Europa im Arbeitszeit-Kampf? Perspektiven Europäischer Arbeitszeitpolitik

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Transkript:

Europa im Arbeitszeit-Kampf? Perspektiven Europäischer Arbeitszeitpolitik Forum für soziale Gerechtigkeit in Europa Osnabrück 17. November 2006 Steffen Lehndorff Institut Arbeit und Technik Forschungsschwerpunkt Arbeitszeit und Arbeitsorganisation

45 Gewöhnliche Wochenarbeitszeit von Vollzeitbeschäftigten (EU-15, 1988-2004) 44 43 42 41 40 39 38 37 1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 Großbritannien Frankreich Deutschland West Niederlande Deutschland Ost Dänemark Italien Portugal Schweden Spanien Quelle: Europäische Arbeitskräftestichprobe / IAT

Gewöhnliche Wochenarbeitszeit von Vollzeitbeschäftigten (MOE, 1998-2004) Tschechien 41,3 43,5 Lettland Slowakei 40,4 43 42,7 42,6 Estland Slowenien 40,8 41,9 41,7 41,7 Litauen Ungarn 39,3 41,2 40,8 41,5 Polen Quelle: Europäische Arbeitskräftestichprobe / IAT 1998 2004 41,3

Vorrangig genutzte Flexibilitätsinstrumente Deutschland Frankreich Großbritannien Niederlande Portugal Flexible Arbeitszeiten Externe Arbeitskräfte Überstunden Überstunden + Externe Arbeitskräfte Überstunden + Einstellen und entlassen Quelle: Repräsentative Unternehmensbefragung EUCOWE / IAT (Schief 2006)

Arbeitszeit und Produktivität Arbeitsproduktivität je geleisteter Arbeitsstunde in der EU (2001; Kaufkraftparitäten; EU 15 = 100) 130 120 110 100 90 80 70 60 50 F I DK FIN NL B IRL S P D E A 37 38 39 40 41 42 43 44 Std./Woche Durchschn. tatsächliche Arbeitszeiten von Vollzeit-ArbeitnehmerInnen in der EU (2002) EL Korrelation: -0,59 UK Quelle: Europäische Arbeitskräftestichprobe, Eurostat

Jährliche Entwicklung des Außenhandels (Deutschland, 1993 2003) Quelle: Statistisches Bundesamt 2004

Litauen* Estland Lettland* Tschechische Republik* Reallohnanstieg je Beschäftigten (EU-25, 1995-2004) 8,0 7,0 6,0 5,0 4,0 3,0 2,0 1,0 0,0 Polen Slowakei Griechenland Portugal Zypern* Schweden Großbritannien Slowenien* Ungarn Irland Malta* Dänemark Finnland Niederlande EU-25* Luxemburg Frankreich Belgien Spanien Österreich Deutschland Italien Durchschnittliche jährliche Veränderung in Prozent; 1995-2004 Quelle: European Economy, Spring 2005

Netto-Organisationsgrad der Gewerkschaften (EU25, 1995-2004) 100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 DK SE FI CY MT BE LU SI IE IT AT SK UK NL EU25 CZ EL DE HU PL PT LV ES EE LT FR DK SE FI CY MT BE LU SI IE IT AT SK UK NL EU25 CZ EL DE HU PL PT LV ES EE LT FR 2004 80 77 71 70 63 49 46 44 38 34 33 30 29 25 25 22 20 18 17 17 17 16 16 14 14 8 1995 84 83 80 57 56 53 39 63 46 38 41 57 34 26 41 30 29 46 33 25 25 18 32 15 8 Quelle: EIRO (van Gyes et al. 2006)

Arbeitszeit-Problemfelder in Deutschland Betriebliche Bündnisse für Arbeit als race to the bottom statt Qualitäts-, Produktivitäts- und Innovationskoalitionen Grauzone Flexibilität Verlängerung...

Arbeitszeit von Beschäftigten, die ihre Arbeitszeiten selbst steuern* In den letzten 4 Wochen im Schnitt...... länger als vertraglich vereinbart... kürzer als vertraglich vereinbart... entsprechend der vertraglichen AZ vh 57 4 39 * ca. ein Drittel aller Beschäftigten Quelle: ISO-Arbeitszeiterhebung 2003 Steffen Lehndorff / Institut Arbeit und Technik - Forschungsschwerpunkt Arbeitszeit und Arbeitsorganisation

Gründe für Mehrarbeit bei Selbststeuerern Arbeit sonst nicht zu schaffen Probleme mussten dringend gelöst werden Sonst nicht zufrieden mit Arbeitsergebnis Spaß an der Arbeit Betriebliche Vorgaben 82 % 62 % 36 % 25 % 20 % Quelle: ISO-Arbeitszeiterhebung 2003 Steffen Lehndorff / Institut Arbeit und Technik - Forschungsschwerpunkt Arbeitszeit und Arbeitsorganisation

Arbeitszeit-Problemfelder in Deutschland Betriebliche Bündnisse für Arbeit als race to the bottom statt Qualitäts-, Produktivitäts- und Innovationskoalitionen Grauzone Flexibilität Verlängerung Schwächung des staatlichen Ankers der Arbeitszeitregulierung...

Arbeitszeit-Problemfelder in Deutschland Betriebliche Bündnisse für Arbeit als race to the bottom statt Qualitäts-, Produktivitäts- und Innovationskoalitionen Grauzone Flexibilität Verlängerung Schwächung des staatlichen Ankers der Arbeitszeitregulierung Wachsendes Niemandsland der Arbeitszeitregulierung

Beschäftigungsquote und durchschnittliche Wochenarbeitszeiten (M, 25-44, 2002) 100 90 CH L NL A P NODK IRL EL F B S FIN D I E GB 80 Beschäftigungsquote 70 60 50 25 30 35 40 45 Arbeitszeit Quelle: Eurostat Sonderauswertung IAT

Beschäftigungsquote und durchschnittliche Wochenarbeitszeiten (M/F, 25-44, 2002) 100 M 90 CH L NL A P NODK IRL EL F B S FIN D I E GB F 80 NL CH NO A S DK FIN P Beschäftigungsquote 70 60 50 25 D 30 GB B F IRL L I 35 E EL 40 45 Arbeitszeit Quelle: Eurostat Sonderauswertung IAT

Einkommensentwicklung im Lebensverlauf bei westdeutschen Frauen nach Zahl der Kinder Entgeltpunkte je Lebensjahr 1,2 1 0,8 0,6 0,4 0,2 Durchschn. Geburtssjahr des 1. Kindes 2. Kindes 3. Kindes 0 14 16 18 20 22 24 26 28 30 32 34 36 38 40 42 44 46 48 50 52 54 56 58 60 62 64 Lebensjahr kein Kind 1 Kind 2 Kinder 3 Kinder u. mehr Quelle: Ute Klammer, WSI Steffen Lehndorff / Institut Arbeit und Technik - Forschungsschwerpunkt Arbeitszeit und Arbeitsorganisation

Hausaufgaben in der Arbeitszeitpolitik in Deutschland 1. Niemandsland beackern: Ausbau qualifizierter sozialer Dienstleistungen 2. Stärkung des staatlichen Ankers der Arbeitszeitregulierung durch öffentl. Investitionen 3. Betriebliche Bündnisse für Besser statt billiger 4. Neuer Flexibilitätskompromiss: Mehr Kontrolle der Einzelnen über ihre tatsächlich geleistete Arbeitszeit 5. Demografische Arbeitszeit: Arbeitszeitverkürzungen für besonders Belastete