Verhältnis der Eingliederungshilfe zu Leistungen der Sozialen Pflegeversicherung



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Transkript:

VERWALTUNGSGERICHT OLDENBURG - 13. KAMMER - Beschluss vom 31. Januar 2003 - Az. 13 B 4330/02 Verhältnis der Eingliederungshilfe zu Leistungen der Sozialen Pflegeversicherung LEITSÄTZE: Die Abgrenzung von Leistungen der Eingliederungshilfe zu Leistungen der Sozialen Pflegeversicherung hängt von den Umständen des Einzelfalles ab. Eingliederungshilfe ist zu erbringen, wenn die erforderliche Gesamtmaßnahme ihrer Typik nach dieser Hilfeform zuzuordnen ist. Ein Aufspaltung einer Gesamtmaßnahme in Leistungen der Eingliederungshilfe und Pflegeleistungen ist nicht vorzunehmen, auch wen sich einzelne Maßnahmen bei isolierter Betrachtung als Pflegemaßnahmen darstellen. 2 BSHG findet nach 13 SGB XI im Verhältnis von Leistungen der Eingliederungshilfe und Leistungen der Sozialen Pflegeversicherung keine Anwendung. Auf die Frage der unangemessenen Mehrkosten ( 3 a BSHG) kann es nur ankommen, wenn auch tatsächlich eine geeignete stationäre Hilfe möglich ist. Aus den Entscheidungsgründen: Der gemäß 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO zulässige Antrag der Antragstellerin, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die Kosten für 18 Stunden direkte Betreuung durch die N. aus Mitteln der Eingliederungshilfe zu übernehmen, ist überwiegend begründet. Die Antragstellerin hat sowohl einen Anordnungsgrund (die Eilbedürftigkeit der erstrebten gerichtlichen Entscheidung) wie auch einen Anordnungsanspruch (die mit dem Antrag geltend gemachte materiellrechtliche Berechtigung) glaubhaft gemacht, 123 Abs. 3 VwGO, 920 Abs. 2, 294 ZPO.

Ein Anordnungsgrund liegt vor, weil die Antragstellerin mit ihrem Antragsbegehren die Gewährung von Sozialhilfeleistungen zur Deckung eines gegenwärtigen Bedarfs erstrebt. Auch ein Anordnungsanspruch ist glaubhaft gemacht. Die Voraussetzungen für die Gewährung von Leistungen der Eingliederungshilfe für die Betreuung der Antragstellerin durch die N. sind in dem sich aus dem Tenor ergebenden Umfang erfüllt. Gemäß 39 Abs. 1 Satz 1 BSHG ist Personen, die durch eine Behinderung im Sinne von 2 Abs. 1 Satz 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IX) wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt oder von einer solchen wesentlichen Behinderung bedroht sind, Eingliederungshilfe zu gewähren, wenn und solange nach der Besonderheit des Einzelfalles, vor allem nach Art oder Schwere der Behinderung, Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann. Aufgabe der Eingliederungshilfe ist es nach 39 Abs. 3 BSHG, eine drohende Behinderung zu verhüten oder eine Behinderung oder deren Folgen zu beseitigen oder zu mildern und die behinderten Menschen in die Gesellschaft einzugliedern (Satz 1). Hierzu gehört vor allem, den behinderten Menschen die Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen oder zu erleichtern, ihnen die Ausübung eines angemessenen Berufs oder einer sonstigen angemessenen Tätigkeit zu ermöglichen oder sie soweit wie möglich unabhängig von Pflege zu machen (Satz 2). Die Antragstellerin ist dem Kreis der nach 39 Abs. 1 Satz 1 BSHG grundsätzlich eingliederungshilfeberechtigten Personen zuzurechnen. Nach dem jetzigen Erkenntnisstand geht die Kammer davon aus, dass bei einer Gewährung der von ihr begehrten Leistungen nach den Besonderheiten ihres Falles, vor allem nach Art und Schwere ihrer Behinderung, Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann. Aufgabe der Eingliederungshilfe ist es, eine drohende Behinderung zu verhüten oder eine Behinderung oder deren Folgen zu beseitigen oder zu mildern und die behinderten Menschen in die Gesellschaft einzugliedern. Hierzu gehört vor allem, den behinderten Menschen die Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen oder zu erleichtern, ihnen die Ausübung eines angemessenen Berufs oder einer sonstigen angemessenen Tätigkeit zu ermöglichen oder sie so weit wie möglich unabhängig von Pflege zu machen ( 39 Abs. 3 BSHG). Die Entwicklung des letzten Jahres hat gezeigt, dass es die bisherige Betreuung durch die N. der Antragstellerin zunehmend ermöglicht, am Leben in der Gemeinschaft teilzunehmen. So führt die Betreuerin der Antragstellerin in ihrer Stellungnahme vom 17. Oktober 2002 aus, dass die Antragstellerin selbständiger und selbstbewusster geworden sei. So sei es vor allem im lebenspraktischen Bereich (Haushalt) zu Verbesserungen gekommen. Sie könne sich nunmehr klarer verbal ausdrücken und nehme am Wohnalltag mit den dazugehörigen Aufgaben teil. Auch habe sie den schwierigen Prozess der Scheidung von ihrem Ehemann verarbeiten können. Sie sei auch eine neue Beziehung eingegangen. Weiter erklärte die Betreuerin der Antragstellerin im Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage am 26. November 2002: Der Wechsel von der stationären in die ambulante Betreuung hat der Antragstellerin sehr gut getan. Sie ist wesentlich besser integriert dort und schon selbständiger geworden. Sie ist wesentlich zufriedener mit ihrer jetzigen Situation. Die stationäre

Unterbringung war für sie nicht so gut geeignet, da der ganze Rahmen zu groß war. Besonders zufriedenstellend ist die Situation auch deshalb, weil sie in einer Beziehung lebt. Sie hat in allen Bereichen wesentlich mehr Zutrauen. Richtig ist auch, dass der Betreuungsaufwand gesunken ist. Das hängt insbesondere mit der schon geschilderten positiven Entwicklung zusammen. Zu den Leistungen der Eingliederungshilfe gehören gemäß 40 Abs. 1 Nr. 8 BSHG i.v.m. 55 SGB IX insbesondere Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft. Nach 55 Abs. 1 SGB IX werden Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft erbracht, die den behinderten Menschen die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft ermöglichen oder sichern oder sie soweit wie möglich unabhängig von Pflege machen. Dies sind insbesondere Hilfen zum Erwerb praktischer Kenntnisse und Fähigkeiten, die erforderlich und geeignet sind, behinderten Menschen die für sie erreichbare Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen, Hilfen zur Förderung der Verständigung mit der Umwelt, Hilfen zu selbstbestimmtem Leben in betreuten Wohnmöglichkeiten sowie Hilfe zur Teilnahme am gemeinschaftlichen und kulturellen Leben ( 55 Abs. 2 Nr. 3, 4, 6, 7 SGB IX). Hilfen dieser Art werden zur Zeit von der N. erbracht. Es handelt sich nicht um Pflegeleistungen. Die Abgrenzung zwischen Hilfe zur Pflege und Leistungen der Pflegekasse auf der einen Seite und Eingliederungshilfe auf der anderen Seite hängt grundsätzlich von den Umständen des Einzelfalles ab. Sie hat sich daran zu orientieren, welchem Ziel die konkrete Hilfe dient. So hat die Hilfe zur Pflege in erster Linie einen bewahrenden Charakter, der in den Hilfestellungen bei den Verrichtungen des täglichen Lebens zum Ausdruck kommt, und zwar unbeschadet dessen, dass insbesondere die aktivierende Pflege auch darauf auszurichten ist, und der Pflegebedürftige daran mitzuwirken hat, seine körperlichen, geistigen und seelischen Kräfte wiederzugewinnen oder zu erhalten und die Pflegebedürftigkeit zu überwinden, zu mindern oder eine Verschlimmerung zu verhindern ( 2 Abs. 1 Satz 2, 6 Abs. 2 SGB XI). Demgegenüber zielt die Eingliederungshilfe primär zukunftsgerichtet auf eine Behebung oder Milderung der Folgen der Behinderung und auf die Eingliederung des Behinderten in die Gesellschaft (OVG Lüneburg, Urteil vom 12. April 2000, Az.: 4 L 35/00, FEVS 52, 87; OVG Schleswig, Urteil vom 16. Januar 2002, Az.: 2 L 25/01, FEVS 53, 521). Steht bei der konkreten Maßnahme vornehmlich oder ausschließlich die Milderung der Behinderung oder die Eingliederung des behinderten Menschen in die Gesellschaft im Vordergrund, ist Eingliederungshilfe zu gewähren (VGH Mannheim, Urteil vom 17. September 1997, Az. 6 S 1709/97, FEVS 48, 305; VG Osnabrück, Urteil vom 17. Juni 1999, Az. 4 A 17/98, RdLH 1999, 157). Eingliederungshilfe ist dann zu erbringen, wenn die erforderlichen Gesamtmaßnahmen ihrer Typik nach dieser Hilfeform zuzuordnen sind. Eine Aufspaltung der Maßnahme in solche der Eingliederungshilfe und solche der Hilfe zur Pflege ist nicht vorzunehmen. Das gilt auch dann, wenn sich einzelne Maßnahmen bei isolierter Betrachtung als Pflege darstellten (OVG Münster, Urteil vom 15. Juni 2000, Az. 16 A 3108/99, NDV-RD 2000, 109; Mrozynski, Das Verhältnis der Pflegeleistungen zur Eingliederungshilfe, ZfSH/SGB 1999, 333, 337). So liegt der Fall hier. Zwar umfasst die von der Antragstellerin begehrte Betreuung durch die N. auch Pflegeleistungen. Allerdings geht es nicht schwerpunktmäßig um Hilfe bei gewöhnlich und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens oder um Beaufsichtigung oder Anleitung mit dem Ziel der

eigenständigen Übernahme dieser Verrichtungen ( 14 Abs. 1 SGB XI, 68 BSHG). Die fragliche Maßnahme wird von der Zielrichtung des 39 Abs. 3 BSHG bestimmt. Es geht vor allem darum, der Antragstellerin die Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft zu ermöglichen. So heißt es im Hilfebedarfsplan der N. (ohne Datum), in dem die derzeitige Betreuungssituation und die jeweiligen Ziele der einzelnen Maßnahmen aufgeführt sind, dass die Antragstellerin Unterstützung und Begleitung im Hinblick auf eine selbständige Lebensführung erhalten soll. Weiter soll eine Erweiterung ihres Engagements, Verbesserung der Selbständigkeit, Einsatz vorhandener Fähigkeiten, Übung von standarisierten Situationen, gleichen Handlungsabläufen, Anleitung und Assistenz bei der Gestaltung und Reinigung der eigenen Wohnung und eine aktive Beteiligung und Einbeziehung bei allen Einkäufen angestrebt werden. Dem tritt auch der Antragsgegner nicht entgegen. Vielmehr geht auch er in seinem Bescheid vom 4. Oktober 2002 davon aus, dass es sich bei der Maßnahme um eine Maßnahme der Eingliederungshilfe gemäß 40 Abs. 1 Nr. 8 BSHG handelt. Soweit die Betreuungskräfte der N. z. B. bei der Körperpflege personenbezogene Verrichtungen leisten und damit einen Pflegebedarf abdecken, sind im Rechtssinne keine Pflegeleistungen erbracht worden für die vorrangig die Pflegeversicherung in Anspruch zu nehmen wäre. Aus 13 Abs. 3 Satz 3 Halbsatz 1 SGB XI, wonach die Leistungen für Behinderte nach dem BSHG unberührt bleiben und im Verhältnis zur Pflegeversicherung nicht nachrangig sind, ergibt sich, dass Behinderten, die pflegebedürftig im Sinne des 1 SGB XI sind, die der Integration und Rehabilitation dienenden Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem BSHG trotz ihres Fürsorgecharakters neben den Leistungen der Pflegeversicherung zu gewähren sind und dass die Eingliederungshilfe auch die im selben Zuge zu erbringenden pflegerischen Anteile mit umfasst (OVG Münster, Urteil vom 15. Juni 2000, Az. 16 A 3108/99, NDV-RD 2000, 109 m.w.n.; ). Auch soweit durch die Leistungen der Pflegeversicherung einzelne Pflegeleistungen nicht abgedeckt sind, hat die Antragstellerin also Anspruch auf Leistungen der Eingliederungshilfe. Auch 2 BSHG, wonach Sozialhilfe nicht erhält, wer die erforderliche Hilfe von anderen, besonders von Trägern anderer Sozialleistungen erhält, kann dem nicht entgegen gehalten werden. 2 BSHG findet im Verhältnis zwischen den Leistungen der Pflegeversicherung und der Eingliederungshilfe keine Anwendung. Dies ergibt sich unmittelbar aus 13 Abs. 3 Satz 3 SGB XI (VGH Mannheim, Urteil vom 17. September 1997, Az. 6 S 1709/97, FEVS 48, 305; VG Lüneburg, Urteil vom 29. Januar 1999, Az. 6 A 135/97, RdLH 1999, 109; Holtbrügge in LPK-SGB XI, 13, Rn. 29). Deshalb ist die Antragstellerin auch nicht darauf zu verweisen, bei der Pflegekasse die Einordnung in die Pflegestufe III zu beantragen. Was den Umfang der begehrten Betreuungsleistung der Antragstellerin betrifft, folgt die Kammer in diesem Punkt im wesentlichen den Darlegungen der Antragstellerin. Da ein unabhängiges Sachverständigengutachten entgegen der Verpflichtung des Antragsgegners aus 14 Abs. 5 SGB IX nicht vorliegt, war die Kammer bei ihrer Entscheidungsfindung zum einen auf die Ausführungen der Antragstellerin und der N. und auf der anderen Seite auf die Ausführungen des Antragsgegners in seiner Stellungnahme vom 7. Februar 2002 angewiesen. Zwei Betreuerinnen der Antragstellerin, Frau B. und Frau R., haben im Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage am 26. November 2002 geschildert, dass die Antragstellerin ohne fremde Hilfe hilflos sei. Sie brauche in allen Bereichen die Unterstützung durch Betreuungspersonal. Die Kammer ist zu der Überzeugung gelangt, dass die von der N. angebotenen Betreuungsleistungen ausreichend und angemessen sind.

Im Einzelnen ergibt sich der wöchentliche Betreuungsaufwand aus dem Wochenbericht der Wohngruppe... [wird näher ausgeführt] Damit ergibt sich ein wöchentlicher Betreuungsumfang in Höhe von 1.607 Minuten. Von diesen Leistungen sind abzuziehen 553 Minuten (7 x 79 Minuten) an Leistungen, die durch die Pflegeversicherung nach 36 Abs. 3 Nr. 2 SGB XI durch Pflegesachleistungen (Bescheid der... Ersatzkasse vom 15. Juni 2001) tatsächlich abgedeckt sind. Hier liegt eine Bedarfsdeckung im Wege der Selbsthilfe vor, die den Antragsgegner in diesem Umfang entlastet. Etwas anderes wäre nur dann in Betracht zu ziehen, wenn die Antragstellerin glaubhaft gemacht hätte, dass sie Pflegesachleistungen (anstatt des Pflegegeldes in Höhe von 410,00 pro Monat nach 37 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 SGB XI) nur gewählt hätte, um ihre Betreuung sicherzustellen (VGH Mannheim, Urteil vom 17. September 1997, Az. 6 S 1709/97, FEVS 48, 305). Dazu ist indes nichts vorgetragen. Damit ergibt sich ein Aufwand im Umfang von 1054 Minuten direkter Betreuung pro Woche (17 Stunden, 34 Minuten). Ob die Antragstellerin die Voraussetzungen für Leistungen der Pflegestufe III erfüllt, bedarf hier keiner Entscheidung. Diese Entscheidung obliegt allein der Pflegekasse ( 18 SGB XI). Der Einschätzung der Antragstellerin und der N. steht die vom Antragsgegner erstellte Stellungnahme vom 7. Februar 2002 nicht entgegen. Die Antragstellerin rügt zu Recht, dass sie vom Amtsarzt Dr. nicht persönlich in Augenschein genommen und untersucht worden ist. Auch die Kammer geht davon aus, dass die Stellungnahme aufgrund dieser Unterlassung nur eingeschränkt verwertbar und insbesondere nicht geeignet ist, die im Ergebnis unterschiedliche Auffassung der N., deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Antragstellerin seit Jahren persönlich betreuen, zu widerlegen. Überdies ist die Stellungnahme vom 7. Februar 2002 nicht aktuell und kann deshalb den derzeitigen Entwicklungsstand der Antragstellerin nicht beurteilen. Die Stellungnahme weist den weiteren Mangel auf, dass sie lediglich eine Schätzung darstellt und sich mit der abweichenden Einschätzung der N. und dem Wochenplan nicht im Detail auseinander gesetzt hat. Soweit der Antragsgegner einwendet, die jetzige Form der Betreuung verursache unangemessen hohe Kosten und sei aus diesem Grunde abzulehnen, folgt dem die Kammer nicht. Nach 3 a BSHG ist die erforderliche Hilfe soweit wie möglich außerhalb von Anstalten, Heimen oder gleichartigen Einrichtungen zu gewähren. Dies gilt jedoch dann nicht, wenn eine geeignete stationäre Hilfe zumutbar und eine ambulante Hilfe mit unverhältnismäßigen Mehrkosten verbunden ist. Demnach kann es auf die Frage der unangemessenen Mehrkosten nur ankommen, wenn auch tatsächlich eine geeignete stationäre Hilfe möglich ist (Schellhorn/Schellhorn, BSHG, 16. Auflage, 3 a, Rn. 9). Dies ist aber gerade bei der Antragstellerin nicht der Fall. Sowohl die Betreuerin der Antragstellerin als auch die Personen, die tagtäglich mit ihrer Betreuung betraut sind, erklärten im Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage übereinstimmend und für die Kammer überzeugend, dass die stationäre Unterbringung der Antragstellerin nicht zuträglich und damit ungeeignet war. Die Antragstellerin habe sich demzufolge bei dieser Form der Unterbringung nicht entwickeln können. Erst jetzt habe es eine Entwicklung im Sinne einer weiteren Verselbständigung gegeben. Der Wechsel von der stationären in die ambulante Betreuung habe der Antragstellerin sehr gut getan. Sie sei dort wesentlich besser integriert. Weiter folgt die Kammer den Ausführungen der Betreuerin der Antragstellerin im Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage, die bereits

wiedergegeben sind und auf die an dieser Stelle zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird. Deren Ausführungen bestätigt auch die Diplom- Sozialpädagogin... in ihrer Stellungnahme vom 13. Dezember 2002. Dort heißt es: Frau K.'s Allgemeinzustand hat sich seit dem Einzug in die betreute Wohngemeinschaft der N. in... wesentlich verbessert. Insbesondere das Zusammenwohnen mit ihrem Freund gaben Frau K. neuen Lebensmut und neue Lebensinhalte. Depressive Stimmungen wie in der Zeit zuvor traten seit dem so gut wie nicht mehr auf. [...] Im Vergleich zu früher erleben wir Frau K. die meiste Zeit fröhlich und heiter, so dass sie in ihrer jetzigen Lebens- und Wohnform eine Zufriedenheit gefunden zu haben scheint. Aus alledem muss geschlossen werden, dass die stationäre Betreuung für die Antragstellerin nicht geeignet war, mit der Folge, dass dem Einwand des Antragsgegners, die Kosten der jetzigen ambulanten Betreuung seien unangemessen hoch, nicht gefolgt werden kann. Nicht im Streit ist zwischen den Beteiligten, in welchem Umfang der Antragstellerin die Aufbringung der Mittel aus ihrem Einkommen und Vermögen zuzumuten ist ( 28, 79, 84, 85 BSHG). Deshalb kann die Kammer offen lassen, ob die Berechnung des Antragsgegners in seinem Bescheid vom 4. Oktober 2002 einer rechtlichen Überprüfung standhält. Der Antragsgegner wird u.a. zu berücksichtigen haben, ob die Antragstellerin beispielsweise bereits Leistungen für ihre Betreuung in der S. - Fördergruppe erbringt. Der Antragstellerin waren die von ihr begehrten Leistungen zunächst lediglich bis zum Ablauf des 30. Juni 2003 zuzusprechen. Bei der dieser Entscheidung zugrundegelegten Einschätzung handelt es sich, zumindest was den voraussichtlichen Erfolg der Maßnahme anbelangt, lediglich um eine Prognose. Dem Antragsgegner bleibt es deshalb unbenommen, die weitere Entwicklung der Antragstellerin unter Einfluss der ihr jetzt zu gewährenden Leistungen zu beobachten und nach Ablauf der von der Kammer nach Ermessen mit der Festlegung des genannten Datums begrenzten Zeitdauer in eine erneute Prüfung darüber einzutreten, ob die ergriffenen Eingliederungshilfemaßnahmen tatsächlich wirksam gewesen sind. Einer solchen Prüfung und der dann erforderlichen erneuten Entscheidung des Antragsgegners kann zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht vorgegriffen werden.