Medienanalyse zur Papstwahl

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Medienanalyse zur Papstwahl 12. FEBRUAR 20. MÄRZ 2013 Inhaltsverzeichnis 1. ZIELSETZUNG UND METHODIK 2 2. RESONANZ IM LANGZEITVERGLEICH 3 3. ANALYSE DER BERICHTERSTATTUNGSFOKI 4 ÜBER FÖG / KONTAKT 7 ZÜRICH, 27. MÄRZ 2013

1. ZIELSETZUNG UND METHODIK Zielsetzung Die Analyse untersucht die Medienberichterstattung zum Kommunikationsereignis Papstwahl im Untersuchungszeitraum 12.2. - 20.3.2013. Erstens soll ein Resonanzvergleich der Papstwahlen von 1914 bis 2013 Verschiebungen in der Aufmerksamkeitslogik der Medien aufzeigen (Abschnitt 2). Zweitens wird für die aktuelle Papstwahl 2013 untersucht, auf welche thematischen Aspekte die Berichterstattung der Medien fokussierte und inwieweit dabei eine ereigniszentrierte (episodische) oder einordnende (thematische) Berichterstattung dominierte (Abschnitt 3). Methodik und Mediensample Analyse Papstwahl 2013 Datengrundlage bilden die Beiträge aus der für das Jahrbuch Qualität der Medien entwickelten Frontseiten- und Aufmacheranalytik zum Kommunikationsereignis Papstwahl. Das Jahrbuch-Mediensample wurde ergänzt um das St. Galler Tagblatt. Zudem wurden für den Bereich Presse alle auf der Frontseite angerissenen bzw. angekündigten Beiträge miterhoben. Daraus resultierte ein Beitragssample von insgesamt 230 Beiträgen aus 22 unterschiedlichen Medien. Frontseiten- und Aufmacherbeiträge Die Frontseite ist bei den Pressetiteln die erste Seite der jeweiligen Ausgabe bzw. die Startseite bei den Onlinemedien. Das Pendant beim Radio und Fernsehen sind die Aufmacherbeiträge, die mittels Schlagzeilen oder Anmoderation als die wichtigsten Beiträge der jeweiligen Sendung hervorgehoben werden. Auf den Frontseiten und in den Aufmacherbeiträgen manifestieren sich die wichtigsten redaktionellen Entscheide bezüglich der Agenda eines Mediums. Diese prominent platzierten Beiträge sind ein valider Indikator für die redaktionellen Auswahl- und Interpretationslogiken und geben Aufschluss darüber, welchen Themen und Darstellungsformen Redaktionen besondere Bedeutung beimessen. Das Instrument zur Analyse dieser prominent platzierten Beiträge ist die Frontseiten- und Aufmacheranalytik. Diese Methodik findet z.b. auch im PEW Project for Excellence in Journalism Anwendung (vgl. http://stateofthemedia.org/). Berichterstattungsfokus Die Variable Berichterstattungsfokus gibt Aufschluss darüber, worauf ein Medienbeitrag über die Papstwahl hauptsächlich fokussiert. Aufgrund der vorgängigen Durchsicht der relevanten Berichterstattung konnten insgesamt folgende acht Berichterstattungsfoki ermittelt werden, die anschliessend für die 230 Beiträge codiert wurden: FOKUS 1: FRANZISKUS IST GEWÄHLT FOKUS 2: HINTERGRÜNDE ZU FRANZISKUS FOKUS 3: KONKLAVE MEDIEN IN LAUERSTELLUNG FOKUS 4: SPEKULATIONEN UM NACHFOLGE FOKUS 5: VORBEREITUNGEN DER PAPSTWAHL FOKUS 6: REFLEXION PAPSTAMT FOKUS 7: HINTERGRÜNDE ZUM KONKLAVE FOKUS 8: REFLEXION DER ROLLE DER MEDIEN Mediensample Folgende Medientitel gingen in die Untersuchung ein: Presse: 20 Minuten, Basler Zeitung, Berner Zeitung, Blick, Die Südostschweiz, Aargauer Zeitung, Neue Luzerner Zeitung, Neue Zürcher Zeitung, NZZ am Sonntag, SonntagsZeitung, St. Galler Tagblatt, Tages- Anzeiger, Weltwoche. Online: 20minuten.ch, Blick.ch, tagesanzeiger.ch, NZZ Online. Öffentlicher Rundfunk (SRF): 10 vor 10, Echo der Zeit, Rendez-Vous, Tagesschau. Medienanalyse zur Papstwahl 04.04.2013 SEITE 2/7

2. RESONANZ IM LANGZEITVERGLEICH WACHSENDES MEDIENINTERESSE FÜR PAPSTWAHL. Wie schon im Jahr 2005, so provozierte auch die jüngste Papstwahl bemerkenswert viel Resonanz. Dass die aktuelle Papstwahl nicht mehr ganz so viel Aufmerksamkeit auf sich zog wie die letzte, ist vor allem dem Umstand geschuldet, dass der Wahl von Kardinal Joseph Ratzinger vor acht Jahren eine lange Phase des «öffentlichen» Sterbens seines Vorgängers Papst Johannes Paul II. vorangegangen war, sodass die Papstwahl im Vorfeld medial über die entsprechende Erwartungsbewirtschaftung langanhaltend als wichtiges Kommunikationsereignis aufgebaut werden konnte. Zudem provozierten der damalige Tod und das Begräbnis von Papst Johannes Paul II. grössere Resonanz als der Rücktritt von Papst Benedikt XVI. 2013. NACHRICHTENWERT DER PAPSTWAHL. Die hohe Resonanz der aktuellen Papstwahl zeigt, dass das Kommunikationsereignis im kommerzialisierten Mediensystem ausgesprochen wirksam mediale Nachrichtenwerte bedient. Nachrichtenwert erhält das Ereignis erstens durch seine ideale Eignung zur Personalisierung, zur Zuspitzung auf eine Person. Aufmerksamkeitsheischend ist zweitens das Skandalträchtige, das der katholischen Kirche derzeit partiell anhaftet (u.a. Debatten zum Kindsmissbrauch). Mit dem Nachrichtenwert des Skandalösen verbunden ist drittens der Aspekt des Geheimen/Verborgenen, welcher speziell während des Konklaves greift und dadurch das mediale Interesse befeuert, Vorborgenes und möglichst Spektakuläres/Skandalöses ans Licht der Öffentlichkeit zu befördern. Viertens verschafft das einzigartige Profil der katholischen Kirche und des Papstes im schroffen Gegensatz zur säkularisierten Welt der Thematik Nachrichtenwert. Und fünftens sind für die hohe Resonanz auch die Inszenierungsleistungen der Kurie mitverantwortlich. Das heisst, dass das Kommunikationsereignis stark durch den institutionalisierten Prozess, die auf Traditionen aufbauende Opulenz der Inszenierung sowie das auf die Prime Time mitteleuropäischer Medien ausgerichtete Timing der vatikanischen Ereignisproduktion beeinflusst wird. Abb. 1) 300 250 200 150 100 50 0 Vaterland Blick Tages-Anzeiger NZZ fög - Universität Zürich 1914 1922 1939 1978 2005 2013 Abbildung 1) veranschaulicht, welche Bedeutung die Presse (bzw. vier Pressetitel) den Papstwahlen in den Letzten 100 Jahren beigemessen hat. Die Säulen berücksichtigen nicht alle Papstwahlen, sondern nur jene, die eine grössere Aufmerksamkeit erregten. Medienanalyse zur Papstwahl 04.04.2013 SEITE 3/7

3. ANALYSE DER BERICHTERSTATTUNGSFOKI GENERELLER BEFUND: HINTERGRUNDARME BERICHTER- STATTUNG. Die aktuelle Papstwahl ist insgesamt durch eine stark ereignisgetriebene (episodische) Berichterstattung charakterisiert (vgl. Abb. 2). Der überwiegende Anteil der Beiträge widmet sich den Ereignissen rund um die Papstwahl, ohne diese weiter einzuordnen (Fokus 1, 3, 4, 5). So sind 64% der insgesamt 230 erhobenen Beiträge episodischen Charakters und nur in 36 % werden Hintergründe geliefert. Entscheidend für den hohen Anteil an episodischer Berichterstattung ist das starke Abstellen der Berichterstattung auf die Inszenierungsleistungen der Kurie bzw. des Vatikans, u.a. in Form der medialen Fokussierung auf den schwarzen bzw. weissen Rauch, aber auch in Form des Abstellens auf gestreute Stories, wie der neue Papst seine Herberge selbst bezahlte, die einfache Räumlichkeit seines ersten Gottesdienstes oder seine erste Medienkonferenz. Vor allem im Vorfeld der Papstwahl dominiert eine ausgesprochen ereigniszentrierte Berichterstattung (Vorbereitungen zum Konklave, Rätselraten um mögliche Kandidaten; Fokus 4, 5). Erst nach der Wahl des neuen Papstes wird die Hintergrundberichterstattung intensiviert, wobei ein substantieller Teil dieser Berichterstattung skandalisierenden Typs ist, d.h. auf eine möglicherweise belastete Vergangenheit des neuen Papstes zur Zeit der argentinischen Militärdikatur fokussiert (Fokus 2). Reflexionen zum Papstamt generell oder über die Rolle der Medien, sowie Hintergründe zum Ablauf des Konklaves werden nur marginal eingebracht (Fokus 6, 7, 8). Primär der öffentliche Rundfunk und die (Abonnements-)Presse können sich mit einer solchen Hintergrundberichterstattung profilieren. Im Online-Bereich sind einordnende Berichte rund um die Papstwahl hingegen ein deutlich randständiges Phänomen. Im Folgenden werden die verschiedenen Berichterstattungsfoki (vgl. Abb. 1) einzeln besprochen. Abb. 2) 1) Franziskus ist gewählt 2) Hintergründe zu Franziskus 3) Konklave Medien in Lauerstellung 4) Spekulationen um Nachfolge 5) Vorbereitungen der Papstwahl 6) Reflexion Papstamt 7) Hintergründe zum Konklave 8) Reflexion der Rolle der Medien 9) Residual fög - Universität Zürich 0 20 40 60 80 Abbildung 2 zeigt, welche Berichterstattungsfoki bei der Thematisierung der Papstwahl 2013 in den Beiträgen zur Papstwahl dominierten. Die Berichterstattungsfoki sind zusätzlich unterscheidbar in die Dimensionen episodisch / thematisch. Episodisch steht für eine stark ereigniszentrierte Berichterstattung (Foki 1,3,4,5). Thematisch ist eine Berichterstattung, die Ereignisse einordnet und Hintergründe aufzeigt (Foki 2,6,7,8). Medienanalyse zur Papstwahl 04.04.2013 SEITE 4/7

Berichterstattungsfoki vor dem Konklave: RANG 5: VORBEREITUNGEN DER PAPSTWAHL. Der häufigste Berichterstattungsfokus vor dem eigentlichen Wahlakt bezieht sich auf die Vorbereitungen für das anstehende Megaereignis (so bspw. tagesanzeiger.ch: Der Kamin auf der Sixtinischen Kapelle steht ). Auch diese Thematisierungsleistung ist analog zu jener während des Konklaves (Rang 3) dadurch charakterisiert, dass die Nachrichtenflaute vor allem in Onlinemedien mit bisweilen wenig relevantem Füllstoff überbrückt werden musste. Berichterstattungsfoki während dem Konklave: RANG 3: KONKLAVE MEDIEN IN LAUERSTELLUNG. Die Zeitspanne des Konklaves, also der geheimen Wahl des Papstes unter Ausschluss der Öffentlichkeit, ist durch eine Berichterstattung charakterisiert, bei der sich die Medienarena in Lauerstellung befindet (Abb. 2, Rang 3). Die ausgesprochen hohe Medienpräsenz in Rom bei gleichzeitigem Ausbleiben von Enthüllungen während des Konklaves befördert eine inhaltslose Spekulationsberichterstattung und eine mediale Fokussierung auf den Kamin. RANG 4: SPEKULATIONEN UM NACHFOLGE. Das Warten auf den weissen Rauch während des Konklaves öffnet aber auch Raum für Spekulationen über den Ausgang der Papstwahl. Solche Spekulationen sind medial am vierthäufigsten zu beobachten (vgl. Abb. 2). Unter diesem Berichterstattungsfokus werden unter anderem die Top-Favoriten wozu Bergoglio nicht zählte genannt (so wurde z.b. im Blick am 11. März mit der Schlagzeile Sind wir bald Papst? der Schweizer Kardinal Kurt Koch ins Spiel gebracht.) RANG 7: HINTERGRÜNDE ZUM KONKLAVE. Nur äusserst selten nutzen die Medien die ereignisarme Zeit des Konklaves, um sich mit dem traditionsreichen Wahlprozedere reflexiv oder einordnend auseinanderzusetzen. Wenn doch, dann handelte es sich hauptsächlich um historische Rückblenden, zuweilen gespickt mit Anekdoten. Berichterstattungsfoki nach erfolgter Wahl: RANG 1: FRANZISKUS IST GEWÄHLT. Die episodische Berichterstattung über die Wahl Papst Franziskus stellt die übrigen erfassten Berichterstattungsfoki deutlich in den Schatten (vgl. Abb. 2, Rang 1). Direkt im Nachgang zur Wahl dominieren zuerst das resonanzstarke Vermelden des weissen Rauches, das Nacherzählen, wie es zur Wahl im fünften Wahlgang kam sowie die ersten Schritte des neuen Papstes an die Öffentlichkeit mitsamt dem Jubel der Massen in Rom, Lateinamerika und dem Rest der Welt. RANG 2: HINTERGRÜNDE ZU FRANZISKUS. In zweiter Instanz dominiert eine Berichterstattung, die sich um Hintergrundinformationen zur Person von Jorge Mario Begoglio bemüht. Schon am ersten Tag nach der Wahl steht dabei der Kollaborationsvorwurf im Raum. Insbesondere die Onlinemedien und die Gratispresse verfolgen diese Skandalisierung und fokussieren auf mögliche Verstrickungen des neuen Papstes mit der Militärjunta. Diesen Aspekt betonen auch die Abonnementszeitungen, richten ihre Aufmerksamkeit aber stärker auf Bergoglios bisheriges Wirken in den Slums von Argentinien sowie auf seine ethischen Werthaltungen. Von Chronologie unabhängige Berichterstattungsfoki RANG 6: REFLEXION PAPSTAMT. Vereinzelt werden während der Vorbereitungszeit des Konklaves einordnende Beiträge veröffentlicht, die sich reflexiv mit dem Papsttum generell auseinandersetzten (Abb. 2, Rang 6). Dieser Fokus wird lediglich von der Abonnementspresse und dem öffentlichen Rundfunk eingenommen. Dabei interessieren insbesondere die Baustellen innerhalb der katholischen Kirche und die Hoffnungen, die an einen neuen Papst gerichtet werden. RANG 8: REFLEXION DER ROLLE DER MEDIEN. Lediglich in zwei Beiträgen wird eine medienkritische Beobachterperspektive eingenommen. Zwar wird mehrfach am Rande auf die riesige mediale Präsenz vor Ort verwiesen, eine kritische oder reflexive Beurteilung dazu wird aber zugunsten der Jagd nach dem Rauch vernachlässigt. Medienanalyse zur Papstwahl 04.04.2013 SEITE 5/7

Berichterstattungsfoki nach Mediengattungen Abb. 3) Abb. 4) PRESSE: EINORDNENDE AUSEINANDERSETZUNG MIT PAPST FRANZISKUS. Von den drei Mediengattungen hat sich die Presse fög - Universität Zürich Online fög - Universität Zürich Presse am stärksten einordnend mit der Person des Papstes Franziskus auseinandergesetzt (vgl. Abb. 3). Hier werden u.a. die Werthaltungen des neuen Papstes am stärksten ausgeleuchtet. Diese Form der Berichterstattung wird hauptsächlich 18% Hintergründe zu Franziskus Franziskus ist gewählt 24% 35% Franziskus ist gewählt 41% Vorbereitungen der Papstwahl durch die Abonnementspresse beigesteuert, während die Gratiszeitung 20 Minuten sowie die Boulevardzeitung Blick 18% sich stark ereigniszentriert und wenig einordnend mit dem Konklave Medien in Lauerstellung 17% Konklave Medien in Lauerstellung neuen Papst auseinandersetzen. Gesamthaft ist für die Presse weitere Foki weitere Foki eine stark personalisierende Berichterstattung zur Papstwahl 30% 17% charakteristisch. Dagegen ist eine reflexive Beschäftigung mit der Institution Kirche in der Presse wie in der gesamten Medienarena Abbildung 3) zeigt für alle einbezogenen Zeitungen, wie stark die ver- Abbildung 4) zeigt für alle einbezogenen Onlinemedien, wie stark die ein randständiges Phänomen. Am Beispiel Papstwahl schiedenen Foki die Berichterstattung zur Papstwahl dominieren. verschiedenen Foki die Berichterstattung zur Papstwahl dominieren. bestätigt sich ein genereller Befund der Kommunikationsforschung, wie u.a. als Folge der Personenfixierung und Beschleunigung der Newsproduktion institutionelle Aspekte, Abb. 5) Strukturen und langfristige Prozesse immer stärker durch das öffentlicher Rundfunk fög - Universität Zürich Raster der Medienaufmerksamkeit fallen. ONLINE: KAUM EINORDNUNG. Die Onlinemedien bewirtschaften das Kommunikationsereignis der Papstwahl hauptsächlich in episodischem Stil (vgl. Abb. 4). Das rasant beschleunigte 20% Hintergründe zu Franziskus Aktualitätstempus lässt kaum Raum für eine ein- ordnende Beschäftigung mit der Papstwahl. Während des 43% Franziskus ist gewählt Konklaves sind die Onlinemedien am stärksten durch eine Berichterstattung 20% Konklave Medien in Lauerstellung gekennzeichnet, die auf die Ereignisarmut mit wenig relevantem Füllmaterial reagiert. Im Gegensatz zu den weitere Foki Newssites der Abonnementspresse produzieren die Newssites 17% der Gratiszeitung 20 Minuten sowie des Blicks verhältnismässig mehr ereignszentrierte Beiträge. Abbildung 5) zeigt für alle einbezogenen Nachrichtensendungen des ÖFFENTLICHER RUNDFUNK UNTERSCHIEDE TV/RADIO: Der öffentlichen Rundfunks, wie stark die verschiedenen Foki die Berichteröffentliche Rundfunk hat sich im Vergleich zur Presse weniger stattung zur Papstwahl dominieren. stark, im Vergleich zu den Onlinemedien aber stärker einordnend *Abweichung von 100 wegen Rundungsdifferenz mit der Papstwahl auseinandergesetzt (vgl. Abb. 5). Da- bei zeigen sich allerdings erhebliche Unterschiede zwischen dem öffentlichen Radio und Fernsehen. Einordnende Berichte, insbesondere zur Person des Papstes Franziskus, sind im öffentlichen Radio proportional deutlich stärker vertreten. Medienanalyse zur Papstwahl 04.04.2013 SEITE 6/7

ÜBER FÖG / KONTAKT Das fög ist eine führende Forschungsinstitution im Bereich der Öffentlichkeits- und Kommunikationsforschung an der Universität Zürich. Das fög analysiert die Inhalte und Formen der öffentlichen Kommunikation und erforscht deren Wirkungen auf ökonomische und politische Organisationen. Das fög entstand auf der Basis des Erkenntnisinteresses, in Gestalt von Kommunikationsereignissen ( Issues ) die Grundbausteine der sozialen Welt mittels sozialwissen-schaftlicher Theorien und Methoden auf äquivalente Weise beobachten zu können, wie im Rahmen der Physik die elementaren Teile der physischen Welt im CERN (Genf) beobachtet werden. Die Arbeit an diesem Kommunikations-CERN beruht auf der Prämisse, dass die öffentliche Kommunikation das wesentlichste Medium der Selbstorganisation und damit der Integration von Gesellschaft ist. Innerhalb dieses Mediums Kommunikation ist Aufmerksamkeit die Kern-energie der sozialen Welt. Sie kreiert Kommunikations-ereignisse und diese wiederum fokussieren Aufmerk-samkeit. Kontakt fög Forschungsinstitut Öffentlichkeit und Gesellschaft Universität Zürich Andreasstrasse 15 CH-8050 Zürich Tel.: +41 44 635 21 23 Fax: +41 44 635 21 01 Lucie Hauser Direktwahl: +41 (0)44 635 21 13 lucie.hauser@foeg.uzh.ch Mark Eisenegger Direktwahl: +41 (0)44 635 21 23 mark.eisenegger@foeg.uzh.ch Das Ziel dieser Beobachtung besteht in der Erfassung und Analyse von Regularitäten öffentlicher Kommunikation im synchronen und diachronen Vergleich über möglichst lange Zeiträume anhand der Erhebung der wichtigsten Kommunikationsereignisse in den Leitmedien von Medienarenen, in Peripheriemedien sowie auch in politischen Arenen (parlamentarische Debatten). Mehr zu uns: www.foeg.uzh.ch Medienanalyse zur Papstwahl 04.04.2013 SEITE 7/7