Preisverleihung. Alexander von Humboldt-Professur - Internationaler Preis für Forschung in Deutschland -



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Transkript:

Preisverleihung Alexander von Humboldt-Professur - Internationaler Preis für Forschung in Deutschland - Hauptstadtrepräsentanz der Deutschen Telekom AG Französische Straße 33 a-c, 10117 Berlin, Dienstag, 15. Mai 2012 Begrüßungsrede Professor Dr. Helmut Schwarz Präsident der Alexander von Humboldt-Stiftung

Verehrte Frau Bundesministerin, liebe Frau Professorin Schavan, sehr geehrte Preisträger, Magnifizenzen, Frau Präsidentin, Herren Präsidenten, Freundinnen und Freunde der Alexander von Humboldt-Stiftung, verehrte Festversammlung, 2 herzlich willkommen zum Festakt anlässlich der vierten Verleihung der "Alexander von Humboldt-Professur"! Herzlichen Dank an unsere Gäste, die der Einladung gefolgt sind, um gemeinsam die Empfänger dieser Forschungspreise zu ehren. Auch die diesjährige Verleihung der Alexander von Humboldt-Professur ist für mich wieder etwas Besonderes. Denn dieser Internationale Preis für Forschung in Deutschland, wie die Professur im Untertitel heißt, ist mit Forschungsmitteln von 5 Mio. Euro für experimentell und von 3,5 Millionen Euro für theoretisch arbeitende Forscher über einen Zeitraum von fünf Jahren der höchst dotierte internationale Wissenschaftspreis der Bundesrepublik Deutschland. Ich freue mich sehr, verehrte Frau Bundesministerin Schavan, dass Sie heute hier bei uns sind: Ihr Haus hat vor vier Jahren beherzt und mit visionärem Verstand diesen Preis gestiftet, die Alexander von Humboldt-Professur spielt auch in der Internationalisierungsstrategie der Bundesregierung eine hervorgehobene Rolle. Umso mehr freut es mich, dass Sie heute Abend zu uns sprechen und dass Sie den Preis persönlich überreichen werden. Für das kontinuierliche, außerordentliche Engagement des BMBF möchte ich Ihnen im Namen der Wissenschaft in Deutschland ungezählten Dank sagen! Im Mittelpunkt des heutigen Abends aber stehen Sie, liebe Preisträger! Seien Sie und alle Sie begleitenden Angehörige und Freunde besonders herzlich begrüßt! Ich möchte Ihnen schon jetzt zu Ihrem großen Erfolg gratulieren und darf Ihnen versichern, wie stolz und voller Freude wir sind, Sie heute Abend feiern zu dürfen. Und ich bin glücklich, dass auch die Präsidenten und Rektoren jener Universitäten persönlich zugegen sind, die erfolgreich um die neuen Humboldt- Professoren geworben haben. Im weiteren Verlauf unserer Veranstaltung werden Sie, Magnifizenzen und Präsidenten, uns Ihre Preisträger persönlich vorstellen. Und wenn Sie das tun, werden wir sehen, dass dieser Forschungspreis tatsächlich beginnt, eine Erfolgsgeschichte zu werden. Uns allen ist bewusst: Heutzutage werden Wissenschaft und Politik in erster Linie geprägt durch einen globalen Wettlauf um Wissen als entscheidende Ressource von Wachstum, Innovation und Wohlstand. Deshalb stehen unsere modernen und nach wie vor

3 vornehmlich national organisierten Wissensgesellschaften unter einem unerbittlichen internationalen Wettbewerbsdruck. Heute Abend können wir unzweifelhaft sehen: Es gelingt, Forscher von Weltrang für deutsche Universitäten zu interessieren. Mit Hilfe der Humboldt-Professur können die deutschen Hochschulen international kompetitive Angebote machen. Die Humboldt Professur bietet Freiräume, und diese Freiräume werden für Leistungen genutzt, die die Universität des Preisträgers weltweit sichtbar machen. Die Alexander von Humboldt-Professur bietet also den Hochschulen in Deutschland ein Instrument, um international umworbene Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auf Schlüsselpositionen zu berufen und etabliert sich zunehmend als wirkungsvolle Ergänzung der Exzellenzinitiative von Bund und Ländern. Denn die Preisträger, die Sie für Ihre Universitäten gewonnen haben, sind verzeihen Sie mir diese, etwas dem Medienzeitalter geschuldete Formulierung "Weltstars der Forschung", die von vielen Universitäten umworben werden. Und sie gehen dorthin, wo fähige Wissenschaftler sind, wo sie attraktive Bedingungen für ihre eigene Forschung und weitere Entwicklung vorfinden! Ich bin daher zuversichtlich, dass man bei einer Rückschau in einem Jahrzehnt feststellen wird: die Erkenntnis Good people attract good people als Rekrutierungsprinzip hat sich an den besonders guten Fakultäten in Deutschland durchgesetzt. Die Initiatoren der Alexander von Humboldt-Professur wären mit Sicherheit zufrieden! Lassen Sie uns jetzt einen Blick auf die bisherige Erfolgsbilanz werfen: Zu den bereits 20 erfolgreichen Berufungen der vergangenen Jahre kommen mit Ihnen, verehrte Preisträger, am heutigen Tag weitere sechs Alexander von Humboldt-Professoren hinzu. Wir freuen uns über die damit einhergehende Sichtbarkeit dieses Preises, der auch geografisch eine immer größere Strahlkraft in Deutschland entfaltet. Selbst wenn die Großstädte München (6) und Berlin (4) die bislang höchste Konzentration an Humboldt-Professuren aufweisen, haben auch Hochschulen in Nordrhein-Westfalen (insg. 6) oder Baden-Württemberg (3) die Möglichkeiten des Preises für ihre eigene Entwicklung genutzt. Erfreulich erscheint mir in diesem Zusammenhang auch die wachsende Zahl gemeinsamer Berufungen von Alexander von Humboldt-Professuren durch - Technische Universitäten und Zentren der Helmholtz-Gemeinschaft oder der Max Planck- Gesellschaft. Wir haben also allen Grund, stolz zu sein auf die Erfolge, die mit der Alexander von Humboldt-Professur erreicht wurden. Dennoch gibt es Wermutstropfen im

4 Becher unserer Freude, nein, inzwischen ist es ein richtiges Ärgernis und es wäre unaufrichtig, dies zu verschweigen. Was mir und, wie ich weiß, vielen von Ihnen inzwischen mehr und mehr Sorgen bereitet, ist vor allem eines: Es ist uns bislang nicht gelungen, mit der Alexander von Humboldt-Professur verstärkt exzellente Wissenschaftlerinnen für eine langfristige Tätigkeit an deutschen Universitäten zu gewinnen. Sie, liebe Ulrike Gaul, sind nach wie vor die einzige Alexander von Humboldt-Professorin. Der Grund für diesen Mangel ist vor allem: Die Universitäten nominieren kaum erstklassige Wissenschaftlerinnen. Seit Einrichtung der Alexander von Humboldt-Professur gab es insgesamt 10 Nominierungen und ihnen stehen die von 131 Männern gegenüber. Die Frage lautet: warum? Ich habe darauf, auch nach immer wieder intensiven Diskussionen in der Stiftung wie mit Universitätsleitungen und den Mitarbeitern des BMBF, keine einfache Antwort. Ich denke aber, dass die Ursachen für die fehlenden Nominierungen von Frauen auf beiden Seiten zu suchen sind: bei den in Frage kommenden exzellenten Wissenschaftlerinnen und bei den nominierenden Institutionen. Die Frage, wie man den Anteil von Frauen in Führungspositionen erhöhen kann, ist derzeit in aller Munde. Stets begleitet wird die Diskussion von dem Reizwort Quote. Ob die Einführung einer Quote sinnvoll und notwendig ist, um den Anteil an Frauen in den Vorstandsetagen deutscher Unternehmen oder auf den Leitungsebenen der Ministerien zu erhöhen, im Auswärtigen Amt, beispielsweise, liegt dieser unter 10 %! - ist eine Frage, die uns in diesem Land sicherlich noch lange beschäftigen wird. Auch in der Alexander von Humboldt- Stiftung haben wir uns die Frage gestellt: Ist eine Frauenquote die Lösung um den Anteil von Wissenschaftlerinnen in den Förderprogrammen der Alexander von Humboldt-Stiftung zu erhöhen? Die Alexander von Humboldt-Professur ist hier nicht das einzige Sorgenkind. Nur etwa 8 % der Humboldt-Forschungspreise gehen an Wissenschaftlerinnen, wohingegen immerhin ein Viertel unserer Forschungsstipendien an Frauen gehen. Hier aber nun zu argumentieren, die fehlenden Frauen in der TOP-Liga seien ein Generationenproblem, das sich von alleine erledigen werde, erschien uns zu einfach. Gleichzeitig waren und sind wir uns völlig darüber einig, dass eine Quote für wen auch immer mit dem Exzellenzgedanken unvereinbar ist und deshalb unter meiner Präsidentschaft auch nicht etabliert werden wird. Aber wir mussten in der Stiftung auch lernen: Geschlechtergerechtigkeit wirklich zu erreichen, ist komplexer als das bloße Nachdenken oder das

5 gedankenlose Gerede über Quoten. Sie zu erreichen, ist ein Prozess, der in alle Bereiche der Stiftungsarbeit einfließen muss, angefangen bei der Wort- und Bildauswahl auf unserer Homepage. Wir haben im letzten Jahr viel daran gearbeitet, damit Wissenschaftlerinnen schon beim allerersten Kontakt mit der Stiftung wissen, dass sie bei uns willkommen sind. Eine neue Rubrik auf unserer Website geht dezidiert auf das Thema Chancengleichheit ein und beantwortet zudem Fragen, die gerade für junge Familien von Interesse sind. Künftig werden wir überdies auch in den Nominierungsunterlagen für die Preisprogramme inklusive der Alexander von Humboldt-Professur Kindererziehungszeiten abfragen. A propos: Das Argument, Frauen würden sich aus Rücksicht auf die Familie nicht für eine Alexander von Humboldt-Professur interessieren, kann getrost in die Mottenkiste der überholten Vorurteile verbannt werden. Entscheidungen mit Rücksicht auf die Familie sind keineswegs Frauensache! Seit 2008 haben sich einige Preisträger dafür entschieden, ihre verlockende Professur nicht anzutreten. Und beileibe nicht alle taten dies, weil mit der aufnehmenden Universität keine Einigung erzielt werden konnte, im Gegenteil: Die Entscheidung gegen eine langfristige Wissenschaftskarriere in Deutschland wurde in vielen Fällen mit Rücksicht auf die Wünsche der Familie gefällt, die sich mit einem Umzug nach Deutschland aus den unterschiedlichsten Gründen nicht anfreunden konnte! Was also tun? Wo sind die gläsernen Decken, die es verhindern, dass Wissenschaftlerin und nominierende Institution zueinander finden? Müssten wir als Stiftung hier gar vermittelnd eingreifen und Wissenschaftlerinnen aus dem Ausland raten, sich bei Universitäten zunächst einmal anonymisiert zu bewerben, mit Lebensläufen die keinerlei Rückschlüsse auf das Geschlecht zulassen? Sie merken, dass ich scherze. Selbstverständlich weiß ich, dass diese Methode gute Ergebnisse erzielt hat, um durch ihre Herkunft benachteiligten Jugendlichen Arbeitsplätze zu verschaffen, aber bei international renommierten Spitzenwissenschaftlern nicht verfangen kann. Forscher, mit dem Potenzial für eine Alexander von Humboldt-Professur, sind in der Fachwelt ohnehin so bekannt, dass sich die Option eines anonymen Lebenslaufes wohl angesichts der Forschungsleistungen und Publikationen ad absurdum führen würde. Was ich aber damit sagen möchte: Abgesehen von einer Quote, die es definitiv nicht geben

6 wird, sollte es keine Denkverbote geben. Und ich wiederhole: wir alle sind gefragt, die gläserne Decke zu durchstoßen! Doch zurück zu unseren Preisträgern: Wir, in der Stiftung, sind davon überzeugt, dass das über Jahrzehnte erprobte Prinzip einer Individualförderung die beste aller denkbaren Unterstützungen und Investitionen darstellt. Und die mit der Alexander von Humboldt-Professur heute Abend ausgezeichneten sechs Forscherpersönlichkeiten wollen mit ihren Teams Strukturen aufbauen, die wissenschaftliche Spitzenleistungen an deutschen Universitäten ermöglichen. Denn, liebe Preisträger - wir setzen auf Ihre Erfahrungen und sind gespannt auf Ihren frischen Blick auf Deutschland! Die Gestaltungsräume, die Ihnen mit dem Preisgeld eröffnet werden, werden Sie, da bin ich sicher, nutzen, um Kollegen mitzureißen, um Studierende zu begeistern, um als Kristallisationskeime zu wirken. Und schließlich bin ich ebenso sicher, dass Sie als Person weit über die Fakultäten hinaus in Ihre Universitäten hineinwirken. Zumindest wünschen wir uns dies. Umso mehr: Gerade weil es um viel Geld geht, darf und soll die Öffentlichkeit fragen, wie denn eine Preisträgerin oder ein Preisträger dazu beitragen kann, die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Hochschule in seinem Fachgebiet zu stärken! Wie sichert die Universität eine langfristige Perspektive für die jeweilige Professur? Diese und viele andere Fragen mussten die nominierenden Hochschulen in einem strategischen Gesamtkonzept beantworten, das - neben der herausragenden wissenschaftlichen Qualifikation der Kandidaten - das entscheidende Kriterium für die Auswahl der Preisträger war. Nur wenn beide Komponenten zweifelsfrei überzeugten, hat sich die mehr als 20köpfige, international besetzte Auswahlkommission für die Verleihung der Alexander von Humboldt-Professur ausgesprochen. Die herausragende Qualität der Nominierungen ist eine Konstante auch in der jüngsten Auswahlrunde, und dies macht bei einem thematisch extrem heterogenen Fächerkatalog die Entscheidung nicht immer leicht. Dass sich unter den Humboldt-Professuren auch in diesem Jahr ein Geisteswissenschaftler befindet, entkräftet die gelegentlich geäußerte Sorge, dieses Instrument diene bloß der weiteren Stärkung der Natur- und Lebenswissenschaften.

7 Bei den Entscheidungen gegen einen langfristige Karriere in Deutschland spielen neben den nicht zu unterschätzenden familiären und kulturellen Gründen auch Überlegungen eine Rolle, wie: An welchem Ort kann ich mittelfristig die besten Studierenden um mich scharen? Welche beruflichen Möglichkeiten haben meine Partnerin oder mein Partner in Deutschland? Auch dieser Aspekt ist wichtig bei der Entscheidung. Deshalb können die Mittel der Alexander von Humboldt-Professur auch zur Förderung von Karriereperspektiven für Ehepartner verwendet werden - das Stichwort lautet "Dual Career". Diese Flexibilität ermöglicht es, den zum Teil sehr unterschiedlichen Erwartungen der Preisträgerinnen und Preisträger Rechnung zu tragen. Dennoch sind die Berufungsverhandlungen mit den nominierenden Universitäten mitunter nicht leicht, und wenn der oder die Erwählte am Ende das Angebot der Universität ausschlägt, darf uns dies nicht entmutigen. Von den insgesamt acht im vergangenen Jahr ausgewählten Alexander von Humboldt-Professoren hat einer seine Berufungsverhandlungen mit der nominierenden Universität in Deutschland nicht mit dem erhofften Ergebnis beendet, und ein Kollege hat nach einer "Probezeit" beschlossen, doch wieder an seine Heimatuniversität zurückzukehren. Nachdenklich stimmen mögen uns diese Ergebnisse, überraschen tun sie nicht, und entmutigen werden uns Niederlagen überhaupt nicht. Liebe Alexander von Humboldt-Professoren! Ich heiße Sie heute Abend noch einmal herzlich willkommen. Sie sind jetzt Teil des weltumspannenden Netzwerkes der Alexander von Humboldt-Stiftung mit mehr als 25.000 aktiven Humboldtianern in mehr als 130 Ländern. Dieses Netzwerk besteht aus jungen Postdoktorandinnen und Postdoktoranden, aus Nachwuchsgruppenleiterinnen und leitern, Professorinnen und Professoren sowie höchst renommierten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern darunter 49 Nobelpreisträger. Wir freuen uns sehr auf die Zusammenarbeit mit Ihnen und wünschen Ihnen für Ihre Arbeit und das Ein- oder gar Wiedereinleben in Deutschland auch im privaten Bereich alles Gute! Mögen Sie an Ihrer Entscheidung immer Freude haben. Uns allen wünsche ich einen festlichen wie auch anregenden Abend. Mit Dank für Ihre Aufmerksamkeit bitte ich nun Frau Professorin Schavan um ihre Ansprache. Das Wort hat die Bundesministerin.