Dezentrale Aufbereitung und Lagerung von biogenen Abfällen Anke Bockreis & Marco Wehner. Seite 1

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Transkript:

Dezentrale Aufbereitung und Lagerung von biogenen Abfällen Anke Bockreis & Marco Wehner Seite 1

Agenda» Einleitung und Herausforderungen» betrachtete biogene Stoffströme: Küchen und Kantinenabfälle aus Gastronomiebetrieben Organische Abfälle aus Supermärkten» Zusammenfassung und Ausblick Seite 2

Einleitung regionale Herausforderungen in Tirol Einflussfaktor Tourismus starke saisonale Schwankungen im Abfallaufkommen Geologische Gegebenheiten Seite 3

Abfallwirtschaftliche Infrastruktur in Tirol Prantauer 2013 in (Schneider et al. 2014a) Seite 4

5 Seite 5

Abfallinfrastruktur 6 Seite 6

Tourismusregionen Abfallinfrastruktur 7 Seite 7

Nächtigungen pro Monat Nächtigungszahlen in Tirol zwischen 2000 sowie 2010 bis 2018 8'000'000 7'000'000 6'000'000 5'000'000 4'000'000 3'000'000 2'000'000 1'000'000 0 2000 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 Datenquelle: https://www.tirol.gv.at/statistik-budget/statistik/tourismus/; Zugriff am 22.01.2019 Seite 8

Herausforderungen für biogene Stoffströme» Effizienzsteigerung der Sammlung und Behandlung» Anpassung des Stoffstrom- und Ressourcenmanagement für eine nachhaltige und effiziente Abfallwirtschaft» Lagerung von energetisch hochwertigen und schnell verfügbaren Materialien bedarfsgerechte Energiebereitstellung Entwicklung angepasster Sammelsysteme Seite 9

Kaskadische Nutzung von Bioabfällen Quelle: http://www.wissen.allianz.at Seite 10

Flexibilitätsoptionen an (Co-)Vergärungsanlagen für die bedarfsgerechte Energiebereitstellung Untersuchungsrahmen Seite 11

Dezentrale Aufbereitung von Küchen- und Kantinenabfällen» Dezentrale Vorbehandlung (Homogenisierung)» Pumpfähige Abfälle aus Küchen und Kantinen» Sammlung in geschlossenen Tanksystemen (Geruch!)» Längere Lagerungsintervalle und direkte Anwendung in unterschiedlichen Abfallbehandlungsanlagen (BGA, Co-Vergärung) Seite 12

Dezentrale Aufbereitung von Küchen- und Kantinenabfällen Vorbehandlung in den Küchen/Kantinen Homogenisierung und Zerkleinerung Lagerung (Labor) Bis zu 28 Tagen 5 C, 20 C und 30 C Transport zu einer Behandlungsanlage (LCA) Tankwagen Behandlung (z.b. Vergärung) (Labor) Biogaspotentialmessungen x Schneider et al. 2014a Seite 13

Dezentrale Aufbereitung von Küchen- und Kantinenabfällen Schneider et al. 2014a Seite 14

Methoden & Materialien Untersuchte Parameter Lagerungstemperatur Lagerungszeit Gasproduktion während Lagerung Biogaspotenzial nach Lagerung Hygienie 5/20/30 C 0/3/7/14/21/28 days Quantität und Qualität der Gasproduktion, Sicherheitsaspekte Quantität und Qualität Salmonella, E.coli, Enterococcus, Clostridium Seite 15

Lagerung von Küchen- und Kantinenabfällen - Ergebnisse» kein negativer Einfluss auf die Substratqualität durch die Lagerung von Speiseresten Senkung ph (von 4,8 auf 3,3) und Anstieg der organischen Säuren» Langzeitlagerung von vorbehandeltem Abfall hat keinen neg. Einfluss auf den Energiegehalt im Substrat > Steigerung der Gasausbeute» die meisten pathogenen Keime waren nach einer 14 tägigen Lagerung nicht mehr nachweisbar» keine Explosionsgefahr während der Lagerung Schneider et al. 2014b Seite 16

Tanksysteme zur Erfassung und Aufbereitung organischer Abfälle Stationärer Tank Wechseltank Eingabestationen Wehner et al. 2018 Foto: Marco Wehner Seite 17

Organische Säuren [g/l CH 3 COOH] ph-wert Lagerung von Speiseresten über 42 Tage im Labormaßstab 16 14 12 10 8 6 4 2 0 0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 Lagerungstag 5 4.5 4 3.5 3 Organische Säuren ph-wert Wehner et al. 2018b Seite 18

Untersuchungsumfang Testbetrieb von 3 Tanksystemen in 3 unterschiedlichen Supermarktfilialen Dauer: Februar bis April 2017 (12 Wochen) Parameter Substrat ph-wert, TR, otr, CSB, organische Säuren, Biogasbildungspotential, Störstoffe, Korngrößenverteilung Lagerungsgase H 2, CH 4, H 2 S, CO 2 Hygienebedingungen Verbrauchsdaten Tankentleerung Anwenderbewertung Raumluftuntersuchungen auf Bakterien und Pilzsporen, Keimdichtebestimmung Substrat Wasserverbrauch Zeitaufwand, Verbrauch Reinigungswasser Zeitaufwand Bedienung und Reinigung, Reinigungsfreundlichkeit Seite 19

Substratcharakterisierung ph-wert 3,8 Trockenrückstand 8 % (FM) Organischer Trockenrückstand 91 % (TR) Gasbildungspotential 68 Nm³ Biogas/t FM Fremdstoffe (Kunststoffe) Nicht nachweisbar Aufbereitung Wehner et al. 2018b Seite 20

Gaskonzentrationen während der Lagerung nicht nachweisbar Seite 21

Weitere praktische Erkenntnisse aus dem Testbetrieb von Tanksystemen» Rührwerk in stationären Lagerungstanks erforderlich» Lagerungstank mit Schrägboden vorteilhaft» Zeitersparnis durch batchbetriebene Tanksysteme Seite 22

Kostenvergleich für die Erfassung von organischen Abfällen aus Supermärkten mit einem Tonnensystem und einem Tanksystem Wehner et al. 2018a Seite 23

Schlussfolgerungen» Bestätigung der Ergebnisse aus den Laborversuchen» Konservierung der organischen Abfälle durch einen spontan einsetzenden Versäuerungsprozess» Keine Bildung explosionsfähiger Gasgemische CO 2 stellt Hauptbestandteil des Gasgemisches dar» Keine Fremdstoffe nachweisbar» Anforderungen der Tiermaterialien-Verordnung nach einer Partikelgröße 12 mm werden eingehalten» Keine weitere Aufbereitung der organischen Abfälle notwendig» Direkte Verwertung in Vergärungsanlage möglich Baustein zur nutzungsgerechten Energiebereitstellung Seite 24

Ausblick und weiterführende Arbeiten Zukünftige Arbeiten Bedarfsgerechte Fütterung von Vergärungsanlagen mit gelagerten organischen Abfällen Seite 25

Literatur» Schneider I., Gerke F., Kinzel C., Müller W., Tertsch S., Kuprian M., Bockreis A. (2016): Dezentrale Aufbereitung und Lagerung von Speiseresten Neue Wege zur Ressourcen- und Energiespeicherung. Österr Wasser- und Abfallw 68 (1-2), S. 24 30. DOI: 10.1007/s00506-015-0286-z.» Schneider, I., Müller, W., Bockreis, A. (2014a). Challenges in the management of food waste in a high dynamic environment. SUM2014-2nd Symposium on Urban Mining, Bergamo, Regione Lombardia: Departement of Environmental, Energy and Sustainable Development / Padova: International Waste Working Group (IWWG).» Schneider, I., Müller, W., Bockreis, A. (2014b). Unerschlossene Biomassepotenziale in Tirol. Innsbrucker Abfall- und Ressourcentag 2014. Biogene Abfälle - stoffliche und energetische Verwertung, Innsbruck.» Wehner, M., Müller, W., Bockreis, A. (2018a). "Praktische Erfahrungen bei der Erfassung von organischen Abfällen aus Supermärkten mit Tanksystemen." Österreichische Wasser- und Abfallwirtschaft 70(3): 194-200.» Wehner, M., Müller, W., Bockreis, A. (2018b). Bedarfsgerechte Energiebereitstellung durch die Vergärung organischer Abfälle. Innsbrucker Abfallund Ressourcentag 2018. Klärschlammstrategien und Co-Vergärung, Innsbruck Seite 26

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Seite 27