Institut für systemische Beratung Leitung: Dr. Bernd Schmid Schloßhof 3 D- 69168 Wiesloch Tel. 0 62 22 / 8 18 80 Fax 5 14 52 Dr. Bernd Schmid Internet und Begegnung Erfahrungen in einem Beraternetzwerk Im Folgenden möchte ich über das Beraternetzwerk oder weiter gefaßt das Netzwerk für Professionelle im Bereich Humanressourcen des Instituts für systemische Beratung in Wiesloch berichten. Dabei handelt es sich um ein Fachinstitut für Professionelle im Bereich Humanressourcen, das schwerpunktmäßig zweijährige berufsbegleitende Qualifikation von Beratern, Trainern, Coaches, Organisationen, Personalentwicklern anbietet. In diesem Netz sind 800 Professionelle organisiert, die seit 1990 TeilnehmerInnen der Curriculumzweige Systemische Beratung, Systemisches Coaching und Teamentwicklung sowie der Organisationsund Personalentwicklung waren oder sind.. Mehr über das Institut und die TeilnehmerInnen- Struktur findet der Leser unter. Netzwerkaktivitäten Die Netzwerkaktivitäten bestehen aus einem jährlichen Symposion für NetzwerkerInnen zu einem aktuellen Thema ( März 2001: "Freundschaft und Partnerschaft im Beruf") sowie in dezentralen und selbst organisierten Gruppen aus kollegialer Supervision, Kooperation und gemeinsamen Vorhaben. Seit Beginn 2001 ist eine reger Austausch via Schrift Nr. 80
Internet über viele Themen und Vorhaben hinzugekommen. Nach einigen eher mißlungenen Vorläufen ist jetzt der Durchbruch zu einem lebendigen und von den Beteiligten sehr wertgeschätzten Netzwerk gelungen. Über 600 der Netzwerkerinnen sind übers Internet miteinander vernetzt. Ich möchte im Folgenden die für unser Netzwerk wichtigsten Gütekriterien und die damit verbundenen Erfahrungen beschreiben. Die Erkenntnisse sind sicher nicht repräsentativ, doch ist zu vermuten, dass viele unserer Erfahrungen auf andere Netzwerke analog übertragbar sind. Identität und Zugehörigkeit. Die professionelle und kulturelle Identität dieses Netzwerkes wird als entscheidend dafür erlebt, sich Erfahrungen aus diesem Netzwerk zu Eigen zu machen bzw. selbst zu diesem Netzwerk beizutragen. Hierfür spielt ähnlich wie bei AbsolventInnen mancher Hochschulen z.b. in Amerika oder Frankreich die Erwartung, dass man sich mit anderem im Netzwerk in vielerlei Hinsicht in Übereinstimmung befindet und in der persönlichen Begegnung sowie beim Kontakt via Internet dieses Gefühl der Übereinstimmung bestätigt wird. Das Netzwerk ist deshalb nur zugänglich für TeilnehmerInnen und AbsolventInnen des Instituts bzw. eines befreundeten" Instituts, mit denen wir hohe professionelle und kulturelle Übereinstimmung haben und dessen AbsolventInnen einiger organisationsbezogener Curricula wir mitbetreuen. Die Übereinstimmung bezieht sich auf gemeinsame Erfahrungen in
Wiesloch, sei es in den Curricula am Institut oder sei es in den Symposien im Tagungszentrum von Wiesloch. Der gemeinsame Bezug zu Vertrautem begründet ein positives Grundinteresse aneinander und die Erwartung von Übereinstimmung und wechselseitiger Bereicherung. Außerdem spielen hierfür eine wichtige Rolle: die vielen Elemente der Lern- und Professionskultur am Institut, der gemeinsame Bezug zu einer Fachsprache der Profession, die am Institut gesprochen und entwickelt wird, zu vielen inhaltlichen Konzepten wie auch der gemeinsame Bezug zu Bekanntem bzw. gemeinsam Erlebtem, wenn auch bei unterschiedlichen Gelegenheiten Leiter, Mitarbeiter, Lehrtrainer und Lehrtrainerinnen des Instituts sowie Kolleginnen und Kollegen, die man als Individuen oder VertreterInnen bekannter Unternehmen im deutschsprachigen Raum kennen gelernt hat. Der Effekt ist vielleicht einem Ehemaligetreffe verschiedener Jahrgänge einer Schule vergleichbar. Bei einem früheren mißlungenen Versuch der Bildung eines Netzwerkes verfolgten wir die Idee, einige Institute und Weiterbildungsanbieter in unserem Bereich zusammenzufassen, um eine größere Gemeinschaft zu bilden. Es stellte sich jedoch heraus, dass die Vielfalt der Horizonte und Erfahrungen zu groß war, um hinreichend identitätsstiftend zu wirken. Das Netzwerk wurde als nicht genügend intern und spezifisch erlebt. Zugehörigkeit bedeutete nicht genug, um emotional motivierend zu sein.
Frequenz und Flüssigkeit der Begegnungen Die NetzwerkmitgliederInnen erhielten früher zweimal im Jahr Post vom Institut. Darin wurden wegen der Vesandkosten alle Nachrichten und Einladungen komprimiert. Diese Kontakte war zu selten, um das Gefühl im Austausch zu sein, zu erzeugen. Zuviel Nachrichten und Einladungen auf einmal erzeugten ein Gefühl, überladen zu werden. Man legte alles bestenfalls beiseite, um in einem ruhigen Moment alles zu studieren. Dieser Moment kam aber zu selten. Seit die technischen Möglichkeiten der SerieneMail-Verschickung und seit Anfang 2001 der egroups im Internet zur Netzwerkpflege einbezogen wurden, konnten mit geringem Kosten- und Arbeitseinsatz häufig kleine und persönlich gehaltene Nachrichten versandt werden. Durch diesen Rythmus, durch die persönliche Ansprache und durch die Möglichkeit,mit geringem Aufwand, sich selbst an das Institut oder andere im Netzwerk wenden zu können, hat die sich die Aufmerksamkeit im Netz, wesentlich erhöht. Die einfache Möglichkeit, über Return-eMails zu antworten und auf eigene Antworten kurze Signale von NetzwerkerInnen und vom Institut zurückzuerhalten hat das Gefühl betreut zu werden, und die Lebendigkeit erheblich gesteigert. Nicht zuletzt das schnell übermittelte Dankeschön trägt hierzu bei. Aktualität Auf Anliegen innerhalb von Stunden, bis längstens einer Woche Antworten zu bekommen bzw. angefragte Kontaktmöglichkeiten, Beurteilungen von etwas
zu erhalten oder Kooperationen bzw.dienstleistungen zur Ergänzung des eigenen Spektrums angeboten zu bekommen, macht das Netzwerk zu einer Erweiterung der eigenen Handlungsmöglichkeiten. Beim ersten Versuch, NetzwerkerInnnen untereinander übers Internet in Verbindung zu bringen, mußten diese sich aktiv in Foren, angehängt an die Homepage des Instituts, einlocken. Trotz gegenteiliger Bekundungen geschah dies meistens dann doch nicht hinreichend häufig und zeitnah, so dass die Aktiveren und Interessierteren zu wenig Resonanz fanden und die Gelegenheitsbesucher insgesamt zu wenig Substanz vorfanden. Das Interesse ließ bald nach, und das Ganze kam zum Erliegen. Initialschub. Vielleicht hätte man durch intensiveres Anschieben des alten Systems mehr erreichen können. Mit einem sorgfältig vorbereiteten Initialschub und für eine Zeit durch aktives Betreiben, Attraktiv-Machen der Besuche, für Lebendigkeit und ähnliches sorgende Maßnahmen hätte man vielleicht die Erstbesucher gewinnen und für eine weitere aktive Beteiligung am System motivieren können. Dadurch, dass alles erst langsam anlief und am Anfang nicht viel los war, ist wohl der Effekt eingetreten, der bei einem schlecht besuchten Restaurant eintritt. Weitere potentielle Besucher bleiben draußen, weil sie nicht genügend lebendiges und qualifiziertes Treiben anlockt. Interaktivität.
Seit Beginn des Jahres 2001 wurde eine moderierte egroup im Internet eingerichtet. Solche egroups werden von verschiedenen Interenet-Anbietern zur Verfügung gestellt. Zur Verteilung der Anfragen an alle Mitglieder genügt ein Mail an die Gruppe. Diese Gruppen können zentral moderiert werden, und nach Wahl ihrer Gründer in vielen Varianten genutzt werden. Es können Anhänge an mails verteilt mitverteilt werden oder Dateien hochgeladen werden die sich die Mitglieder herunterladen können. Alle durch uns autorisierten NetzwerkerInnen erhielten von da an alle von ihren KollegInnen ins Netzwerk gestellten Nachrichten direkt zugeleitet. Durch ReturneMail konnte eine Reaktion direkt an den Einsender verschickt werden. Diese von Netzwerk-KollegInnen erhaltenen Anfragen oder Angebote direkt auf dem Rechner jedes Mitglieds haben soviel Aufforderungscharakter, dass sie zumindest einmal neugierig lesen, worum es geht. Und da antworten einfach ist, kann man auch schon mal reagieren. Viele waren wohl neugierig und wollten einfach mal auszuprobieren, was geschieht, wenn man sich mit einem Angebot oder Anliegen ans Netzwerk wendet. Da auf die ersten Anfragen nützliche und anregende Reaktionen per Mail kamen und die positive Bewertung der erhaltenen Antworten wiederum ins Netz gestellt wurden, entwickelte sich schnell eine positive Erwartung. Immer hochkarätigere Anfragen und Angebote wurden ins Netz gestellt, die immer hochwertigere Reaktionen erhielten. So ergab sich ohne einen Anschub durch das Institut schnell eine sich positiv aufschaukeln der Entwicklung. Auswahlmöglichkeiten
Durch das spontane Nutzen des neuen Systems (im Januar 33, im Februar 34 und im März 68 Nachrichten an die egroup), erhielten die Netzwerker 130 emails von der egroup in drei Monaten. Nach anfänglicher Freude über die neuen Geschehnisse wurde dies manchem schnell zuviel. Es entstand das Bedürfnis nach Auswahl. Durch regelmäßige kurze emails an alle Beteiligten luden wir dazu ein, den Betreff der emails sehr informativ zu machen, um das eigene Selektieren zu erleichtern. Zwar gebe das System die Möglichkeit, sich alle emails einmal täglich, wöchentlich oder monatlich zusenden zu lassen oder gar keine Zusendung zu erhalten und die Nachrichten selbst im System zu lesen, jedoch wurde diese Variante doch nur von ganz wenigen genutzt. Die meisten fanden die Geschehnisse im Netzwerk so interessant, dass sie auf jeden Fall die Möglichkeit haben wollten, gleich Einblick zu nehmen und zu reagieren, wenn es interessant war. Interessen. Das Bedürfnis, die Hand am Puls des Netzwerkes zu haben, wurde sicher dadurch verstärkt, dass viele Stellenausschreibungen bzw. Auftragsangebote im Netz eingestellt wurden, so dass das Netzwerk außer zu einem fachlichen Forum auch zu einer als qualifiziert empfundenen Börse für Know-how, Aufträge und Stellen wurde. An viele fachliche Anfragen bezüglich einer bestimmten Methodik, bezüglich Referenzen eines Anbieters, bezüglich Dienstleister mit hoher Spezifikation, die schwer auf dem Markt zu finden sind, usw. wurden auch interessante Suchmeldungen aufgegeben,
an die man sich anhängen und deren zusammengetragene Ergebnisse man für sich selbst erschließen konnte. Dass das Netzwerk einen leichten Austausch von Know-how und Markt-interessanten Gütern in einem qualifizierten Kreis ermöglicht, ist sicher ein wichtiger Bestandteil seiner Attraktivität.