Doppelte Putzschichten bauaufsichtlich relevant?!

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Transkript:

SachverständigenForum 2014 Doppelte Putzschichten bauaufsichtlich relevant?! Dr.-Ing. M. Reuschel, Dipl.-Ing. A. Proft 14. November 2014 Mainz

Gliederung Veranlassung Bauordnungsrechtliche Grundlagen Standsicherheit Brandschutz Wärme- und Feuchteschutz Schallschutz Materialauswahl Beurteilungskriterien Altsystem

Veranlassung Mängel / Schäden / Beeinträchtigungen am Bestandssystem Verschmutzung Veralgung Dübelabzeichnung

Veranlassung Mängel / Schäden / Beeinträchtigungen am Bestandssystem Risse Abplatzungen

Veranlassung Mängel / Schäden / Beeinträchtigungen am Bestandssystem Unebenheiten Gerüstlagen

Veranlassung Mängel / Schäden / Beeinträchtigungen am Bestandssystem Wasserspuren Farbveränderungen

Bauordnungsrechtliche Grundlagen Der bauordnungsrechtliche Verwendbarkeitsnachweis für ein Wärmedämmverbundsystem ist in Deutschland eine Zulassung! A) Nationale Zulassung - regelt Produkte und Anwendung B) Europäische Zulassung (ETA/ETB) regelt Produkt in Verbindung mit Verwendungszulassungen regelt Anwendung Der bauordnungsrechtliche Verwendbarkeitsnachweis für einen Putz sind Produkt- und Anwendungsnormen! Produkte A) DIN EN 998-1 für Mineralische Putze B) DIN EN 15824 für organisch gebundene Putze Anwendung A) DIN EN 13914-1 Planung, Zubereitung und Ausführung von Innen- und Außenputzen B) DIN 18550 Gelten nicht für das Aufbringen von Putzen auf WDVS

Bauordnungsrechtliche Grundlagen Bei Aufbringen des neuen Putzsystems auf ein bestehendes WDVS wird die Zulassung des Bestandssystems beeinflusst. - Dauerhaftigkeit - Standsicherheit - Gebrauchstauglichkeit Soll diese als bauordnungsrechtlicher Verwendbarkeitsnachweis weiterhin gelten, so darf von den Anwendungsgrenzen der Zulassung nicht wesentlich abgewichen werden. Ziel: Finden eines neuen Putzsystems, was diese Anforderungen erfüllt.

Standsicherheit Gewicht? Systemzulassungen Zulassung Aufdopplung Z-33.49-.

Standsicherheit Lastabtrag im Bestandsystem? - Haftzugfestigkeiten Putzschichten - Dübeltragfähigkeit - Zug- und Druckfestigkeit Dämmstoff - Haftung Kleber am Dämmstoff / am Untergrund - Klebeflächenanteil Bei Beeinträchtigungen Möglichkeit der Nachbesserung durch Entfernen loser Bestandteile, Nachverkleben, Nachverdübelung usw.

Standsicherheit Untergrund für neue Putzschicht? a) eben, trocken, fett und staubfrei b) Abreißfestigkeit von mindestens 0,08 kn/m² c) die dauerhafte Verträglichkeit eventuell vorhandener Beschichtungen mit dem Klebemörtel sachkundig prüfen d) stark saugende Untergründe grundieren e) Unebenheiten > 1 cm/m mechanisch egalisieren oder mit einem Putz nach DIN 18550-2 ausgleichen

Brandschutz Klassifizierung vorhandenes WDVS - Art und Dicke des vorhandenen Klebers - Art und Dicke des Dämmstoffs - Art und Dicke des Unterputzes mit Gewebe - Art und Dicke des Oberputzes Systemeinordnung Kleber Dämmstoffart Dämmstoffdicke Putzsystem Nichtbrennbares WDVS (A1 oder A2 bzw. DIN 4102-A) Schwerentflammbares WDVS (B oder C bzw. DIN 4102-B1) Mineralisch gebunden (Kalk/Zement) Mineralisch gebunden (Kalk/Zement) PU-Schaum Mineralwolle oder Mineralschaum Mineralwolle Mineralschaum EPS PU PF bis 340 mm bis 300 mm bis 340 mm bis 300 mm bis 100 mm (400 mm)* bis 300 mm bis 300 mm Mineralisch gebunden (Kalk/Zement) Silikatputz Mineralisch gebunden (Kalk/Zement) Silikatputz Dispersionsgebunden Silikonharz Normalentflammbare WDVS Mineralisch gebunden (Kalk/Zement) PU-Schaum EPS Holzweichfaser 120-400 mm Bis 200 mm Mindestdicke Putzsystem 4 mm Mineralisch gebunden (Kalk/Zement) Silikatputz Dispersionsgebunden Silikonharz

Brandschutz Ziel keine Verschlechterung der Brandklasse - Positiv Putzschicht wird dicker - Negativ - Erhöhung organischer Anteil? - Negativ - Erhöhung Rauchentwicklung? Beschränkung auf maximale Putzdicken und Putzarten der erteilten Zulassungen

Wärme- und Feuchteschutz Ziel keine Verschlechterung Nachweis Diffusion ggf. instationär Schallschutz Ohne Nachweis 6 db Materialverträglichkeit Analoges Dehn- und Schwindverhalten zur Vermeidung von Rissbildungen und Ablösungen oder nach au0en weicher werdend - Bindemittelgleiche Putze - Dispersionsgebundene Putze auf mineralischen Putzsystemen (Achtung Brandschutz)

Voraussetzung zur Entscheidung - Diagnostik Altsystem - Art, Dicke und Menge des vorhandenen Klebers - Art und Dicke des Dämmstoffs - Art und Anzahl der vorhandenen Befestigung - Art und Dicke des Unterputzes mit Gewebe - Art und Dicke des Oberputzes

Zusammenfassende Empfehlungen Bei Einhaltung der folgenden Voraussetzungen stellt das Überputzen von Wärmedämm- Verbundsystemen eine nicht wesentliche Abweichung von der allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassung dar und darf ohne zusätzliche bauordnungsrechtliche Nachweise oder Genehmigungen ausgeführt werden. Unterputz, alt Oberputz, alt Unterputz, neu Oberputz, neu mineralisch 1) mineralisch 2) mineralisch 1) d UP(alt+neu) 10 mm mineralisch 1) mineralisch 2 mineralisch 1) d UP(alt+neu) 10 mm mineralisch 1) mineralisch 2 organisch 3) d UP(alt+neu) 5 mm mineralisch 1) organisch 3) organisch 3) d UP(alt+neu) 5 mm organisch 3) organisch 3) organisch 3) d UP(alt+neu) 5 mm mineralisch 2) d OP(alt+neu) 15 mm organisch 3) d OP(alt+neu) 6 mm organisch 3) d OP(alt+neu) 6 mm organisch 3) d OP(alt+neu) 6 mm organisch 3) d OP(alt+neu) 6 mm 1) Hauptbindemittel Zement / Kalk, max. 5% organischer Anteil 2) Hauptbindemittel Kalk, Zement oder Kaliwasserglas, max. 5% organischer Anteil 3) Hauptbindemittel Kunstharz und/oder Siliconharz

Zusammenfassende Empfehlungen Darüber hinaus müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein: Standsicherheit des Altsystems Verwendung von Neu-Putzsystemen bestehend aus Unterputz, Gewebe und Oberputz, die in dieser Kombination in einer WDVS-Zulassung geregelt sind Haftung, Verträglichkeit, Steifigkeit, Regenschutz entsprechen allgemeinen putztechnischen Anforderungen zulässiges Gesamtputzgewicht des Alt- und Neuputzes bis 30 kg/m² (50 kg/m²) Anschlüsse müssen funktionstauglich sein Dämmstoffdicken: normalentflammbare Systeme: EPS bis 400 mm, MW bis 200 mm schwerentflammbare Systeme: EPS bis 100 mm ohne Brandschutzmaßnahmen und bis 400 mm mit Brandschutzmaßnahmen, MW bis 200 mm nichtbrennbare Systeme: MW bis 200 mm