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A. Durch Urteil vom 6. Ja n u a r 1904 hatte das Bezirksgericht

Transkript:

180 A. Entscheidungen des Bundesgerichts als oberster Zivilgerichtsinstanz. Zst aber das Kapital von 15,095 F r. 99 Cts. in das Werk hineingelegt worden, so kann nicht gesagt werden, daß die B e klagte diesen Betrag zurückbehalte und daß die Klägerin daher nicht die vollwertige Anlage erhalte. O b tatsächlich eine Erhöhung des Obligationenkapitals um 15,095 F r. 99 C ts. stattgefunden hat oder ob von dieser Form alität Umgang genommen worden ist, bleibt sich gleich; denn auf alle Fälle erhält die Klägerin mit dem Werk den Gegenwert dieser 15,095 F r. 99 Cts. 10. Einen weitem Eventualantrag hat die Klägerin in der Berufnngserklärung gestellt: den Antrag nämlich, es sei ihr vom Reservefonds wenigstens der statutengemäße und also unfreiwillig geschaffene Teil desselben, d. i. 28,000 F r., zuzusprechen. Nach den Ausführungen in Erw. 3 bis 5 hievor hat jedoch die K lägerin auf diesen Teil des Reservefonds ebensowenig ein Anrecht, wie auf den den statutenmäßigen Betrag" ü b ersteig enden Teil desselben. D enn der Reservefonds ist der Klägerin ja nicht deshalb abgesprochen worden, weil er freiwillig angelegt worden sei, sondern deshalb, weil er keinen integrierenden Bestandteil des U n te r n e h m e n s bildet, nach dem vorliegenden Vertrage aber nur dieses an die Klägerin verkauft worden ist. Übrigens wäre zu bemerken, daß die Beklagte weder von Gesetzes wegen noch nach dem Vertrage zur Äuffnung eines Reservefonds verpflichtet war, und daß es daher nur an ihr gelegen hätte, die diesbezügliche S tatu ten bestimmung aufzuheben. Die Unterscheidung zwischen einem freiwillig und einem unfreiwillig geschaffenen Teil des Reservefonds läßt sich also im Verhältnis der Beklagten zur Klägerin nicht aufrecht erhalten. M it dieser Unterscheidung fällt aber auch der klägerische Eventualantrag auf Übergabe des unfreiwillig angelegten Teils des Reservefonds dahin. Demnach hat das Bundesgericht e r k a n n t : Die Berufung wird abgewiesen und das Urteil des Handelsgerichts des K antons Aargau vom 21. Dezember 1905 bestätigt.

IV. Obligationenrecht, N 20. 131 20. M rtm vom 31. M ärz 1906 in Sachen Konkursmasse Ksäy, Bekl. u. B er.-k l., gegen W eil, Kl. u. Ber.-Bekl. Eigentums vor behalt. Gültigkeit noch OR. Schicksal bei Pfändung der mit dem Eigentumsvorbehalt versehenen Objekte durch den Gläubiger und Eigentümer : Verzicht auf den Eigentumsvorbehalt. speziell gegenüber der Koukursmasse des Pfändungsschuldners. Art. 206 SchKG. A. Durch Urteil vom 29. November 1905 hat der Appellations- und Kassationshof des K antons Bern (I. Abteilung) über die Nechtsbegehren: 1. E s sei zu erkennen, der Kläger sei Eigentümer von sieben Stück Viehware, nämlich 5 Rinder und 2 Kühen, welche zur Konkursmasse des Christian Kläv gezogen worden sind; 2. E s seien diese 7 Stück Vieh aus der Konkursmasse zu entlassen und dem Kläger herauszugeben; E ventuell: es sei dem Kläger der E rlös, welcher aus dem Verkauf dieser 7 Stück Vieh erzielt worden ist, herauszugeben", erkannt: Dem Kläger ist sein eventuelles Rechtsbegehren in dem S in n e zugesprochen, daß die Beklagte verurteilt wird, ihm den E rlös von 6 Stück Vieh im Betrage von 2610 F r. 95 Cts. herauszugeben. B. Gegen dieses Urteil hat die Beklagte rechtzeitig und in richtiger Form die Berufung an das Bundesgericht eingelegt, mit dem Anträge: E s sei in Abänderung des erst- und oberinstanzlichen Urteiles die Klage des Michael Weil abzuweisen. C. D er Kläger hat auf Bestätigung des angefochtenen Urteils angetragen. D a s Bundesgericht zieht in E r w ä g u n g : 1. D er Kläger, Vieh- und Pferdehändler Michael Weil, verkaufte am 30. Oktober 1903 dem Landwirt Christian Kläy- Rüsenacht sieben Stück Vieh (fünf Rinder und zwei Kühe) zum Preise von 5000 F r. D ie von den Vertragsparteien über das Rechtsgeschäft aufgenommene, vom Käufer ausgestellte, vom 3 0. Oktober 1903 datierte Urkunde lau tet: D er Unterzeichnete

132 A. Entscheidungen des Bundesgerichts als oberster Zivilgerichtsmstanz.. bekennt hiemit, dein Michel Weil... zufolge eines heute abgeschlossenen Viehhandels den Betrag von 5000 F r. schuldig geworden zu sein mit der Verpflichtung, diese Sum m e von heute an zu 4 % zu verzinsen und abzubezahlen (in) fünf Terminen, alle J a h r von heute an 1000 F r., erstes den 1. N o vem ber 1904. D er Unterzeichnete erklärt ferner, daß bezüglich des Kaussobjektes 7 Stück Vieh (folgt Beschreibung) für den Verkäufer M. Weil der Vorbehalt des Eigentums bis zur Z ah- lung des hievor angefetzten Kaufpreises nebst Z in s gemacht worden ist." Folgt D atum und Unterschrift; darunter: Von obigem Eigentumsrecht Notiz gmommen zu haben, bescheinigt sig. Christ. Kläy-Rüfenacht" ; ferner: Sollte ein Termin nicht pünktlich einbezahlt werden, so ist völliges K apital sofort fällig." D a der Käufer mit der Zahlung der ersten Kaufpreisrate in Verzug blieb, erhob der Kläger gegen ihn am 21./2 5. November 1 904 Betreibung für die ganze Kaufpreisforderung von 5000 F r. samt 4 % Z in s seit 30. Oktober 1903. D er Schuldner erhob keinen Rechtsvorschlag. Am 11. Ja n u a r 1905 wurde auf Begehren des Klägers die Pfändung vorgenommen und es wurden dabei die sieben dem Schuldner vom Kläger verkauften Stück Vieh in die Pfändung einbezogen und in die Pfändungsurkunde ausgenommen. Am 11. Februar 1905 stellte der Kläger das Berwertungsbegehren. D er Schuldner erklärte sich jedoch am 27. Februar 1905 vor dem Gerichtspräsidenten zahlungsunfähig und es wurde infolgedessen an diesem Tage über ihn der Konkurs eröffnet. I n diesem Konkurse machte der Kläger unter dem 17. M ärz 1905 folgende Eingabe: Dem Konkursamt Konolftngen wird hiemit zur Kenntnis gebracht, daß der An- sprecher H. Weil dem Gemeinschuldner Kläy-Rüfenacht am 30. Oktober 1903 sieben Stück Viehware, nämlich 5 Rinder und je 2 je 5 Ja h re alte Kühe verkauft und bis zur Bezahlung des Kaufpreises samt Z in s und Folgen (nach A rt. 264 O R das Eigentumsrecht aus ceti verkauften Gegenständen Vorbehalten hat. H err Weil hat noch den vollen Kaufpreis von 5000 F r., den Z in s davon zu 4 /0 seit 30. Oktober 1903, sowie die für den Schuldner vorgeschossene Stempelgebühr des Kaufvertrages mit 5 F r. und die ergangenen Betreibungskosten mit 6 F r. zu fordern. E r verlangt von der Konkursmasse hiermit die

IV. Obligationenrecht, n» 20. 133 ' Herausgabe der betreffenden Viehware und übernimmt dieselbe zum dermaligen Werte. Dieser W ert ist am Kaufpreise, Z m s und Kosten abzurechnen und der Rest der Forderung wird hier- mit int Konkurse als Ansprache in Klasse V geltend gemacht. D er Ansprecher und Vindikant ist einverstanden, daß zur Festste llu n g des dermaligen ihm anzurechnenden W ertes der Vieh- ware diese letztere zu öffentlicher Steigerung gebracht und ihm nach Abrechnung der Kosten vom Konkursamt der E rlös abge- liefert wird." I n der ersten Gläubigerversammlung wurde im ausdrücklichen Einverständnisse des Klägers beschlossen, das fragliche Vieh ohne Präjudiz betreffend den Eigentumsvorbehalt sofort zu versteigern; es wurde dann im ganzen ein E rlös von 2610 F r. 95 Cts. erzielt; der Kläger selber ersteigerte bei der Steigerung vom 31. M ärz zwei der Kühe. Die Konkursmasse bestritt in der Folge den Eigentumsanspruck des Klägers, und dieser erhob gemäß A rt. 242 SchK G die vorliegende Klage, in der er u r sprünglich die aus Fakt A ersichtlichen Rechtsbegehren stellte, während heute nur noch das von der Vorinstanz gutgeheißene eventuelle Rechtsbegehren streitig ist. 2. V or ben kantonalen Instanzen hat die Beklagte der Klage drei Einwendungen entgegengehalten: Erstens handle es sich bei dem Vorbehalt in der Schuldanerkennung vom 30. Oktober 1903 nicht um einen Eigentums-, sondern um einen Rücktrittsvorbehalt im S in n e des A rt. 264 O R ; sodann sei der Eigentum s vorbehalt, und zwar insbesondere ein solcher, der sich, wie der hier vorliegende, als lex com m issoria darstelle, u ngültig ; endlich liege, wenn nicht schon in der Zulassung der Pfändung der verkauften Viehware durch den Kläger, so doch jedenfalls im Begehren um Verwertung derselben, ein Verzicht auf das Eigentum. D ie Vorinstanz hat alle diese Einwendungen als unbegründet zurückgewiesen ; die erste gestützt auf den W ortlaut der Schuldanerkennung und die Tatsache, daß immer, auch an der Gläubigerversammlung, vom Eigentumsvorbehalt des Klägers gesprochen worden sei; die zweite mit dem Hinweis auf die bundesgerichtliche P raxis betreffend die Zulässigkeit des Eigentumsvorbehaltes. Über die dritte Einwendung endlich führt die Vorinstanz a u s : D arin, daß der Kläger gegen die Einbeziehung des fraglichen Viehes in die Pfändung keinen Einspruch erhoben habe, könne

134 A. Entscheidungen des Bundesgerichts als oberster Zivilgerichtsinstanz, ein Verzicht auf sein Eigentum nicht erblickt werden; er sei n u r berechtigt, nicht aber auch verpflichtet gewesen, im Falle der Nichtbezahlung seiner Aaufpreisforderung sein Eigentum zurückzu - nehmen; vielmehr habe ihm freigestanden, im Pfändungsver- fahren auch die Verwertung der in seinem Eigentum verbliebenen Kühe zu verlangen, ohne damit sein Eigentumsrecht preiszugeben. Zudem hätte seine Unterlassung der Erhebung eines Eigentum s Anspruches im Betreibungsverfahren selbst wenn man sie grundsätzlich als Verzicht auf das Eigentumsrecht auslegen wollte auf alle Fälle diese Folge doch nur für das Betrei- bungsverfahren haben können, nicht auch für das darauf folgende Konkursverfahren, mit dessen Eröffnung die pendenten Pfändungen samt und sonders dahinftelen (A rt. 206 S chk G )." Vor Bundesgericht nimmt die Beklagte alle diese Einwendungen wieder auf. 3. (Abweisung der ersten Einwendung.) 4. D a s Schwergewicht ihrer Berufungsbegründung scheint die Beklagte auf den Standpunkt zu legen, daß der Eigentumsvorbehalt, entgegen der P raxis des Bundesgerichts, nach schweizerischem Obligationenrecht unzulässig und ungültig sei; sie verweist hiefür namentlich auf S tü c k e lb e rg, D er Eigentumsvorbehalt beim Verkauf, in Z Schw R, N. F. 17 S. 322 ff., und hat vor dm kantonalen Instanzen auch J ä g e r, Komm. z. SchK G, A rt. 212 Note 5 und 9 ( S. 378) angerufen. N un ist ja zuzugeben, daß die den Eigentumsvorbehalt zulassende P raxis des Bundesgerichtes mit Unzukömmlichkeiten verknüpft ist (die namentlich von J ä g e r a. a. O. hervorgehoben werden) und daß insbesondere S tü ck elb erg sehr beachtenswerte Argumente gegen diese P raxis vorgebracht hat. Allein das Bundesgericht kann im höheren I n teresse der Einheit und Stetigkeit der Rechtsprechung heilte nicht von einer P raxis, die es im Jahre 1888 inauguriert und seither in 18jähriger Rechtsprechung stets sestgehalten hat, abkommen; der Eigentumsvorbehalt hat sich infolge der Rechtsprechung des B u n desgerichtes im schweizerischen Kreditverkehr eingelebt, und die Nachteile einer plötzlichen Änderung der P raxis würden die V o r teile einer solchen bei dieser Sachlage überwiegen. I n diesem Z u sammenhang ist noch der Standpunkt der Beklagten zurückzuweisen, der darin besteht, es handle sich beim fraglichen Vorbehalt um

IV. Obligationenrecht. N 20. 135 eine Verwirkungsklausel, und eine solche sei unter allen Umständen ungültig: für diese Auffassung spricht gar nichts in der fraglichen Klausel. 5. E s bleibt somit noch der dritte Standpunkt der Beklagten zu prüfen, mit dem sie geltend macht, der Kläger habe auf sein E igentum an den fraglichen Stücken Vieh dadurch verzichtet, daß er für die Kaufpreisforderung Betreibung eingeleitet habe, das Vieh habe pfändm lassen und sogar das Begehren auf V erwertung des gepfändeten Viehes gestellt habe; daß er ferner in der Konkurseingabe auch das Forderungsrecht aus dem K aufverträge geltend gemacht, endlich an der Steigerung zwei der -Kühe ersteigert habe. Die hiemit aufgeworfene und zum Entscheid gestellte Frage läßt sich dahin formulieren: I s t darin, daß ein Gläubiger, der bewegliche Sachen unter Eigentumsvorbehalt verkauft hat, für den Kaufpreis Betreibung anhebt und in dieser Betreibung die Sachen, an denen der Eigentumsvorbehalt besteht, pfänden läßt und deren Verwertung begehrt, ein Verzicht auf den Eigentumsvorbehalt zu erblicken, und eventuell inwieweit? Über diese Frage ist zu bemerken: Vorerst bedeutet jedenfalls die A n hebung der Betreibung für die Kaufpreisforderung noch keinen Verzicht auf das Eigentum an den verkauften Gegenständen; denn durch die Betreibung versucht der Gläubiger (Verkäufer) lediglich, Bezahlung des Kaufpreises zu erlangen, w as ihm gewiß freisteht, und sowenig aus der Tatsache des Begehrens der Zahlung ein Verzicht auf das Eigentum hergeleitet werden kann, so wenig kann ein Verzicht liegen in der Anhebung der Betreibung für den Kaufpreis. Etw as anders wird die Sachlage schon mit der widerspruchslosen Zulassung der Pfändung der Gegenstände, an denen der betreibende Gläubiger Eigentum behauptet: da die Pfändung, ihrem Begriff nach, ein Beschlagsrecht an Sachen des Schuldners bewirken soll, aus deren Erlös der P fän dungsgläubiger vorab zu befriedigen ist, so scheint es dem Wesen der Pfändung zu widersprechen, daß der betreibende Gläubiger diejenigen Gegenstände, an denen er Eigentum behauptet, mit Pfändung und somit mit dem der Pfändung eigenen Beschlagsrecht belegen läßt. E s kann denn auch im vorliegenden Falle nicht etwa eingewendet werden, und wird übrigens vom Kläger auch gar nicht behauptet, daß ihm die Pfändung der Vieh-

136 A. Entscheidungen des Bundesgerichts als oberster Zivilgeriehtsinstanz. wäre, an der er heute fein Eigentum geltend macht, unbekannt gewesen sei: in der Pfändungsurkunde waren die Stücke Vieh derart bezeichnet, daß der Kläger sofort ersehen mußte, daß es sich um die von ihm unter Eigentumsvorbehalt verkauften Sachen handelte. Und wenn nun der Kläger, in K enntnis dieses Umstandes, dann noch die Verwertung dieser Sachen verlangt hat, so ist hierin notwendigerweise ein Verzicht auf sein Eigentum zu erblicken; denn es widerstreitet dem Wesen des Eigentums und dem Zwecke des Eigentumsvorbehaltes, daß der Gläubiger, ber an einer Sache Eigentum zu haben behauptet, diese Sache auf dem Wege der Zwangsvollstreckung versteigern läßt, um sich aus dem E rlös befriedigt zu machen, ein solches Recht gibt ihm sein Eigentumsrecht nicht, vielmehr folgt es aus seinem Forderungsrecht, und in der Nichtgeltendmachung des Eigentums an den betreffenden Sachen und dem Begehren um betreibungsrechtliche Verwertung derselben muß ein Verzicht auf das Eigentum erblickt werden. (Vergi, auch S tü c k e lb e r g, a. a. O. S. 357 u n ten; (also) kann von vornherein keine Rede davon fein, daß der Verkäufer, wie dies hie und da versucht wird, den Käufer auf P fandvollstreckung, nämlich auf Zwangsverwertung der mit Eigentum s vorbehalt verkauften Sache, betreibt".) Dagegen ist damit die aufgeworfene Frage noch nicht vollständig entschieden; es fragt sich vielmehr weiter noch, wie weit dieser Verzicht reicht, ob er insbesondere auch bann, wenn an Stelle des Pfändungsschuldners die Konkursmasse tritt (wie hier), dem Gläubiger von der K onkursmasse eutgegengehalten werden könne. I n dieser Hinsicht ist zunächst vorauszuschicken, daß der Kläger in seiner Konkurseingabe selber nicht etwa auf den Eigentumsvorbehalt verzichtet h a t; das Gegenteil geht aus ber Eingabe mit aller Deutlichkeit hervor. D ie Frage ist vielmehr die, ob der int Verwertungsbegehren liegende Verzicht nach Dahinfallen der betreffenden Betreibung (A rt. 206 S chk G ) auch ber Konkursmasse gegenüber fortdauere. F ü r den Fall, daß ein D ritter Ansprecher an gepfändeten Gegenständen ist und er die Widerspruchsklage nicht innert Frist erhebt, w oraus gemäß Art. 107 Abs. 3 SchK G Verzicht auf den A n spruch gefolgert wird, und nun der Pfändungsschuldner vor ber Verwertung in Konkurs gerät, besteht über die Frage, ob alsdann ber Verzicht auch gegenüber der Konkursmasse gilt, oder ob-

IV, Obligationenrecht. N 20. ihr gegenüber der Drittanspruch wieder geltend gemacht werden kann, eine Kontroverse; vergi. Archiv für Sch. u. K. V 6 0 S. 153 ff., und dazu Z a g e r, Komm. A rt. 107 Anm. 15 S. 192 s. und Anm. 5 zu A rt. 199 S. 342. A ls richtig erscheint die Ansicht (vergl. B r ü s tle in a. a. O. und J ä g e r ), daß der Verzicht auch der Konkursmasse gegenüber gelte. E s handelt sich bei dem in Frage stehenden Verzicht nicht nur um einen Verzicht auf die Geltendmachung des Eigentums für eine bestimmte B e treibung, sondern um einen Verzicht auf das Eigentum selbst, also aus das dingliche Recht an der Sache gegenüber allen D ritten, nach außen, unbeschränkt; ein solcher Verzicht kann nicht wieder aufleben dadurch, daß die Betreibung, in der er ausgesprochen ist, infolge Konkurses über den Pfändungsschuldner erlischt. E s geht nicht an, daß der Gläubiger einerseits so vorgehe, als ob er an einem Vermögensstücke des Schuldners ein Pfandrecht oder ein diesem in seinen Wirkungen gleichkommendes Beschlagsrecht erworben hätte, und anderseits nachträglich wieder dieses gleiche Vermögensstück als sein Eigentum behandelt. (Vergl. A S d. bg. E. 20 S. 540 f. Erw. 7 über den Unterschied von Pfandrecht und Eigentumsvorbehalt.) Einzig diese Lösung beugt denn auch ungesunden Spekulationen des Gläubigers, wie sie hier im Vorgehen des Klägers liegen, vor, und vermag die Härten und Unzukömmlichkeiten, welche dem durch die bundesgerichtliche P raxis nun einmal anerkannten Eigentumsvorbehalt anhaften, einigermaßen zu mildern. A us diesem Gesichtspunkte ist daher die Klage abzuweisen, in Gutheißung der Berufung der Beklagten. Demnach hat das Bundesgertcht erkannt: D ie Berufung wird begründet erklärt und damit, in Aufhebung des Urteils des Appellations- und Kassationshofes des K antons B ern vom 29. November 1905, die Klage abgewiesen. 13T Vergl. auch Nr. 24.