dossierpolitik Militärvorlagen: Armee XXI und Bevölkerungsschutz

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Transkript:

dossierpolitik 5. Mai 2003 Nummer 17 4. Jahrgang Militärvorlagen: Armee XXI und Bevölkerungsschutz Am 18. Mai gelangen die Änderung des Militärgesetzes (Armee XXI) sowie das Bevölkerungs- und Zivilschutzgesetz zur Abstimmung, weil dagegen erfolgreich das Referendum ergriffen wurde. Bundesrat und Parlament unterstützen die Revisionen. Da sich die sicherheitspolitischen Bedürfnisse und Prioritäten der Schweiz geändert haben, wurden die Bundesgesetze über die Armee und die Militärverwaltung sowie über den Bevölkerungsschutz und den Zivilschutz der neuen Ausgangslage angepasst. Mit der Armeereform wird die Armee kleiner, flexibler, verjüngt und zeitgemässer ausgerüstet. Die Änderung des Bevölkerungs- und Zivilschutzgesetzes schafft die notwendige Grundlage für einen modernen und zweckmässigen Schutz der Schweizer Bevölkerung. economiesuisse Hegibachstrasse 47 Verband der Schweizer Unternehmen Postfach CH-8032 Zürich Fédération des entreprises suisses Telefon +41 1 421 35 35 Federazione delle imprese svizzere Telefax +41 1 421 34 34 Swiss Business Federation www.economiesuisse.ch

5. Mai 2003 Nummer 17 Seite 1 Änderung des Militärgesetzes (Armee XXI) Die lange Entstehungsgeschichte der Armee XXI Der nach dem Ende des Kalten Krieges gewandelten geopolitischen Bedrohung wurde mit einer ersten Armeereform, der Armee 95, Rechnung getragen. Kurz nach deren Einführung zeigten sich aber bereits die ersten Mängel dieser Reform, und es stand schon bald fest, dass die Armeereform 95 nicht lange Bestand haben würde. Um ein Sicherheitskonzept zu erarbeiten, das der gewandelten Bedrohungslage entsprechen würde, setzte der Bundesrat 1996 eine Studienkommission für strategische Fragen (Kommission Brunner) ein, die unter anderem den Auftrag hatte, die sicherheitspolitischen Bedürfnisse und Prioritäten der Schweiz für die nächsten 20 bis 25 Jahre zu eruieren. Dieser Bericht wurde am 26. Februar 1998 dem Bundesrat vorgelegt. Gestützt auf die Erkenntnisse dieser Studie legte der Bundesrat am 7. Juni 1999 der Bundesversammlung den Bericht über die Sicherheitspolitik der Schweiz vor (SIPOL B 2000) mit dem Titel Sicherheit durch Kooperation. Dieser Bericht formulierte die sicherheitspolitischen Ziele aufgrund der schweizerischen Interessen und zeigte die Instrumente auf, um diese Ziele zu erreichen. Die Armee stellt eines dieser sicherheitspolitischen Instrumente dar. Gestützt auf SIPOL B 2000 wurde anschliessend das Armeeleitbild XXI ausgearbeitet, welches der Bundesrat der Bundesversammlung mit Botschaft vom 24. Oktober 2001 vorlegte. Am gleichen Tag legte der Bundesrat auch die Botschaft zur Armeereform XXI und zur Revision der Militärgesetzgebung vor. Die entsprechenden Änderungen wurden vom Parlament am 4. Oktober 2002 verabschiedet. Gegen diese Gesetzesänderungen wurde erfolgreich das Referendum ergriffen. Noch während der Arbeiten an der Armeereform XXI hatten sich die Stimmberechtigten zu vier Vorlagen im Zusammenhang mit der Armee auszusprechen: Am 10. Juni 2001 stimmte das Volk der Teilrevision des Bundesgesetzes über die Armee und die Militärverwaltung zu. Damit wurde der Bundesrat ermächtigt, Abkommen über die Ausbildung im Ausland oder mit ausländischen Truppen abzuschliessen. Gleichzeitig ist es nun möglich, die im Rahmen von Friedensförderungsdiensten im Ausland eingesetzten schweizerischen Truppen zu ihrem persönlichen Schutz mit Waffen auszurüsten. Mehr grundsätzliche Aspekte der Sicherheitspolitik standen in der Abstimmung vom 2. Dezember 2001 zur Diskussion. Sowohl die GSoA-Initiative Für eine glaubwürdige Sicherheitspolitik und eine Schweiz ohne Armee wie auch die von der gleichen Gruppierung lancierte Initiative Für einen freiwilligen Zivilen Friedensdienst wurden klar abgelehnt. Bemerkenswert ist die Tatsache, dass die Armeeabschaffungsinitiative mit 78,1 Prozent Nein-Stimmen noch deutlicher abgelehnt wurde als eine Initiative ähnlichen Inhalts im Jahre 1989 (64,4 Prozent Nein-Stimmen).

5. Mai 2003 Nummer 17 Seite 2 Armee XXI: kleiner, flexibler, verjüngt Die Armee XXI stellt die bedeutendste Reform dar, welche die schweizerische Armee je erfahren hat. Im Wesentlichen bringt sie folgende Neuerungen: > 3-tägige Rekrutierung Um die hohe Zahl von Rekruten zu reduzieren, welche die RS nicht zu Ende führen, ist eine sorgfältigere Rekrutierung in sieben Rekrutierungszentren vorgesehen, wo mit Hilfe von medizinischen und psychologischen Abklärungen und mit der Überprüfung der körperlichen Leistungsfähigkeit die Militärdiensttauglichkeit abgeklärt wird. Aus diesem Grund dauert die Rekrutierung künftig drei Tage. > Verlängerung der RS auf 18 respektive 21 Wochen Die RS von heute 15 Wochen wird je nach Truppengattung auf 18 Wochen (Genietruppen, Rettungstruppen, Logistiktruppen, Sanitätstruppen usw.) oder 21 Wochen (Infanterie, Panzertruppen, Artillerie usw.) verlängert. > Nur noch sechs WKs Soldaten leisten sechs 19-tägige WKs, und zwar jedes Jahr vom 21. bis zum 26. Altersjahr. Bei Rekrutenschulen von 18 Wochen sind sieben WKs zu leisten. > Dienstpflicht bis zum 30. Altersjahr Nach RS und WK wird die grosse Mehrheit der Armeeangehörigen in die Reserve eingeteilt. Unteroffiziere und Soldaten werden in der Regel im 30. Altersjahr aus der Militärdienstpflicht entlassen. Wird die RS später angetreten oder werden WKs verschoben, kann sich die Militärdienstpflicht bis ins 34. Altersjahr verlängern. > Durchdiener Dienst an einem Stück In der Armee XXI besteht die Möglichkeit, die Dienstpflicht an einem Stück zu absolvieren. Die so genannten Durchdiener leisten 300 Tage Dienst und werden nach der Grundausbildung in erster Linie für subsidiäre Einsätze und in zweiter Linie zu Ausbildungszwecken eingesetzt. Laut Gesetz dürfen maximal 15 Prozent eines RS-Jahrgangs diese Dienstform wählen (rund 3900 Armeeangehörige). Durchdiener sind aber nur in der Infanterie, der Luftwaffe, den Logistiktruppen und den Rettungstruppen möglich. Grundgliederung der Armee XXI Brigaden Führungsunterstützungsbrigade Infanteriebrigaden (4) Gebirgsinfanteriebrigaden (3) Panzerbrigaden (2) Logistikbrigade Lehrverbände Lehrverband Übermittlung und Führungsunterstützung Lehrverbände Infanterie (2) Lehrverband Panzer Lehrverband Artillerie Lehrverband Genie/Rettung Lehrverband Logistik Lehrverband Militärische Sicherheit Lehrverband Flieger Lehrverband Fliegerabwehr Lehrverband Führungsunterstützung der Luftwaffe > Die Armee wird kleiner Heute umfasst die Armee rund 360'000 Armeeangehörige. Künftig werden es 220'000 sein (120'000 Aktive, ein RS-Jahrgang von rund 20'000, Reserve von 80'000). Um die neue Ausbildung zu gewährleisten, wird der Bestand an Zeitmilitär (befristete Anstellung) von 150 auf 1500, jener der Berufsmilitär (unbefristete Anstellung) von 3300 auf 3700 erhöht. > Neue Grundgliederung der Armee Die Armee XXI baut im Wesentlichen auf Bataillonen und Brigaden auf. Neben einer Führungsunterstützungsbrigade umfasst die Armee künftig vier Infanteriebrigaden, drei Gebirgsinfanteriebrigaden, zwei Panzerbrigaden und eine Logistikbrigade. Die heutigen Armeekorps, Divisionen und die Regimenter werden aufgelöst. Erhalten bleiben die vier Territorialregionen. Deren Stäbe sind das Bindeglied der Armee zu den Kantonen. Für die Ausbildung sind so genannte Lehrverbände verantwortlich. Die Gründe der Gegner der Armeereform Gegen die Revision des Militärgesetzes, welche die Grundlage für die Neuorganisation der Armee darstellt, ist vom Komitee für eine unabhängige und leistungsfähige Milizarmee in einer neutralen und sicheren Schweiz erfolgreich das Referendum ergriffen worden. Ihre Ablehnung der Armee XXI wird im Wesentlichen mit folgenden Argumenten begründet: > Das neue Sicherheitskonzept Sicherheit durch Kooperation verletze die Neutralität, indem es die Zusammenarbeit mit ausländischen Armeen vorsehe.

5. Mai 2003 Nummer 17 Seite 3 > Die Armee XXI sei zu klein, um unser Land glaubwürdig zu verteidigen. Damit werde die Verfassung verletzt. Gleichzeitig führe eine Verkleinerung der Armee zu einer Abhängigkeit von Militärbündnissen. > Die Armee XXI bedeute eine Annäherung an die Nato, die sich von einem Verteidigungspakt zu einem Angriffsbündnis gewandelt habe. Auch damit werde die Neutralität verletzt. > Schliesslich werde durch die Armee XXI das Milizsystem untergraben; die Einführung der Durchdiener sei der erste Schritt zu einer Berufsarmee. Kommentar zur Armeereform Die Bedrohungslage hat sich seit dem Ende des Kalten Krieges entscheidend gewandelt. Das Risiko eines Grosskonfliktes in Europa ist entscheidend zurückgegangen. Dagegen sind andere Bedrohungsformen entstanden, wie die Terroranschläge vom 11. September 2001 in New York und Washington klargemacht haben. Die Sicherheitspolitik muss deshalb neue Dimensionen berücksichtigen. In diesem Sinne ist eine Armeereform, die den gewandelten Bedrohungsformen Rechnung trägt und gleichzeitig die Fehler der Armee 95 ausmerzt, zu begrüssen. Die Verkleinerung und Flexibilisierung der Armee entspricht der gewandelten Bedrohungslage. Aber auch aus finanziellen Gründen ist die Schweiz nicht mehr in der Lage, eine Armee in der bisherigen Grösse zu unterhalten, es sei denn, man verzichte bewusst auf eine zeitgemässe Ausrüstung. Sowohl der Anteil der Militärausgaben am Gesamtbudget des Bundes wie auch die realen Militärausgaben sind in den letzten Jahren deutlich zurückgegangen. Angesichts der prekären Finanzlage des Bundes kann aber nicht mit einer Aufstockung des Verteidigungsbudgets gerechnet werden. Die Armee hat sich deshalb den finanziellen Rahmenbedingungen anzupassen. Aus Sicht der Wirtschaft ist die Reduktion der Dienstzeit zu begrüssen. Die verlängerte Rekrutenschule wird durch die reduzierte Zahl der WKs mehr als kompensiert. So wird die Zahl der Diensttage für Soldaten von heute 300 auf 260 gesenkt. Positiv wird sich auswirken, dass die Armeeangehörigen in der Regel ihre Dienstzeit im Alter von 26 Jahren abgeschlossen haben und damit voll ihrer beruflichen Tätigkeit nachgehen können. Ebenfalls zu begrüssen ist die verkürzte Ausbildungszeit für Kader. Nur dadurch dürfte es möglich sein, weiterhin genügend Anwärter für Unteroffiziere oder Offiziere zu finden, da der beruflichen Laufbahn heute grösseres Gewicht eingeräumt wird als einer militärischen Karriere. In der Verkleinerung der Armee eine Verletzung des Verfassungsauftrags zu erblicken, ist abwegig. Massgebend für die Verteidigungsfähigkeit ist ja nicht allein die Zahl der Armeeangehörigen, sondern ihre Ausrüstung und ihre Ausbildung. In diesem Sinne ist die so genannte abgestufte Bereitschaft zu begrüssen. Gemäss diesem Modell können Berufs- und Zeitmilitär sowie Durchdiener innert Stunden eingesetzt werden; Rekrutenschulen in der Verbandsausbildung sowie WK-Verbände im Dienst sind innerhalb von Tagen oder Wochen, weitere WK-Verbände innerhalb von Monaten aktivierbar. Bei Bedrohungen mit längerer Vorwarnzeit kann im Rahmen des so genannten Aufwuchses die Reserve aufgeboten und nötigenfalls eine Erhöhung der Bestände eingeleitet werden. Mit diesem Modell kann ein den jeweiligen Bedrohungsszenarien entsprechendes Dispositiv aufgezogen werden, das ökonomisch vertretbar ist. Man wird künftig nicht darum herumkommen, die Armee in rascherem Rhythmus den sich wandelnden Bedrohungsszenarien anzupassen. Namentlich wird es unvermeidlich sein, die innere und die äussere Sicherheit die Gesamtsicherheit gemeinsam anzugehen. In dieser Hinsicht lässt die Armee XXI verschiedene Fragen offen. Diese wird man aber im Rahmen der jetzt zur Diskussion stehenden Reform zu einem späteren Zeitpunkt lösen können. Die Armee XXI ist deshalb ein wichtiger Schritt für eine realistische Sicherheitspolitik, die einerseits die gewandelte Bedrohungslage, andererseits aber auch die beschränkten Möglichkeiten unseres Landes berücksichtigt. PH

5. Mai 2003 Nummer 17 Seite 4 Bevölkerungs- und Zivilschutzgesetz Am 4. Oktober 2002 hat das Parlament das neue Bevölkerungs- und Zivilschutzgesetz praktisch oppositionslos verabschiedet. Das neue Gesetz stützt sich auf das Leitbild Bevölkerungsschutz und ersetzt das heutige Zivilschutzgesetz und das Bundesgesetz über bauliche Massnahmen im Zivilschutz. Bevölkerungsschutz wird dabei als ziviles Verbundssystem der fünf Partnerorganisationen Polizei, Feuerwehr, Gesundheitswesen, technische Betriebe und Zivilschutz unter gemeinsamer Führung verstanden. Organisation, Ausbildung und Einsatz des Bevölkerungsschutzes werden vor allem auf natur- und zivilisationsbedingte Katastrophen ausgerichtet und nicht mehr auf kriegerische Ereignisse. Der Bau von Schutzräumen wird entsprechend eingeschränkt, örtliche Lücken werden aber geschlossen. Die praktisch für alle Einwohner vorhandenen Schutzräume sollen langfristig erhalten bleiben. Die Zivilschutzpflicht wird von 50 auf 40 Jahre herabgesetzt; aus der Wehrpflicht entlassene Armeeangehörige sind nicht mehr schutzdienstpflichtig. Gesamthaft wird die Zahl der Zivilschutzangehörigen somit erheblich reduziert. Verbessert wird auch die Ausbildung: Die Grundausbildung von Zivilschutzangehörigen wird von einer auf höchstens drei Wochen verlängert. Mit einem jährlichen Training von zwei Tagen bis einer Woche wird die Einsatzbereitschaft des Zivilschutzes sichergestellt. Gegen das Bevölkerungs- und Zivilschutzgesetz ist erfolgreich das Referendum ergriffen worden. Kommentar Mit natur- aber auch technisch bedingten Katastrophen muss auch in unserem Land stets gerechnet werden. Neu dazugesellt hat sich das Risiko von terroristischen Anschlägen. Die Sicherheits- und Rettungsdienste, aber auch die technischen Betriebe der Öffentlichkeit haben sich auf diese Bedrohungslagen einzustellen. Da aber auch in diesem Bereich die verfügbaren Mittel immer knapper werden, ist eine Koordination aller beteiligten Stellen unumgänglich, um Doppelspurigkeiten zu vermeiden und die Wirksamkeit zu erhöhen. Das Bevölkerungs- und Zivilschutzgesetz schafft dazu die notwendige rechtliche Grundlage. Auch wenn die Zahl der Zivilschutzpflichtigen herabgesetzt wird, lässt sich der Schutz dank der verbesserten Zusammenarbeit der beteiligten Institutionen und der vertieften Ausbildung verbessern. Gleich wie bei der Armeereform XXI gilt es zu bedenken, dass die Wirksamkeit nicht nur von der Mannschaftsstärke abhängt, sondern ebenso sehr von einer zweckmässigen Struktur sowie einer modernen Ausrüstung und Ausbildung. Dem Bevölkerungs- und Zivilschutzgesetz ist deshalb zuzustimmen. PH Argumente der Gegner Die Gegner des Gesetzes befürchten, dass durch eine Reduktion des Zivilschutzes der Schutz der Bevölkerung bei künftigen Bedrohungen nicht mehr ausreichend sei. > Rückfragen: peter.hutzli@economiesuisse.ch