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS. vom. 20. Januar in dem Rechtsstreit

SÄCHSISCHES OBERVERWALTUNGSGERICHT. Beschluss

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS. vom. 7. Oktober in dem Rechtsstreit. Zuständigkeit nach Rücknahme des Mahnantrags

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS. vom. 31. Oktober in dem Rechtsstreit

DNotI. Dokumentnummer: 9zb114_11 letzte Aktualisierung: BGH, IX ZB 114/11. InsO 4a Abs. 1, 287 Abs. 1, 290 Abs. 1 Nr.

Landesarbeitsgericht München BESCHLUSS

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL. 22. April 2008 Holmes, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle. in dem Rechtsstreit

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS. vom. 17. Juli in dem Rechtsstreit

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL. in dem Rechtsstreit

Das Rechtsanwaltshonorar im Arbeitsrecht

Brandenburgisches Oberlandesgericht

AMTSGERICHT DÜSSELDORF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL. Verkündet am: 11. Oktober 2007 Preuß Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL. in dem Rechtsstreit

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS. vom 18. Dezember 2014

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS. vom 3. Februar 2011 in dem Rechtsbeschwerdeverfahren

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL. 20. Februar 2008 Ring, Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle. in dem Rechtsstreit

GPA-Mitteilung Bau 5/2002

Beschluss. Thüringer Oberlandesgericht. Az.: 1 W 141/14 3 O 508/11 LG Meiningen. In Sachen I P. - Beklagter -

Lösungshinweise Abschnitt G I (Gebührenrecht) Grundfall I

Newsletter Immobilienrecht Nr. 10 September 2012

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL. 18. Juni 2010 Lesniak, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle. in dem Rechtsstreit

14 Die Berechnung des Gegenstandswertes

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

O B E R L A N D E S G E R I C H T M Ü N C H E N

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL. 8. Dezember 2010 Ermel, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle. in dem Rechtsstreit

DNotI. Dokumentnummer: 12zb526_11 letzte Aktualisierung: BGH, XII ZB 526/11. BGB 1903; FamFG 278, 286, 293

Muster für den Antrag auf Durchführung eines Gütestellenverfahrens

Urteil lm Namen des Volkes!

Verjährungsfalle Gewährleistungsbürgschaft. -Unterschiedliche Verjährungsfristen für Mängelansprüche und Ansprüche aus der Gewährleistungsbürgschaft

Hanseatisches Oberlandesgericht Hamburg, , Az: 5 U 35/08, Urteil; LG Hamburg, , Az: 315 O 767/07

Kosten - Hinweise zur Anwaltsvergütung und Gerichtskosten

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL. 19. November 2008 Vorusso, Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT BESCHLUSS

DNotI. Dokumentnummer: 2zr129_03 letzte Aktualisierung: BGH, II ZR 129/03. GmbHG 30, 31, 32 a, 32 b

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL. in dem Rechtsstreit

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS. vom. 28. September in der Rechtsbeschwerdesache

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL. Verkündet am: 3. Februar 2011 Preuß Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

DNotI. Dokumentnummer: 7zb2_12 letzte Aktualisierung: BGH, VII ZB 2/12. BGB 288 Abs. 2

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL. 11. Mai 2006 Heinzelmann, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle. in dem Rechtsstreit

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL. in dem Rechtsstreit

Beschluss des Bundesgerichtshofs vom I ZB 29/02 - Der Bundesgerichtshof hat mit Beschluss vom I ZB 29/02 wie folgt entschieden:

R E C H T S A N W Ä L T E P I T Z E L L I N G E R KATSCHKE

Merkblatt Gebühren im Sozialrecht, Strafrecht und Bußgeldsachen

4 Ta 53/09 Chemnitz, (4) Ca 1424/07 ArbG Zwickau BESCHLUSS. In dem Rechtsstreit

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL. 14. September 2005 Heinekamp Justizhauptsekretär als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

Brandenburgisches Oberlandesgericht

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS. vom. 29. Juni in dem Rechtsstreit

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL. 28. April 2004 Fritz Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle. in dem Rechtsstreit

Bitte bei allen Schreiben angeben: Az.: 4 Ta 128/14 (2) Chemnitz, Ca 3755/13 ArbG Dresden B E S C H L U S S

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS. vom. 11. Februar in dem Insolvenzverfahren

Beispiel 17. Folie 94. Gesellschaftsrecht Prof. Dr. Florian Jacoby

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL. 7. November 2007 Ermel, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle. in dem Rechtsstreit

Prof. Dr. Burkhard Boemke Wintersemester 2011/12. Bürgerliches Recht I. Allgemeiner Teil und Recht der Leistungsstörungen

Elternzeit Was ist das?

SOZIALGERICHT HANNOVER

Transkript:

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES IX ZR 215/05 URTEIL in dem Rechtsstreit Verkündet am: 8. Februar 2007 Bürk Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle Nachschlagewerk: BGHZ: BGHR: ja nein ja RVG 2 Abs. 2; RVG VV Nr. 3104 Hat der Anwalt bereits einen unbedingten Klageauftrag erhalten, kann eine Terminsgebühr auch dann entstehen, wenn der Rechtsstreit oder das Verfahren noch nicht anhängig ist. BGH, Urteil vom 8. Februar 2007 - IX ZR 215/05 - LG Hannover AG Hannover

- 2 - Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 8. Februar 2007 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Fischer, die Richter Raebel, Dr. Kayser, Cierniak und die Richterin Lohmann für Recht erkannt: Die Revision gegen das Urteil der 20. Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 21. November 2005 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen. Von Rechts wegen Tatbestand: 1 Der Beklagte beauftragte die klagenden Rechtsanwälte, einen Anspruch gegen seine damalige Arbeitgeberin auf Zahlung einer Tantieme geltend zu machen. Als ein erstes Schreiben der Kläger unbeantwortet blieb, erteilte er Klageauftrag. Nach zwei Gesprächen zwischen den Klägern und der Arbeitgeberin kam es zum Abschluss einer Vereinbarung, in der auch der Anspruch auf Zahlung der Tantieme geregelt wurde. Eine Klage wurde nicht mehr eingereicht. 2 Im vorliegenden Rechtsstreit verlangen die Kläger restliches Anwaltshonorar in Höhe von 954,91 (einschließlich Umsatzsteuer). Sie meinen, durch die Verhandlungen mit der Arbeitgeberin nach Erhalt des Prozessauftrags eine Terminsgebühr verdient zu haben. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen; das Landgericht hat den Beklagten antragsgemäß verurteilt. Mit seiner vom

- 3 - Landgericht zugelassenen Revision will der Beklagte die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils erreichen. Entscheidungsgründe: 3 Die Revision bleibt ohne Erfolg. Die Kläger haben durch die beiden Besprechungen, die sie nach Erhalt des Klageauftrags mit der Gegnerin ihres Mandanten über die Erledigung des streitigen Tantiemeanspruchs geführt haben, eine Terminsgebühr verdient. 4 1. Die Terminsgebühr entsteht gemäß 2 Abs. 2 RVG, Vergütungsverzeichnis (fortan: VV) Teil 3 Vorbemerkung 3 Abs. 3, Nr. 3104 durch die Mitwirkung an einer auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichteten Besprechung ohne Beteiligung des Gerichts. Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall erfüllt. 5 2. Entgegen der Ansicht der Revision (ebenso z.b. AG Frankfurt JurBüro 2006, 252) setzt der Gebührentatbestand der Nr. 3104 VV nicht voraus, dass der Anspruch, der Gegenstand der Besprechung ist, bereits bei Gericht anhängig gemacht worden ist (ebenso z.b. OLG Hamm OLG-Report 2006, 882, 883; OLG Koblenz JurBüro 2006, 23, 24; Hansens JurBüro 2004, 249, 250; Bischof JurBüro 2004, 296, 297; Meyer DRiZ 2004, 291; Schons NJW 2005, 3089, 3092; Bonnen MDR 2005, 1084, 1085; Zöller/Herget, ZPO 26. Aufl. 104 Rn. 21; Hartmann, Kostengesetze 36. Aufl. VV 3104 Rn. 11 "Vermeidung"; Göttlich/Mümmler, RVG 2. Aufl. Terminsgebühr des Teils 3 Anm. 3.2; Müller- Rabe, in Gerold/Schmidt, RVG 17. Aufl. Vorbem. 3 VV Rn. 90; Riedel/Sußbauer/Keller, RVG 9. Aufl. VV Teil 3 Vorbem. 3 Rn. 48).

- 4-6 a) Nach Absatz 3 der Vorbemerkung 3 zu Teil 3 des Vergütungsverzeichnisses zu 2 Abs. 2 RVG entsteht die Terminsgebühr (unter anderem) durch die Mitwirkung an Besprechungen ohne Beteiligung des Gerichts, die auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichtet sind. Dass bereits eine Klage an- oder rechtshängig ist, wird dabei nicht vorausgesetzt. "Erledigt" wird ein laufendes Verfahren; "vermeiden" lässt sich demgegenüber nur ein Verfahren, das noch nicht begonnen hat. Entgegen der Meinung der Revision besagt der Wortlaut des Gesetzes nicht, dass es nur um die Vermeidung "weiterer" Verfahren gehen solle; dies liegt auch nicht nahe. 7 b) Die Gesetzgebungsgeschichte bestätigt diesen Befund. Die Terminsgebühr ist durch das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz vom 5. Mai 2004 eingeführt worden. Die Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung kannte keinen entsprechenden Gebührentatbestand. Der Gesetzgeber des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes wollte durch ihn einen Anreiz für außergerichtliche Einigungen schaffen. In der Begründung des Regierungsentwurfs heißt es (BT-Drucks. 15/1971, S. 148): 8 "Die außergerichtliche Streiterledigung soll ferner dadurch gefördert werden, dass die Terminsgebühr auch dann anfallen soll, wenn der Rechtsanwalt nach Erteilung des Klagauftrags an einer auf die Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens gerichteten Besprechung mitwirkt." 9 Voraussetzung der Terminsgebühr sollte danach der (unbedingte) Klageauftrag sein, nicht jedoch die Einreichung der Klage. Aus der Einzelbegründung des Regierungsentwurfs zu Absatz 3 der Vorbemerkung zu Teil 3 des Vergütungsverzeichnisses (BT-Drucks. 15/1971, S. 209) folgt nichts Gegenteiliges. Danach soll der Anwalt "nach seiner Bestellung zum Verfahrens- oder Prozess-

- 5 - bevollmächtigten in jeder Phase des Verfahrens zu einer möglichst frühen, der Sach- und Rechtslage entsprechenden Beendigung des Verfahrens beitragen". Der Fall der "Vermeidung des Verfahrens" wird hier nicht behandelt. Der Ausdruck "Bestellung zum Verfahrens- oder Prozessbevollmächtigten" ist außerdem nicht eindeutig. Aus Sicht des Gerichtes kann sich ein Anwalt frühestens mit Einreichung einer Klage- oder Antragsschrift zum Prozessbevollmächtigten seines Mandanten "bestellen". Aus der Sicht des Anwalts und des Mandanten wird der Anwalt jedoch schon dadurch zum Prozessbevollmächtigten, dass er sich vertraglich zur Vertretung des Mandanten vor Gericht verpflichtet und eine entsprechende Vollmacht erhält. Die Vorschrift des 31 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO, welche die Vergütung des "zum Prozessbevollmächtigten bestellten Rechtsanwalts... für das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information" regelte, ist einhellig dahingehend ausgelegt worden, dass auch der mit der Prozessführung beauftragte Anwalt gemeint war (Riedel/Sußbauer/Keller, BRAGO 8. Aufl. 31 Rn. 6, 24; vgl. Bischof JurBüro 2004, 296, 297 m.w.n.). Der Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 27. Oktober 2005 (III ZB 42/05, NJW 2006, 157, 158), auf den die Revision sich bezieht, betraf einen Vergleichsschluss im schriftlichen Verfahren, behandelte den Fall einer vorgerichtlichen Einigung also nicht. 10 Der Rechtsausschuss des Bundestages hat den Regierungsentwurf zu Absatz 3 der Vorbemerkung zu Teil 3 des Vergütungsverzeichnisses in dem Sinne aufgefasst, dass ein gerichtliches Verfahren noch nicht anhängig sein muss. Er hat vorgeschlagen, Absatz 2 der Anmerkung zu Nummer 3104 VV dahingehend klarzustellen, dass eine Anrechnung auch dann erfolgen solle, wenn "in der anderen Angelegenheit zwar ein Prozessauftrag erteilt wurde, aber ausschließlich außergerichtliche Besprechungen stattfinden, die nach Vorbemerkung 3 Abs. 3 VV ebenfalls die Terminsgebühr auslösen" (BT-Drucks. 15/2487, S. 140).

- 6-11 c) Die systematische Stellung des Absatzes 3 der Vorbemerkung 3 in demjenigen Teil des Vergütungsverzeichnisses, der "Bürgerliche Rechtsstreitigkeiten, Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit, der öffentlich-rechtlichen Gerichtsbarkeiten, Verfahren nach dem Strafvollzugsgesetz und ähnliches Verfahren" regelt, verlangt ebenfalls keine An- oder Rechtshängigkeit einer Klage oder eines Antrags. Für das Gericht beginnt der "Rechtsstreit" zwar erst mit dem Eingang der Klage- oder Antragsschrift. Gleichwohl wird die Tätigkeit des Anwalts schon von der Erteilung des Prozessauftrags an nach den Gebührentatbeständen des 3. Teils des Vergütungsverzeichnisses entlohnt. Besonders deutlich wird das an der Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3100 VV. Die Ermäßigungstatbestände in Nummer 3101 Nr. 1 des Vergütungsverzeichnisses setzen voraus, dass diese Gebühr schon vor der Einreichung der Klage anfallen kann. Endet nämlich der Auftrag, bevor der Anwalt die Klage einreicht, ermäßigt sich die Verfahrensgebühr auf 8/10 der vollen Gebühr. Auch nach der Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung begann der "Rechtsstreit" für den Anwalt gebührenrechtlich bereits mit dem Erhalt des Prozessauftrags. Die Abgrenzung zur allgemeinen Geschäftsgebühr (VV Nr. 2400 a.f. = Nr. 2300 n.f.) hat - von den übrigen Voraussetzungen einer Terminsgebühr einmal abgesehen (vgl. etwa BGH, Beschl. v. 20. November 2006 - II ZB 9/06, z.v.b) - danach zu erfolgen, ob der Anwalt bereits einen (unbedingten) Klageauftrag erhalten hat oder nicht. 12 d) Schließlich bestätigen auch Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung das bisherige Auslegungsergebnis. Zur Entlastung der Gerichte wollte der Gesetzgeber des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes außergerichtliche Erledi-

- 7 - gungen durch Schaffung gebührenrechtlicher Anreize für die Anwaltschaft fördern. Die Terminsgebühr vom Einreichen einer Klage abhängig zu machen, würde dieser Zielsetzung entgegenwirken. Fischer Raebel Kayser Cierniak Lohmann Vorinstanzen: AG Hannover, Entscheidung vom 14.06.2005-543 C 5078/05 - LG Hannover, Entscheidung vom 21.11.2005-20 S 49/05 -