Wie man Überall und Nirgends hinkommt. Eine Odyssee im Sichtflug durch Deutschland



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Wie man Überall und Nirgends hinkommt Eine Odyssee im Sichtflug durch Deutschland Ich war vom 29.09.2005 bis zum 03.10.2005 für ein Paar Tage mit einer Super Dimona unterwegs. Hier ein Bericht dazu: Der Plan war mit der Dimona vom Degerfeld (EDSA) nach Pasewalk (und natürlich wieder zurück) zu fliegen. Ein Arbeitskollege mit Verbindungen nach dort sollte mich begleiten. Die 680 km Luftlinie plante ich in zwei Etappen mit Zwischenstopp zum Tanken in Jena gründlich aus. Glücklicherweise wog mein Kollege genauso wenig wie ich, so dass es mit Gepäck immer noch möglich war die Dimona vollzutanken. Die Wettervorhersage für unser Vorhaben war allerdings sehr schlecht. Mir war klar dass der geplante Flugweg über den Thüringer Wald nach Jena nicht möglich sein würde. Ich rechnete also damit eine etwas westlichere Route fliegen zu müssen und nicht durch den Thüringer Wald durchzukommen. So kam es dass wir uns an einem Donnerstag Morgen auf dem Degerfeld trafen. Das Wetter sah wirklich schlecht aus und eine endgültige Entscheidung ob wir fliegen oder mit dem Auto fahren schoben wir bis ca. 11 Uhr vor uns hin. Es nieselte immer wieder aber so langsam hörte es auf zu regnen und hier und da konnte man die Sonne hinter der Schichtbewölkung erahnen. Diese leichte Wetterbesserung aus Süden war der letzte kleine Impuls den Flug doch noch zu versuchen, wohlwissend dass es nicht sicher war unser Ziel erreichen zu können. Nach einer letzten telefonischen Wetterberberatung ging's dann endlich los. Der Flug entlang der südöstlichen Grenze des Luftraums Klasse C um Stuttgart (schön dass es das Flugbeschränkungsgebiet Münsingen nicht mehr gibt) verlief ohne Probleme, dafür war es entlang der Alb sehr turbulent. Bis zum VOR Dinkelsbühl hatte sich die Turbulenz gelegt. Von hier aus war auch ersichtlich dass wir den Sektor mit etwas besserem Wetter welcher sich vorher von Süden über das Degerfeld geschoben hatte durchflogen hatten. Die Schauerbewölkung in alle nördlichen Richtungen signalisierte eindeutig, dass der Thüringer Wald in Wolken war. Ich nahm also einen nördlichen Kurs, entlang der Ostseite des Steigerwalds, um dann zwischen Bamberg und Hassfurt von Süden in das Maintal einzusteigen. Durch das Tal war es einfach mit westlichem Kurs von der Ostseite des Steigerwalds auf die Westseite zu gelangen und auch die Hassberge im Osten liegen zu lassen. Kurz vor Schweinfurt wurde es nach Norden heller und ich änderte den Kurs erneut nach Norden. Bevor der Bericht an dieser Stelle weitergeht, möchte ich einen kleinen Exkurs in die Flugvorbereitung machen. Insbesondere bei schlechtem Wetter ist diese lebensnotwendig. Dazu gehört selbstverständlich nicht nur eine individuelle Wetterberatung, sondern auch die genaue Berechnung des Fluges hinsichtlich Treibstoff. Außerdem wird die Karte vor dem Flug vorbereitet. Alle wichtigen - 1 -

Leitlinien, Auffanglinien und natürlich Fluggelände prägt man sich vor dem Flug ein. Dazu kommen noch die Lufträume und auch alle hilfreichen Frequenzen von VOR, FIS, VOLMET und ATIS. Eine Programmierung des GPS (dazu gehört dass man das Gerät auch bedienen kann!) rundet die Vorbereitung ab. Diese ist besonders wichtig weil man dann während des Fluges Zeit hat sich mit der terrestrischen und vor allem meteorologischen Navigation zu beschäftigen. Funknavigation und Koppelnavigation müssen nebenher ohne größeren Aufwand betrieben werden um so immer ein Maximum an Situationsbewusstsein zu garantieren. Dies ist wichtig, weil man sich beim Sichtflug bei schlechtem Wetter immer mehrere Fluchtoptionen offen halten muss. Diese können z.b. sein: Landung auf dem nächsten geeigneten Flugplatz (Wo war der noch mal?), Ausweichen zum besseren Wetter hin (Wo ist welches Wetter? Wie entwickelt sich das Wetter großräumig? Wie war die Frequenz von VOLMET/ATIS? Wo ist niedrigeres Gelände und wo sind Berge die eventuell in Wolken sein könnten?) Wen kann ich um Hilfe fragen? (Wie war noch die FIS Frequenz?) usw. Und nicht zuletzt: Umdrehen! Nichts kann so wichtig sein einen Flug in ungeeignete Wetterbedingungen fortsetzten zu müssen. Notfalls fällt der 'Termin' in Pasewalk halt einfach aus! Wir flogen jetzt von Schweinfurt aus nach Norden. Östlich von uns lagen die Hassberge (nicht in Wolken) und in alle anderen Richtungen waren Regenschauer auszumachen, welche sich langsam nach Osten bewegten. Das bedeutete niedrige Untergrenzen, aber außerhalb der Schauer sehr gute Sichtverhältnisse. So hatte ich schon Sichtkontakt zum Flugplatz Bad Neustadt/Saale (ca. 8 km entfernt) als sich ein solcher Schauer zwischen uns und den Flugplatz drängte. Auf einmal war der Platz nicht mehr zu sehen! Jetzt musste eine dieser oben beschriebenen Fluchtoptionen her. Derer gab es einige: Einfach nach Süden zurück ins Maintal fliegen (und in Schweinfurt landen), oder Richtung Osten und dann auf der Westseite der Hassberge nach Hassfurt. Außerdem gab es die fertiggestellte aber noch nicht dem Verkehr übergebene Autobahn zwischen Schweinfurt und Suhl. Mit dieser Option habe ich nicht ernsthaft gerechnet, aber zum Zwecke der Sicherheitslandung taugt sie allemal. Das Wetter entwickelte sich nicht so schnell, als dass man plötzlich landen musste, so dass im Falle eines Falles genug Zeit zur Verfügung stand auf dieser Straße einen geeigneten Landeplatz zu finden. Diese Option blieb also im Hinterkopf. Als Segelflieger suche ich sowieso immer nach Außenlandemöglichkeiten, auch wenn ich mit Motor unterwegs bin. Richtung Süden sah es aber nach einem Kurswechsel auch nicht viel besser aus und aus Westen kamen neue Schauer heran. In dieser Situation war es gut zu wissen, dass die Dimona voll getankt war. Treibstoff (und damit Zeit) war also kein entscheidender Faktor. So kam es dass sich die Möglichkeit bot ganz einfach 10 Minuten in dem Gebiet zu halten und nachdem der Schauer im Norden vorbeigezogen war ohne Probleme nach Bad Neustadt/Saale weiterzufliegen. Schauer können die Sicht fast auf Null zurückgehen lassen, dafür sind sie eben lokal begrenzt und meist auch nur kurze Zeit über einer bestimmten Position. Vor Bad Neustadt aus konnten wir auf direktem Westkurs die Südausläufer der Rhön überfliegen und uns entlang der A7 nach Norden durchhangeln. Das Wetter hat gehalten was die Vorhersage versprochen hatte und je weiter nach - 2 -

Norden, desto besser das Wetter. Kaum haben wir uns um die Ecke des Flugbeschränkungsgebietes bei Wildflecken geschlängelt, brach die Wolkendecke auf und Fulda lag wie auf dem Präsentierteller im Sonnenschein vor uns. Auch nach Nordosten, da wo wir eigentlich hinwollen, sah das Wetter jetzt viel besser aus. (VOLMET und ATIS waren der gleichen Meinung.) Ohne noch bis nach Fulda zu fliegen, nahmen wir direkten Kurs auf Magdeburg. Magdeburg hatte ich in meiner ursprünglichen Flugplanung mit Jena getauscht. Auch der Harz machte keine Probleme und wir rollten in Magdeburg direkt vor die Tankstelle und lassen die Dimona voll tanken. Nach erneuter Wetterberatung und nach Bezahlung der Landegebühren ging es weiter nach Pasewalk. Es war schon ein wenig komisch mit "nur" 800 Fuß auf dem Höhenmesser entlang der Elbe zu fliegen. Nur kurz beim Durchqueren einer Schauerstaffel ging dann noch mal die Sicht ein wenig zurück. Man konnte von der anderen Seite des Schauers hindurch blicken. Einen Schauer durch den man nicht hindurchsehen kann würde ich nie versuchen zu durchfliegen. Nach fast 5 Stunden reiner Flugzeit landeten wir am Ziel in Pasewalk. Am Samstag Morgen wurde erst einmal wieder "Wetter gemacht" (und außerdem getankt). In Pasewalk herrschte Bilderbuchwetter, keine Wolke am Himmel, nur im Südwesten deuteten sich ganz leichte Cirren an. Diese Cirren gehörten auch zu dem Bilderbuchwetter, nämlich zu einer Bilderbuch- Warmfront die uns genau entgegen kam. Ich plante soweit es geht der Front entgegenzufliegen. Mein Ziel war zunächst Kassel, als Alternative wieder Magdeburg. (Das Wetter südlich von Frankfurt war absolut nicht für Sichtflug geeignet.) Der freundliche berliner Wettermensch gab mir das aktuelle Wetter und den Trend für Kassel. Das würde verdammt knapp werden, das Wetter dort verschlechtere sich zusehends. "Sie fliegen genau in das schlechte Wetter hinein!", sagte er mir noch. Dies und das Wort "Warmfront" (Schlechte Sicht UND niedrige Wolkenuntergrenzen) sollten bei jedem Piloten die Alarmglocken läuten lassen. Das bedeutete, dass die Alternative Magdeburg an Wahrscheinlichkeit gewann und auch dass als Fluchtmöglichkeit jederzeit eine Kursänderung um 180 Grad zur Verfügung stand. Mann konnte jederzeit wieder von der Warmfront wegfliegen. Diese Front war tatsächlich wie aus dem Lehrbuch für Meteorologie: Erst hohe Cirren, dann dichter werdende Stratusfelder und schließlich einsetzender Regen mit immer schlechteren Sichtweiten und immer niedrigeren Untergrenzen. Wir kamen bis auf 15 km an Magdeburg, unser Etappenziel, heran. Und dann drehte ich einfach um und landete in Burg. Dort trafen wir zufällig ein ehemaliges Mitglied des dortigen Vereins der uns vom Untergang des Flugsports dort erzählte. Es fing damit an, dass der Schulungsdoppelsitzer verkauft wurde um mit dem Geld die C-172 zu reparieren.... Er traf für uns auch die Absprachen mit dem Verein (Zustimmung nach Sicherheitslandung) und fuhr uns zu dem nächstgelegenen Hotel wo wir die Nacht verbrachten. Es war keine Wetterbesserung in Sicht und es würde noch die ganze Nacht hindurch regnen. - 3 -

Am nächsten Morgen flogen wir nur 25 km weit nach Magdeburg zum tanken. Von dort aus wurde wieder eifrig weitergeplant. Ein Flug aufs Degerfeld war ausgeschlossen, im Süden war immer noch schlechtes Wetter und die Alb war in Wolken. Ich plante zunächst so weit wie möglich nach Süden zu fliegen und dann weiterzusehen. Mein Ziel hieß Schwäbisch Hall. Von Magdeburg aus ging es auf direktem Kurs über den Harz, aber schon an der Harzsüdkante, bei Nordhausen, war es wegen Staubewölkung nicht möglich weiter nach Süden vorzudringen. Guten Gewissens einen vollen Tank zu haben drehte ich also kurzerhand um und flog nach Norden um den Brocken herum zur Westkante des Harz. Dort fädelten wir uns wie es sich gehört ("Linkes Fahrwerk, Rechte Spur") auf der A7 ein und folgten dieser an Göttingen vorbei Richtung Kassel. Das Wetter sah in diese Richtung nicht besser und umso mehr erstaunte es mich als ich die Frequenz von Kassel-Calden einwählte. Dort herrschte reger Flugbetrieb und die Wetterbeobachtung dort war viel besser als ich es je vermutet hätte. Ich wollte also zunächst der A7 weiter nach Süden folgen. Kurz vor Kassel presste uns aber die Autobahn am Staufenberg "gegen die Wolken" und auch das Fuldatal bot uns keine Möglichkeit zur Stadt vorzudringen. Wir "sprangen" also den Flugplatz Kassel-Calden quasi "von unten aus dem Tal heraus an". Tatsächlich war das Wetter nur wenige Kilometer westlich der Fulda um Größenordnungen besser Der sehr nette Flugleiter in Kassel ließ uns direkt vor dem Terminal parken. Kassel bietet einen vorbildlichen Flugvorbereitungsraum mit PCMet und allem was dazugehört. Auch ließ er mich auf seinem Telefon mit der Wetterberatung sprechen, nachdem der Provider meines Mobilfunktelefons offenbar kein Geld an mir und der Wetterberatungsnummer verdienen wollte. Der Vorhersage nach sollte es möglich sein das schlechte Wetter im Süden westlich zu umfliegen und durch das Rheintal über den Nordschwarzwald zumindest bis vor die Alb (Rottweil) zu fliegen. Also, wieder tanken und weiter. Es folgte der wettermäßig beste Teil der Tour. Das Rothaargebirge, der Westerwald, Taunus und der Hunsrück waren offen. Vorbei an Siegerland und Limburg flogen wir über den Rhein nach Bad Sobernheim. Das Wetter Richtung Süden sah von hier aus doch nicht so gut aus und da Sobernheim meine Heimatstadt ist, beschloss ich kurzerhand dort zu landen. Die Zeit war außerdem auch schon recht weit fortgeschritten und es war sowieso klar, dass wir nicht aufs Degerfeld kommen würden. Insofern hatten wir noch einen ganzen Tag Zeit um auf eine Wetterbesserung zu warten. Viel schlechter konnte es auf der Alb nicht werden. Bad Sobernheim ist der Stützpunkt des Rheinlandpfälzischen Luftsportverbandes und mit etwas Glück konnten wir die Dimona in die nagelneue Halle stellen in der zuvor ein Werkstattleiterlehrgang stattfand. Etwas mehr Glück brauchten wir am nächsten Morgen um unsere Dimona wieder aus der Halle zu bekommen, die hätten die doch glatt dabehalten.... Ach ja, kein Glück braucht man um den Flieger wieder zu tanken. Somit war unser Glück für das Wetter aufgebraucht. Tiefe Wolken verhinderten den direkten Flug nach Südosten ins Rheintal. Die nördlichen Ausläufer der - 4 -

Pfälzer Wald mussten wir nördlich umfliegen um endlich ins Rheintal einsteigen zu können. Dort herrschte auch schlechtes Wetter (Nieselregen, schlechte Sicht), so dass es nicht möglich war den Rhein nach Osten zu überqueren. Also war eine weitere Zwischenlandung in Lachen-Speyersdorf angesagt. Trotz des schlechten Wetters war der Platz besetzt und wir warteten im dortigen Vereinsheim gute 4 Stunden auf eine ganz langsame Wetterbesserung. In dieser Zeit -- man kann es sich schon denken -- wurde die Dimona noch mal bis an den Stehkragen voll getankt und wiederholt eine Wetterberatung eingeholt. Nachdem der Regen aufhörte wagten wir uns weiter Richtung Degerfeld, immer noch mit dem Wissen nicht auf die Alb zu kommen. Wir überflogen Bruchsal aus taktischen Gründen (wir schauen ob jemand am Flugplatz war) und tasteten uns vorsichtig nach Südosten vor. Südlich von Pforzheim war es nicht möglich weiterzufliegen und auch der Weiterflug ins Nagoldtal war nicht machbar. Wir tasteten uns dann nördlich von Pforzheim ein wenig weiter. Als ich die Lichter auf der Autobahn langsam ins Grau Richtung Stuttgart verschwinden sah, war mir klar, das auch dieser Versuch nicht weiterführen würde. ATIS in Stuttgart meldete 5 km Sicht und FEW in 700 Fuß, OVERCAST in 1200 Fuß. Zurück in Bruchsal war schnell Hilfe zur Hand, der sehr zuvorkommende Vereinsvorstand fuhr uns zum Bahnhof und wir erreichen Albstadt mit dem Zug. Am darauf folgenden Donnerstag flogen ein Vereinskamerad und ich nach Bruchsal um die Dimona endlich nach Hause zu holen. Ein enger Formationsflug mit Dimona und Regent beendete die 8-Tägige Odyssee durch Deutschland. Nach über 12 Stunden reiner Flugzeit ging ein kleines Abenteuer zu Ende. Nachschlag: Abenteuer? Nein, keineswegs. Es ist zwar richtig, dass ich nicht immer wusste, wo ich am Ende des Tages landen würde, jedoch hat eine solche Reise nicht viel mit einem Abenteuer zu tun. Ich habe zu keinem Zeitpunkt irgendwelche Minima unterschritten. Diese Reise war penibel vorbereitet es gab immer nur EINEN EINZIGEN unsicheren Faktor, das Wetter. Dabei handelte es sich immer um ein großflächig stabiles Wettergeschehen. Hierbei war immer nur ENTWEDER die Sicht schlecht ODER die Basis niedrig, mit Ausnahme der Warmfront welche aber eine einfache Fluchtmöglichkeit bot. Das Flugzeug und ALLE Systeme waren JEDERZEIT voll einsatzbereit, es war immer die maximal mögliche Menge an Treibstoff verfügbar. Es gab keinen Zeitdruck, weder aufgrund des Sonnenuntergangs noch weil irgendein Termin hätte eingehalten werden müssen. - 5 -

FAZIT: Fliegen bei suboptimalem Wetter, zur Nachahmung empfohlen? Ja, weil es unheimlich viel Spaß macht und fliegerisch einen großen Nährwert hat. Aber bitte nur wenn wirklich alle anderen Rahmenbedingungen optimal sind. Kein Risiko eingehen und sich nicht überschätzen. Wenn's einem mulmig vorkommt, dann stimmt vielleicht schon irgend etwas nicht. Und zu guter Letzt: sich nicht schämen, wenn man kurz vor dem Ziel umdreht und mit dem Zug zurück nach Hause kommen muss.... Lars Bamberger - 6 -

Deutschlandkarte mit der ungefähren Flugroute und im Text genannten Punkten - 7 -