Bilderberger, deutsche Geschichte. Die. der Vatikan und die. Franz Bludorf

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Transkript:

Die Bilderberger, der Vatikan und die deutsche Geschichte Franz Bludorf The world is governed by far different personages from what is imagined by those who are not behind the scenes. Benjamin Disraeli 23. 6. 1996. Papst Johannes Paul II. durchschreitet das wiedereröffnete Brandenburger Tor in Berlin, begleitet von Kardinal Karl Lehmann, Bundeskanzler Helmut Kohl und Berlins Regierendem Bürgermeister Eberhard Diepgen. Der Verlauf der deutschen Geschichte nach dem zweiten Weltkrieg läßt sich durch wenige wichtige Marksteine zusammenfassen: Westbindung der Bundesrepublik, NATO- und EU-Beitritt, Wandel durch Annäherung durch die Entspannungspolitik der Regierung Brandt, der Fall der Berliner Mauer und die deutsche Wiedervereinigung und schließlich die Abschaffung der DM zugunsten des Euro. Doch wie viel davon wurde wirklich durch deutsche Regierungen initiiert? Oder vom Weißen Haus in Washington, vom Kreml in Moskau? Ein etwas gründlicherer Blick auf die historischen Ereignisse zeigt: Hauptgestalter der jüngeren deutschen Geschichte war eine Gruppe, deren Existenz den meisten Menschen kaum bekannt ist die Bilderberger! 16

Die vier Botschafter der alliierten Siegermächte des zweiten Weltkrieges paraphieren das Viermächte-Abkommen über Berlin. V. l. n. r.: Jean Sauvagnargues (Frankreich), Sir Roger Jackling (Großbritannien), Pjotr Abrassimow (Sowjetunion), Kenneth Rush (USA). Der Sicherheitsaufwand bei Bilderberg-Konferenzen ist mit dem bei anderen politischen Gipfeltreffen vergleichbar (hier 2005 in Rottach-Egern). Doch die Bevölkerung des Tagungsortes erfährt zumeist gar nicht, was hier stattfindet. (Foto: Daniel Estulin) Das ehemalige alliierte Kontrollratsgebäude am Kleistpark in Berlin-Schöneberg Ende gut, alles gut! Mit strahlender Miene trat Pjotr Abrassimow, seinerzeit sowjetischer Botschafter in der DDR, im alliierten Kontrollratsgebäude in Berlin vor die wartenden Journalisten. Er hatte tatsächlich eine positive Nachricht zu verkünden. Die Vertreter der vier Siegermächte des zweiten Weltkrieges hatten sich nach monatelangen Verhandlungen endlich auf einen Text für das Abkommen über den Status Berlins geeinigt. Am 3. September 1971 wurde der Vertrag unterzeichnet. Die Verhandlungen waren zäh und schwierig gewesen. Immerhin konnte man sich nicht einmal darauf verständigen, über welches Gebiet man eigentlich verhandelte. Die Westalliierten beharrten auf dem Viermächtestatus von ganz Berlin, während die Sowjets Ost-Berlin als souveräne Hauptstadt der DDR ausklammern wollten. Schlußendlich war im Haupttext des Abkommens paradoxerweise von Berlin überhaupt nicht mehr die Rede, sondern nur noch vom betreffenden Gebiet. Das Berlin-Abkommen ist von besonderer historischer Bedeutung durch das Berlin-Junktim des damaligen Bundeskanzlers Willy Brandt, der die Ratifizierung der Entspannungsverträge mit der Sowjetunion und Polen vom Zustandekommen des Vertrages abhängig gemacht hatte. Ohne Brandts Entspannungspolitik jedoch wäre auch der spätere Wandel im Ostblock kaum denkbar gewesen. Rückblickend betrachtet erscheint es kaum noch nachvollziehbar, um welch scheinbar belanglose Formulierungen die vier Botschafter so zäh ringen mußten. Dabei mußten sie es gar nicht. Mehr als zwanzig Jahre später sagte Henry Kissinger während einer öffentlichen Diskussionsveranstaltung in Berlin nämlich, wie es sich wirklich zugetragen hatte. Die vier Botschafter brauchten über das Berlin-Abkommen nicht zu verhandeln, sie brauchten nur den Text abzuzeichnen, den die Bilderberger ausgehandelt hatten. Kissinger aber ist einer, der es wissen muß. 1971 war er Sicherheitsberater des damaligen US-Präsidenten Richard Nixon, und zum regelmäßigen Teilnehmerkreis der Bilderberg-Konferenzen gehört er ohnehin seit Jahrzehnten. Die Botschaftertreffen im Kontrollratsgebäude am Berliner Kleistpark (über eineinhalb Jahre!), die Pressekonferenzen für die wartenden Journalisten, mit denen regelmäßig unsere Nachrichtensendungen gefüttert wurden alles nur Theater für diejenigen, die, wie Disraeli es ausdrückte, nicht hinter den Kulissen sind also im Grunde für fast alle von uns! Zukunftsgestalter im Hintergrund Seit 1954 bereits trifft sich unter dem Dach der Bilderberg Meetings alljährlich eine große Zahl von Spitzenvertretern aus Politik und Wirtschaft in völliger Abgeschiedenheit zu einem Off-The-Record-Forum (O-Ton Bilderberger). Off the record, das heißt so viel wie: mit abgeschalteten Mikrofonen. Die Presse berichtet meist überhaupt nicht darüber. Von den Treffen werden keine schriftlichen Aufzeichnungen angefertigt, und die Teilnehmer sind über die Gesprächsinhalte zu strengstem Stillschweigen verpflichtet. Auf den Bilderberg-Konferenzen wird Weltpolitik gemacht, und zwar nicht von demokratisch gewählten Politikern, sondern von einer im Hintergrund wirkenden Elite, über deren Zusammensetzung die Öffentlichkeit kaum etwas erfährt. Sind also die uns bekannten Regierenden der Welt in wichtigen Fragen überhaupt noch Agierende oder nur Reagierende? Deutsche Bundeskanzler z. B. gehören bei den Bilderbergern nicht gerade zu den Stammgästen. Helmut Kohl ist der einzige, der als amtierender deutscher Regierungschef je Politik und Macht MATRIX 3000 17

bei einer solchen Konferenz zugegen war. Angela Merkel und Helmut Schmidt sind zwar auch Bilderberger, aber beide nahmen zu Zeiten an den Konferenzen teil, als sie noch nicht Bundeskanzler waren Schmidt 1973 im schwedischen Saltsjöbaden, Merkel 2005 im oberbayerischen Rottach-Egern. Für beide bedeutete die Teilnahme einen baldigen Karrieresprung. Angela Merkel wurde ein halbes Jahr später als erste Frau ins Amt des deutschen Regierungschefs gewählt. Helmut Schmidt wurde am 16. Mai 1974, fast auf den Tag genau ein Jahr nach Saltsjöbaden, nach dem Rücktritt Willy Brandts Bundeskanzler. Gerhard Schröder, 2005 in Rottach-Egern ebenfalls anwesend, war nicht offiziell eingeladen, sondern begrüßte die Teilnehmer nur in seiner Funktion als Regierungschef des Gastgeberlandes. Nur 14 Tage nach dem gemeinsamen Auftritt von Merkel und Schröder bei den Bilderbergern kündigte Schröder völlig überraschend Neuwahlen an, die ihn schließlich das Amt kosteten. Insofern gilt das Bilderberger-Treffen von Rottach-Egern als Geburtsstunde der Großen Koalition. Auch andere Politiker wurden kurz nach ihrer Teilnahme bei Bilderberg-Konferenzen in höchste Staatsämter gewählt etwa Bill Clinton, Tony Blair oder Romano Prodi. Es drängt sich der Verdacht (*1) Bilderberg Meetings Information. Leiden 2006 (*2) Bilderberg Meetings Information. a.a.o. auf, die Bilderberger würden auch auf manche wichtige Regierungsbildungen Einfluß nehmen. Global Players Als Anfang der fünfziger Jahre des 20. Jahrhunderts die Bilderberg- Konferenzen aus der Taufe gehoben wurden, bestand die wichtigste Zielsetzung in der Einigung Europas. Der britische Journalist Will Hutton vom Londoner Observer nennt die Bilderberger Hohepriester der Globalisierung. Bereits beim ersten Treffen 1954 im legendären Hotel Bilderberg in Oosterbek, Niederlande, stand die Haltung hinsichtlich der europäischen Integration und der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft (*1) auf der Tagesordnung. 1955 wurde das Thema erneut behandelt, interessanterweise zusammen mit der Frage der deutschen Wiedervereinigung (*2). Bereits 1952 hatte Josef Stalin Bundeskanzler Konrad Adenauer die Wiedervereinigung Deutschlands für den Preis der Neutralität des Landes angeboten. Adenauer hatte dies so die offizielle Geschichtsschreibung abgelehnt und dafür eine Politik der Westbindung der Bundesrepublik Deutschland betrieben. Doch auch hierbei hatten die Bilderberger ihre Hand im Spiel, denn die zeitlichen Muster passen exakt zusammen. Am 5. März 1955 beendeten die Westalliierten den Besatzungsstatus der damaligen Bundesrepublik Deutschland. Nur zwei Wochen später trafen sich die Bilderberger im französischen Barbizon, und am 9. Mai 1955 trat die Bundesrepublik der NATO bei. Es folgte am 25. März 1957 der Abschluß der Römischen Verträge, d. h. die Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG), des Vorläufers der heutigen EU. Gründungsmitglieder waren Frankreich, Italien, Belgien, die Niederlande, Luxemburg und die Bundesrepublik Deutschland. George McGhee, Bilderberger und ehemaliger US-Botschafter in Deutschland, ließ einmal verlautbaren, die Römischen Verträge seien ebenfalls im Kreise der Bilderberger vorbereitet worden. Es war klar, daß die Bemühungen der Globalisierer am eisernen Vorhang zwischen Ost und West nicht Halt machen würden. Die Einigung Deutschlands und die Einbeziehung der osteuropäischen Staaten in den Integrationsprozeß konnten nur der nächste Schritt sein. Und in der Tat, lange vor dem Herbst 1989, als auf den Straßen von Leipzig und Berlin die Menschen Wir sind das Volk skandierten und kurz darauf die Berliner Mauer fiel, lief etwas hinter den Kulissen ab, was keinen Eingang in die offiziellen Geschichtsbücher fand. 18

Fotografen und Journalisten unerwünscht (links: beim Treffen in Rottach-Egern 2005; Foto: Daniel Estulin). Oben: Der US-Journalist Jim Tucker wird beim Treffen 2004 in Stresa (Italien) von Sicherheitskräften am Betreten des Tagungshotels gehindert. Oben rechts: Nur wenige auserwählte Journalisten werden zu den Bilderberg-Konferenzen eingeladen (hier Donald Graham, Chef der Washington Post, in Rottach-Egern 2005). Sie müssen über die Konferenzinhalte strengstes Stillschweigen bewahren. (Foto: Daniel Estulin) Deutsche Einheit im Vatikan entschieden? Wie bereits erwähnt, war Helmut Kohl der einzige amtierende Bundeskanzler, der je zu einer Bilderberg-Konferenz eingeladen wurde, und zwar 1988 nach Telfs-Buchen (Österreich). Einer der wichtigsten Tagesordnungspunkte war die deutsche Frage (*3). Es gab keine aktuellen Ereignisse, die eine solche Diskussion im Kreise der Bilderberger nahelegten, zum ersten Mal seit den fünfziger Jahren. Doch nur eineinhalb Jahre später fiel die Berliner Mauer. (*3) Bilderberg Meetings Information. a.a.o. (*4) Fosar/Bludorf: Zeitfalle. Der Code der Weltgeschichte. Peiting 2005. Was wie ein weiterer Dominostein auf der Globalisierungslandkarte der Bilderberger aussah es war keiner. Beim Fall der Mauer zogen andere die Fäden. Es dürfte nie restlos bekannt werden, was in Telfs-Buchen verhandelt worden war, doch wesentliche Schritte auf dem Weg zur deutschen Vereinigung waren bereits ein Jahr zuvor an ganz anderer Stelle abgesprochen worden. Im Juni 1987 weilte Polens Staatsund Parteichef General Wojciech Jaruzelski zu einem Staatsbesuch in Italien. Am 13. Juni wurde er im Vatikan von Papst Johannes Paul II. zu einer Privataudienz empfangen. Das Gespräch dauerte wesentlich länger, als es das Protokoll erlaubt hätte. Jaruzelski erläuterte später seinem Pressesprecher Wiesław Górnicki die wesentlichen Inhalte, und Górnicki fertigte darüber eine Protokollnotiz an, die bis heute in den Archiven des Außenministeriums in Warschau lagert. Thema waren danach Einzelheiten der deutschen Frage gewesen, speziell der deutschen Wiedervereinigung. Nach dem Attentat auf dem Petersplatz in Rom am 13. Mai 1981 hatte Johannes Paul II. erkannt, daß er derjenige Papst war, der in den Prophezeiungen von Fatima rund 64 Jahre zuvor erwähnt worden war, und seitdem hatte er es zu seiner Lebensaufgabe gemacht, die wesentlichen Punkte der Fatima-Botschaften zu verwirklichen. Sein Ziel war die Rückführung Rußlands zur Kirche, also der Sturz des Sowjetkommunismus, und der Weg dahin, das wußte der polnische Pontifex, konnte nur über Warschau und Berlin führen. Wenn man den Lauf der jüngsten Geschichte Revue passieren läßt, so erkennt man deutlich, wie entscheidend die Rolle des Papstes bei der Umgestaltung Osteuropas war (*4). Als Johannes Paul II. am 13. Mai 1991 Fatima besuchte und dabei ein Stück der Berliner Mauer der Mutter Gottes weihte, verlieh er dieser historisch nicht bestreitbaren Tatsache öffentlich Ausdruck. Seit einigen Jahren kursieren übrigens Gerüchte, Johannes Paul II. sei auch ein Bilderberger gewesen. Er habe der Konferenz 1999 in Sin- 5. März 1957: Unterzeichnung der Gründungsdokumente der EWG in Rom. Fünfter von links: Bundeskanzler Konrad Adenauer. Eine von den Bilderbergern herausgegebene Broschüre gibt Aufschluß über die Themen, die auf den Tagungen behandelt wurden. Erstes Treffen der Gruppe 1954 im Hotel Bilderberg in Oosterbek, Niederlande. Auf dem Podium in der Mitte Prinz Bernhard der Niederlande, der den Vorsitz führte. Politik und Macht MATRIX 3000 19

David Rockefeller (oben), Paul Wolfowitz, (oben rechts, früher stellvertretender Verteidigungsminister der USA, Ex-Chef der Weltbank), Richard Holbrook, (unten, früher stellvertretender Außenminister der USA). Fotos: Daniel Estulin 1983 traf Papst Johannes Paul II. während einer Polenreise in Warschau auf Staats- und Parteichef Jaruzelski (3. v. l.). Beim Gegenbesuch Jaruzelskis in Rom 1987 kamen Fragen der deutschen Einheit zur Sprache. tra, Portugal, beigewohnt, ebenso Bill Clinton und Helmut Kohl. Dies wurde von den Bilderbergern und ihren offiziellen Teilnehmerlisten nie bestätigt, und selbst unabhängige Bilderberger-Journalisten halten es für Desinformation. In der Tat passen die Fakten nicht ins Bild oder sind nachweislich falsch. Helmut Kohl war 1999 nicht mehr Bundeskanzler und hatte sich längst aus der aktiven Politik zurückgezogen, und die dritte Portugal-Reise des Papstes fand nicht 1999, sondern 2000 statt. Ohnehin war 1999 die Umgestaltung Osteuropas längst gelaufen. Helmut Kohl und der Euro Auch wenn die Bilderberger bei der Wiedervereinigung Deutschlands nur zweiter Sieger waren sie waren zumindest 1988 noch rechtzeitig auf den fahrenden Zug aufgesprungen, und die Entwicklung in den ehemaligen Warschauer-Pakt-Staaten trägt daher weniger die Handschrift des (*5) James P. Tucker jr.: The world s most exclusive club wants supremacy in the judicial and economic fields. The Spotlight, 20. 5. 1998 Papstes als die neoliberaler Globalisierer. Ein Insider-Bericht des bekannten Bilderberger-Journalisten Jim Tucker macht deutlich, welchen Preis Helmut Kohl für die deutsche Wiedervereinigung zahlen mußte (*5): Am Rande der Bilderberg-Konferenz 1998 in Turnberry, Schottland, soll es zu einem Gespräch zwischen einem nicht namentlich genannten deutschen Bilderberger und dem damaligen britischen Premier Tony Blair gekommen sein. Blair betonte, Großbritannien würde gern dem Euro beitreten, man müsse jedoch auf nationalistische Tendenzen im eigenen Land Rücksicht nehmen. Sie sind eine Maggie Thatcher in langen Hosen., sagte der Deutsche daraufhin zu Blair eine etwas grob formulierte Erinnerung an die Tatsache, daß Margaret Thatcher auf Veranlassung der Bilderberger von ihrer eigenen Partei gestürzt und durch den pflegeleichteren John Major ersetzt worden war. Später hatte Mrs. Thatcher in einem Interview des Spotlight gesagt, sie hätte sich den Wünschen der Bilderberger widersetzt, weil weder Großbritannien noch irgendein anderes Land seine Souveränität aufgeben sollte. Weiter sagte der Deutsche zu Tony Blair: Helmut Kohl hat nie davor zurückgeschreckt, seinem Land die gemeinsame Währung aufzuzwingen. Er könnte deswegen die nächste Wahl verlieren. Sie wissen, auch die Deutschen haben ein Problem mit dem Nationalismus. Aber Helmut blieb standhaft. Der ungenannte Bilderberger behielt recht. Nur vier Monate später wurde Helmut Kohl abgewählt, und Gerhard Schröder wurde Bundeskanzler. Der Euro kam trotzdem. Fortsetzung folgt... n Weiterführende Literatur: G. Fosar / F. Bludorf: Zeitfalle 20