Ophthalmologe Zeitschrift der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft



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Der Ophthalmologe Zeitschrift der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft Elektronischer Sonderdruck für K. Kirschfeld Ein Service von Springer Medizin Ophthalmologe 2011 108:1139 1144 DOI 10.1007/s00347-011-2462-2 Springer-Verlag 2011 zur nichtkommerziellen Nutzung auf der privaten Homepage und Institutssite des Autors K. Kirschfeld M.F. Land Sehen mit bi- und multifokalen Intraokularlinsen www.derophthalmologe.de

Ophthalmologe 2011 108:1139 1144 DOI 10.1007/s00347-011-2462-2 Springer-Verlag 2011 K. Kirschfeld 1 M.F. Land 2 1 Max-Planck-Institut für biologische Kybernetik, Tübingen 2 School of Life Sciences, University of Sussex, Brighton Sehen mit bi- und multifokalen Intraokularlinsen Fortschritte in der Intraokularlinsentechnologie haben dazu geführt, dass bei Kataraktoperationen immer häufiger moderne Multifokallinsen ins Auge eingesetzt werden. Die in der Literatur geäußerten Vorstellungen über die Wirkungsweise dieser Linsen sind zum Teil aber unzutreffend. Wir stellen die Grenzen der Leistungsfähigkeit dieser Linsen dar und zeigen, dass monofokale Intraokularlinsen, bei Bedarf ergänzt durch eine Brille, eine höhere Sehschärfe ermöglichen. Seit vielen Jahrzehnten ist es möglich, bei einer Kataraktoperation in die Augen meist älterer Patienten künstliche Linsen zu implantieren, was die Qualität des Sehens erheblich verbessert. Allerdings wird zusätzlich eine Brille für Nahsicht benötigt, sofern der Fokus auf unendlich liegt oder umgekehrt [24]. Um zu vermeiden, eine Brille tragen zu müssen, wurden bi- und multifokale Linsen verschiedenen Bautyps entwickelt, die seit etwa 20 Jahren zur Verfügung stehen [5]. Diese Linsen ermöglichen, in der Ferne, in der Nähe und selbst in mittleren Entfernungen scharf zu sehen [6, 9, 12, 16, 19, 23, 25, 27]. Allerdings haben diese Linsen einen Nachteil: Das Infokusbild wird immer von Bildern desselben Objektes überlagert, die nicht im Fokus sind, und deshalb notwendigerweise unscharf [5, 19, 20, 23]. Dies führt zu 2 Konsequenzen: F der Kontrast des retinalen Bildes ist verringert, was mittels der Modulationstransferfunktion (MTF) quantifiziert werden kann [6, 9, 15, 19, 20, 23]. F das Bild erscheint weniger scharf als bei monofokalen Linsen. Die Konsequenzen für das Sehen mit solchen Linsen werden unserer Meinung nach in der Literatur nicht zutreffend dargestellt. Wir beschreiben deshalb die Abbildungseigenschaften von bi- und multifokalen Intraokularlinsen und geben an, wie unser Gehirn die Bilder solcher Linsen auswerten kann. Verringerte Sehschärfe durch verringerten Kontrast In einem vor 2 Jahren veröffentlichten Cochrane Review verglichen Leyland und Pringle [16] das Sehvermögen von Patienten, denen nach einer Kataraktextraktion entweder multifokale oder monofokale Intraokularlinsen implantiert worden waren. Ziel des Reviews war es, die Qualität des Sehens von multifokalen mit dem von üblichen monofokalen Intraokularlinsen zu vergleichen. Dabei wurden die Sehschärfe, die Abhängigkeit von Brillen, die Kontrastempfindlichkeit, die Zufriedenheit der Patienten sowie Blendeffekte berücksichtigt. Eines der Hauptergebnisse war, dass ohne Brille die Sehschärfe für die Ferne von multifokalen und monofokalen Intraokularlinsen ähnlich ist. In der Zusammenfassung geben die Autoren dann aber an, dass bei den multifokalen Intraokularlinsen die Kontrastempfindlichkeit reduziert sei. Dies ist ein Widerspruch: Verringerter Kontrast bedeutet nämlich notwendigerweise auch verringerte Sehschärfe. Die Sehschärfe von multifokalen Intraokularlinsen muss deswegen im Vergleich zu der von monofokalen reduziert sein. Wir stellen zunächst dar, warum die Sehschärfe vom Kontrast abhängt, und ermitteln dann quantitativ, um wie viel die Sehschärfe bei Multifokallinsen verringert wird. Wird die Größe eines Buchstabens oder allgemein Optotyps, immer weiter reduziert, so wird schließlich eine Größe erreicht, bei der er nicht mehr mit Sicherheit erkannt werden kann. Der Grund: Das Signal-Rausch-Verhältnis wurde zu klein. Im Auge kann das Rauschen durch Photonenrauschen bedingt sein [13, 14], auch durch Spontanaktivität der Photorezeptoren [1]. Ein wesentlicher Parameter, der die Stärke des Signals z. B. eines Buchstabens bestimmt, ist sein Kontrast, wobei der Kontrast c nach Michelson als (L max L min )/(L max + L min ) determiniert ist. Dabei sind L max die Leuchtdichte des Hintergrundes und L min die des Buchstabens [8]. Um die Verteilung der retinalen Beleuchtungsstärke aus der Leuchtdichteverteilung der Umwelt zu berechnen, kann man diese mit dem Punktbild (englisch: point spread function ) des dioptrischen Systems des Auges verrechnen. Die dabei angewendete Operation nennt man Faltung [29, 30]. Wenn die Größe des Buchstabens sich der optischen Auflösung des Auges nähert, so wird er durch die Faltung verschwommen abgebildet, wodurch sein Kontrast verringert wird [29, 30] und somit auch sein Signal-Rausch-Verhältnis. Um das Signal zu vergrößern, kann Der Ophthalmologe 12 2011 1139

a b Log Kontrastempfindlichkeit Kontrastschwelle (%) 1 0 40 30 20 10 10 20 der Buchstabe vergrößert werden, weil dann der relative Effekt der Faltung kleiner ist und deshalb der Kontrastverlust geringer [29, 30]. Diese Überlegungen zeigen, dass wenn der Kontrast eines Buchstabens an der Sehschwelle verringert wird, dies sein Signal verkleinert, weshalb er nicht mehr erkannt werden kann. Vergrößert man den Buchstaben dann, so wird er wieder erkannt, was aber gleichzeitig bedeutet, dass die Sehschärfe verringert ist. Zusammenhang zwischen Kontrast und Sehschärfe 30 10 20 30 Ortsfrequenz (Ip/grad) 6 3 2 Räumliche Wellenlänge (min) Abb. 1 9 Zusammenhang von Sehschärfe und Kontrast. a Logarithmus der Kontrastempfindlichkeit in Abhängigkeit von Ortsfrequenz und Wellenlänge. Die Quadrate sind Mittelwerte von 16 Versuchspersonen mit zugehöriger Standardabweichung (adap tiert nach [8]). Testobjekte waren Buchstaben verschiedenen Kontrastes. b Die Ordinate von a wurde in die Kontrastschwelle umgerechnet, Messpunkte von Teilabbildung a Um wie viel ist die Sehschärfe mit multifokalen Intraokularlinsen schlechter als mit monofokalen? Die Beziehung zwischen Kontrast und Sehschärfe wurde mehrfach gemessen. Die Ergebnisse von 16 Versuchspersonen zeigt. Abb. 1. Die Originaldaten sind in. Abb. 1a aufgetragen, wobei auf der Ordinate der Logarithmus der Kontrastempfindlichkeit für Buchstaben bei fovealem Sehen aufgetragen ist [8]. Die Messungen wurden mit Buchstaben als Testobjekten durchgeführt. Die Autoren geben als Abszisse aber nicht die Buchstabengröße an, sondern die Ortsfrequenz in Linienpaaren pro Grad (lp/grad). Die Umrechnung in die Ortsfrequenz erscheint sinnvoll, weil die Angaben dadurch mit Modulationstransferfunktionen (MTFs) vergleichbar werden, wie sie zur Charakterisierung von Linsen üblich sind. Zur Umrechnung haben die Autoren folgende Beziehung herangezogen: Betrachtet man z. B. den Buchstaben E einer Sehschärfetesttafel, so beträgt bei Visus 1 der Winkelabstand zwischen 2 Armen dieses Buchstabens 2 Winkelminuten. Diese beiden Arme lassen sich als Linienpaar eines periodischen Linienmusters interpretieren, dessen Wellenlänge 2 min beträgt. Die zugehörige Ortsfrequenz ist der Kehrwert, also 0,5 Linienpaare pro Minute oder 30 Linienpaare pro Grad. Visus 1 entspricht also einer Ortsfrequenz von 30 lp/grad [8]. In der. Abb. 1 ist zusätzlich die zugehörige räumliche Wellenlänge in Minuten aufgetragen. Für unsere Überlegungen ist es hilfreich, als Ordinate die Kontrastschwelle statt des Logarithmus der Kontrastempfindlichkeit anzugeben. Dazu braucht man nur den Logarithmus der Kontrastempfindlichkeit in die Kontrastempfindlichkeit umzurechnen, der Kehrwert ist dann die Kontrastschwelle, die in. Abb. 1b als Ordinate angegeben ist. Um den Sehschärfeverlust der multifokalen Intraokularlinsen zu ermitteln, müssen wir wissen, um wie viel der Kontrast bei multifokalen Intraokularlinsen im Vergleich zu monofokalen verringert ist. Dies wurde mehrfach mit jeweils ähnlichen Ergebnissen ermittelt [6, 9, 15, 19, 20, 23]. Wir haben die Daten von Holladay et al. [9] ausgewählt, weil sie die MTFs von 5 verschiedenen multifokalen Linsen im Vergleich zu monofokalen gemessen haben. Wir entnahmen dieser Arbeit die Modulation M (die wie der Kontrast definiert ist, s. oben) der verschiedenen Linsen bei 30 lp/grad, entsprechend Visus 1, weil wir an dem Bereich interessiert sind, der in der Nähe der Erkennbarkeitsgrenze liegt. Die. Tab. 1 enthält diese Werte sowie den Quotienten der Modulation der multi fokalen geteilt durch den der monofokalen Linsen. Es ergab sich, dass die Modulation oder der Kontrast bei multifokalen Intraokularlinsen im Vergleich zu monofokalen um Faktoren zwischen 0,35 und 0,47, im Mittel um 0,40 verringert wurde. Nach. Abb. 1b liegt bei der Ortsfrequenz von 30 lp/grad (entsprechend einer Wellenlänge von 2 min) die Kontrastschwelle bei 35% (gestrichelte Linie oben/rechts). Durch die multifokalen Intraokularlinsen wird der Kon trast um Faktoren zwischen 0,35 und 0,47 verringert, im Mittel um 0,4 (. Tab. 1), von 35% im Mittel also auf 14% Deshalb sind Buchstaben, deren Größe der Ortsfrequenz von 30 lp/grad (oder der Wellenlänge von 2 min) entsprechen, nicht mehr erkennbar, weil ihr Kontrast, gesehen durch die multifokalen Intraokularlinsen, zu niedrig wurde. Der. Abb. 1b lässt sich entnehmen, um wie viel die Buchstaben vergrößert werden müssen, damit sie wieder erkennbar sind. Dazu muss man die Buchstabengrößen suchen, deren Kon- 1140 Der Ophthalmologe 12 2011

Zusammenfassung Abstract trastschwelle bei 14% liegt. Es ergibt sich ein Wert von 22 lp/grad (gestrichelte Linie unten/links), was Wellenlängen von 2,7 min entspricht. Die Notwendigkeit, die Buchstaben zu vergrößern, damit sie erkennbar werden, bedeutet, dass die Sehschärfe verringert ist. Wie man den notwendigen Buchstabengrößen in Minuten entnehmen kann, mussten sie um den Faktor 1,36 vergrößert werden, was einer Verringerung der Sehschärfe von Visus 1 auf Visus 0,73 entspricht oder 1 bis 2 Linien auf einer Sehschärfetafel. Dieser Sehschärfeverlust ist nicht dramatisch, was auch nicht zu erwarten war es gäbe sonst keine multifokalen Intraokularlinsen, er ist aber keineswegs zu vernachlässigen. Entwurf des Netzhautbildes durch eine Multifokallinse Bei einer Multifokallinse ist das scharfe Infokusbild immer von einem oder mehreren unscharfen, nicht im Fokus liegenden Bildern desselben Gegenstandes überlagert [5, 19, 20, 23]. In Arbeiten, in denen die optische Qualität multifokaler Linsen untersucht wird, werden üblicherweise ihre MTFs ermittelt und dargestellt [6, 9, 15, 19, 20, 23]. Wegen der Linearität der optischen Abbildung lässt sich mithilfe der MTFs zu jeder beliebigen Leuchtdichteverteilung in der Umwelt die zugehörige Beleuchtungsstärkenverteilung auf der Retina berechnen [29, 30], weshalb die MTFs eine nützliche Charakterisierung der Qualität von Intraokularlinsen sind. Die MTFs haben aber den Nachteil, dass sie nicht anschaulich darstellen, wie das Bild aussieht, das von solchen Linsen auf der Netzhaut entworfen wird. Um einen anschaulichen Eindruck zu vermitteln, haben wir. Abb. 2 zusammengestellt. Die. Abb. 2b, c sind Fotografien derselben Szene, einmal auf den nahen Schneeball (lateinisch: Viburnum carlesii) scharf gestellt (. Abb. 2b), einmal auf das entfernte Gebäude (. Abb. 2c). Es ist entweder der nahe Vordergrund scharf oder der ferne Hintergrund, der Rest des jeweiligen Bildes unscharf. In. Abb. 2a sind die beiden Fotografien überlagert, und zwar so, wie es auf der Retina erfolgt, d. h. gemäß der Ophthalmologe 2011 108:1139 1144 Springer-Verlag 2011 DOI 10.1007/s00347-011-2462-2 K. Kirschfeld M.F. Land Sehen mit bi- und multifokalen Intraokularlinsen Zusammenfassung Im Rahmen der Kataraktchirurgie kann die natürliche Linse neben monofokalen Linsen auch durch bi- oder multifokale Intraokularlinsen (IOLs) ersetzt werden. Solche Linsen werden besonders den Patienten empfohlen, die das Tragen einer Brille als lästig empfinden. Bei bi- oder multifokalen Linsen wird das scharfe Infokusbild immer von einem oder mehreren unscharfen Bildern desselben Objektes überlagert. Die Konsequenz: Das Netzhautbild erscheint verschwommen und sein Kontrast verringert. In der Literatur wird angegeben, dass unser Gehirn in der Lage sei, die unerwünschten, unscharfen Bilder selektiv zu unterdrücken, sodass wir nur das scharfe Bild wahrnehmen. Wir zeigen, dass es einen Mechanismus, der dies leistet, nicht geben kann. Auch wird angegeben, dass die Vision with bifocal and multifocal intraocular lenses Sehschärfe, die mit Multifokallinsen erreicht wird, ähnlich sei wie die mit Monofokallinsen. Die Kontrastreduktion der Multifokallinsen muss aber notwendigerweise zu einem Sehschärfeverlust führen. Das bedeutet, dass Sehen mit bi- oder multifokalen Intraokularlinsen nicht so gut sein kann wie Sehen mit monofokalen Linsen, die bei Bedarf durch eine Brille ergänzt werden. Dies sollte Patienten vor einer Implantation von Intraokularlinsen erklärt werden. Die Folgerungen aus dieser Arbeit gelten auch für bi- und multifokale Kontaktlinsen. Schlüsselwörter Monofokale Intraokularlinsen Bifokale Intraokularlinsen Multifokale Intraokularlinsen Kontaktlinsen Sehschärfe Abstract Bifocal or multifocal intraocular lenses (IOLs) can be used to replace natural lenses during cataract surgery. These lenses are recommended by cataract surgeons as the replacement lenses of choice when patients wish to avoid wearing spectacles. There are, however, drawbacks to these lenses: one drawback is that the contrast in the images of bifocal and multifocal lenses is reduced as documented in the ophthalmology literature. It is claimed that acuity is similar in multifocal compared to monofocal lenses, however, we show that any loss in contrast inevitably reduces visual acuity. The other drawback is that the sharp in-focus image is always seen superimposed on one or more blurred out of focus images of the same object. In the ophthalmology literature it is assumed that the brain can suppress the undesired blurred image and only perceive the sharp image. We argue that there are no known mechanisms that would make this possible. This means that vision with bifocal or multifocal implanted lenses cannot be as good as vision with monofocal implants supplemented by spectacles, and this should be explained to patients before undergoing surgery for lens replacement. The results also hold for bifocal and multifocal contact lenses. Keywords Monofocal intraocular lenses Bifocal intraocular lenses Multifocal intraocular lenses Contact lenses Visual acuity Der Ophthalmologe 12 2011 1141

Tab. 1 Modulation M bei 30 dl/grad. (Adaptiert nach [9]) Linsentyp M Multifokal/Monofokal Beugung 0,80 Monofokal Nicht spezifiziert 0,74 Multifokal Pharmacia annular 0,28 0,38 Morcher diffraction 0,34 0,46 Amo array 0,25 0,34 3 M Diffraction 0,35 0,47 Wright aspheric 0,26 0,35 Mittelwert multifokal 0,30 Mittelwert 0,40 sog. additiven Farbmischung. Dies lässt sich leicht mit einem modernen Bildverarbeitungsprogramm durchführen, wir haben Photoshop CS 4 verwendet. Ziel dieser Bilder war es nicht, eine exakte Modellierung mit den Parametern des menschlichen Auges und realen bifokalen Intraokularlinsen durchzuführen, sondern einen Eindruck davon zu vermitteln, wie das scharfe Bild eines Objektes durch die Überlagerung mit einem unscharfen Bild desselben Objektes verändert wird. Im oberen Bild, das den Fall einer bifokalen Linse simuliert, wird erkennbar, dass sowohl der Vordergrund als auch der Hintergrund scharf sind, dass aber weder der Schneeball noch das Gebäude so scharf sind wie in den unteren Bildern, in denen beide jeweils im Fokus sind. Ein weiterer Unterschied zwischen monofokalen und multifokalen Intraokularlinsen besteht darin, dass bei multifokalen häufiger von Störungen durch Blendeffekte berichtet wird, was vermutlich mit der besonderen Konstruktion dieser Linsen zusammenhängt, die im Vergleich zu monofokalen mehr Licht beugende Kanten enthalten [16]. Eine bestimmte Verbesserung der Sehschärfe kann sich bei bi- oder multifokalen Intraokularlinsen dann ergeben, wenn bei relativ großer Helligkeit die Pupille kleiner wird. Dann wird der Teil der Linsenbrechkraft, der in ihrem äußeren Bereich angeordnet ist, unwirksam. Es kann dann je nach Linsenkonstruktion ein scharfes Nah- bzw. Fernbild erreicht werden. Unter dieser speziellen Bedingung wirkt die Linse dann nicht mehr bi- oder multifokal, sondern monofokal mit der Notwendigkeit der Ergänzung durch eine Brille. Wie kann das Gehirn die Bilder multifokaler Linsen verarbeiten? Wie kann unser Sehsystem diese teils unscharfen Bilder von Multifokallinsen verarbeiten? Eine Ansicht ist, dass unser Gehirn in der Lage ist, den Anteil des Bildes für die Wahrnehmung zu separieren, der für den Betrachter in einer bestimmten Situation wichtig ist. In einem Bericht über die Jahrestagung der deutschen Ophthalmologen heißt es: das Gehirn pickt sich quasi das für die jeweilige Situation benötigte Bild, jenes eines fernen Objekts oder das eines nahen Objekts, heraus. Der zweite Seheindruck wird vom Gehirn ausgeblendet. [7] Dasselbe Problem tritt auch bei multifokalen Kontaktlinsen auf. Hierzu schreibt Bennett [2]: the patient will selectively suppress the most blurred images that are useless for a given task. Leider ist es aber so, dass solch eine selektive Unterdrückung unscharfer Bildanteile nicht möglich ist. Der Grund ist folgender: Wenn im Fall einer bifokalen Linse die retinalen Beleuchtungsstärken der Bilder der beiden Linsen addiert sind, ergibt sich eine neue Verteilung der Beleuchtungsstärke. Das inverse Problem, die beiden ursprünglichen Beleuchtungsstärken für jeden Punkt der Retina zu ermitteln, hat keine eindeutige Lösung. Im Allgemeinen wird es als Lösung jeweils eine große (vermutlich unendliche) Zahl von Beleuchtungsstärkepaaren geben. Ohne Zusatzinformation gibt es keinen Grund, eines der Paare gegenüber allen anderen zu bevorzugen. Das Problem ist das Beispiel für ein sog. unterdeterminiertes System (englisch: ill-posed problem [26]). Das bedeutet, dass es nicht möglich ist, diejenigen Anteile der Beleuchtungsstärke jedes retinalen Bildpunktes zu ermitteln, die von den unscharfen Bildern stammen, um sie dann selektiv zu unterdrücken. Allerdings gibt es Beispiele, in denen Zusatzinformation vorhanden ist, die es ermöglicht, Bildanteile bei der Wahrnehmung zu unterdrücken. Ein eindrucksvolles Beispiel ist die sog. floating finger illusion [22], bei ihr werden Anteile des retinalen Bildes bei der Wahrnehmung unterdrückt. Dies ist möglich, weil Teile des Bildes jeweils nur in einem der beiden Augen vorhanden sind. Andere Beispiele findet man unter den Oberbegriffen visueller Wettstreit oder multistabile Wahrnehmung [3]. In allen diesen Beispielen gibt es aber Zusatzinformation von außerhalb des eigentlichen Bildes. Solche Zusatzinformation fehlt aber bei den retinalen Bildern, wie sie durch bi- und multifokale Linsen entworfen werden. Auch gibt es Mechanismen, die den Seheindruck verbessern können, ohne allerdings die Sehschärfe zu erhöhen. Einer ist der Mechanismus der lateralen Hemmung. Durch ihn wird die Wahrnehmung der retinalen Intensitätsverteilung durch neurale lineare Ortsfrequenzfilterung modifiziert. Dieser Mechanismus generiert die sog. Mach-Bänder. Im Ortsfrequenzbereich bedeutet dies, dass Ortsfrequenzen unterhalb von 10 lp/grad unterdrückt werden, wodurch sich ergibt, dass unser Sehsystem in der Wahrnehmung eine Bandpasscharakteristik erhält mit einem Maximum bei etwa 5 lp/grad [14, 21]. Dies verändert die Wahrnehmung einer visuellen Szene, besonders die Wahrnehmung von Objektgrenzen, die verstärkt hervortreten. Laterale Hemmung wirkt sich aber nicht auf Ortsfrequenzen oberhalb von 10 lp/grad aus und kann deshalb die Sehschärfe nicht verbessern, die wie oben erläutert durch das Signal-Rausch-Verhältnis begrenzt wird. Wenn wir für mehrere Minuten ein zu einem gewissen Grad unscharfes Bild sehen, so werden neurale Mechanismen in Gang gesetzt, die uns das Bild schärfer erscheinen lassen (neurale Adaptation). Dies lässt sich unter anderem dadurch zeigen, dass ein kurz danach gezeigtes Bild überscharf erscheint [28]. Auch dies entspricht einer linearen Ortsfrequenz- 1142 Der Ophthalmologe 12 2011

Abb. 2 8 Simulation der Abbildung einer natürlichen Szene durch eine bifokale Intraokularlinse auf die Retina. b, c Zwei Fotografien derselben Szene, wobei entweder auf den Vordergrund (Schneeball) oder den Hintergrund (Gebäude) scharf gestellt wurde. a Im oberen Teil wurden beide Abbildungen so wie auf der Retina überlagert (additive Farbmischung) filterung, die womöglich auch beim Tragen bi- oder multifokaler Intraokularlinsen wirksam wird und den Seheindruck verbessern kann. Aber auch hier gilt, dass die Sehschärfe dabei nicht erhöht wird: Ein Adaptationsmechanismus, der den Kontrast erhöht, muss auch das Rauschen erhöhen, weshalb das Signal-Rausch-Verhältnis und damit die Sehschärfe nicht verbessert werden. Auch von der Erhöhung der Kontrastempfindlichkeit wurde berichtet, die im Verlauf von 6 Monaten nach der Implantation von multifokalen Intraokularlinsen erfolgte [17]. Dabei wurde aber lediglich kompensiert, dass die Kontrastempfindlichkeit von multifokalen Linsen kurz nach der Operation deutlich schlechter war als die von monofokalen. Über Monate näherte sich die Kontrastempfindlichkeit der multifokalen der der monofokalen dann an. Eine Erklärung dafür, warum die Kontrastempfindlichkeit multi fokaler Linsen direkt nach der Operation schlechter war, geben die Autoren nicht an. In einer European Multicenter Study von 8 verschiedenen Kliniken, in der bifokale Intraokularlinsen des Typs Acry- SofReSTORmodel MA60D3 in die Augen von 127 Patienten implantiert worden waren, wurde die Wirkungsweise dieser Linsen folgendermaßen interpretiert [11]: Das einfallende Licht wird auf die beiden Brechkräfte der Linsen aufgeteilt, wobei eine der Fernsicht und die andere der Nahsicht dient Betrachtet man ein entferntes Objekt, so ist das Bild von der Brechkraft für Nahsicht stark defokussiert und sehr schwach, sodass nur das entfernte Objekt gesehen wird. Entsprechend, betrachtet man ein nahes Objekt, so wird das Bild, das durch die Brechtkraft für die Ferne entworfen wird, stark defokussiert und schwach. (Originaltext: Incoming light is divided between 2 lens powers, one for distance vision and one for near vision. When one views a distant object, the image from the near power is greatly defocused and very faint, so only the object in the distance is seen. Likewise, when one views a near object the image produced by the distance power is greatly defocused and faint. ) Auch diese Interpretation darüber, wie Sehen mit bifokalen Linsen vor sich geht, ist nicht korrekt. Dies lässt sich folgendermaßen zeigen: Man akkomodiere und konvergiere in Lesedistanz von 30 cm auf den Fingernagel des Daumens. Man sieht dann den Fingernagel scharf und den Hintergrund unscharf, aber doppelt. Schließt man jetzt ein Auge, so sieht man den Hintergrund unscharf, aber keineswegs schwach. Er erscheint etwa so wie die Fotografie in. Abb. 2b und würde die Wahrnehmung des scharfen Vordergrundes sehr wohl stören, wäre er dem ganzen Bild überlagert. Das heißt, mit einer bifokalen Linse kann eine Szene der Umwelt nicht so scharf gesehen werden wie die beiden unteren Fotografien, sondern sie wird verschlechtert erscheinen, wie es qualitativ in der. Abb. 2a gezeigt ist. Problem Zufriedenheitswerte In einer Reihe von Arbeiten, in denen Parameter wie Sehschärfe oder Kontrastempfindlichkeit nach der Implantation von bi- oder multifokalen Linsen bestimmt wurden, wurden die Patienten auch gefragt, ob sie mit dem Ergebnis der Operation zufrieden sind [5, 10, 11, 16, 18]. Hohe Zufriedenheitswerte sollten aber nicht dazu herangezogen werden, um für diese Linsen zu werben. Der Grund ist folgender: In der oben erwähnten European Multicenter Study [11] wurden 127 Patienten bifokale Intraokularlinsen implantiert. Die meisten Patienten gaben an, dass sie ohne Brille auskommen, mit der Operation zufrieden sind, und über 90% würden sich dieselbe künstliche Linse wieder implantieren lassen. Nach der bisherigen Behinderung durch die Katarakt führt die multifokale Intraokularlinse natürlich zu einer erheblichen Verbesserung des Sehens, was die Patienten mit ihrem Votum bestätigen. Was diese Patienten aber nicht gefragt werden konnten, ist, ob sie mit einer monofokalen Intraokularlinse und Brille womöglich noch zufriedener wären. In einer anderen Studie [10] wurden etwa 100 Patienten befragt, denen multifokale Intraokularlinsen implantiert worden waren, sowie etwa 100 Patienten mit monofokalen Intraokularlinsen. Das Ergebnis im Summary: Patienten mit multifokalen Linsen waren zufriedener (9 von 10 möglichen Punkten) als solche mit monofokalen Linsen (7,9 Punkte). Dies Ergebnis täuscht insofern, als es nur gilt, wenn beide Gruppen keine Brille zur Ver- Der Ophthalmologe 12 2011 1143

fügung haben. Nur im Inneren der Arbeit findet man: Können beide Gruppen Brillen verwenden, so liegt die Zufriedenheit in beiden etwa gleich hoch zwischen 8 und 9 Punkten. Aber auch hier hatten die Patienten mit multifokalen Linsen keine Vergleichsmöglichkeit zur Situation mit monofokalen Linsen und Brille. Würden sie bevorzugen, so scharf zu sehen wie auf den beiden unteren Fotos, was mit Gleitsichtbrille möglich wäre, und nicht nur so wie auf dem oberen, so könnten sie dies nicht angeben. Aus den genannten Gründen sollten Angaben über die Zufriedenheit von Patienten nicht bei der Werbung für multifokale Linsen verwendet werden. Auch sollte nicht übersehen werden, dass folgender Fall eintreten kann: Ein Patient erreicht mit monofokaler Linse und Brille gerade noch die zentrale Sehschärfe, die zum Führen eines Kraftfahrzeugs erforderlich ist. Mit einer multifokalen Linse dürfte er dann nicht mehr Autofahren. Die Folgerungen aus dieser Arbeit gelten sinngemäß auch für bi- und multifokale Kontaktlinsen. Fazit für die Praxis F Die Lebensqualität älterer Patienten hängt für viele in hohem Maße von ihrer Fähigkeit ab, gut zu sehen [4]. Ziel sollte deshalb sein, für diese Patienten ein Optimum an Leistungsfähigkeit des Sehsystems zu erreichen. F Ehe einem Patienten bi- oder multifokale Linsen implantiert werden, sollte er darüber aufgeklärt sein, dass die Sehschärfe mit diesen Linsen nicht so gut sein kann wie mit monofokalen, bei Bedarf ergänzt durch eine Brille. F Patienten sollten wissen, dass die Gefahr von Störungen durch Blendeffekte bei multifokalen Linsen erhöht ist. F Die Zufriedenheit von Patienten, denen bi- oder multifokale Intraokularlinsen implantiert wurden, sollte nicht als Argument zugunsten solcher Linsen verwendet werden, da die Patienten keine Vergleichsmöglichkeit mit monofokalen Linsen hatten. F Für Patienten mit hoher Priorität für die Möglichkeit, auch ohne Brille auszukommen, sind bi- oder multifokale Intraokularlinsen eine sinnvolle Alternative zu monofokalen Linsen, sofern sie die Nachteile dieser Lösung kennen und akzeptieren. Korrespondenzadresse Prof. Dr. K. Kirschfeld Max-Planck-Institut für biologische Kybernetik Spemannstr. 41, 72076 Tübingen kuno.kirschfeld@tuebingen.mpg.de Danksagung. Wir danken David Balduzzi für die Formulierung des Problems unterdeterminierter Systeme, Verena Baier und Peter Overath für die Diskussion. Interessenkonflikt. Der korrespondierende Autor gibt an, dass kein Interessenkonflikt besteht. Literatur 1. Baylor DA, Nunn BJ, Schnapf JL (1984) The photocurrent, noise and spectral sensitivity of rods of the monkey Macacca fasccularis. J Physiol 357:575 607 2. Bennett ES (2008) Contact lens correction of presbyopia. Clin Exp Optom 91(3):265 278 3. Blake R, Logothetis N (2002) Visual competition. Nat Rev 3:13 23 4. 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