1. August 2015, Arbon Rede von Christian Neuweiler, Unternehmer, Präsident IHK Thurgau

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Transkript:

1. August 2015, Arbon Rede von Christian Neuweiler, Unternehmer, Präsident IHK Thurgau Liebe Arbonerinnen, liebe Arboner, sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrter Herr Stadtpräsident Es ist für mich eine grosse Freude, den Schweizer Nationalfeiertag mit Ihnen hier in Arbon zu feiern. Arbon hat eine der bedeutendsten Industriegeschichten in unserem Land und gehört vermutlich zu den ersten industrialisierten Gebieten in Europa. Zuerst war es die Textilindustrie, dann ab 1800 etablierte sich auch der Maschinenbau am Standort Arbon. Namen wie Saurer, Heine, Stoffel oder Arbonia Forster prägten die Stadt Arbon in den letzten 150 Jahren. Die Beschäftigung im Arboner Stammhaus von Saurer erreichte um 1962/63 mit rund 4500 Mitarbeitenden ein Maximum. 1

Eine Industrieschichte, die von Höhen und Tiefen geprägt ist. Der Vorstand der IHK Thurgau war vor 2 Jahren eingeladen, das Industriemuseum in Arbon zu besichtigen, was mich als Ingenieur und Industriemensch natürlich ganz besonders fasziniert hat. Unser eigenes Familienunternehmen, das ich in der 5. Generation führe, war in den 60er-Jahren ebenfalls ein Zulieferer der legendären Firma Saurer AG. Saurer war ein sehr wichtiger Kunde von uns. Und wenn es nach dem Kriterium geht, dass heute jede richtige Schweizer Firma noch einen Saurer Lastwagen in der Garage hat, so erfüllt dies unsere Firma; mit einem Model D 330 aus dem Jahre 1976 mit Brücke mit Ladekran. Dieser ist heute noch teilweise in unserer nächsten Umgebung im Einsatz. Aktuell zählt Arbon rund 800 Arbeitsstätten und 6000 Beschäftigte. Es handelt sich vorwiegend um Klein- und Mittelbetriebe aus den Bereichen Handel und Industrie, Dienstleistungen und Gewerbe. Die Abhängigkeit von einem einzigen Arbeitgeber ist heute weit geringer als während der Blütezeit von Saurer. 2

Zudem stehen nach dieser Restrukturierungsphase in Arbon diverse grosse Areale zur Verfügung, wo attraktive neue Lebensräume entstehen können. Meine Damen und Herren, Wenn wir heute den Geburtstag unserer Eidgenossenschaft feiern, so sind wir vor allem stolz auf unsere direkte Demokratie und wir sind dankbar, dass es unserem Land seit dem Jahr 2008, seit dem Ausbruch der Finanzkrise, bisher wirtschaftlich gut gegangen ist. Mehr denn je stehen wir heute im Wandel. Ich möchte mich deshalb mit dem Wandel von Gesellschaft, Staat und Wirtschaft auseinandersetzen und möchte dabei 3 Zukunftsvisionen aus meiner Sicht aufstellen. Aus meiner Sicht heisst als typischer KMU- Unternehmer, unsere Maschinenbaufirma die Neuweiler AG in Kreuzlingen hat 70 3

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, wovon aktuell 9 Lehrlinge sind. Zum zweiten vertrete ich auch die Thurgauer Industrie- und Handelskammer, die ich seit 4 Jahren ehrenamtlich präsidiere. Ich fange aus diesem Grund mit dem Wandel in der Wirtschaft an. Die Wirtschaft ist wie der Staat für die Menschen da, und nicht umgekehrt. Die Wirtschaft soll Arbeitsplätze schaffen, Produkte und Dienstleistungen für das tägliche Leben entwickeln und produzieren und einen Mehrwert schaffen für das eingesetzte Kapital. Der Wandel wird der Wirtschaft weitgehend aufgezwungen durch die Forschung, durch die weltweiten Märkte, durch die Politik und durch die sich ändernden Bedürfnisse der Gesellschaft. Ein Meilenstein war diesbezüglich der 15. Januar dieses Jahres, als der Euromindestkurs von der schweizerischen Nationalbank aufgehoben wurde. Ein herber Schlag für die Industrie, für den Tourismus und für den Detailhandel nahe an der Grenze. 4

Stellvertretend für die Gesamtwirtschaft möchte ich auf die Industrie eingehen, erstens weil wir hier am Standort Arbon sind und zweitens weil die Industrie meine berufliche Leidenschaft ist. Und warum ist die Industrie letztlich für die Gesamtwirtschaft so wichtig? Die Industrie schafft nicht nur Arbeitplätze im sogenannten zweiten Sektor sondern auch im Dienstleistungssektor. Viele Dienstleistungen wurden in den letzten Jahrzehnten in den dritten Sektor ausgegliedert. Denken Sie an Softwareentwicklung, an moderne Informationstechnologien, an Finanzdienstleistungen oder an die Logisitk. Die Industrie ist zudem für den Forschungsplatz Schweiz von zentraler Bedeutung. Wenn man sich die Frage stellt, auf welchem Weg sich die Industrie in der Schweiz momentan befindet, gibt es eine ganz kurze Antwort: auf einem schwierigen. 5

Bedingt durch den tiefen Eurokurs werden heute Arbeitsplätze ins Ausland verlagert, sei es, dass die Firmen Tochtergesellschaften gründen oder dass sie vermehrt Vorprodukte im Ausland einkaufen. Der Druck auf die Effizienz unserer Produktionsprozesse, der Druck auf Innovation sowie der Druck auf die Leistungsbereitschaft aller Beteiligten wird enorm. In naher Zukunft werden wir in der Schweiz Industriearbeitsplätze verlieren, dies wird nicht zu vermeiden sein es wird sich jedoch und das ist meine Vision 1 in der Schweiz eine neue Industrielandschaft bilden, die anschliessend auch wieder neue Arbeitsplätze generieren kann. Diese wird noch mehr automatisiert sein, wird stetige Verbesserungen an Produkten und Prozessen hervorbringen und wird moderne Informationstechnologien in einem Höchstmass nutzen. Meine Vision von der modernen Industrie Schweiz baut auf den Stärken unseres Landes auf, nämlich auf einem einzigartigen Ausbilungssystem, auf 6

einem starken Forschungsplatz und auf einer guten Infrastruktur. Kurzfristig und das will ich nochmals erwähnen, steht jedoch die Industrie in der Schweiz vor einer ihrer schwierigsten Durststrecken überhaupt, und hier sind auch Politik und Gesellschaft gefordert. Ich komme zur Politik. Was erwartet die Wirtschaft von der Politik? Den hohen Entwicklungsstand verdankt die Schweizer Wirtschaft unserem liberalen Wirtschaftssystem, der politischen Stabilität und der engen Verflechtung mit ausländischen Volkswirtschaften. Was heisst liberales Wirtschaftssystem: Liberal heisst, der Staat greift nicht in die Wirtschaft ein und wenn, dann nur dort, wo es das allgemeine Interesse in Gefahr ist. Nicht in die Wirtschaft eingreifen heisst jedoch nicht, sich von der Wirtschaft zu isolieren. Politische Exponenten sagen heute öffentlich, wir haben Vertrauen in die Wirtschaft, diese wird das Problem mit dem Euro schon richten. Zum einen ehrt uns, das man der Wirtschaft zutraut, diese schwierigen Zeiten zu meistern, zum 7

andern ist es eine komplett falsche Haltung der Politik. Die Hochpreisinsel Schweiz ist nicht nur etwas, was isoliert die Wirtschaft angeht. Die Wirtschaft, die Politik und auch alle Menschen in diesem Land sind aufgefordert, die Probleme gemeinsam anzupacken und dafür zu sorgen, dass die Schweiz auf ihrem Erfolgspfad bleibt. Ein einziges positives Beispiel zu diesem Thema kommt von der Gemeinde Uzwil aus dem Kanton St. Gallen. Im Uzwiler Blatt vom 4. März 2015 heisst es: Die Gemeinde Uzwil erhöht vorübergehend die Arbeitszeit ihrer Mitarbeitenden in Verwaltung und Betrieben auf 44 Stunden. Dies als Reaktion auf die veränderten wirtschaftlichen Umstände in der Schweiz. Uzwil ist ein exportorientierter Technologiestandort. In schwierigen Situationen sind mehr Engagement und Solidarität gefragt, von allen Akteuren. Meine Vision 2 betrifft die Politik; wir müssen es in einem ersten Schritt schaffen, dass sich der Staat sich nicht von Jahr zu Jahr mehr aufbläht. 8

Die Personalkosten im Kanton Thurgau haben von 2004 bis 2014 um 19% zugenommen, die Löhne der Verwaltungsangestellten sogar um 24%; im gleichen Zeitraum war die Teuerung 5% und die Wirtschaftsleistung, das sogenannte BIP hat um ca. 15% zugenommen. Es braucht keinen Statistiker um festzustellen, dass das nicht zusammenpasst. Unsere Verwaltungen sind diesbezüglich zu wenig ehrgeizig; auch der Staat muss seinen Beitrag zu einer Kostenreduktion leisten. Gebühren und Abgaben sollen reduziert werden. Der Staat soll schlank sein und sich auf seine Kernaufgaben beschränken. Diese Kernaufgaben gilt es laufend zu überprüfen. Dafür sind wir Bürger und Bürgerinnen in unserer direkten Demokratie verantwortlich; als Stimmbürger, als Teilnehmer an Gemeindeversammlungen, als Volksvertreter in unseren Parlamenten. Nicht mehr benötigte Gesetze gehören abgeschafft, die Schaffung neuer Gesetze und Verordnungen muss permanent hinterfragt werden. 9

Politik und Wirtschaft sollen den Menschen dienen und nicht umgekehrt. Und wie sieht es nun mit dem Wandel unserer Gesellschaft aus? Ich bin jetzt über 30 Jahre berufstätig, davon 26 Jahre als Unternehmer. Wenn ich zurückblicke, hat sich in dieser Zeit die Ausbildung unserer jungen Menschen, vor allem unser duales Bildungssystem, aber auch die Weiterbildung für alle Altersgruppen stark verbessert. Die Schweiz konnte in dieser Zeit ihren wichtigsten Rohstoff, nämlich die Bildung, noch weiter ausbauen. Die Welt ist globaler geworden. Englisch gehört bei den heute 20-jährigen fast zur 2. Muttersprache, ein Austauschsemester in einem fernen Lande während dem Studium ist sozusagen die Regel. Auf der Managerstufe hat das MBA-Zertifikat den Offiziersgrad abgelöst. 10

Mit der Globalisierung ist natürlich auch die Schweiz für viele Ausländer sehr attraktiv geworden. Die Schweiz hat von der Zuwanderung wirtschaftlich profitiert, ist jedoch an einen Punkt gelangt, wo Grenzen gesetzt werden müssen. Eine Kontingentierung wird dieses Problem nicht lösen, vielmehr wird man wieder eine Ventilklausel einführen müssen. Im allgemeinen ist die Gesellschaft offener und weniger hierarchisch geworden, die Frauen haben auf allen Stufen in Politik und Wirtschaft Einzug gehalten, wenn auch mengenmässig noch nicht auf dem gewünschten Niveau; die Tendenz ist jedoch steigend und das ist gut so, denn mit einer Quotenregelung wird niemand in unserem Land glücklich werden. Trotz diesen mehrheitlich positiven Veränderungen in unserer Gesellschaft, sind wir aufgrund des anhaltenden Wohlstandes träger geworden. Dies äussert sich darin, dass viele Menschen in unserem Land noch nicht bemerkt haben, dass eine Durchnittsleistung für einen Schweizer Lohn nicht mehr genügt. 11

Wir sind heute gesättigt oder anders gesagt zu wenig hungrig um bei dem was wir tun, unsere ganze Kraft einzusetzen. Und das ist meine Vision 3: Wir werden bereit sein müssen, auf allen Stufen den Gürtel wieder enger zu schnallen, etwas mehr zu arbeiten und trotz vielleicht etwas weniger Lohn vollen Einsatz und überdurchschnittliche Leistungen zu bringen. Die Zahl 65 werden wir in unseren Köpfen streichen müssen, wir brauchen ein flexibles Pensionsalter und wir sind in Zukunft vor allem auch auf die älteren Fachkräfte angewiesen. Ich fasse zusammen: wirtschaftlich befindet sich die Schweiz in einer nachwievor komfortablen Lage; wir müssen jedoch besonders achtsam sein, denn die Hochpreisinsel Schweiz birgt für die Zukunft viele Gefahren. Speziell die Industrie steht vor schwierigen Herausforderungen, hat jedoch das Potential nach einer Durststrecke sich so aufzustellen, dass der Werkplatz Schweiz eine Zukunft hat. Für diese Vision werde ich mich persönlich mit aller Kraft einsetzen. 12

Der Staat, Bund, Kanton und Gemeinden sollen schlank verwaltet werden und sollen sich auf ihre Kernaufgaben beschränken. Die Budgets für Verwaltungspersonal sollen für eine bestimmte Zeit eingefroren werden um zu verhindern, dass die staatlichen Organe Jahr für Jahr aufgebläht werden. Und ganz speziell liegt die Zukunft der Schweiz in den Händen von uns Menschen, dass wir uns gemäss unseren Fähigkeiten bestmöglichst ausbilden und weiterbilden und das wir uns mit aller Kraft in unserem Beruf aber auch für das Gemeinwohl einsetzen. Und ein letzter Gedanke geht an alle Menschen in unserem Land, die für andere Menschen verantwortlich sind, sei es in einer Führungsposition, sei es als Eltern oder Lehrer; wichtig ist, dass wir den Menschen, für die wir verantwortlich sind, eine Zukunftsperspektive geben. 13

In all den Jahren, in denen ich als Unternehmer tätig bin, hat unsere Firma zwischen 70 und 80 Lehrlinge ausgebildet. Es gab immer wieder einmal Schwierigkeiten, wie das so üblich ist bei jungen Menschen in diesem Alter, es gab Fälle, wo der Beruf gewechselt werden musste, es gab Fälle, wo die Lehrfirma gewechselt werden musste, aber alle unsere Lehrlinge, die bei uns angefangen haben, hatten nach ihrer Ausbildungszeit einen Berufsausweis in ihrer Tasche. Auch dafür habe ich mich immer persönlich eingesetzt. Menschen brauchen eine Perspektive, das macht unsere Gesellschaft nicht nur leistungsfähiger sondern auch glücklicher. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen allen einen wunderschönen 1. August und stossen wir an unserem Nationalfeiertag auf unser einzigartiges Land an. Vielen Dank für ihre Aufmerksamkeit. 14