Polyurethan ein vielseitiges Scaffoldmaterial für das Tissue Engineering Dr. H. Wiese polymaterials AG
Struktur des Vortrags Einleitung: Polyurethanscaffolds Was sind Polyurethane? Polyurethane in der Medizin Schäume als Weichgewebescaffold (ForTEPro & RegImplant) Gefüllte Materialien für Knochen (RegImplant) Gele als injizierbare Systeme (ForZebRA und KRI) 2
Was sind Polyurethane? Polymere, in denen Bausteine durch die Urethangruppe verknüpft sind: Dadurch sehr variable Eigenschaften: hart/weich thermoplastisch/duroplastisch bioabbaubar/biostabil hydrophil/hydrophob Dadurch vielseitige Anwendungen Schäume (Wärmeisolierung, Schalldämmung...) Lacke (Schutzlacke, Oberflächenveredelung...) Kleber (2 Komponentenkleber, Hotmelts, Feuchtigkeitshärtend) Elastomere (Schuhsohlen, Räder, Federn...) 3
Was sind Polyurethane? Erfunden 1937 von Otto Bayer Ziel war ein Material für künstliche Fasern Ständig wachsender Verbrauch Quelle: Polyurethane - Kunststoffhandbuch. 3 ed.; Hanser Fachbuch: München Wien, 1993; Vol. 7 4
Was sind Polyurethane? klinischer Einsatz seit ca. 1965 Wundabdeckungen und Gipsersatz Gewebekleber Katheter Blutgefäßersatz künstliche Herzklappen Herzschrittmacher Brustimplantate künstliche Organe (Herz, Pankreas,...) => biostabile Materialien Polycarbonat- statt Polyetherurethane Silikonbausteine / Fluorbausteine Bei Langzeitimplantation werden jedoch alle Materialien angegriffen 5
Bioabbaubare Materialien Regenerative Medizin erfordert kontrolliert abbaubare Materialien Ebenso die kontrollierte Medikamentenfreisetzung Die Anwender sind die Triebkraft der Materialentwicklung Polyurethane auch hier wegen der variablen Eigenschaften gefragt Einsatz als Membranen Schäume spritzgegossene Materialien keramikgefüllte Materialien Hydrogele mit Wasseranteil bis > 90% 6
ForTEPro Defekt Scanning CT Data processing STL Silicon Silikonform mold Implantation Cell culture Cell seeding Heilung 7
ForTEPro / RegImplant Materialanforderungen: bioverträglich (mit Zellen und Gewebe) mechanische Eigenschaften in der Größenordnung des zu ersetzenden Gewebes mit klinisch relevanten Methoden sterilisierbar baut in vivo zu unschädlichen Stoffen ab variable Polarität hochporös mit verbundenen Poren offene Oberfläche für Rapid Prototyping Verfahren geeignet variable Geometrien herstellbar... 8
ForTEPro / RegImplant Polyester PUR: Vollständig abbaubar Variable mechanische Eigenschaften Variable Abbauzeiten Variable Hydrophilie Aliphatische, kommerzielle Diisocyanate (IPDI, BDI) nicht cancerogen Variable Abbauzeiten Variable Hydrophilie Ausgewählte Additive biokompatibel Hohe Porosität, Interkonnektivität der Poren, offene Oberfläche variable mechanische Eigenschaften 9
ForTEPro / RegImplant Schaumeigenschaften Sehr elastisch Ca. 90% interkonnective Poren Oberfläche zur Form hin offen Geringer Schrumpf Geringe Wasserquellung Sterilisierbar (Wasserdampf, EO) Fühlt sich wie natürlicher Knorpel an Hinterschnitte Offene Oberfläche 10
ForTEPro / RegImplant Materialeigenschaften Oberflächenrauhigkeit im nm-bereich langsamer, aber variierbarer Abbau schwach-saure Abbauprodukte mechanische Eigenschaften in der selben Größenordnung wie Knorpel 7 6,5 6 5,5 5 4,5 4 3,5 3 2,5 7 6 5 20 µm PCL-PU branched PU PGLA PLLA 5 55 105 155 weeks 4 3 PU-foam porcine auricular cartilage 11
ForTEPro / RegImplant Hybrid Scaffolds Patientenspezifische Form Variable mechanische Eigenschaften Einfache und effiziente Besiedlung mit Zellen Wachstumsfaktoren können zugegeben werden 2K-Gießsystem Langsamer Abbau Variable mechanische Eigenschaften ca. 90% Porosität + Offenporiger, bioabbaubarer PUR-Schaum x 40 Stabiles Fibrin Gel 1 mit Chondrocyten & Insulin Gute Umgebung für Zellkultur Verkapselte Wachstumsfaktoren Variable Zelldichte 1 D. Eyrich, et al., Biomaterials 28 (2007) p.55-65 12
ForTEPro / RegImplant in vivo Experimente I. Gewebeverträglichkeit (NMRI-Mäuse) 1 und 3 Wochen II. Abbauversuche (NMRI-Mäuse) 1, 3 und 6 Monate III. Gewebebildung (NMRI (nu/nu)-mäuse) 1, 3 und 6 Monate 13
ForTEPro / RegImplant Gewebebildung in Abhängigkeit von der Dauer der Vorkultur 0 Tage 7 Tage Gewebebildung in vivo Eine Vorkulturzeit von wenigen Tagen ist ausreichend, um kohärente Gewebe zu erreichen. (Bovine Chondrozyten, PUR+Fibrin, Insulinzugabe. Nach der Vorkuultur Implantation in Mäuse. Explantation nach vier Wochen) Das ist vorteilhaft, weil: das Infektionsrisiko verringert wird die Behandlungszeit verkürzt wird die Entwicklung des Gewebes rascher in natürlicher Umgebung erfolgt 28 Tage 14
PUR ein vielseitiges Scaffoldmaterial ForTEPro / RegImplant Bildung Extrazellulärer Matrix 6 Wochen, bovine Zellen Collagen II Bildung von extrazellulärer Matrix Poren vollständig gefüllt homogene 3D Verteilung der Zellen Collagen I Bildung von Kollagen II, nur im Randbereich Kollagen I Die ECM entspricht in ihrer Zusammensetzung und Struktur den natürlichen Knorpel im Ohr x100 x40 Polymer extracell. Matrix Zellen, Lacunae 15
ForTEPro / RegImplant Prove of Concept die komplexe Form kann durch den ganzen Prozeß beibehalten werden Das Scaffold kann homogen mit Knorpelzellen besiedelt werden ein kohärentes Gewebe dessen Zusammensetzung der natürlichen entspricht, kann gezüchtet werden (bovine Chondrocyten, 4 Wochen in statischer Kultur) Verträglichkeit mit Zellen und Geweben konnte in vivo gezeigt werden (Maus, Ratte Kaninchen, Schaf) D. Eyrich, et al, In Vitro and in Vivo Cartilage Engineering Using a Combination of Long-Term Stable Fibrin Gels and Polycaprolactone-Based Scaffolds. Tissue Eng. 2007, 13, (9), 2207-2218 16
RegImplant Gezüchtete Gewebe Knorpel (Ohr, Nase) Fett Knochen Bandscheibe 17
RegImplant Blutgefäße Vaskularisierte Gewebe Polymer fett Vaskalarisation ist für fast alle Gewebetypen notwendig in vivo Experimente in Kaninchen und Mäusen wurden durchgeführt das PUR-Material fördert die Neubildung von Blutgefäßen so können Gewebe wie Fett und Knochen regeneriert werden Fett Gezüchtetes Fettgewebe im Kaninchen Neovascularisationsexperimente (Maus) 18
RegImplant Harte Materialien als Knochenersatz Keramikgehalt Biegefestigkeit E-Modul 35% 5.1 MPa 950 MPa 45% 5.4 MPa 900 MPa 60% 9.1 MPa 1500 MPa Spongiosa 5-7 MPa ca. 900 1000 MPa Dispensgeplottete Scaffolds aus 1K PUR mit Hydroxylapatitpartikeln (Ø wenige nm) Explantation nach 6 Wochen 19
RegImplant Knochen-Knorpel-Cokonstrukte (Großtierversuch) Medizinisches Modell: Mosaikplastik beim Schaf Eine Kombination aus Schaum und dispensgeplottetem Gitter wird in das Knie von Schafen implantiert Es können bis zu vier Implantate pro Knie eingesetzt werden: Es können Vergleichsversuche durchgeführt werden Das Tier kann bereits wenige Tage nach der OP wieder auf die Weide keine haltung unter sterilen Bedingungen notwendig! Es werden ausgewachsene Schafe eingesetzt: Natürliche Patientenpopulation => Weiche Materialien wie der Schaum und demineralisierte Knochenmatrix wachsen gut ein (besserer Kontakt zum umgebenden Knochen) 20
KTI - ZHW Bandscheibendegeneration Defekt Die Bandscheibe besteht aus einem äußeren Faserring und einem gallertartigen Kern durch Schädigung des Gewebes wird dieser Kern herausgedrückt Die Bandscheibe kann ihre Ferderfunktion nicht mehr wahrnehmen und der Kern drückt gegen den Nerv Klassische Behandlung die Bandscheibe wird entfernt (Nucleotomie) die Wirbel werden fixiert (s. Bild) oft Schädigung der benachbarten Bandscheiben 21
KTI - ZHW C. Mauth, S. Haas, G. Paesold, D. H. Wiese, G. Maier, E. Bono, N. Boos, U. Graf-Hausner, Cellseeded polyurethane-fibrin structures a possible system for intervertebral disc regeneration Eur. Cell. Mater. 2009, 18, 27-39 Zellbasierte Bandscheibenrekonstruktion Vorgehen bislang wird höchstens eine Zellsuspension in den regenerierten Anulus Fibrosus injiziert in unserem Ansatz läßt man die Zellen auf Mikropartikeln aus dem abbaubaren PUR-Schaum adhärieren diese werden in Suspension in Fibrin injiziert Vorteil die Funktion der Bandscheibe wird erhalten die OP kann minimalinvasiv erfolgen die Zellen werden nicht wieder aus dem Anulus Fibrosus herausgedrückt. Der Nucleus Pulposus wird regeneriert und kann seine Funktion bald wieder übernehmen 22
ForZebRA Hydrogel Gele als injizierbare Zellträger Netzwerk aus einem Polymer, das viel Wasser aufnehmen kann Beispiel: Glaskörper im Auge enthält >95% Wasser mit verschiedenen Kollagentypen schaltbares Hydrogel: unterhalb einer Schalttemperatur geht das Gel in eine Lösung unter Anwendung: Zellen werden bei niedriger Temperatur mit der Lösung eines geeigneten Polymers im Kulturmedium gemischt Bei Körpertemperatur erstarrt die Mischung Material: Polyether (Pluronic) bildet schaltbare weiche Gele Kettenverlängerung über Diisocyanate zu Polyetherurethanen: einstellbare mechanische Eigenschaften der Hydrogele durch geeignete Diisocyanate biokompatibel und bioabbaubar Das Polymer kann autoklaviert werden. 23
Zusammenfassung Polyurethane sind interessante Biomaterialien, die ohne Freisetzung toxischer Produkte abgebaut werden die mit vielen Zellen und Geweben verträglich sind die mit klinisch etablierten Verfahren sterilisiert werden können aus denen Implantate in fast jeder gewünschten Form gemacht werden können deren mechanische Eigenschaften an verschiedene Gewebe angepaßbar sind die ggf. die Bildung von Blutgefäßen fördern die der regenerativen Medizin neue Möglichkeiten eröffnen 24
Vielen Dank für ihre Aufmerksamkeit! 25