Predigt zu Jesaja 50, 4-9 von Eckart Link 02.04.2012, 05:01 Predigt zu Jes 50,4-9 Liebe Gemeinde, der Prophet Jesaja überliefert uns 4 sogenannte Gottesknechtslieder. Es geht jeweils darum, dass ein besonders von Gott beauftragter Mensch ins Leiden geführt wird. In keiner anderen Gestalt des AT erkannte sich Jesus so wieder wie in dem Knecht dieser 4 Lieder. Am bekanntesten sind die Zeilen aus Jes 53, dem 4. Lied: Fürwahr er trug unsere Krankheit und lud auf sich unsere Schmerzen er ist um unserer Missetat willen verwundet und um unserer Sünde willen zerschlagen. Die Strafe liegt auf ihm, damit wir Frieden hätten und durch seine Wunden sind wir geheilt Hier liegt der Akzent darauf, dass Leiden und Sterben Segen und Heil bewirken. Also nicht das Verhindern von Leid, sondern das Tragen und Ertragen von Leid führt zum Leben. Das 3. Lied, unser Predigttext für heute, hat einen anderen Akzent. Es geht darum, wie ein Mensch inmitten von erlittenem Unrecht und schrecklichsten körperlichen Misshandlungen im Herzen im Frieden bleibt und nicht auf Rache sinnt, sondern liebt, selbst die Feinde liebt. Ich lese aus Jesaja 50,4-9: 4 Gott der HERR hat mir eine Zunge gegeben, wie sie Jünger haben, daß ich wisse, mit den Müden zu rechter Zeit zu reden. Alle Morgen weckt er mir das Ohr, daß ich höre, wie Jünger hören.
5 Gott der HERR hat mir das Ohr geöffnet. Und ich bin nicht ungehorsam und weiche nicht zurück. 6 Ich bot meinen Rücken dar denen, die mich schlugen, und meine Wangen denen, die mich rauften. Mein Angesicht verbarg ich nicht vor Schmach und Speichel. 7 Aber Gott der HERR hilft mir, darum werde ich nicht zuschanden. Darum hab ich mein Angesicht hart gemacht wie einen Kieselstein; denn ich weiß, daß ich nicht zuschanden werde. 8 Er ist nahe, der mich gerecht spricht; wer will mit mir rechten? Laßt uns zusammen vortreten! Wer will mein Recht anfechten? Der komme her zu mir! 9 Siehe, Gott der HERR hilft mir; wer will mich verdammen? Siehe, sie alle werden wie Kleider zerfallen, die die Motten fressen. Gebet Ich bot meinen Rücken dar denen, die mich schlugen, und meine Wangen denen, die mich rauften. Mein Angesicht verbarg ich nicht vor Schmach und Speichel. heißt es in Vers 6. Wie ist solch eine Haltung möglich, die sich anderen Menschen total ausliefert und dabei nicht bitter wird? Eine Haltung, die Jesu dazu brachte am Kreuz zu bitten: Vater vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun? Diese Haltung ist Frucht eines vertrauten alltäglichen Umgangs mit Gott. Morgen für morgen weckt er mir das Ohr, dass ich höre wie ein Jünger hört. (V. 4) Mit Jünger ist einer gemeint, der geübt und geschult ist durch Jahre hindurch. Hier ist er geübt im Hören von Gottes Stimme im eigenen Herzen. Dieses Hören Gottes im Herzen ist ihm so selbstverständlich geworden wie für einige das Radio am Frühstückstisch. Und dieses Hören der Stimme Gottes hat eine entscheidende Auswirkung: Dieser Mensch wirkt souverän und stark inmitten selbst schrecklichsten Leides. Aber er ruht nicht in sich selbst, sondern er ruht im Hören auf Gottes Stimme. Das ist ein großer Unterschied. Wir sagen oft bewundernd: da ruht einer in sich selbst. Den kann so leicht nichts umwerfen. So mag der Knecht auch gewirkt haben, aber er selber wusste: nichts ist in mir an Sicherheit, an Selbstsicherheit, sondern: meine Hilfe ist der Herr und seine Stimme, die ich im Herzen höre.
Das macht seine Gottesbeziehung aus: er lebt aus dem aktuellen Hören nicht aus dem Schatz des Bibelwissens, was auch gut ist, nicht aus dem, was ich mal gelernt habe, sondern aus dem aktuellen Hören auf den lebendigen Gott. Morgen für morgen, immer wieder, jeden Augenblick. Ich merke, dass ich sehnsüchtig werde auch so vertraut mit Gott zu werden. Und es ist möglich. Das ist nicht nur etwas für besondere Leute, sondern das kann jeder von uns erfahren. Meine Schafe hören meine Stimme, sagt Jesus im Johannesevangelium. Gott möchte ja mit uns reden. Es heißt ja: er weckt mir das Ohr! Dieses wecken heißt: Er reinigt es, spült es frei - ich muss es nur Ihm hinhalten, Ihn bitten am Morgen: Vater, mach mich hörfähig. Lass mich doch verstehen, was Du mir sagen willst. Und dann legt er ein Wort in mein Herz: ein Wort für den Tag, eine Ermutigung, eine Korrektur, ein Geheimnis des Himmels, eine Beauftragung, mit einem müden Menschen zu reden, der meinen Beistand braucht. Ein Freund hat vor kurzem eine erstaunliche Entdeckung gemacht. (Geschichte von Stefan!) Jesus selber lebte ja nicht anders. Immer wieder sagte Jesus von sich, dass Er ohne das aktuelle Hören auf die Stimme seines Vaters ganz hilflos ist. Wir haben oft eine ganz falsche Vorstellung von Jesus. Wir denken immer, der wusste alles und konnte alles als Gottes Sohn. Aber es ist ein Unterschied zwischen Haben und Wissen und dem Hören und Vertrauen und immer wieder neu empfangen, was wichtig und tragfähig ist. Nein, Jesus konnte von sich aus gar nichts, Er entäußere sich aller göttlichen Fähigkeiten hier auf der Erde. Er sagt von sich: Der Sohn kann nichts von sich aus tun, sondern nur, was er den Vater tun sieht das tut er. (Joh 5,19)
Ich kann nichts von mir aus tun. Wie ich höre (von Gott), so richte ich... (Joh 5,30) Darin lag die außergewöhnliche Vollmacht Jesu: Er tat nichts von sich aus. Er hörte auf seinen Vater und sagte es weiter. Deswegen betete Jesus so häufig. Verstehen Sie, deswegen wirkten dieser Knecht und Jesus so außergewöhnlich, geradezu übermenschlich ruhig und selbstsicher. Eben weil sie nichts unter ihrer menschlichen Kontrolle halten mussten, sondern weil sie hörten. Wir müssen ja immer alles unter Kontrolle haben. Kommt ein Problem, dann rattert es in unserem Gehirn. Wir gucken, wie wir die Sache managen und sind dann wieder sicher, wenn wir alles unter Kontrolle haben. Die Sicherheit des Knechts lag im Hören auf Gottes Stimme. Das ist ein ganz anderer Lebensstil. Der ist uns von Natur aus fremd. Täuschen wir uns nicht. Darin liegt vielleicht sogar die tiefste Sünde eben Trennung von Gott, dass wir eben doch mehr uns als Ihm vertrauen. Wir sind so auf unser Machen eingestellt und bitten Gott dann um Segen für unser Tun. Aber was hier vom Knecht beschrieben wird ist etwas völlig anderes. Es geht nicht um Kontrolle, sondern um Vertrauen. Der Knecht wusste nicht, was der kommende Tag bringen würde er hatte keine Kontrolle. Nur um eines wusste er: Gott ist da. Das ist ja die Bedeutung des Namens Jahwe: ich werde für dich da sein. Und so drückt er es aus: Gott, der Herr, Jahwe, hilft mir. Die Hilfe bestand nicht darin, dass er das menschliche Leid abwendete, sondern dass er Kraft zum Erdulden, zum Aushalten gab. Und Gottes Hilfe bestand darin, dass er wusste: vor Gott bin ich im Recht.
Siehe, er ist mir nahe, der mich gerecht spricht Das gab ihm Kraft. Kraft gab ihm, wie er vor Gott dasteht. Alles andere war zweitrangig. Selbst das eigene Gefühl, so sehr es seine Seele prägte. Sein Herz gehörte wirklich Gott. Er hörte auf Gott. Ich glaube, dass die Not vieler Christen darin besteht, dass sie zu Gott gehören ohne ihn wirklich aktuell zu hören. Wir denken über ihn nach, aber wir hören seine wohltuende Stimme nicht im Herzen. Wir sind vielleicht aktiv und Vorbilder in der Gemeinde, aber hören wir die Worte Gottes? Aber es geht. Es ist uns versprochen. Und es beginnt damit, dass wir Gottes Namen ernst nehmen: Ich bin da und werde dasein, was immer passiert. Der Knecht, Jesus und wir alle können das erleben: Die Wohltat der Stimme Gottes. Er will mich früh um hüllen mit seinem Wort und Licht, verheißen und erfüllen, damit mir nichts gebricht, haben wir am Anfang gesungen. Aber uns fehlt oft die Zeit, uns umhüllen zu lassen. Diese Erfahrung der Nähe Gottes trägt diesen Knecht selbst im tiefsten Leid. Er erfährt schlimmste Misshandlungen. Wir haben Jesus vor Augen: Er hält seinen Rücken hin, dass sie Ihn geißeln. Er lässt sich ohrfeigen und bespucken, Er wird gedemütigt und Er lässt es geschehen. Er setzt das schreckliche Gesetz der Rache außer Kraft. Da ist keine Aggression in Ihm. Er macht sein Angesicht hart wie einen Kieselstein, was wohl heißt, dass man ihm die Angst und die Schmerzen nicht ansehen sollte und dass Er ihnen widersteht. Aber obwohl sein Angesicht hart wie ein Kieselstein war, war es doch nicht sein Herz.
Powered by TCPDF (www.tcpdf.org) Das Angesicht Jesu bleibt hart gegen die Sünde, auch gegen meine Sünde, aber das Herz bleibt weich für die Sünder auch für mich. Und ich merke: Dem und niemand anderem will ich gehören. Ich will neu anfangen, Ihn zu hören, morgen für morgen, seine Stimme, damit mein Leben aus der Anstrengung der Selbstsicherheit und Selbstkontrolle herausgeführt wird zu einem Leben aus dem Hören auf Ihn. Jesus hat es versprochen: Meine Schafe hören meine Stimme und ich gebe ihnen das Leben, das ewig währt. Amen.