Stickstoff. Roland Heynkes. 12.5.2005, Aachen



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Transkript:

Stickstoff Roland Heynkes 12.5.2005, Aachen Stickstoff gehört zu den wichtigsten Elementen insbesondere in der organischen und Biochemie. Deshalb widme ich ihm eine Zusammenfassung dessen, was Schüler meines Erachtens darüber wissen sollten. Auch diesen Text habe ich mit dem Textsatzsystem TEX geschrieben, weil sich HTML für mathematische und chemische Formeln leider noch sehr schlecht eignet. Dafür hat das gute alte TEX nicht unerhebliche Probleme mit der bei HTML problemlos funktionierenden Verlinkungstechnik des World Wide Web. Ganz korrekt funktionieren daher die Links in diesem Text nur, wenn man diesen Text und die zur Erklärung etlicher Begriffe geschriebene Glossar-Datei auf den eigenen Rechner lädt und mit dem Acrobat Reader öffnet. Einigermaßen kommt auch der MS-Explorer mit den Links dieses Textes zurecht, während der Firefox in dieser Hinsicht kläglich versagt. Inhaltsverzeichnis 1 Was ist Stickstoff eigentlich für ein Typ? 1 2 Wichtige Stickstoff-Verbindungen 1 2.1 Stickstoffmonooxid............................... 1 2.2 Salpetersäure.................................. 2 2.2.1 Eigenschaften.............................. 2 2.2.2 Autoprotolyse der Salpetersäure.................... 3 2.2.3 Verwirrung um konzentrierte und rauchende Salpetersäure..... 3 2.2.4 Herstellung............................... 5 2.2.5 Verwendung............................... 5 2.3 Vorkommen und Verwendung einiger Nitrate................. 6 2.4 Maßnahmen gegen Stickoxide als Teil des sauren Regens.......... 6 Quellenverzeichnis 6 i

1 Was ist Stickstoff eigentlich für ein Typ? Stickstoff ist ein nichtmetallisches und relativ elektronegatives Element der zweiten Periode sowie fünften Hauptgruppe und besitzt daher 5 Valenzelektronen. Im Grundzustand befinden sich zwei Valenzelektronen im 2s-Orbital, während die drei p-orbitale jeweils einfach besetzt sind. Um seine vier Valenzorbitale zu füllen, muß Stickstoff 3 Atombindungen eingehen. Unter Bildung positiver Ionen kann Stickstoff aber auch sein freies Elektronenpaar für eine zusätzliche Atombindung hergeben. Molekularer Stickstoff (N 2 ) ist aufgrund einer sehr starken Dreifachbindung außerordentlich reaktionsträge und macht etwa 78 Volumenprozent der Erdatmosphäre aus [3, S.328]. 2 Wichtige Stickstoff-Verbindungen 2.1 Stickstoffmonooxid Das Stickstoffmonooxid-Molekül besitzt eine ungerade Anzahl Elektronen, also ein einsames Elektron. Es ist deshalb paramagnetisch und ein sogenanntes Radikal. Aber im Gegensatz zu den meisten anderen Radikalen ist Stickstoffmonooxid ein relativ stabiles und farbloses Gas. Mit Sauerstoff reagiert es allerdings spontan zu NO 2. Nach der Molekülorbitaltheorie befindet sich das einsame Elektron in einem antibindenden π-orbital, sodaß relativ leicht durch Abgabe dieses Elektrons das stabilere NO -Ion entsteht. [3, S.339] Abbildung 1: Mesomere Grenzstrukturen des Stickstoffmonooxids Auch Stickstoffdioxid besitzt ein einsames Elektron und ist deshalb paramagnetisch sowie ein sogenanntes Radikal. Es bei normalen Temperaturen und Drücken ebenfalls ein Gas, aber braun. Seine Struktur ist gewinkelt die vier mesomeren Grenzstrukturen der Abbildung 2 deuten an, daß dieses Radikal durch eine molekülweite Verteilung des freien Elektrons und der Partialladungen stabilisiert wird. [3, S.339] Abbildung 2: Mesomere Grenzstrukturen des Stickstoffdioxids 1

Abbildung 3: Mesomere Grenzstrukturen der Salpetersäure 2.2 Salpetersäure 2.2.1 Eigenschaften Reine oder hochkonzentrierte Salpetersäure ist ein derart starkes Oxidationsmittel, daß sie Holz spontan entzünden kann. Nach Salzsäure und Schwefelsäure ist Salpetersäure eine der stärksten Säuren und zersetzt sogar Edelmetalle wie Silber. Nur Gold und Platin sind darin beständig. Man bezeichnet Salpetersäure auch als Scheidewasser, weil man mit ihrer Hilfe Silber aus Goldlegierungen herauslösen kann. Vermischt man aber konzentrierte Salpetersäure mit Salzsäure im Volumenverhältnis 1:3, dann entsteht das sogar Gold auflösende Königswasser. [1, S.223] [5] Reagiert Salpetersäure mit relativ unedlen Metallen, dann entstehen bei niedrigen Säurekonzentrationen nur Wasserstoff und die entsprechenden Metallnitrate [1, S.223]. 2Ag + 2HNO 3 2Ag + 2NO 3 + H 2 Bei höheren Konzentrationen der Salpetersäure werden auch giftige Stickoxide 1 gebildet [1, S.223]. Ag + 2HNO 3 Ag + NO 3 + NO 2 + H 2 O Bei mittleren Konzentrationen von 25-30 Massenprozent entsteht statt des Stickstoffdioxids hauptsächlich das farblose, wenig wasserlösliche Stickstoffmonooxid, welches aber bei Kontakt mit Sauerstoff sofort weiterreagiert und das braune, wasserlösliche Stickstoffdioxid bildet. Bei hohen Temperaturen zerfallen Alkali- und Erdalkalimetallnitrate zu Sauerstoff und Nitriten, den Salzen der salpetrigen Säure HNO 2 [1, S.223]: 2KNO 3 2KNO 2 + O 2 Schwermetallnitrate zerfallen beim Erhitzen in Metalloxide, Stickstoffdioxid und Sauerstoff [1, S.223]: 2P b(no 3 ) 2 2P bo + 4NO 2 + O 2 1 sogenannte nitrose Gase, überwiegend Stickstoffmonooxid NO und Stickstoffdioxid NO 2 2

Wasserfreie Salpetersäure ist deutlich weniger viskos als Wasser, aber wässrige Lösungen der Salpetersäure zeichnen sich durch eine höhere Viskosität als Wasser aus [4]. Offenbar gibt es also starke Wechselwirkungen zwischen den Molekülen des Wassers und der Salpetersäure bzw. ihres Restanions. Unverdünnte Salpetersäure (100%) ist eine farblose [1, 4, 5], beim Erhitzen flüchtige [4, 5] Flüssigkeit mit einer Schmelztemperatur von -41 [4], einer Siedetemperatur von nur 83 [1, S.222] oder 84 [4], die jedoch unter Lichteinwirkung [1, S.222], an feuchter [4] Luft [4, 5], bei Erwärmung [5] sowie einfach durch Autoprotolyse [4] langsam zerfällt. Die Zerfallsprodukte sind Wasser, Sauerstoff und das rotbraune Stickstoffdioxid [5], welches die Flüssigkeit gelb [1, S.222] bis rotbraun [4] färbt und in der Luft [4]. ist, die an der Luft gemeinsam mit dem Wasserdampf erstickende, gelbrote Dämpfe bildet [4]. Ab einer Konzentration von 86% 2 [4] wird sie deshalb rauchende Salpetersäure genannt und zum Schutz vor Licht und feuchter Luft in braunen Flaschen aufbewahrt [1, S.222]. 2.2.2 Autoprotolyse der Salpetersäure Ähnlich wie Wassermoleküle hat auch die Salpetersäure eine geringe, aber doch wichtige Neigung zur Autoprotolyse [4]. Die Abbildung 4 zeigt, wie zunächst ein Salpetersäure- Molekül einem anderen ein Proton aufdrängt. Dabei entstehen ein Mesomerie-stabilisiertes 3 Nitrat-Ion sowie ein sehr instabiles protoniertes Salpetersäure-Ion, welches in ein Wassermolekül und ein Nitrylkation zerfällt. Das Ausmaß der Autoprotolyse reicht aber nicht aus, um jedem Molekül hochkonzentrierter Salpetersäure einen Protonenakzeptor zu verschaffen. Richtig sauer reagieren kann Salpetersäure daher erst nach einer Verdünnung mit Wasser. Auch dabei entsteht das in Abbildung 4 mit seinen mesomeren Grenzstrukturen gezeigte Nitrat-Ion. Natürlich sind in Wirklichkeit alle drei Sauerstoff- Stickstoff-Bindungen identisch und die negative Ladung ist auf alle drei Sauerstoffatome gleichmäßig verteilt. Diese Ladungsverteilung macht das Nitrat-Ion zu einer relativ schwachen Base und ist damit auch ein Grund dafür, daß Salpetersäure so eine starke Säure ist. Abbildung 4: Autoprotolyse der Salpetersäure 2.2.3 Verwirrung um konzentrierte und rauchende Salpetersäure Anstatt Schülern das Lernen zu erleichtern, stiftet das Chemieschulbuch des Klett-Verlages Verwirrung mit der offensichtlich wenig durchdachten Behauptung, der Massenanteil konzentrierter Salpetersäure liege zwischen 65 und 69% [1, S.222]. 2 Massenprozent 3 und hydratisiertes[1, S.222] 3

Massenanteil und Prozent von was, müssen sich mitdenkende Schüler leider fragen, denn das Buch macht hierzu keine Angaben. Zwar liegt eine Verdünnung in Wasser nahe, aber selbstverständlich ist das eben nicht. Leicht hätten die Autoren die Sache auch durch eine Erwähnung der Zerfallsprodukte Wasser und Sauerstoff aufklären können [5], aber sie tun es nicht. In ebenso unverständliches Schweigen hüllen sich die Buchautoren auch hinsichtlich der sich sofort aufdrängenden Frage, warum denn der Anteil 4 der Salpetersäure in konzentrierter Salpetersäure nicht über 69% liegen soll. Tatsächlich kann Salpetersäure in jedem beliebigen Verhältnis in Wasser gelöst werden [4, 5], und man kann auch 98%ige, rote 5, rauchende Salpetersäure kaufen [5]. Das Schulbuch erwähnt ja sogar selbst im zweiten Satz des selben Absatzes die Existenz 100%iger Salpetersäure [1, S.222]. Wer die Sache verstehen will, findet die Erklärung wieder einmal leider nicht im Schulbuch, sondern im Internet, wo es dankenswerterweise auch Hinweise auf die Gefährlichkeit der Salpetersäure gibt [4, 5]. Rauchende Salpetersäure zersetzt sich schon an der Luft und besonders bei Erwärmung unter Bildung von rotbraunem Stickstoffdioxid [5]: 4HNO 3 4NO 2 + 2H 2 O + O 2 Mit Wasser reagiert Salpetersäure als sehr starke Säure nahezu vollständig zu natürlich jeweils hydratisierten Nitrat- und Hydronium-Ionen [5]: HNO 3 + H 2 O NO 3 + H 3 O Aufgrund dieser Instabilität nimmt die Konzentration von Salpetersäure ständig ab, und man kann sie nicht wieder zu reiner Salpetersäure aufkonzentrieren. Beim für die Trennung gemischter Flüssigkeiten üblichen Destillieren entweicht nämlich nicht bevorzugt das Wasser, sondern zunächst bevorzugt die Salpetersäure. Dies geschieht solange, bis bei einer HNO 3 -Konzentration von etwa 70% die Konzentration der Salpetersäure in der Flüssigkeit und in der darüber liegenden Atmosphäre gleich sind und sich deshalb ein Gleichgewicht zwischen dem Verdampfen und Lösen der Salpetersäure einstellt. Erhitzt man 70%ige Salpetersäure weiter, dann verdampfen Salpetersäure und Wasser stets im selben Verhältnis von 70% zu 30%, sodaß die Konzentration konstant bleibt. Man nennt solche durch Destillation nicht trennbare Flüssigkeiten azeotrope Gemische. [5] Offenbar unterscheidet das Schulchemiebuch ohne entsprechende Erklärung zwischen [1, S.222]: rauchender oder reiner Salpetersäure, die frisch hergestellt wurde, und konzentrierter Salpetersäure, die nur durch Destillation aufkonzentriert wurde. 4 in Massen- oder Gewichtsprozenten ebenso wie in Volumenprozenten 5 Chemiker neigen zu seltsamen Farbbezeichnungen. Normalbürger würden eher von gelblicher Salpetersäure sprechen. 4

2.2.4 Herstellung Salpetersäure lässt sich im Labor durch die Reaktion von Schwefelsäure mit Kaliumnitrat zu Salpetersäure und Kaliumhydrogensulfat erzeugen [5]. Im großen Maßstab wird Salpetersäure nach dem Ostwald-Verfahren durch die katalytische Oxidation von Ammoniak hergestellt [5]. Dazu wird ein Ammoniak/Luft-Gemisch bei etwa 700 durch ein feinmaschiges, rotglühendes Platinnetz geleitet [1, S.222]. An dem heißen Katalysator Platin reagieren Ammoniak und Sauerstoff in einer exothermen Reaktion zu Stickstoffmonooxid und Wasser [1, S.222]. 4NH 3 + 5O 2 P latin 4NO + 6H 2 O Stickstoffmonooxid reagiert mit weiterem Sauerstoff sofort weiter zu Stickstoffdioxid, welches dann mit Wasser zu Salpetersäure reagiert [1, S.222]. 4NO 2 + O 2 + 2H 2 O 4HNO 3 Man kann Stickstoffmonooxid in einer stark endothermen, also nicht freiwillig ablaufenden Reaktion, auch direkt aus dem aufgrund seiner Dreifachbindung sehr reaktionsträgen Stickstoff (N 2 ) erzeugen, wenn man die wenig aneinander interessierten Reaktionspartner in einem über 3000 heißen Lichtbogen zusammen bringt [1, S.222]. N 2 + O 2 Hitze 2NO Wegen des hohen Energiebedarfs findet dieses Verfahren aber keine großtechnische Anwendung mehr [1, S.222]. 2.2.5 Verwendung Das Chemieschulbuch des Klett-Verlages nennt Salpetersäure etwas leichtfertig die wichtigste Stickstoffverbindung nach Ammoniak [1, S.222]. Man hatte dabei vielleicht etwas zu sehr die 3 Millionen Tonnen Salpetersäure im Sinn, die 1990 allein in Deutschland produziert wurden [1, S.222]. Es gäbe aber beispielsweise mit Aminosäuren und unseren Erbmolekülen noch weitere Titelaspiranten, auch wenn diese dem gemeinen Chemiker weniger geläufig sein mögen. Zumindest dürfte sie aber die wichtigste Sauerstoffsäure des Stickstoffs sein [3, S.340]. Salpetersäure wird hauptsächlich zur Herstellung von Düngemitteln, aber auch vieler anderer chemischer Verbindungen für Medikamente, Pflanzenschutzmittel, Farb-, Kunst und Sprengstoffen benötigt [1, S.222] [5]. Mit einem Gemisch aus Salpeter- und Schwefelsäure, der sogenannten Nitriersäure, können viele Sprengstoffe hergestellt werden. Beispielsweise durch die Nitrierung von Glycerin die berüchtigte, weil hochexplosive Flüssigkeit Nitroglycerin (genauer Glycerintrinitrat), die schon bei geringen Erschütterungen explodiert. Erst durch die Beimischung von Kieselgur entsteht aus Nitroglycerin der handhabungssichere Sprengstoff Dynamit. Durch die Nitrierung von Toluol entsteht Trinitrotoluol (TNT), und der besonders starke Sprengstoff Hexogen (RDX) wird durch die Nitrierung von Hexamethylentetramin hergestellt. Als oxidierender Bestandteil des Schwarzpulvers findet auch ein Salz der Salpetersäure, nämlich Kaliumnitrat, Verwendung in einem Sprengstoff. [5] 5

2.3 Vorkommen und Verwendung einiger Nitrate Es gibt nur wenige bedeutende Nitratlagerstätten. Besonders in Indien und China findet man Kaliumnitrat, während Natriumnitrat vor allem in der nordchilenischen Wüste Atacama vorkommt. Um den lange Zeit mit sogenannten Salpeterseglern um Kap Horn herum nach Europa transportierten Chilesalpeter wurde sogar der sogenannte Salpeterkrieg geführt. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts verloren diese Lagerstätten ihre Bedeutung, weil man in Europa lernte, Ammoniak, Salpetersäure und Nitrate großtechnisch selbst zu produzieren. Gebraucht wurden Kalium, Natrium und später auch Ammoniumnitrat seit Mitte des 19. Jahrhunderts immer stärker als Mineraldünger. Feuerwerkskörper können Strontium- und Bariumnitrat enthalten. [1, S.223] 2.4 Maßnahmen gegen Stickoxide als Teil des sauren Regens Die durch Verbrennung von molekularem Stickstoff aus der Luft bei hohen Temperaturen gebildeten Stickstoffoxide reagieren mit Luftfeuchtigkeit zu Salpetersäure und werden dadurch zu einem Teil des sauren Regens. Da dieser Böden, Gewässer und Gebäude schädigt, wurden Maßnahmen zu seiner Vermeidung beschlossen. So werden heute im Durchschnitt umweltfreundlichere Brennstoffe verwendet und durch die Wirbelschichtfeuerung sowie andere neue Verbrennungstechniken konnten in Kraftwerken die Verbrennungstemperaturen gesenkt werden. Dadurch entstehen heute weniger Stickstoffoxide, und zusätzlich werden dennoch gebildete Stickstoffoxide durch sogenannte Entstickungsanlagen weitgehend entfernt. Man lässt zu diesem Zweck die Stickstoffoxide mit Ammoniak zu molekularem Stickstoff und Wasser reagieren. Zur Vermeidung von Stickstoffoxidemissionen von Autos werden Katalysatoren eingebaut. [1, S.225] Quellenverzeichnis [1] 2.2.1, 2.2.3, 3, 2.2.4, 2.2.5, 2.3, 2.4 Werner Eisner, Paul Gietz, Axel Justus, Werner Schierle, Michael Sternberg: elemente chemie - Nordrhein-Westfalen 9/10. Unterrichtswerk für Gymnasien. 2. Auflage. 1994, Ernst Klett Verlag, Stuttgart, Düsseldorf, Leipzig [3] 1, 2.1, 2.1, 2.2.5 Charles E. Mortimer: Chemie. Das Basiswissen der Chemie in Schwerpunkten. 2. Auflage. 1976, Georg Thieme Verlag Stuttgart, 1976 [4] 2.2.1, 2.2.2, 2.2.3 OMIKRON GmbH: Chemikalien-Lexikon. http://www.omikron-online.de/cyberchem/cheminfo/1248-lex.htm, erstellt am 25.10.2000 [5] 2.2.1, 2.2.3, 2.2.4, 2.2.5 Thomas Seilnacht: Anorganische Säuren und Laugen. http://www.seilnacht.com/chemie/ch_hno3.htm 6