Grenzüberschreitender Steuerstreit: Was ist von der Lex USA zu halten?



Ähnliche Dokumente
Internationale Amtshilfe in Steuerangelegenheiten

Internationale Amtshilfe in Steuerangelegenheiten

Bankgeheimnis hat sich erledigt

Zum sog. US-Steuerstreit und zu seinen weitreichenden Folgen für die Schweiz und den Finanzplatz

Was meinen die Leute eigentlich mit: Grexit?

Erfahrungen mit Hartz IV- Empfängern

Meinungen zum Sterben Emnid-Umfrage 2001

STLB-Bau Kundenmanager

Überblick zur Sanierung von Kapitalgesellschaften: Wann und wie muss saniert werden?

Information zum Projekt. Mitwirkung von Menschen mit Demenz in ihrem Stadtteil oder Quartier

AGROPLUS Buchhaltung. Daten-Server und Sicherheitskopie. Version vom b

Es gibt nur eine Bilanz die zählt: Ihre Zufriedenheit.

7 Triggerworte für mehr Abschlüsse!

ARBEITEN IM AUSLAND EST IM WEGZUGSJAHR

Repräsentative Umfrage zur Beratungsqualität im deutschen Einzelhandel (Auszug)

Großbeerener Spielplatzpaten

Risikomanagement bei PPP Projekten: Erfahrungen aus Deutschland

EINE UNI FÜR ALLE. Universität Luzern, Montag, 5. Mai Uhr

Statuten in leichter Sprache

Die richtigen Partner finden, Ressourcen finden und zusammenführen

1. Fabrikatshändlerkongress. Schlussworte Robert Rademacher

Fragen und Antworten zur Prüfmöglichkeit für ausländische Investitionen (Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes und der Außenwirtschaftsverordnung)

Arbeit zur Lebens-Geschichte mit Menschen mit Behinderung Ein Papier des Bundesverbands evangelische Behindertenhilfe e.v.

PROTOKOLL ZWISCHEN DER REPUBLIK ÖSTERREICH UND DER REPUBLIK ZYPERN

Sichere Anleitung Zertifikate / Schlüssel für Kunden der Sparkasse Germersheim-Kandel. Sichere . der

Senioren ans Netz. schreiben kurze Texte. Lektion 9 in Themen aktuell 2, nach Übung 7

Was ist das Budget für Arbeit?

Würfelt man dabei je genau 10 - mal eine 1, 2, 3, 4, 5 und 6, so beträgt die Anzahl. der verschiedenen Reihenfolgen, in denen man dies tun kann, 60!.

Studie Autorisierungsverfahren Online-Banking n = 433, Befragungszeitraum: Februar bis März 2014

Meine Entscheidung zur Wiederaufnahme der Arbeit

Mediation & mehr Kon iktlösung, die zu Ihnen passt

Gruppenanfragen. 1. Internationale Steuerpraxistagung, 4. Juni Daniel Holenstein

Übungsaufgaben Tilgungsrechnung

* Leichte Sprache * Leichte Sprache * Leichte Sprache *

Der Gabelstapler: Wie? Was? Wer? Wo?

Das Freiwillige Soziale Jahr. Der Bundes-Freiwilligen-Dienst

Bernadette Büsgen HR-Consulting

Wie ist das Wissen von Jugendlichen über Verhütungsmethoden?

- mit denen Sie Ihren Konfliktgegner in einen Lösungspartner verwandeln

Gesetzlicher Unfallversicherungsschutz. für die Schülerinnen und Schüler in der Hauptstadt

Die Post hat eine Umfrage gemacht

«Neue Wege entstehen dadurch, dass man sie geht»

Was ist Open Source Software und wem gehört sie?

Meinungen der Bürgerinnen und Bürger in Hamburg und Berlin zu einer Bewerbung um die Austragung der Olympischen Spiele

2) Geben Sie in der Anmeldemaske Ihren Zugangsnamen und Ihr Passwort ein

IT-SICHERHEIT IM UNTERNEHMEN Mehr Sicherheit für Ihre Entscheidung

Die SPD und die Grünen machen im Niedersächsischen Landtag. Alle Menschen sollen in der Politik mitmachen können.

Papa - was ist American Dream?

Sehr geehrter Herr Pfarrer, sehr geehrte pastorale Mitarbeiterin, sehr geehrter pastoraler Mitarbeiter!

Verarbeitung von ZV-Dateien im Internetbanking. Inhalt. 1. Datei einlesen Datei anzeigen, ändern, löschen Auftrag ausführen...

Der Vollstreckungsbescheid. 12 Fragen und Antworten

erstmalig erwähnt 1048 Bedarfsabfrage 09/2015 GEMEINDE BIBURG Bedarfserhebung

Was bedeutet Inklusion für Geschwisterkinder? Ein Meinungsbild. Irene von Drigalski Geschäftsführerin Novartis Stiftung FamilienBande.

Herzlich Willkommen zum Vortrag: Mitarbeiterführung und Ausbildung. für UNITEIS e.v. Andrea Mills M.A.

Anhang. 3. Was denken Sie: An wen richtet sich das Lernprogramm für Psycholinguistik? zu nicht nicht zu

SAFER SURFING TIPPS UND TRICKS ZUM SICHEREN UMGANG MIT DEM INTERNET. Saferinternet.at

International verständliche Titel für. die höhere Berufsbildung


ING-DiBa Studie 2013: Deutsche mit geringster Finanzbildung in Europa

Anleitung über den Umgang mit Schildern

Jeder in Deutschland soll ab Mitte 2016 ein Konto eröffnen können.

Deutsches Rotes Kreuz. Kopfschmerztagebuch von:

Situa?onsbeschreibung aus Sicht einer Gemeinde

Markttest zur Reisequalität in der S-Bahn.

100 Mikrokredite und Abschluss der Pilotphase. Ruedi Winkler, Präsident Verein GO! Ziel selbstständig

Thorsten Sett-Weigel Berlin, den 28. März 2012 Finowstraße Berlin

SCHRITT 1: Öffnen des Bildes und Auswahl der Option»Drucken«im Menü»Datei«...2. SCHRITT 2: Angeben des Papierformat im Dialog»Drucklayout«...

KIID Aufsichtsrechtliche Aspekte, Filing- und Distributionsfragen

Familienunternehmer-Umfrage: Note 4 für Energiepolitik der Bundesregierung 47 Prozent der Unternehmer sehen Energiewende als Chance

Deutschland-Check Nr. 34

Kleinräumige Daten sozialversicherungspflichtig Beschäftigter am Wohnort. Mitdenker ggfs. Mitstreiter gesucht

Informationen zum Auslaufen des Diplomstudiengangs Psychologie. Universität zu Köln Department Psychologie

Bitte beantworten Sie die nachfolgenden Verständnisfragen. Was bedeutet Mediation für Sie?

70 Prozent gegen Bahnprivatisierung

Widerstand gegen Entwicklung

Bedienungsanleitung - Webtool

Staatskanzlei des Kantons Zürich. Kommunikationsabteilung des Regierungsrates

Vorgehensweise bei Lastschriftverfahren

Betriebliche Gestaltungsfelder

Alltag mit dem Android Smartphone

ZAHLUNGSAVIS. Im Zahlungsprogrammteil automatisch erstellen

Lausanne, den XX yyyyy Sehr geehrte Frau/ Herr,

Schritt 1. Anmelden. Klicken Sie auf die Schaltfläche Anmelden

OECD Programme for International Student Assessment

Örtliche Angebots- und Teilhabeplanung im Landkreis Weilheim-Schongau

Finanzplatz Schweiz. Fundament und Motor der Schweizer Volkswirtschaft. Swiss Banking - on Air Kantonsschule Glattal 12. März 2010

Prüfungskommission. für Wirtschaftsprüfer. Wirtschaftsprüfungsexamen gemäß 5-14 a WPO. Aufsichtsarbeit aus dem Gebiet Wirtschaftsrecht

4 Ideen zur Verbesserung des -Marketings!

sn Massnahmen zur Erleichterung der Bereinigung des Steuerstreits der Schweizer Banken mit den Vereinigten Staaten. Dringliches Bundesgesetz

TIPS-Crash und zwei Hindenburg-Omen

Test: Sind Sie ein Unternehmertyp?

Professionelle Seminare im Bereich MS-Office

Welche Staatsangehörigkeit(en) haben Sie?... Mutter geboren?...

Der Jazz Veranstaltungskalender für Deutschland, Österreich und die Schweiz

Dann zahlt die Regierung einen Teil der Kosten oder alle Kosten für den Dolmetscher.

L10N-Manager 3. Netzwerktreffen der Hochschulübersetzer/i nnen Mannheim 10. Mai 2016

Mobiler. Vernetzter. Emotionaler. Wie SBG auf die Entwicklung des Internets reagiert

ROLAND RECHTSSCHUTZ GESCHÄFTSKUNDEN. JurWay im gewerblichen Bereich. JurWay im gewerblichen Bereich

Die rechtsformunabhängige Revisionspflicht

Umgang mit Schaubildern am Beispiel Deutschland surft

Transkript:

Oberst Künzli-Gesellschaft Murgenthal, 13. Juni 2013 Grenzüberschreitender Steuerstreit: Was ist von der Lex USA zu halten? von Peter V. Kunz Prof. Dr. iur., Rechtsanwalt, LL.M. (G.U.L.C., Washington D.C.) Ordinarius für Wirtschaftsrecht und für Rechtsvergleichung Universität Bern Geschäftsführender Direktor am Institut für Wirtschaftsrecht (IWR) kunz@iwr.unibe.ch www.iwr.unibe.ch

Inhalt 1. Ausgangslage 2. Überblick 3. Aktualitäten 2

Ausgangslage a) Zeitachse Zukunftsperspektive v.a. FATCA Vergangenheitsperspektive Bereinigung des U.S. Steuerstreits 3

Ausgangslage b) Steuerpflicht in USA U.S. Souveränität Thema: Anspruch auf Durchsetzung der Rechtsordnung (im Ausland)? U.S. Persons Thema: Wohnsitz/Sitz in USA, aber Konto in Schweiz Schweizer Banken (+ UVV/Treuhänder/Rechtsanwälte) Thema: Banken etc. als Gehilfen o.ä. bei Steuerdelikten? 4

Ausgangslage c) Emotionales USA vs. Schweiz Ende der diplomatischen Freundschaft ( Sister Republics etc.)? Grossmachtspolitik der USA Erpressung der Schweiz? Ev. überforderte schweizerische Verhandlungsdelegation? weiterer Druck aus dem Ausland z.b. OECD, EU, IWF, Deutschland, Frankreich gibt es (k)ein Ende? 5

Überblick a) Rechtliches I/II Was bedeutete Amtshilfe überhaupt? Abgrenzung von Legalität vs. Illegalität (z.b. bei Steuerdelikten) Inhalt und Form (i) Steuerbetrug + Steuerhinterziehung; (ii) Einzelanfrage + Gruppenanfrage Exkurs: Automatischer Informationsaustausch (AIA) Verzicht auf Anfrage (in welcher Form auch immer); Inhalt aber offen 6

Überblick a) Rechtliches II/II USA/CH DBA 1996 Bank(kunden)geheimnis = Bankkundendaten USA/CH Protokoll 2009 Erweiterung des Inhalts z.z. blockiert im U.S. Senat Und wie steht s bei der Lex USA? DBA 1996/Protokoll 2009 als Grundlage(n) 7

Überblick b) Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft 1. Schritt: UBS (2009) (i) FINMA/Kundendaten; (ii) UBS DPA/DOJ; (iii) CH mit UBS-Staatsvertrag 2. Schritt: CS, ZKB etc. (2011) div. Verfahren Sonderfall der Bank Wegelin; v.a. Bankmitarbeiter im Visier 3. Schritt: alle Schweizer Banken? Vorschlag Lex USA ; und was wären die Alternativen 8

Aktualitäten a) Von der (unrealistischen) Hoffnung sog. Globallösung Eidgenossenschaft + USA = per saldo/gesamter CH Finanzplatz Schweiz als (williger) Schneepflug Stichwort: TBTF Wo ist nationales Interesse? Wie steht es um Eigenverantwortlichkeit der Branche? 9

Aktualitäten b) zur (politisch) harten Realität Spekulationen (in Medien etc.) Memorandum of Understanding (MoU); Staatsvertrag etc. Vorschlag = temporäres Spezialgesetz ( Lex USA ) Bank(kunden)geheimnis wird NICHT angerührt Konzept: Ermächtigung an Banken (Freiwilligkeit) + Schutz für Mitarbeiter/Dritte + Strafbestimmungen 10

Aktualitäten c) Betroffene Interessenten Eidgenossenschaft Privatisierung eines privaten Streits staatliche Rahmenordnung Banken + Bankkunden Rechtssicherheit, aber ev. hohe Bussen; Bank(kunden)geheimnis bleibt bestehen Bankmitarbeiter + Dritte Schutzmechanismen durch Lex USA gegenüber Status quo erhöht 11

Aktualitäten d) Unsicherheiten NR/StR politische Befindlichkeit: DOJ Programm geheim + Dringlichkeitsrecht Banken Hoffen? Bangen? Mitmachen? Nichtmitmachen? Hauptproblem: ev. hohe Bussen USA: Aktionen bzw. Reaktionen (i) Wie weiter, wenn CH nein sagt? (ii) War s das, wenn CH ja sagt? 12

Schlussbemerkungen 1. Emotionalisierung Emotionen sind schlechte Ratgeber in dieser Sache; es ist der Politik eine gewisse Gelassenheit zu wünschen es geht nicht um eine Erpressung der Schweiz oder um eine Bankenrettung. 2. Rechtliches Das Bank(kunden)geheimnis wurde im Vergleich zum Ist-Zustand gerettet, was angesichts der Ausgangslage nicht wirklich zu erwarten war, d.h. es ist ein Verhandlungserfolg; die Banken können sich eigenverantwortlich die nötige Rechtssicherheit schaffen. 3. Erfolg und Misserfolg Rechtlich und staatspolitisch ist Lex USA ein positives Ergebnis; zwar wären Alternativen (z.b. ein Staatsvertrag) denkbar gewesen, doch es sollte nicht sein. 4. Politik Es ist zu hoffen, dass eine politische Beruhigung eintritt; wer gegen die Lex USA ist, muss zumindest die Frage beantworten: Was sind die Alternativen dazu? 13

Besten Dank für Ihre Aufmerksamkeit..! Peter V. Kunz Universität Bern Institut für Wirtschaftsrecht Schanzeneckstrasse 1 CH-3001 Bern Tel.: 031 / 631 55 88 kunz@iwr.unibe.ch www.iwr.unibe.ch 14