Die Stoßherdwäsche der Grube Alte Hoffnung Gottes Erbstolln in Kleinvoigtsberg

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Die Stoßherdwäsche der Grube Alte Hoffnung Gottes Erbstolln in Kleinvoigtsberg Jens Kugler [11.04.2012]

Einführung Ende des Jahres 2010 kam es zum teilweisen Einsturz der denkmalgeschützten Stoßherdwäsche der Grube Alte Hoffnung Gottes Erbstolln in Kleinvoigtsberg. Gegenwärtig gibt es Überlegungen, wie mit den Rudimenten der Wäsche umgegangen werden soll. Grubengeschichte Die Grube Alte Hoffnung Gottes Erbstolln gehört zu den bedeutenden Grubenanlagen im Freiberger Nordrevier. Sie zeichnete sich durch bedeutende und lang anhaltende Erzlieferungen aus. Die in der Grube Alte Hoffnung Gottes Erbstolln und der nördlich gelegenen Gesegnete Bergmanns Hoffnung Fundgrube geförderten Silbererze entsprechen vergleichsweise der Gesamtmenge der beim Marienberger Bergbau gelieferten Erze! Verschiedene im Gebiet von Kleinvoigtsberg vorhandene Erzgänge wurden nachweisbar seit dem 16. Jahrhundert abgebaut, wahrscheinlich ist ein älterer Bergbau. Abbildung 1: Die Stossherdwäsche einen Tag nach dem Einsturz [F.: Kugler, 12.12.2010] Aus diesem Grund gab es am 05.04.2012 eine Ortsbegehung mit Vertretern Denkmalschutzbehörden und dem Bürgermeister, sowie dem Bauamtsleiter der Stadt Großschirma. Während die Stadtverwaltung Großschirma ursprünglich den Abriss favorisierte 1, gibt es von Seiten der Denkmalpflegebehörden das Ansinnen, Teile dieser Wäsche als Ruine zu sichern und zu erhalten. Abbildung 2: Das Grubenfeld der Grube Alte Hoffnung Gottes Erbstolln (braun) [Slg.: Kugler, Verleihkarte Anfang 19. Jh.] Die Geschichte der Grube Alte Hoffnung Gottes Erbstolln beginnt erst mit einer Neuaufnahme im Jahr 1741. Seit der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts war die Grube auf dem technischen und technologischen Stand ihrer Zeit. 1 Freie Presse 06.01.2012 S. 1

Die Tagesanlagen der Grube wurden in ungewöhnlicher Quantität fotografiert, die Grube selbst von zahlreichen Besuchern befahren. Sie galt als Musterbeispiel eines erzgebirgischen Bergwerks. Aus diesem Grund werden Modelle einzelner Anlagen der Grube stellvertretend für den erzgebirgischen Erzbergbau im Deutschen Museum in München gezeigt. Abbildung 3: Skizze der Taqgesgebäude der Grube Ende des 18. Jh. (r.o.) und Mitte 19. Jh. (u.) [Z.: O. Wagenbreth, 1986] Sie beschäftigte stets hunderte von Bergleuten und war ein Großabnehmer einer Vielzahl von Produkten. Als einzige Grube überstand sie die planmäßige Stilllegung des Freiberger Erzbergbaus im Jahr 1913. Das ungebrochene Interesse am erzgebirgischen Bergbau führte zu einer Vielzahl von Veröffentlichungen über dieses letzte Silbererzbergwerk im Freiberger Revier. Abbildung 5: Blick in die Stossherdwäsche mit Aufgang zum Obergeschoss [Slg.: Kugler] Abbildung 6: Modell einer Stoßherdwäsche im Deutschen Museum in München [F.: Kugler, 2006] Die in großer Anzahl bereits in der DDR unter Denkmalschutz gestellten bergmännischen Tagesgebäude wurden nur im geringen Umfang bei Baumaßnahmen unterstützt. Ihre beständige Nutzung bewahrte jedoch die meisten Objekte vor dem Verfall. Abbildung 4: Giebelansichten der beiden Pochwerke. Im Hintergrund beginnt die Stoßherdwäsche [F.: Gebauer, 1925, Slg. Kugler] Die Grube zeichnet sich durch einen umfangreichen denkmalgeschützten Bestand an bergmännischen Tagesgebäuden aus. Zu diesen gehören das Ensemble Huthaus, Bergschmiede, Pulverhaus, Steigerhaus und Neues Verwaltungshaus mit Meridianstein. S. 2

Aufbereitung der geförderten Erze. Sie nutzten die Wasserkraft des aus der Mulde bei Großvoigtsberg durch ein Wehr abgezweigten Wassers. Abbildung 7: Gesamtansicht der Tagesanlagen des Einigkeiter Kunst- und Treibeschachtes [F.: Kugler, 2008] Auf und bei der mächtigen Halde des Einigkeiter Kunst- und Treibeschachtes befinden sich die bergmännischen Tagesgebäude. Dazu gehören das älteste erhaltene Wassergöpeltreibehaus des Freiberger Bergbaus, der Schornstein, das Maschinenhaus, ein Verwaltungsgebäude sowie das Zimmerhaus. Diese Gebäude werden heute durch einen Produktionsbetrieb genutzt. Abbildung 9: Die beiden Pochwerke der Grube mit der gemauerten Aufschlagwasserzuführung [Slg. Kugler; Anfang 20. Jh.] Der Kunstgraben, ursprünglich als Wasserweg zur Förderung von aufbereiteten Erzen vorgesehen, versorgte sowohl die untertägigen Wasserräder, als auch die Wasserräder der Oberen Aufbereitung. Von der muldenabwärts gelegenen Unteren Aufbereitung haben sich lediglich Reste des Wehres erhalten. Der Aufbereitungskomplex der Oberen Aufbereitung befand sich etwa 350 m südöstlich vom Einigkeiter Schacht im Muldental. Die Straßenbezeichnungen "An der Wäsche bezieht sich auf das größte Aufbereitungsgebäude, die Stoßherdwäsche. Abbildung 8: Wichtige Schächte in Kleinvoigtsberg [F.: Kugler, 2004] Mehrere markante Halden kennzeichnen die Standorte der wichtigsten Schächte dieser Grube. Auch untertägig haben sich Maschinenräume, teils noch mit Ausstattung und unterschiedlichste Grubenbaue erhalten. Bis zur Inbetriebnahme des Rothschönberger Stollns erfolgte, sowohl die Wasserhaltung, als auch die Förderung, durch Wasserkraftnutzung. Im Jahr 1878 wurde die Förderung von Wasserkraft auf die Nutzung von Dampfkraft umgestellt. Im Tal der Freiberger Mulde befanden sich an zwei Standorten Anlagen zur Abbildung 10: Gesamtansicht der Aufbereitungsgebäude vom Häuersteig. Links ist die Stoßherdwäsche sichtbar [F.: Reymann, 1909; Slg.: Kugler] S. 3

Ursprünglich befanden sich hier die Wasserleitungsgräben, die Mundlöcher der Aufschlagrösche, eine Scheidebank, zwei Pochwerke, die Stoßherdwäsche und die Klärteiche mit den entsprechenden Sandhalden. Ein Teil der Anlagen, so die Pochwerke wurden abgetragen bzw. verfielen. Als letztes großes Gebäude blieb die Stoßherdwäsche erhalten. Während von den anderen Gebäuden (Scheidebank, Brecherhaus) sich ebenfalls noch Grundmauern erhalten haben, sind solche vom ehemaligen Pochwerk nicht sichtbar. Über die Lage des Gesamtensembles schreibt Fritz Bleyl 3 :... Sie (die Scheidebank JK) liegt unten im Muldental und bildet mit dem oberen Trockenund Naßpochwerk eine malerische Gruppe bergmännischer Tagegebäude, deren Bild noch erhöht wird durch die nebenliegenden Halden und den Fachwerkgiebel des Treibeschachtgebäudes der eigentlichen Grube, der mitsamt dem hohen Schornstein das auf halber Höhe liegende Dorf überragt..... Abbildung 11: Wäsche im bereits verwahrlosten Zustand [F.: Kugler, 2007] Nach dem Leerzug der im Obergeschoss noch bis in die 90er Jahre bewohnten Wäsche kam es zu rasanten Verfallserscheinungen. Reparaturmaßnahmen am denkmalgeschützten Gebäude wurde nicht durchgeführt. Ein Verkauf des Gebäudes wurde praktisch nicht vollzogen. Zu Jahresende 2010 kam es zum Zusammenbruch des südlichen Gebäudeteils der Wäsche 2. Abbildung 13: Gesamtansicht der Aufbereitungsgebäude von der Brücke über die Freiberger Mulde (Reymann 1909; Slg. Kugler) Abbildung 12: Scheidebank und Ausschlagehaus (F.: Möbius 1927; Slg. Kugler) 2 Ausgangspunkt des Zusammenbruches war eine Schwächung der Gesamtkonstruktion durch herausgesägte Balken, die bereits 1909 zum lokalen Einsturz des südwestlichen Teiles des Daches führten. 3 (Bleyl, 1917 S. 100) S. 4

Einordnung in den Gesamtbestand der bergmännischen Tagesgebäude der Grube Die Erzaufbereitung gliedert sich in folgenden Turnus: Gewinnung, Förderung, Aufbereitung und Abtransport zur Hütte. Abbildung 15: Stoßherde in der Wäsche (F.: Möbius o.j.; Slg. Kugler) Die umfangreichen bei der Grube geförderten Erzmengen erforderten eine große Anzahl solcher, rund um die Uhr betriebenen Aufbereitungsanlagen. Wenn auch mit neuem elektrischem Antrieb, blieb dieses Verfahren der Erzaufbereitung beispielsweise im Zinnerzbergbau bis Ende des 20. Jahrhunderts gebräuchlich 4. Abbildung 14: Unteres Nasspochwerk (Slg. Kugler) Die Aufbereitung selbst umfasste, je nach vorliegendem Erz, die Zerkleinerung als Vorstufe der manuellen Scheidung (Scheidebank), eine weitere Zerkleinerung (Trocken- und Nasspochwerk), und die Klassierung der Erze entsprechend der Korngröße und ihres spezifischen Gewichtes. Ersteres erfolgte über teilweise mechanisierte Siebe, letzteres über so genannte Stoßherde. Abbildung 16: Wäschearbeiter (F.: Reymann, 1927; Slg. Kugler) Das Wäschegebäude - Bauliche Besonderheiten und Funktion Wäschegebäude besitzen aufgrund der platzintensiven Maschinen eine große Grundfläche. Die Stoßherdwäsche in Kleinvoigtsberg besitzt Abmessungen von 32 x 15 Metern, also eine umbaute Fläche von etwa 400 m² abzüg- 4 Museal erhalten haben sich solche Stoßherde (neu aufgebaut!) lediglich in der Silberwäsche in Antonsthal, im Siebenschlehener Pochwerk in Schneeberg-Neustädtel und in der (Zinn-) Wäsche IV. in Altenberg. S. 5

lich der mächtigen Bruchsteinmauern. Über die gesamte Länge der Wäsche verliefen im etwa vier Meter hohen Erdgeschoss Hauptbalken, die in den Giebeln und auf meist gusseisernen Säulen ruhten. Sie unterstützten die eng liegenden Querbalken. wachte das auf dem Erzboden gelagertes Erz und das Grubeninventar. Abbildung 18: Erzboden (Möbius o.j.; Slg. Kugler) Abbildung 17: Blick in das Erdgeschoss der Wäsche [F.: Kugler, 2007] Das Erdgeschoss der Wäsche wurde regelmäßig bei Hochwasser unter Wasser gesetzt, wie entsprechende Inschriften belegen. Gewöhnlich besaßen Erzwäschen oder Stoßherdwäschen bis zum 19. Jahrhundert einen durchgängigen großen Maschinenraum. In Abhängigkeit der Lage der Maschinen waren die großen Wasserräder, angeordnet 5. Aufgrund der starken Schwingungen der Maschinen standen diese auf entsprechenden Gründungen aus Holz bzw. Packlagern. Gleichzeitig nutzte man die im Tal vorhanden Sedimente (Flusskies, Sand) zur Minderung der Erschütterungen. Da die Erzwäschen wie die anderen Aufbereitungsgebäude im Winter nicht beheizt wurden, leitete man über die Aufschlagrösche das aus großer Tiefe gehobene warme Wasser in die Anlagen, um auch den Betrieb bei großem Frost zu gewährleisten. In der Wäsche befand sich im nördlichen Teil vom Obergeschoss die Wohnung des Wäschsteigers. Dieser kontrollierte und organisierte die Arbeiten in der Wäsche und be- 5 Lediglich Planherde benötigen keinen Antrieb. Das Dach der Wäsche war hinsichtlich der Dachneigung entsprechend dem Baualter der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts verhältnismäßig flach. Ursprünglich möglicherweise mit Dachpappe belegt 6, war es später mit Schiefer gedeckt. Abbildung 19: Sorgfältig bearbeitete Ecksteine [F.: Kugler, 2012] Die Mauern der Wäsche bestehen aus mörtelgebundenen Gneis-Bruchsteinen. Große wohl ausgesuchte Steine wurden an den Ecken verbaut und nachträglich behauen. 6 Dachpappe wurde beim Bergbau durch den Kunstmeister Christian Friedrich Brendel eingeführt! S. 6

Kleinvoigtsberg vorhandenen Tagesgebäuden, sowie der Aufschlagwasserversorgung der Grube. Abbildung 20: Originale Fenster mit gemauerten Stürzen und Holzgewänden [F.: Kugler, 2012] Die zahlreichen Fenstergewände der ursprünglich 16fach geteilten Fenster bestehen aus Vierkanthölzern. Der äußere Zugang zum Obergeschoss wurde über eine Steintreppe von der Hofseite gewährleistet. Im Gebäudeinneren gab es ebenfalls einen Aufgang. Die benachbarten Pochwerke waren im Niveau des Dachgeschosses durch eine Brücke, die dem innerbetrieblichen Transport diente, verbunden. Ein kleinerer vergleichbarer Typ einer Erzwäsche befindet sich im Muldental bei Großvoigtsberg. Es handelt sich um die Wäsche (mit Huthaus) der Grube Christbescherung. Auch dieses denkmalgeschützte Objekt wird in absehbarer Zeit zusammenbrechen. Als Beispiel für den Umgang mit überlieferten Sachzeugen der Bergbaugeschichte in der näheren Umgebung soll die Silberwäsche bei Frauenstein genannt werden 10. Mit einem sehr hohen personellen (und finanziellen) Aufwand wurden ihre verschütteten Grundmauern wieder freigelegt, gesichert und mit entsprechender Beschriftung in den unmittelbar vorbeiführenden Wanderweg integriert. Aktuelle denkmalspflegerische Bedeutung Die Wäsche war eine der markanten Wäschen des Freiberger Silbererzbergbaus. Sie unterschied sich sowohl durch ihre Größe und durch ihre technische Ausstattung von den meisten Wäschen im Freiberger Revier 7. Die 1855 erbaute Stoßherdwäsche ist der Übergangstyp von Wäschen mit einem steilen Satteldach 8 und den technisch neuartigen Anlagen der Grube Himmelfahrt bei Freiberg 9. Letztgenannte unterschieden sich auch hinsichtlich ihrer technischen Ausstattung und den Aufbereitungstechnologien. Die Ruinen der ehemaligen Aufbereitungsgebäude stehen im Sachzusammenhang mit den anderen in Abbildung 21: Mit hohem Aufwand rekonstruierte Grundmauern der Silberwäsche in Frauenstein [F.: Kugler 2008] 7 Vergleichbar ist lediglich die noch vorhandene Stoßherdwäsche am Thurmhof Schacht der Himmelfahrt Fundgrube in Freiberg. 8 Beispielsweise der Erzwäsche der Grube Oberes Neues Geschrei in Halsbrücke 9 Die sich zwischen dem David Richtschacht und dem Abraham Schacht befinden. 10 Diese Wäsche, die gleichzeitig ein Pochwerk enthielt nur Planherde. S. 7

Literaturverzeichnis Bleyl Fritz Baulich und volkskundl. Beachtenswertes aus dem Kulturgebiete des Silberbergbaues zu Freiberg [Buch] / Hrsg. Heimatschutz Landesverein Sächsischer. - Dresden : Lehmann, 1917. - S. 180. Abbildung 22: Stoßherde in der Wäsche IV. in Altenberg [F.: Kugler, 2012] Abbildung 23: Pochwerk in der Wäsche IV. in Altenberg [F.: Kugler, 2012] Kugler Jens Künftiges Weltkulturerbe? Denkmäler des Montanwesens im Freiberger Revier [2003] [Buchabschnitt] // Auf den Spuren alter Kulturen - Nicht nur eine Chronik des Freundeskreises Alte Kulturen e.v. Freiberg / Buchverf. Müller Andreas. - Freiberg : Freundeskreis Alte Kulturen e.v., 2007. Kugler Jens und Symmangk Ronald Bergbaugeschichte und Mineralien der Grube Alte Hoffnung Gottes bei Kleinvoigtsberg in Sachsen [Artikel] // Emser Hefte. - Haltern : Doris-Bode, 1990. - Bd. 4. - S. 2-39. Wagenbreth Otfried und Hofmann Fritz Alte Freiberger Bergwerksgebäude und Grubenanlagen [Buch] / Hrsg. Freiberg Bergakademie. - [s.l.] : Akademieverlag Berlin, 1957. - Freiberger Forschungshefte D 19. Wagenbreth Otfried und Wächtler Eberhard Der Freiberger Bergbau - Technische Denkmale und Geschichte [Buch]. - Freiberg : VEB Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie, 1986. S. 8