BAUHAUS-ARCHIV DARMSTADT

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Transkript:

BAUHAUS-ARCHIV DARMSTADT BILANZ UND WELTWEITE WIRKUNG 1960 BIS 1970 KUNST ARCHIV DARMSTADT E.V.

BAUHAUS-ARCHIV DARMSTADT BILANZ UND WELTWEITE WIRKUNG 1960 BIS 1970 Herausgegeben von Claus K. Netuschil mit Texten von Werner Durth, Bernd Freese, Claus K. Netuschil und einer Chronologie von Claire Mayer Kunst Archiv Darmstadt e.v. 3

Inhalt 7 Claus K. Netuschil Darmstädter Bauhaus-Bezüge: Gewinn und Verlust Zur Ausstellung und dem vorliegenden Katalog 15 Claus K. Netuschil Bauhaus-Archiv Darmstadt 1960-1970 Frühe Rezeption eines internationalen Stils Dokumentation zu Gründung, Arbeit und Weggang 67 Werner Durth Darmstadt und das Bauhaus Kurze Geschichte einer langen Beziehung 89 Bernd Freese / Claus K. Netuschil Exkurs in die Druckwerkstatt Druckgrafik der Bauhaus-Meister 120 Claire Mayer Chronologie des Bauhauses Mit seiner Vorgeschichte und Nachwirkung 129 Literaturverzeichnis 5

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Claus K. Netuschil Darmstädter Bauhaus-Bezüge: Gewinn und Verlust Zur Ausstellung und dem vorliegenden Katalog Nur eine Idee hat die Kraft, sich so weit zu verbreiten Ludwig Mies van der Rohe über das Bauhaus Im April 1919 wurde das Staatliche Bauhaus in Weimar eröffnet und sorgte in Deutschland von Anfang an für heftige Diskussionen um Kunst, Lehre und fast alle Lebensbereiche der Kultur. Der Gründungsdirektor Walter Gropius schrieb in seinem Gründungsmanifest der Architektur die höchste Priorität zu, indem er formulierte: Das Endziel aller bildnerischen Tätigkeit ist der Bau. Hinzu kam die bewusste Grenzaufhebung zwischen freier und angewandter Kunst: Künstlerische Arbeit könne nur, so das Postulat, im fruchtbaren Zusammenspiel von Handwerk, Technik und bildender Kunst zu neuen und zukunftsweisenden Ergebnissen führen. Gropius und das gehört zu seinen großen Verdiensten berief die wichtigsten und progressivsten Künstler seiner Zeit und entwickelte mit ihnen gemeinsam eine radikal neue Form einer Kunsthochschule, die, vor allem durch die Lehr-Idee des von Johannes Itten ans Bauhaus gebrachten Vorkurs, bis heute die künstlerisch-universitäre Ausbildung prägt. Das Bauhaus, das im kurzen Zeitraum von nur 14 Jahren seiner realen Existenz bis zum Verbot durch die Nationalsozialisten 1933 die Stationen Weimar, Dessau und Berlin durchlief, lebt heute von einem Mythos, der weltweit getragen wird von der Bedeutungsgleichung Bauhaus = Moderne. Das gilt für Abb. 1 Blick in die Ausstellung Bauhaus-Archiv Darmstadt Bilanz und weltweite Wirkung das gesamte 20. Jahrhundert ebenso, wie für die beiden ersten Jahrzehnte des 21. Jahrhunderts: Das Bauhaus war und ist richtungsweisend. Es wurde zum Synonym für die Moderne! Sehr schnell, während und vor allem nach dem Zweiten Weltkrieg, gab es weltweit Bestrebungen, das Bauhaus als Schule wieder neu zu etablieren, was weder in Ulm, Berlin oder im Rhein-Main- Gebiet noch nach 1937 als New Bauhaus, in Chicago auf Dauer gelang. Sehr bald aber begann das Sammeln und Sichten und damit die kunsthistorische Aufarbeitung des retrospektiv häufig so benannten Internationalen Stils, der, wie Walter Gropius bei der Eröffnung des Bauhaus-Archiv Darmstadt in seiner Rede formulierte, nie nur Stil sein wollte, sondern nachhaltig prägende Bewegung war. Gropius und seine Bauhaus-Kollegen lehnten eine einheitliche Etikettierung als Bauhaus-Stil vehement ab, obwohl sich der Formwille der Bauhaus-Künstler, wenn auch höchst unterschiedlich, in einem Stil manifestiert. Ausstellungen wurden eingerichtet: eine erste wichtige 1961 in Darmstadt und eine umfangreiche Überblicksausstellung, die 1968/69 von Stuttgart aus um die ganze Welt ging, in Erinnerung an die Gründung des Bauhauses 50 Jahre zuvor. In Jahrzehnt-Abständen, zuletzt zur Wiederkehr des 90. Gründungsjahres, wurde das Bauhaus aus der jeweiligen Sicht der neuen Forschungslage umfangreich beschrieben und dargestellt. Die Huldigungen konnten kaum mehr überboten werden. Mit 7

Abb. 2 Blick in die Ausstellung 2019 kam das hundertste Jahr nach der Gründung und die Republik ist in einer Bauhaus-Euphorie, die es so noch nie für eine Kunstrichtung, eine Bewegung, einen Stil gab. Rund 750 Ausstellungen, Theater-, Musik- und Literaturveranstaltungen, Vorträge, Kompaktreiseangebote, Filme und vieles mehr rubriziert der offizielle Kalender Bauhaus 100, den die Bauhaus Kooperation Berlin Dessau Weimar herausgegeben hat und es sind lange nicht alle Veranstaltungen darin erwähnt und aufgenommen. Kaum ein Bundesland, kaum eine Stadt in Deutschland, die sich nicht auf die große Vergangenheit und weltweite Tragfähigkeit des Bauhauses beruft! Es beteiligen sich zahllose Museen rund um das Jubiläumsjahr 2019 und darüber hinaus und beschäftigen sich mit detaillierten Teilaspekten des Bauhauses, vor allem aber mit der grandiosen, aber kurzen Erfolgsgeschichte der für die neuere Kunstgeschichte so bedeutenden Kunsthochschule. Auch wenn Darmstadt, die Stadt des Jugendstils, die am Beginn des 20. Jahrhunderts in besonderer Weise für den Aufbruch ins Neue steht, kaum in der langen aktuellen Veranstaltungsliste erscheint, gibt es vielfältige, offenkundige und zwingende Bezüge der Stadt zum Bauhaus. Zu nennen wären der Bezug zur Ideenwelt der Darmstädter Künstlerkolonie, die personale Verbindung zwischen Walter Gropius und Ludwig Mies van der Rohe zu Peter Behrens, die informelle Anfrage 1914 an den jungen Walter Gropius, sich der Künstlerkolonie anzuschließen, die Ansiedlung von zahlreichen ehemaligen Bauhäuslern in Darmstadt nach 1945 und vor allem das zehnjährige Wirken des Bauhaus-Archiv Darmstadt. Das Kunst Archiv Darmstadt e.v. plant seit langem, unmittelbar nach der Doppelausstellung zu Leben und Werk des Bauhaus-Künstlerehepaares Gertrud und Alfred Arndt, die Darstellung der Gründung des Bauhaus-Archivs in Darmstadt, der intensiven zehnjährigen Sammlungstätigkeit und Archivarbeit, der Konzeption eines Neubaus und des turbulenten Weggangs 1970/71 nach Berlin. Mit dem vorliegenden Katalogbuch wollen wir nicht nur eine Dokumentation des Geschehens innerhalb und um das Darmstädter Bauhaus-Archiv vorlegen und damit die Arbeit des Bauhaus-Archiv Darmstadt als Initialzündung würdigen, sondern 8

Abb. 3 Blick in die Ausstellung darüber hinaus auch unsere Ausstellung als Ganzes sichtbar werden lassen, um sie so über den Tag hinaus zu bewahren. Die Ausstellung ist dreiteilig konzipiert. Unsere Aufgabe konnte es nicht sein, die vierzehnjährige Geschichte des Bauhauses umfassend darzustellen das geschieht vielfältig und profund andernorts reichlich und dennoch wollen wir mit zentralen originalen, selten gesehenen Dokumenten und Exponaten, so das Gründungsmanifest von 1919, allen Bauhaus-Büchern, Fotos der drei Bauhaus-Direktoren und anderen Ausstellungsstücken dem historischen Bauhaus Gestalt und Gesicht geben. Zentrum und umfangreichster Teil der Ausstellung und dieses Buches ist dem Wirken des Bauhaus-Archivs in Darmstadt gewidmet. Hier wurde die Grundlage für die weltweit umfangreichste Bauhaus-Dokumentation gelegt, die sich heute im Bauhaus-Archiv Berlin befindet. Vor allem der Neubau eines großen Dokumentationszentrums, das Walter Gropius für die Darmstädter Rosenhöhe geplant hatte, ist mit Modellen, Entwurfszeichnungen, Plänen und Fotos in der Ausstellung und diesem Buch dokumentiert. Auch wenn Darmstadt durch die Nähe zur Künstlerkolonie, zum Rat für Formgebung und zum Insti tut für Neue Technische Form der Wunschort des Bauhaus-Archivgründers Hans Maria Wingler war, entwuchs das Institut den Grenzen Darmstadts und der Umzug nach Berlin wurde 1970 besiegelt. Für Darmstadt ist und bleibt der Weggang des Bauhaus-Archivs auch die schmerzliche Geschichte eines kulturellen Verlustes! Das Ernst-Ludwig-Haus war als gemeinsames Ateliergebäude der 1899 sieben erstberufenen Künstler die kreative Keimzelle der Künstlerkolonie Mathildenhöhe. Hier fand das Bauhaus-Archiv 1961 mit seiner Geschäftsstelle eine Bleibe für die nachfolgenden zehn Jahre, die geprägt waren von einer intensiven Aufbauarbeit und Vernetzung der weltweit verstreuten Bauhaus-Künstler. Im Ernst-Ludwig-Haus fanden überwiegend die Sitzungen statt, es wurden Vorträge gehalten und Ausstellungen eingerichtet. Mit herausragenden druckgrafischen Arbeiten wollen wir an eine überregional bedeutende und in der deutschen Presse viel beachtete und besprochene Ausstellung zur Druckgrafik aus der grafischen 9

Abb. 4 Blick in die Ausstellung: Walter Gropius auf der Rosenhöhe Abb. 5 Blick in die Ausstellung: Druckgrafik der Bauhaus-Meister 10

Werkstatt des Weimarer Bauhauses an die Meister des Bauhauses erinnern. So sind im dritten Teil unserer Ausstellung originale und sehr seltene Radierungen, Holzschnitte, Lithografien, druckgrafische Reklameentwürfe und Fotos von Josef Albers, Alfred Arndt, Herbert Bayer, Lyonel Feininger, Johannes Itten, Wassily Kandinsky, Paul Klee, Gerhard Marcks, László Moholy-Nagy, Georg Muche, Oskar Schlemmer, Joost Schmidt und Lothar Schreyer aus der Sammlung Freese zu sehen. Mit Buch und Ausstellung, vor allem mit dem zentralen Mittelteil, versuchen wir die spannende und wechselvolle Geschichte des Bauhaus-Archiv Darmstadt als einen eigenständigen und noch nicht vollständig aufgearbeiteten Aspekt zur Rezeptionsgeschichte des Bauhauses, innerhalb der unübersehbaren Flut an Ausstellungen und Publikationen zum Thema, vorzulegen. Sehr herzlich danke ich meinen beiden Mit-Kuratoren, dem Architekturhistoriker und langjährigen Professor an den Universitäten in Mainz, Stuttgart und Darmstadt, Dr. Werner Durth, sowie dem Bauhaus-Sammler Bernd Freese, der von Anfang an, seit Gründung 1984, dem Kunst Archiv Darmstadt e.v. verbunden ist. In unseren Dreiergesprächen nahm die Ausstellung die Gestalt an, die sie in der Verwirklichung und Umsetzung innerhalb der Räume des Kunst Archivs erhalten hat. Dank an Werner Durth für seinen großangelegten Überblick über die Geschichte, Vorgeschichte und Nachwirkung des Bauhauses seit etwa 1850 und die Verbindungslinien des Bauhauses zu Darmstadt. Wir danken Bernd Freese sehr herzlich für seine kostbaren Leihgaben der Druckgrafik der Bauhaus-Meister und seine umfangreiche Dokumentensammlung zum Bauhaus und insbesondere zum Darmstädter Bauhaus-Archiv. Wir danken allen sehr herzlich, die mit Rat und Tat, Informationen und freundlichen Genehmigungen zur Ausstellung und dem Buch beigetragen haben. Zu nennen sind das Stadtarchiv Darmstadt, Sabine Lemke und Dr. Peter Engels für die Bereitstellung der gesammelten zeitgenössischen Presse und der Akten des Kulturamtes der Stadt Darmstadt, die die Vorgänge um die Entwicklung des Bauhaus-Archiv Darmstadt von der Gründung bis zur Übersiedlung nach Berlin transparent machen. Dank an Pan und Till Hoffmann für die Überlassung der Akten ihres Vaters Ot Hoffmann, der aus dem Geist des Werkbundes und des Bauhauses seine Architektur und sein Leben gestaltete. Er erlebte als kritischer Beobachter und Mitglied des Vorstands des Bauhaus-Archivs das Darmstädter Geschehen unmittelbar vor Ort mit. Ot Hoffmann war der Einzige, der offen gegen den Wegzug des Bauhaus-Archivs nach Berlin stimmte. Wir danken Jürgen Schreiter von der TU Darmstadt für den Einblick in die dortige Fotodokumentation, die die Darmstädter Fotografin Renate Gruber vom Modell des geplanten Gropius-Baus auf der Rosenhöhe erstellte. Ebenso danken wir René und Fabian Ludwig für die Abdruckgenehmigung der Fotos aus dem Nachlass von Pit Ludwig, der die Besuche von Walter Gropius, vor allem bei den Eröffnungsfeierlichkeiten im Hessischen Landesmuseum, der Ausstellung in der Kunsthalle 1961 und die Rosenhöhe-Begehung 1964 mit Hans Maria Wingler und den kulturpolitisch Verantwortlichen Darmstadts Ludwig Engel, Ernst Holtzmann, Heinz Winfried Sabais und Max Guther und anderen festhielt. Die Fotos haben wir dem achtsamen Auge des Sammlers Hermann Hauck zu verdanken, der sie uns zur Verfügung stellte. Dank der Architektin Christiane Geelhaar, die in den 1980er Jahren herausragende Arbeit bei der Renovierung und Sanierung des Ernst-Ludwig-Hauses geleistet hat, für den Hinweis auf ein seltenes Foto von den gerade bezogenen Räumen im Ernst- Ludwig-Haus mit dem Gründer Hans Maria Wingler. Wir danken Prof. Dr. Justus Theinert von der Hochschule Darmstadt dafür, dass er uns ein Foto von einem Treffen von Bauhäuslern in Darmstadt aus dem Nachlass von F. C. Hüffner zur Verfügung stellte. Dank dem Bauhaus-Archiv Berlin für die Abdruckgenehmigungen dieses Fotos und anderer Dokumente, die im dortigen Archiv aufbewahrt werden. Die Sammlung des Kunst Archiv Darmstadt e.v. verfügt selbst über eine Fülle von Dokumenten und Publikationen zum Darmstädter Wirken des Bauhaus-Archivs, die in unsere Vorarbeit mit eingeflossen sind. Dank allen Rechteinhabern und -nachfolgern für Abdruckzustimmungen und Genehmigungen, allen voran der VG-Bildkunst Bonn und den Nachlassverwaltern. 11

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Großer Dank gebührt allen Spendern, Stiftern und Sponsoren unserer Dokumentation zum Bauhaus-Archiv Darmstadt, ohne deren großzügige finanzielle Hilfe die Ausstellung und der Katalog nicht hätten verwirklicht werden können. Dank an den Kulturfonds Frankfurt RheinMain, Dr. Helmut Müller, die Kurt und Lilo Werner RC Darmstadt Stiftung, Manfred Hochhuth, Quirin Privatbank, Gerd Böck, HEAG Kulturfreunde ggmbh, Iris Bachmann, Isra Vision AG, Enis Ersü, Sparkasse Darmstadt, Dr. Sascha Ahnert und Jürgen Thomas, Merck KGaA, Tanja Zocher, den Darmstädter Förderkreis Kultur e.v., Peter Benz, und HEAG Holding, Dr. Markus Hoschek. Sehr herzlich danken wir Renate Köhler und Friedrich Georg Wolf. Alle unsere Förderer unterstützen und helfen mit ihrem Beitrag substanziell bei der Verwirklichung eines Projekts zur Erinnerung an eine Institution, die für die Darmstädter Kunst- und Kulturgeschichte wichtig gewesen ist und als Initialzündung für die weltweite Aufarbeitung des Bauhauses steht, die heute von Berlin aus geschieht. Sehr herzlich danke ich unseren beiden Mitarbeiterinnen, Julia Scheichen-Ost und Claire Mayer. Mit der Bauhaus-Chronologie und Texterfassung arbeitete Claire Mayer auch am Katalog mit. Dank allen ehrenamtlichen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen für ihren Einsatz um die Belange des Kunst Archivs und die Vermittlung der Ausstellung. Dank an die Stadt Darmstadt für die Räumlichkeiten, die wir seit 20 Jahren im Kennedy-Haus nutzen dürfen und ohne die unsere Ausstellung nicht hätte realisiert werden können. Ein großer Dank gebürt dem alteingesessenen und bewährten Druck- und Verlagshaus Ph. Reinheimer für die Gesamtherstellung des vorliegenden Katalogs. Dank an Thomas Reinheimer und Thomas Witte. Ohne das große Engagement des umsichtigen Layouters Lukas Geißler hätte das Buch in dieser Form nicht erscheinen können. Aus heutiger Sicht sehr zu beklagen ist der für die damalige Zeit exemplarische Weggang von Institutionen aus Darmstadt. So wie das Bauhaus-Archiv konnten auch der Rat für Formgebung und der Deutsche Werkbund nicht in Darmstadt gehalten werden. Für einen kurzen Moment stelle man sich all diese ins 20. Jahrhundert wegweisenden Institutionen auf der Mathildenhöhe und Rosenhöhe vor. Wären sie noch in Darmstadt, gäbe es in Deutschland kaum solch eine zweite Konzentration von historischen und aktuellen Einrichtungen, die sich mit Lebensreform, Architektur, Produktgestaltung und Design sammelnd, forschend und ausstellend beschäftigen. Darmstadt war und ist, mit zum Teil neu definierten Inhalten, mit Fug und Recht fortgesetzt auch heute noch die Stadt der Künste und deshalb sollten alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden, solche identitätsschaffenden Institutionen in Darmstadt zu halten. Ich freue mich über die vielen interessierten Besucher, die bereits die Ausstellung gesehen haben und wünsche dem Buch ebenso neugierige Leser im Kreis der Bauhaus-Kenner und darüber hinaus! Abb. 6 Blick in die Ausstellung: Walter Gropius Modell des Bauhaus-Archiv Darmstadt und Fotos von Renate Gruber 13

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Abb. 88 Wassily Kandinsky Kleine Welten XI Farblithografie, 1922 99

Abb. 100 László Moholy-Nagy Sich schneidende Diagonalen auf schwarzem Grund Komposition, Holzstich, 1925 111

Impressum Kunst Archiv Darmstadt e.v. Kasinostraße 3, 64293 Darmstadt Telefon: +49 (0) 6151 291619 E-Mail: info@kunstarchivdarmstadt.de www.kunstarchivdarmstadt.de Geöffnet: Dienstag, Mittwoch, Freitag 10-13 Uhr, Donnerstag 10-18 Uhr Der Katalog erscheint anlässlich der Ausstellung Bauhaus-Archiv Darmstadt. Bilanz und weltweite Wirkung vom 14. April bis 19. Juli 2019 im Kunst Archiv Darmstadt. Herausgeber und Gesamtkonzept: Claus K. Netuschil Kuratoren: Werner Durth, Bernd Freese, Claus K. Netuschil Ausstellungsassistenz: Claire Mayer, Julia Scheichen-Ost Redaktion und Texterfassung: Claire Mayer Korrektur: Julia Hichi, Edith Kriz, Julia Scheichen-Ost Ehrenamtliche Mitarbeit: Sigrid Aschenbach, Hille Glück, Monika Hein, Gabriele Hauschke, Friederike Herrmann, Ruth Kluge, Gisela Messerschmidt-Haberland, Regina Rohleder, Walter Schmidt, Ursula und Heinrich Troeger Alle Rechte dieser Ausgabe liegen beim Kunst Archiv Darmstadt e.v. Copyright der Texte bei den Autoren Gestaltung: Reinheimer Medien, Lukas Geißler Gesamtherstellung: Ph. Reinheimer GmbH, Darmstadt ISBN: 978-3-9808630-9-4 Auflage: 400 Exemplare Umschlag vorne: Pit Ludwig, Blick in die Bauhaus-Ausstellung in der Kunsthalle Darmstadt, Fotografie, 1961 Umschlag hinten: Modell des geplanten Bauhaus-Archiv Darmstadt Bildrechte und Sammlungen: Stadtarchiv Darmstadt: 21, 23, 47-50, 52-58, 72 The Josef and Anni Albers Foundation / VG Bild- Kunst, Bonn 2019 / Sammlung Freese: Abb. 103, 104 VG Bild-Kunst, Bonn 2019 / Sammlung Freese: Abb. 7, 83-86, 92-93, 96-102, 105-108, 116 VG Bild-Kunst, Bonn 2019 / Bauhaus-Archiv Berlin: Abb. 36-38, 40 VG Bild-Kunst, Bonn 2019 / Kunst Archiv Darmstadt e.v.: Abb. 62 Karl-Peter-Röhl-Stiftung Weimar / Sammlung Freese: Abb. 117 Bauhaus-Archiv Berlin/Museum für Gestaltung: Abb. 22, 39, 61, 69, 79, 80, 137 Sammlung Freese: Abb. 19, 63, 81, 82, 87-89, 91, 94-95, 112-115, 118-134 Nachlass Pit Ludwig / Sammlung Hauck: Abb. 20, 24-26, 34-35, 59-60, 75, 135, Umschlag (Titel) Nachlass Wingler, Berlin, Graz / Bauhaus-Archiv Berlin/Museum für Gestaltung: Abb. 9, 13-18 Nachlass Renate Gruber: Abb. 41-46, 51, Umschlag Nachlass Ot Hoffmann: Abb. 27-33 Nachlass Renate Hercher-Wingler / Kunst Archiv Darmstadt e.v.: Abb. 8 Nachlass F. C. Hüffner: Abb. 136 Institut Mathildenhöhe: Abb. 65, 109 Archive der Technischen Universität Darmstadt: Abb. 73-74, 76 Akademie der Künste, Berlin: Abb. 68 Christoph Rau: Abb. 1-6 Jürgen Schreiter: Abb. 66 Werner Durth: Abb. 67, 70-71, 77-78 Staab Architekten GmbH: Abb. 138 Privatbesitz: Abb. 64, 90 Die Angaben der Bildrechte sind nach unserem besten Wissen verzeichnet. Für eventuell fehlende Angaben bitten wir um Hinweise. 131

Die Gründung des Staatlichen Bauhauses 1919 in Weimar war die folgenreichste Gründung einer Kunsthochschule und zugleich ein historischer Zusammenschluss der wichtigsten und progressivsten Künstler zu Beginn der Weimarer Republik. Auf Basis der Lehre propagierte das Bauhaus bis zu seiner Auflösung 1933, im frühen 20. Jahrhundert, die Moderne in Architektur, Design und dem gesamten Lebensumfeld des Menschen, die auch noch 100 Jahre nach der Gründung des Bauhauses als Grundlage der Moderne gilt. Der Kunsthistoriker Hans Maria Wingler richtete, in Einvernehmen mit dem Gründer und ersten Direktor des Bauhauses Walter Gropius, 1960 in Darmstadt das BauhausArchiv ein. Walter Gropius plante 1964 für die Darmstädter Rosenhöhe ein repräsentatives Gebäude, das die Geschichte des Bauhauses umfassend dokumentieren und seine Ideen weitertragen sollte. Seit dem Umzug des Archivs 1970 geschieht die Rezeption, Sammlung und kunsthistorische Aufarbeitung von Berlin aus. Der vorliegende Katalog erinnert, mit bislang unveröffentlichten Fotografien und seltenen Dokumenten, an das zehnjährige Wirken des Darmstädter Bauhaus-Archivs. Parallel werden herausragende Druckgrafiken der Bauhaus-Meister Paul Klee, Wassily Kandinsky, Oskar Schlemmer, Lyonel Feininger u.a. gezeigt. Das Gründungsmanifest, alle Bauhaus-Bücher und eine Chronologie geben Auskunft über das Bauhaus als Schule und Idee. ISBN: 978-3-9808630-9-4