A, wie Altentransport. Beginnen



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Transkript:

Liebe Familie, liebe Freunde, einfach alle, die mich mental und finanziell unterstuetzen und interessiert an meinem Freiwilligendasein in Bolivien sind, nach weiteren zwei Monaten ist es nun Zeit fuer den zweiten Rundbrief. Aufgrund der vielen positiven Rueckmeldungen habe ich diesen wieder als Bolivien-ABC verfasst, um so weitere Eindruecke meines inzwischen Alltag gewordenen Lebens hier in Bolivien mit euch teilen zu koennen. A, wie Altentransport. Beginnen moechte ich meinen zweiten Bericht mit einem witzigen, in Deutschland unvorstellbaren Erlebnis. Ich war in Aiquile bei einem Mitfreiwilligen zu Besuch und zum Sonntagsgottesdienst sollten die Bewohner eines Altenheims mitgenommen werden. Also wurden sie allesamt in ihren Rollstuehlen auf die Ladeflaeche eines Pick Ups verfrachtet und so fuhren wir mitten durch den Ort bis zur Kirche. B, wie Brot backen. Jeden Sonntag wird bei uns im Internat Brot fuer die kommende Woche gebacken. Dafuer ist jedes Mal eine andere Gruppe von ca. 15 Jungen und Maedchen verantwortlich. Morgens wird zuerst Holz gesammelt, womit dann der Lehmofen angeheizt wird. Solange dieser sich aufheizt, wird in grossen Mengen Teig geknetet, welcher dann in der Sonne eine Weile gehen kann und spaeter zu einer Art Broetchen geformt wird. Wenn die kleinen Brote frisch und noch warm aus dem Ofen kommen, sind sie am leckersten. C, wie Carpa Solar. Unsere Carpa Solar ist ein Gewaechshaus, welches mithilfe einer Hilfsorganisation aufgebaut wurde und in dem tropische Temperaturen herrschen. Somit koennen wir Karotten, Salat, Tomaten, Gurke, Petersilie, Mangold und aehnliches fuer den eigenen Verzehr anbauen. Auch hier helfen die Kinder und Jugendlichen bei der Arbeit, beim Ernten und Giessen mit. D, wie Deporte oder auf Deutsch Sport. Die Hauptfreizeitbeschaeftigung der Jungs im Internat ist Fussballspielen. Sie spielen zwar nicht besonders gut, aber das kann man nicht einmal von den Profis der bolivianischen Vereine behaupten, jedoch spielen

sie mit Begeisterung. Wenn eine Mannschaft unvollstaendig ist, muss ich aushelfen, auch wenn ich beim Fussball bestimmt keine grosse Hilfe bin, aber bei diesen Freizeitaktivitaeten lernt man die Jugendlichen noch einmal von einer anderen Seite kennen, als nur von der schulischen. Mit den Maedchen spiele ich dann eher eine Runde Basketball, wobei sie mit ihren Flip Flops und Roecken richtig Einsatz zeigen. E, wie Escuela de Padres. Einmal im Monat findet im Internat eine Versammlung der Eltern statt, sofern sie ueberhaupt vor Ort sind oder noch leben, denn einige unserer Schuetzlinge sind Waisen oder Halbwaisen und von anderen die Eltern leben aufgrund ihrer Arbei in einer anderen Region und sehen ihre Kinder nur ein paar Mal im Jahr. Wenn jedoch Escuela de Padres auf dem Programm steht, kommen Eltern, Kinder und Paedagogen aus Cochabamba zusammen, um wichtige Themen zu besprechen, die die familiaeren Verhaeltnisse verbessern sollen. Bei dem Treffen, welches ich miterlebt habe, ging es beispielsweise um die Kommunikation innerhalb der Familie. Dazu sollten die Kinder und Jugendlichen mit ihren Eltern ueber folgende Fragen nachdenken: Wie kommunizieren wir? Wo kommunizieren wir? Worueber komunizieren wir? Weshalb und wann kommunizieren wir? Jedoch war es sehr schwer ein Gespraech zwischen Eltern und Kindern aufzubauen und fuer die Paedagogen wie auch fuer mich war es schwierig, die sehr zurueckhaltenden Eltern zu animieren, da sie ausschliesslich Quechua sprechen. Traurig war es ausserdem fuer mich zu sehen, als jeder Sohn/jede Tochter mit seinem/ihrem Elternteil darueber sprechen sollte, was ihm/ihr an dem Verhalten des anderen nicht gefaellt und sie nur zoegerlich aufeinander zugehen konnten. Der Abschluss des Tages sollte dann eine Umarmung sein, was bei der Mehrheit erfreulicherweise sogar recht gut geklappt hat. Trotz allem habe ich ein solches Verhaeltnis zwischen Kindern und Eltern selten erlebt. F, wie Ferien. Am 1. Dezember haben bei uns in Tacopaya offiziell die Sommerferien begonnen und Anfang Februar wird das neue Schuljahr wieder beginnen. Fuer die ersten zwei Ferienwochen haben sich freiwillig noch 15 SchuelerInnen im Internat fuer einen Computerkurs bei unserem Tutor Carlos angemeldet, aber ansonsten ist das Intenat in den Ferien geschlossen. Daher werde ich diese zwei Monate in Pongo und teilweise in Cochabamba verbringen. Zurzeit sind wir hier in Pongo noch mit den Weihnachtsvorbereitungen ( Navidad) beschaeftigt und danach habe ich bestimmt fuer jeden Tag eine Einladung Bekannte und Freunde in Cochabamba zu besuchen oder Ausfluege unternehmen und dann muss auch schon mit der Planung fuer das neue Schuljahr begonnen werden. G, wie Giovana. Giovana aus Tarija ist eine der bolivianischen Freiwilligen, die die Chance erhalten hat, im Januar fuer ein Jahr nach Deutschland zu gehen. Im Rahmen ihrer Vorbereitung hier in Bolivien hat sie mich eine Woche in Tacopaya im Internat

besucht, um zu erfahren, wie die Arbeit einer Freiwilligen in Bolivien aussieht. Sie hat mich tatkraeftig unterstuetzt, ich habe etwas Deutsch mit ihr geuebt und wir haben uns gegenseitig viel ueber unsere Laender erzaehlt. Wir haben uns so gut verstanden und sind so gute Freundinnen geworden, dass ich sie vor ihrer Abreise wahrscheinlich noch besuchen werde. H, wie Hilfsorganisationen. Verschiedenste internationale Hilfsorganisationen sind hier auf dem Land in den Comunidades, wie auch in Tacopaya, staendig praesent. Immer wieder sieht man zum Beispiel Sanitaeranlagen von Unicef oder von CETM, der Kindernothilfe, errichtete Wohnhaeuser. In Alto Tacopaya beispielsweise ist die Mehrheit der sogenannten Viviendas von CTEM erbaut worden und auch fuer das Internat ist diese Organisation eine grosse Unterstuetzung. Die engagierten Mitarbeiter haben die Carpa Solar aufgebaut, Wolle fuer die Webwerkstatt angeschafft und uns eine Menge Medikamente geschenkt, mit deren Hilfe wir eine kleine Krankenstation einrichten konnten. Ausserdem kommen sie regelmaessig und halten Vortraege zu verschiedensten Themen, wie AIDS, Produktion und Vermarktung von Kleidung und Aehnlichem. Die Hilfsorganisation Vison Mundial unterstuetzt das Internat ebenfalls mit Materialien und Vortraegen und unsere Solarduschen, die besser sind als so manche Dusche in Deutschland, wurden von Unicef errichtet. I, wie Ich und meine Aufgaben. In diesem Absatz moechte Ich kurz erzaehlen, wie es mir hier ueberhaupt geht und was meine Hauptaufgaben sind, soweit dies durch die anderen Absaetze nicht schon deutlich wird. Bisher bin Ich ueberall, in Pongo, Tacopaya oder wo Ich sonst noch hingekommen bin, sehr freundlich aufgenommen worden, habe nur nur nette Menschen um mich herum und bin von morgens bis abends in den Alltag integriert. Die ueberwiegende Mehrheit der Personen, mit denen Ich zusammen arbeite oder die Ich ueber meine Einsatzstelle kennengelernt habe, ist noch relativ jung (zwischen 20 und 30 Jahre), wodurch es fuer mich deutlich einfacher war Kontakte aufzubauen. Insgesamt habe Ich drei Zuhause in denen Ich immer willkommen bin. Einerseits natuerlich das Internat in Tacopaya, im Pfarrzentrum in Pongo und im Haus von Padre Crispín in Cochabamba, in dem ausserdem zwei Jungs wohnen, die dort studieren. Ich bin zwar immer froh, wenn Ich fuer ein paar Tage in die Stadt komme, aber ansonsten gefaellt mir

das entspannte Landleben besser. Hier kann man einfach mal einen ganzen Tag mit Brotbacken verbringen und nebenbei unterhaelt man sich, hat Spass und verzehrt eine ganze Wassermelone. Nun noch einmal kurz zu meinen Aufgaben im Internat. Meine Hauptaufgabe ist die Hausaufgabenbetreuung der 15 Juengsten. Bei den Aelteren sind oft meine kreativen Faehigkeiten und meine Englischkenntnisse gefragt. Wenn es bestimmte Aktionen zu planen gibt, bringe Ich meine Ideen und Faehigkeiten mit ein, wie in den anderen Absaetzen bereits teilweise beschrieben. Ansonsten lebe Ich im Internat mit, helfe, wo es etwas zu helfen gibt und gelstalte die Freizeit meiner Pequeños, die Juengsten des Internates (Grundschule und etwas aelter), mit Spielen oder gehe mit ihnen beispielsweise an den Fluss zum Baden. Zum neuen Schuljahr werden wir neben dem Internat eine neue Oberstufe mit vier Klassen eroeffnen, in denen Ich vorraussichtlich Englisch und Kunst unterrichten werde, aber dazu im naechsten Rundbrief genaueres. Zum J ist mir dieses Mal nach langem Nachdenken leider nichts eingefallen. K, wie Kekse backen. Weihnachtskekse in Bolivien zu backen, bedeutet backen unter erschwerten Bedingungen, jedoch haben die Plaetzchen hinterher, wenn auch ein bisschen anders, gut geschmeckt. Zuerst mussten alle Zutaten zusammengesucht werden, was gar nicht so leicht war, da man hier in Bolivien nicht einfach in den Supermarkt geht und dort alles fertig gemahlen kaufen kann. Als ich endlich alles beisammen hatte, konnte ich mit meinen begeisterten Pequeños, die noch nie in ihrem Leben Weihnachtskekse gebacken haben, die fantasievollsten Plaetzchen provisorisch mit dem Messer ausstechen und spaeter im Lehmofen backen. Da sie allen gut geschmeckt haben, wird es nicht das letzte Mal gewesen sein und als ich mich vor den Ferien verabschiedet habe, haben ein paar Jungs gesagt, ich solle doch nach den Ferien selbstgemachte Kekse mitbringen. L, wie Lectura. Jeden Morgen nach dem Fruehstueck muessen alle fuer wenigstens zehn Minuten lesen, da viele der Jungen und Maedchen noch grosse Defizite beim Lesen und viel staerker beim Verstehen des Gelesenen haben. Meine Aufgabe ist es, die Lectura der Pequeños zu beaufsichtigen, es fuer sie etwas interessanter zu gestalten und mit den Erstklaesslern einzeln zu ueben. Leider kennen sie das einzige Buch, welches ihnen zur Verfuegung steht, schon mehr oder weniger auswendig, weshalb sie kein Interesse mehr haben, dieses zu lesen. Deshalb hoffe ich und werde darum bitten, dass wir fuer das kommende Schuljahr neue Buecher anschaffen koennen.

M, wie Mobilidad. Mobilidad ist das Zauberwort, um Tacopaya erreichen oder verlassen zu koennen. Oeffentliche Verkehrsmittel sind Busse, die einmal taeglich, naemlich um 7 Uhr morgens, von Cochabamba nach Tacopaya fahren. Um Tacopaya in Richtung Stadt verlassen zu koennen, muss man um Mitternacht im Dunkeln nach Bajo Tacopaya absteigen und dort warten, bis der Bus abfaehrt, was um ein, zwei oder auch drei Uhr sein kann. Eine andere Moeglichkeit ist, sich an den Ortsausgang an die Schranke zu setzen und zu warten bis ein Lkw, Jeep oder eine andere Mobilidad kommt, die einen mitnimmt. Einmal haben wir dort jedoch ueber drei Stunden gewartet, bis wir schliesslich auf der Ladeflaeche eines Pick Ups mitgenommen wurden, was auf der Hoehe von 4000 Metern mit Regen und Hagel ganz schoen ungemuetlich wurde. Die dritte, mit Abstand bequemste Variante ist, sich einen Platz im Auto eines Mannes aus der Nachbarschaft reservieren zu lassen, der mehrmals die Woche zwischen Tacopaya und Cochabamba pendelt. N, wie Navidad. Weihnachten steht bereits vor der Tuer und daher sind wir hier in Pongo mit den Vorbereitungen fuer das Fest beschaeftig. Die Weihnachtspost muss geschrieben werden, der Adventskranz fuer die Kirche geschmueckt und die Krippe in der Kirche aufgebaut werden. Ausserdem kommen seit gestern (14.12.) bis Heilig Abend jeden Nachmittag ca. 30 Kinder (es sollen bis zu 60 werden), mit denen wir Weihnachtslieder auf Spanisch und Quechua, ein kleines Theaterstueck und Taenze fuer die Messe am 24. Dezember einueben. O, wie ORES. ORES sind die Gruppen von etwa 8 Jungen und Maedchen, in denen sie im Internat arbeiten, wie zum Beispiel Brot backen, Kartoffeln schaelen, putzen oder die Andachten vorbereiten. Jeden Tag wechselt die Aufgabe der einzelnen Gruppen. ORES hat natuerlich auch eine Bedeutung, naemlich die Abkuerzung der vier wichtigsten Grundsaetze des Lebens im Internat. O steht fuer Oración, welche die kurze Andacht ist, mit der jeder Tag begonnen und beendet wird. R bedeutet Responsabilidad, auf Deutsch Verantwortung. Estudio, also Lernen ist die Bedeutung vom E. Eines der Hauptanliegen von uns Betreuern des Internates ist es, den Schuelern eine Moeglichkeit zum Lernen zu bieten und sie dabei in allen Faechern bestmoeglich zu unterstuetzen. Das ist manchmal gar nicht so einfach, da kommt einer mit seiner Matheaufgabe, der naechste mit Geschichte und wieder ein anderer braucht Hilfe bei seinen Englischhausaufgaben. Dennoch haben sie im Internat bestimmt bessere Moeglichkeiten zum Lernen als in ihren Elternhaeusern, da die ueberwiegende Mehrheit der Eltern nicht einmal Spanisch spricht. S steht fuer Servicio. Bei jeder Mahlzeit gibt es eine Gruppe die fuer den sogenannten Servicio verantwortlich ist. Sie hilft unserer Koechin Doña Emiliana das Essen auf die Teller zu

verteilen, serviert den Mitschuelern die Mahlzeit an den Tisch und wischt hinterher die Tische ab. P, wie Preguntas, auf Deutsch Fragen. Als einzige Deutsche bzw. Weisse hier weit und breit werden mir tagtaeglich von immer wieder anderen Personen unzaehlige von Fragen gestellt. Einige der haeufigsten waeren beispielsweise: Was ist dein Vater von Beruf? Was ist deine Mutter von Beruf? Wie viele Geschwister hast du? Wie nur einen Bruder? Wie lange braucht man von Deutschland nach Bolivien? Wie viel kostet der Flug? Was produziert ihr in Deutschland? Gibt es in Deutschland auch Lamas und Esel? Vermisst du deine Heimat nicht? Trinkt ihr Deutschen wirklich so viel Bier? Ich versuche diese vielen Fragen dann immer so gut wie moeglich zu beantworten und somit die Unterschiede zwischen den beiden Laendern und deren Eigenheiten zu erklaeren. Ausserdem wird mir fast jedes Mal, wenn ich jemanden neu kennenlerne, gesagt wie schoen meine Augen doch seien und ob ich sie nicht verschenken wolle. Q, wie Quechuafortschritte. Neben Spanisch, welches automatisch von Tag zu Tag besser wird, habe ich auch schon Fortschritte in Sachen Quechua gemacht. Zum Beispiel kann ich schon sagen: Wie geht es dir? Gut! Setz dich hier hin! Gehen wir! Komm her! Ich habe Durst! Ich liebe dich! sowie andere ueberlebenswichtige Ausdruecke. Leider hat diese Sprache nur ueberhaupt keine Aehnlichkeit mit einer der Sprachen, die ich bisher gelernt habe, sodass ich die Woerter schnell wieder vergesse oder gar nicht erst aussprechen kann. Um die Kultur, die Probleme und das Verhalten der Menschen hier auf dem Land jedoch verstehen zu koennen, bin ich der Meinung, muss man auch deren Sprache wenigstens verstehen koennen und deshalb werde ich so gut ich kann weiterlernen. R, wie Renovierung. Das Internat ist inzwischen fuenf Jahre alt und hatte neben erheblichen Baufehlern dieses Jahr eine Renovierung noetig. Also haben wir von allen fuenf Bolivianos (ca.50 Cent) eingesammelt, davon Farbe, Pinsel und Malerrolle gekauft und in der letzten Zeit vor den Ferien, in der sowieso fast kein Unterricht mehr stattfand, einen Teil der Raeume des Internates gestrichen. Ein paar von den Jungs waren begeistert bei der Sachen und haben bis in die Nacht gestrichen, auch wenn hinterher mehr Farbe auf dem Fussboden und an den Fenstern klebte. Fuer das neue Jahr ist uns jedoch noch einiges an Arbeit geblieben. S, wie Sucre. Sucre ist die verfassungsmaessig Hauptstadt Boliviens, Sitz des Obersten Gerichtshofes und eine bedeutende Universitaetsstadt. Das Stadtbild wird durch bis heute erhaltene koloniale und republikanische weisse Gebaeude und Kirchen gepraegt. Die daher sogenannte Ciudad Blanca, auf Deutsch Weisse Stadt, wurde aufgrund ihrer einzigartigen Architektur 1991 von der UNESCO zum Kulturerbe der

Menschheit erklaert. Mit ein paar anderen Freiwilligen haben wir uns in Sucre anlaesslich eines Geburtstages getroffen. T, wie Todos Santos. Todos Santos, auf Deutsch Allerheiligen, ist hier in Bolivien ein wichtiger Feiertag, der mit viel Aufwand gefeiert wird. Ich war zu dieser Zeit in Aiquile bei einem Mitfreiwilligen zu Besuch und als Vorbereitung auf das Fest haben wir dort zwei Tage mit den Kindern Urpus gebacken. Das sind aus Teig geformte Figuren, wobei der Fantasie keine Grenzen gesetzt sind. Den Abend vor Allerheiligen sind wir dann mit den Kindern von Haus zu Haus gezogen, in dem im vergangenen Jahr ein Familienangehoeriger verstorben ist, und haben fuer diese Person gebetet. Die Hinterbliebenen hatten in ihrem Haus fuer den/die Verstorbene(n) eine Art Altar mit all den Dingen, die er/sie gerne mochte, aufgebaut. Von Obst und Gemuese ueber Gebaeck und Getraenke bis hin zu ganzen Gerichten war alles dabei. Nachdem wir an diesem Altar gebetet hatten, gaben uns die Gastgeber ihre selbstgebackenen Urpus oder luden uns auf ein Getraenk ein. So kamen wir an diesem Abend mit Tueten voller Gebaeck nach Hause. Am Tag darauf ging es mit all unseren selbstgebackenen, fantasievollen Urpus auf den Friedhof, wo wir die Graeber der 16 Verstorbenen des letzten Jahres des Altenheims schmueckten. Ich wunderte mich, warum es nur vier Graeber waren, bis mir erklaert wurde, dass aus Platzmangel jeweils vier Personen uebereinander begraben wurden. Auf dem Friedhof herrschte indessen eine Art Volksfest, Gruppen von Kindern, Erwachsenen und Alten zogen von Grab zu Grab und beteten, sangen und machten Musik. Allen, die an unseren Graebern beteten, gaben wir unsere Urpus. U, wie Unplanbarkeit. Hier in Bolivien herrscht eine staendige Unplanbarkeit, weshalb ich gar nicht weiss, welches der vielen Beispiele ich erlaeutern soll. Als ich beispielsweise mit einer Freundin nach Sucre reisen wollte, musste ich jedoch vorher Padre Crispín um Erlaubnis bitten, welcher jedoch nicht nach Tacopaya kam. Es wusste auch keiner genau, wann er das naechste Mal kommen wuerde und anrufen konnte ich auch nicht mal eben. Am Freitag als es losgehen sollte und ich die Hoffnung schon aufgegeben hatte, kam er zum Mittagessen endlich ins Internat. Als ich fragte, ob ich nach Sucre fahren koennte, meinte er: Pack deine Sachen, in fuenf Minuten geht es los!. Einen anderen Tag, als wir in Cochabamba waren, hiess es, wir wuerden morgens um 11 Uhr hoch nach Pongo fahren. Jedoch wurde das Auto in der Werkstatt nicht fertig und etliche andere Sachen kamen dazwischen, sodass wir erst um 17.30 Uhr losfuhren. Im Allgemeinen kann man hier davon ausgehen, dass das was gesagt oder geplant wird, in der Mehrheit der Faelle nicht so eintrifft. Jedoch funktioniert immer alles irgendwie.

V, wie Verkauf von Kleidung. Als in Tacopaya das Fest zu Ehren der Patronin Santa Catalina gefeiert wurde, wurde auf einem typischen Campesinomarkt von Hueten ueber bunte Trachten bis hin zu Essen alles verkauft. Mit einigen Jungen und Maedchen aus dem Internat habe ich auf diesem Markt gebrauchte Kinderkleidung, Hosen, T-Shirts und andere Kleidung verkauft, um Geld fuer einige Anschaffungen einzunehmen. Nachdem sie zu Anfang ein bisschen schuechtern im Anbieten und Handeln waren, haben sie schlussendlich doch eine ganze Menge eingenommen. W, wie Waesche waschen. Waschmaschienen gibt es hier in Bolivien nur in den Haeusern der reicheren Leute in der Stadt. Daher waschen wir unsere Waesche mit der Hand. In Pongo gibt es dafuer Gott sei Dank warmes Wasser und in Tacopaya ist es zwar kalt, dafuer das Klima angenehmer. Einige Jungs und Maedels aus dem Internat waschen ihre Waesche, wie manche Dorfbewohner, sogar im Fluss. Zu Anfang habe ich gedacht, ich haette gar keine Lust zum Waeschewaschen, inzwischen finde ich es jedoch sogar entspannend, auch wenn es selbstverstaendlich anstrengend ist. X, wie Exkursion. Mit den zwei Gruppen, die im Internat immer am Besten mitgeholfen und gearbeitet haben, haben wir eine Excursion nach Cochabamba unternommen. Dort haben wir die Verwaltung von Tacopaya, das Rathaus und die Praefektur von Cochabamba sowie die Casa de la Cultura, in der sich die groesste Bibliothek Cochabambas und ein Zeitungsarchiv befinden, besichtigt. Die Juengeren sind mit der Seilbahn hoch zum Cristo, einer riesigen Christusstatue auf einem Berg am Rande Cochabambas, gefahren. Als Abschluss des Tages sind wir mit allen in einen Freizeitpark gefahren. Y, wieyungas. Die subtropischen Yungas liegen im Norden von La Paz etwa 2500 Meter tiefer als der Regierungssitz und versorgen die Grossstadt mit Zitrusfruechten, Bananen, Zucker und Kaffee. Die alte Strasse von La Paz nach Coroico, einem kleinen touristischen Ort in den Yungas, den wir Freiwilligen bereits im ersten Monat besucht haben, wurde zur gefaehrlichsten Strasse der Welt erklaert und wird deshalb auch Death Road (Todesstrasse) genannt. Sie stuerzt vom Gipfelpass innerhalb weniger Kilometer um 3500 Hoehenmeter in die aus tiefen Schluchten und mit dichtem Nebelwald ueberzogenen Steilhaengen bestehenden Yungas und ist kaum breiter als

ein Lkw. Diese Strasse wird heutzutage jedoch fast nur noch von Touristen mit dem Mountainbike befahren, wir aber sind im Minibus ueber die neue, asphaltierte Strasse nach Coroico gelangt. Z, wie Zukunftsplanung. Mit der Pre-Promoción, also denen, die naechstes Jahr Abitur machen, und der Promoción, denen die dieses Jahr ihren Abschluss gemacht haben, haben wir einen Tag der Zukunftsplanung veranstaltet. Der Tag begann morgens im Internat mit einer Meditation und einer Reflexion ueber die eigenen Staerken und Schwaechen. Mittags sind wir mit Padre Crispín mit dem Jeep hoch in die Berge gefahren und das letzte Stueck zu Fuss auf den Gipfel zu uralten Inkaruinen gewandert, was fuer mich auf 4000 Metern ganz schoen anstrengend war. In dem deutlich erkennbaren, ehemaligen Tempel haben wir dann einen Gottesdienst extra fuer die Jugendlichen gefeiert. Spaeter haben sie ueberlegt, wie sie sich ihre Zukunft vorstellen, welche Ziele sie haben und wir als Betreuer haben von unseren bisherigen Erfahrungen und Entscheidungen berichtet, um ihnen etwas Perspektive zu geben, da einige von ihnen gar nicht wissen, was und wie sie studieren sollen. Ich wuensche allen Frohe Weihnachten und einen Guten Rutsch ins neue Jahr 2011!!!