FLUGPATEN HERRCHEN DER LÜFTE Darstellung der Rechtslage Nele Sievers, Juristische Referentin der Landestierschutzbeauftragten von Berlin
WAS IST EIGENTLICH EIN FLUGPATE? Privatpersonen, häufig Touristen Nehmen Hunde für Tierschutzorganisationen auf ihrem Urlaubsheimflug mit nach Deutschland Hintergrund: Tiere müssen von einer verantwortlichen Person begleitet werden und dürfen nicht alleine fliegen!
ÜBLICHES PROZEDERE Spontan Urlauber werden spontan am Flughafen angesprochen, ob sie nicht etwas Gutes tun wollen, und den armen Hund Bello nach Deutschland mitnehmen möchten. Organisiert Privatpersonen melden sich schon vor geplanter Urlaubsreise auf Plattformen für Flugpaten (z.b. http://zergportal.de/baseportal/tiere/flugpate&.html) oder direkt über Webseiten einzelner Tierschutzorganisationen für Flugpatenschaft an.
Vor Abflug ÜBLICHES PROZEDERE Mitarbeiter der Tierschutzorganisationen helfen i.d.r. beim Check-In des Hundes und warten, bis Transport zum Frachtraum erfolgt ist Aushändigung der erforderlichen Dokumente an den Flugpaten
ÜBLICHES PROZEDERE Nach Ankunft Der Flugpate holt den Hund bei der Ausgabe des Sperrguts ab und passiert den Zollbereich Stichprobenartige Kontrollen der Papiere des Hundes im Zollbereich möglich! Hinter der Zollsperre Entgegennahme des Hundes durch Helfer der Tierschutzorganisation (und gegebenenfalls den neuen Besitzer)
ÜBLICHES PROZEDERE Es wird regelmäßig betont, dass den Flugpaten keine Risiken, Kosten oder zusätzliche Mühen entstehen!
RECHTSLAGE Verbringen von Heimtieren Privater Transport des Tierhalters (Reiseverkehr) Gewerblicher Transport (Tierhandel) Heimtier ist nicht zur Weitergabe bestimmt! Erleichterte Anforderungen Heimtier soll an Dritte weitervermittelt werden! Strengere tiertransport- sowie tierseuchenrechtliche Anforderungen
RECHTSLAGE Privater Transport des Tierhalters (Reiseverkehr) Tierseuchenrecht Verordnung (EU) Nr. 576/2013 über die Verbringung von Heimtieren zu anderen als Handelszwecken (max. 5 Tiere!) Tiertransport-/ Tierschutzrecht Tierschutzgesetz (TierSchG) Durchführungsverordnung (EU) Nr. 577/2013
RECHTSLAGE Privater Transport des Tierhalters innerhalb EU oder aus gelistetem Drittland Folgende Anforderungen sind zu beachten: Kennzeichnung mit Mikrochip (Art. 6 Buchstabe a), Art. 17 Absatz 1 VO (EU) Nr. 576/2013) Mitführung eines EU-Heimtierausweises (Art. 6 Buchstabe d), Art. 22 VO (EU) Nr. 576/2013, Anhang III VO (EU) 577/2013) Tollwutimpfung frühestens im Alter von 12 Wochen, nach Kennzeichnung mit Chip, Wirksamkeit nach weiteren 21 Tagen (Art. 6 Buchstabe b) i.v.m. Anhang III VO (EU) Nr. 576/2013)
RECHTSLAGE Privater Transport des Tierhalters aus nicht gelistetem Drittland Folgende Anforderungen sind zu beachten: Kennzeichnung mit Mikrochip (Art. 10 Buchstabe a), Art. 17 Absatz 1 VO (EU) Nr. 576/2013) Mitführung einer Tiergesundheitsbescheinigung (Art. 10 Buchstabe e), Art. 25, 26 VO (EU) Nr. 576/2013 Tollwutimpfung frühestens im Alter von 12 Wochen, Wirksamkeit nach weiteren 21 Tagen (Art. 10 Buchstabe b) i.v.m. Anhang III VO (EU) Nr. 576/2013) Tollwuttiterbestimmung (Art. 10 Buchstabe c) i.v.m. Anhang IV VO (EU) 576/2013)
RECHTSLAGE Gewerblicher Transport Tierseuchenrecht Richtlinie 92/65/EWG Binnenmarkt- Tierseuchenschutzverord nung (BmTierSSchV) Tiertransport-/ Tierschutzrecht VO (EG) Nr. 1/2005 und Tierschutztransportverord nung (TierSchTrV) Tierschutzgesetz (insbesondere 11 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 TierSchG)
RECHTSLAGE Gewerblicher Transport innerhalb EU oder aus gelistetem Drittland Folgende Anforderungen sind zu beachten: EU-Heimtierausweis ( 8 Abs. 1 i.v.m. Anlage 3 BmTierSSchV, Spalte 2) Kennzeichnung mit Mikrochip ( 18 i.v.m. Anlage 8 BmTierSSchV) Tollwutimpfung ( 8 Abs. 1 i.v.m. Anlage 3 BmTierSSchV, Spalte 2) Amtstierärztliche Bescheinigung TRACES Bescheinigung ( 8 Abs. 1 i.v.m. Anlage 8 BmTierSSchV, Anhang E Teil 1 RL 92/65/EG, Anhang Durchführungsbeschluss 2013/518/EU)
RECHTSLAGE Gewerblicher Transport aus nicht gelistetem Drittland Die Einfuhr aus nicht gelisteten Drittländern ist nicht möglich!!
RECHTSLAGE Verbringung von Hunden durch Flugpaten nach Deutschland privat oder gewerblich?
RECHTSLAGE Privat/Reiseverkehr? Entscheidende Definitionen des Privaten Reiseverkehrs: Verbringung zu anderen als Handelszwecken: Jede Verbringung, die weder den Verkauf eines Heimtieres noch den Übergang des Eigentums an dem Heimtier bezweckt. (Artikel 3 Buchstabe a) VO (EU) 576/2013) Heimtier: Ein Tier ( ), das von seinem Halter oder einer ermächtigten Person bei einer Verbringung zu anderen als Handelszwecken mitgeführt wird und für das der Halter oder die ermächtigte Person für die Dauer solch einer Verbringung zu anderen als Handelszwecken verantwortlich bleibt. (Artikel 3 Buchstabe b VO (EU) 576/2013) Halter: Eine natürliche Person, die im Ausweis als Halter genannt ist. (Artikel 3 Buchstabe c VO (EU) 576/2013) Flugpate ist nicht Halter der Tieres! Aber Abgabe an Dritten erfolgt häufig ohne Eigentumsübertragung (Schutzvertrag)! Außerdem oft keine Gewinnerzielung bei Vermittlung! Doch Privat?
RECHTSLAGE Bundesverwaltungsgericht (Urteil vom 07. Juli 2016, Az. 3 C 23/15) zur Geltung von Vorschriften des Tierschutz- und Tierseuchenrechts bei der Vermittlung von Hunden durch einen Tierschutzverein: Eine juristische Person ist nicht Halter im Sinne von Art. 3 Buchst. c VO (EU) Nr. 576/2013 und kann sich daher nicht auf die erleichterten Bedingungen für die Verbringung von Heimtieren berufen. Eine Verbringung bezweckt den Übergang des Eigentums an einem Heimtier im Sinne von Art. 3 Buchst. a VO (EU) Nr. 576/2013 auch dann, wenn das Tier dauerhaft an eine dritte Person abgegeben werden soll. Der Begriff der wirtschaftlichen Tätigkeit im Sinne von Art. 1 Abs. 5 VO (EG) Nr. 1/2005 setzt eine Gegenleistung, jedoch keine Gewinnerzielungsabsicht voraus und erfasst damit Tiertransporte eines gemeinnützigen Vereins, der herrenlose Hunde von einem Mitgliedstaat in einen anderen transportiert, um sie dort Personen gegen Zahlung eines grundsätzlich kostendeckenden Betrags anzuvertrauen.
RECHTSLAGE Folge: VO (EG) Nr. 1/1005: gilt! Wirtschaftliche Tätigkeit (+) VO (EU) Nr. 576/2013: gilt nicht! Tierschutzorganisation Halter! (-) BmTierSSchV: gilt! (+) Gewerbsmäßige Verbringung (+) Verbringung durch Flugpaten unterliegt damit den strengen gesetzlichen Bestimmungen des GEWERBLICHEN TRANSPORTS! Der Flugpate ist als Einführer des Tieres für die Einhaltung der Einfuhrbestimmungen verantwortlich!
AUSWIRKUNGEN AUF DIE PRAXIS Rechtskonforme Verbringung/Einfuhr durch einen Flugpaten So müsste es laufen! Tierschutzorganisation ist als Halter/Besitzer im Heimtierausweis eingetragen Tierschutzorganisation verfügt über eine gültige Erlaubnis nach 11 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 TierSchG Die Transportpapiere sowie Tierseuchenrechtliche Bescheinigungen entsprechen denen des Verbringens/Einführens von Heimtieren im Handelsverkehr
AUSWIRKUNGEN AUF DIE PRAXIS Rechtswidrige Verbringung/Einfuhr durch einen Flugpaten So läuft es leider auch Der Flugpate wird als Halter/Besitzer für die Zeit des Transports im EU-Heimtierausweis eingetragen. Der Transport wird als privater Transport/Transport im Reiseverkehr getarnt. Sämtliche Papiere sind auf Transport im privaten Reiseverkehr ausgestellt. Hintergrund meistens: Tierschutzorganisation hat keine Erlaubnis/Privater Tierschützer, der meint, keine Erlaubnis zu brauchen!
AUSWIRKUNGEN AUF DIE PRAXIS Was kann dem Flugpaten an Sanktionen drohen? Bis zu 30.000 Bußgeld bei folgenden Ordnungswidrigkeiten: Fehlender oder nicht den Anforderungen entsprechender EU- Heimtierausweis (z.b. fehlende Tollwutimpfung) Fehlende Kennzeichnung mit Mikrochip Fehlende/fehlerhafte TRACES-Bescheinigung (Muster Anhang Durchführungsbeschluss 2013/518/EU) ( 41 Abs. 2 BmTierSSchV i.v.m. 32 Abs. 2 und 3 Tiergesundheitsgesetz) Kostentragung für Rücktransport in Herkunftsland, Isolierte Haltung oder sogar Tötung des Tieres ( 24 Abs. 3 TierGesG) Bis zu zwei Jahre Haft, wenn ein gefährlicher Hund (Pitbull-Terrier, American Staffordshire-Terrier, Staffordshire-Bullterrier, Bullterrier sowie Kreuzungen) verbracht oder eingeführt wird ( 5 Abs. 1 Hunderverbringungs- und einfuhrbeschränkungsgesetz)
AUSWIRKUNGEN AUF DIE PRAXIS Was passiert tatsächlich? Tatsächliche Handhabung sehr viel milder! Kontrolliert werden an Flughäfen ohnehin nur Transporte aus gelisteten Drittländern (Zuständigkeit Grenzveterinärdienst!) Flugpaten entweder verzweifelt oder dumm Mündliche Verwarnung und geringer Betrag für Abfertigung Bei fehlender Erlaubnis der Organisation: Abgabe an zuständiges Veterinäramt. Hier gegebenenfalls Sanktionen!
FAZIT Verbringung von Heimtieren aus dem Ausland nach Deutschland nach wie vor rechtliche Grauzone. Vorschriften/Regelungen kompliziert und nur schwer zu durchdringen. Laie weiß oft nicht, welche rechtliche Verantwortung hinter einer Flugpatenschaft steht. Klare Aufklärung und Transparenz durch Vereine wünschenswert! Kein Ausnutzen tierlieber Urlauber! Gegebenenfalls Aufklärung/rechtliche Bewertung durch Bund über rechtliche Vorgaben bei Flugpatenschaften.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!