Auffälligkeiten in der Sehentwicklung und deren Folgen, auch unter Berücksichtigung der Lese- Rechtschreibleistungen Augenprobleme bei Kindern und Jugendlichen kennen, erkennen und richtig deuten Maria-Luise Lenk-Schäfer, Nürnberg Orthoptistin
Sehprobleme und Legasthenie Part 1: Visuelle Entwicklung, Sehstörungen, Kopfzwangshaltung Part 2: Augenprobleme und Lese- Rechtschreibschwäche : okuläre Lesestörungen, Winkelfehlsichtigkeit, (Legasthenie),
Die Orthoptistin der Beruf der Orthoptistin = Fachberuf im Gesundheitswesen wie Logopäden, Physiotherapeuten, Ergotherapeuten 3-jährige staatlich anerkannte Ausbildung Arbeiten im Angestelltenverhältnis oder auf Honorarbasis leider weniger bekannt, da kleine Berufsgruppe noch nicht selbstständig zwischen Diagnostik und Therapie
Was ist Orthoptik? Arbeitsfeld der Orthoptistin Primäre Tätigkeitsfelder: Prävention Diagnose Therapie von Schielerkrankungen (Strabismus) von Sehschwächen von Augenzittern Lehre, Forschung, Wissenschaft
Was ist Orthoptik? Arbeitsfeld der Orthoptistin Erweiterte Tätigkeitsfelder Neurologische Rehabilitation Diagnostik bei Teilleistungsstörungen Low Vision Elektrophysiologische Diagnostik
Kaum bekannt ist,... dass die Augen an der gesamten Wahrnehmung der Umwelt mit 80 % beteiligt sind? dass sich das Sehen und die Zusammenarbeit der Augen bereits in den ersten Lebensmonaten entwickeln? dass für eine erfolgreiche Behandlung von kindlichen Sehstörungen die Früherkennung schon im 1. Lebensjahr notwendig ist?
Visuelle Leistungen (1. Lebensjahr) 0 bis 1 Monat schaut zu Lichtquellen, dreht Augen und Kopf Lidschluss (Blinzeln) als Abwehrreaktion Aufnahme von Augenkontakt langsame und ruckartige horizontale Folgebewegungen Meilensteine der visuellen Entwicklung, Prof. Dr. L. Hyvärinen/Schweden, 2000
Visuelle Leistungen (1. Lebensjahr) 2 bis 3 Monate intensiver Augenkontakt Interesse an Lippenlesen Interesse an Mobilem Vertikale Folgebewegungen
Visuelle Leistungen (1. Lebensjahr) 4 bis 6 Monate Beobachten der eigenen Hand Greifen nach bewegten Objekten Beobachten des Fallens und Wegrollens von Objekten Wechsel der Fixation über die Mittellinie allmähliches Ausdehnen des visuellen Suchfeldes beginnende Abkoppelung der Augen von den Kopfbewegungen glatte Augenfolgebewegungen
Visuelle Leistungen (1. Lebensjahr) 7 bis 10 Monate Bemerken/Entdecken von kleinen Objekten (z. B. Brotkrümel) Berühren von und Greifen nach stationären Objekten Interesse an Bildern Erkennen von teilweise versteckten Objekten Augenkontakt mit Erwachsenen über mehrere Meter Distanz
Visuelle Leistungen (1. Lebensjahr) 11 bis 12 Monate gute visuelle Orientierung in gewohnter Umgebung schaut durchs Fenster und erkennt andere Menschen visuelles Wiedererkennen von Bildern; Versteckspielen betrachtet und untersucht Objekte genau effiziente visuelle Kommunikation (Mimik/Gestik)
Meilensteine des Sehens als Handout
AG Sehen-Wahrnehmen-Verarbeiten Petra Kunkel-Freitag, Renate Ohle, Andrea Schmeinck bod.nie.kunkel.freitag@gmail.com Meilensteine der visuellen Entwicklung nach L. HyvÅrinen 2000 0 1 Lebensmonat schaut zu Lichtquellen, dreht Augen und Kopf Lidschluss = Lidschluss als Schutz und Abwehrreaktion Aufnahme von Augenkontakt Langsame und ruckartige horizontale Folgebewegungen 2 3 Lebensmonat Intensiver Augenkontakt Interesse an Lippenlesen Interesse an Mobilem Vertikale Folgebewegungen 4 6 Lebensmonat Beobachten der eigenen Hand Greifen nach bewegten Objekten Beobachten des Fallens und Wegrollens von Objekten Wechsel der Fixation Äber die Mittellinie AllmÅhliches Ausdehnen des visuellen Suchfeldes Beginnende Abkoppelung der Augen- von den Kopfbewegungen Glatte Folgebewegungen 7 10 Lebensmonat Bemerken und Entdecken von kleinen Objekten (z.b. BrotkrÄmel) BerÄhren und Greifen nach stationåren Objekten Interesse an Bildern erkennt versteckte Objekte Augenkontakt mit Erwachsenen Äber mehrere Meter 11 12 Lebensmonat Gute visuelle Orientierung in gewohnter Umgebung schaut durchs Fenster und erkennt andere Menschen Visuelles Wiedererkennen von Bildern und visuelles Erinnern betrachtet und untersucht Objekte genau Effiziente visuelle Kommunikation (Mimik und Gestik) BOD - Berufsverband der Orthoptistinnen Deutschlands e.v., Josephsplatz 20, 90403 NÄrnberg, Tel.: +49 911 22 00 1, Fax: +49 911 205 96 12, E-Mail: bod.orthoptistinnen@gmx.de, www.orthoptistinnen.de
Stolpersteine der visuellen Entwicklung 0 3 Monate Das Neugeborene reagiert nicht auf Licht. Die Augen oder der Kopf werden nicht zum Licht bewegt Das Kind nimmt keinen Augenkontakt mit den Eltern auf Langsam bewegte Objekte werden nicht wahrgenommen 3 6 Monate 3. Lebensmonat Das Kind spielt nicht mit den eigenen HÅnden reagiert nicht auf das LÅcheln der Eltern 6. Lebensmonat Das Kind greift nicht gezielt nach Spielsachen kein visuelles Interesse es wird mehr auf GerÅusche reagiert das sog. Babyschielen nimmt zu und fållt vermehrt auf 7 10 Monate Bekannte und unbekannte Gesichter werden nicht unterschieden 11 18 Monate Das Kind sucht nicht visuell nach Menschen und GegenstÅnden hat kein Interesse aus dem Fenster zu sehen Kein Interesse und keine Ausdauer beim Betrachten von nahen GegenstÅnden 24 Monate Es wird nicht gerne gemalt 3 6 Jahre Kein Interesse und Ausdauer bei Naharbeiten wie Puzzle, Malen, BÄcheransehen. Teilweise wird dabei Schielen beobachtet WÅhrend der Schulzeit Kopfschmerzen beim Lesen oder långerer Naharbeit Es wird nicht gerne gelesen GerÖtete oder trånende Augen beim Lesen oder långerer Naharbeit Zeilen werden nicht eingehalten, Buchstaben verwechselt Die Konzentration ist schlecht BOD - Berufsverband der Orthoptistinnen Deutschlands e.v., Josephsplatz 20, 90403 NÄrnberg, Tel.: +49 911 22 00 1, Fax: +49 911 205 96 12, E-Mail: bod.orthoptistinnen@gmx.de, www.orthoptistinnen.de
Visuelle und motorische Entwicklung 1. Monat: monokulare Fixation 2. Monat: binokulare Fixation 3. Monat: Folgebewegungen 4. Monat: Stereopsis Cave: visuelle Entwicklungsverzögerung
Früherkennung von Sehstörungen bei Kindern Trotz zunehmender Aufklärung kommen viele Kinder mit Sehstörungen aller Art zu spät zur Behandlung, werden oftmals erst im Vorschul- bzw. Schulalter auffällig. Von den ca. 750.000 Neugeborenen in Deutschland sind allein mehr als 40.000 Kinder nur wegen Schielen und Sehschwächen behandlungsbedürftig. Bei nur 25 % dieser behandlungsbedürftigen Kindern wird dies frühzeitig in den ersten zwei Lebensjahren erkannt. Hinzu kommt noch die hohe Zahl der zu versorgenden und mehrfachbehinderten sehgeschädigten Kinder, auch die wachsende Zahl der Kinder mit Lese-Rechtschreibstörung, Aufmerksamkeitsdefizit und Hyperaktivität muss mit berücksichtigt werden.
Frühkindliche Sehstörungen Alarmzeichen und Auffälligkeiten Schielen Augenzittern Schiefhaltung des Kopfes Vorbeigreifen Ungeschicklichkeiten (Stolpern, Anstoßen) Doppelbilder Kopfschmerzen, Augenbrennen verschwommenes Sehen erhöhte Lichtempfindlichkeit häufiges Blinzeln, Zwinkern, Zukneifen
Frühkindliche Sehstörungen Alarmzeichen und Auffälligkeiten Für Sie interessant dichtes Herangehen beim Lesen oder Fernsehen, Unlust am Lesen, Lesestörungen Konzentrationsprobleme allgemeine Unruhe fein- und grob-motorische Auffälligkeiten AD(H)S, LRS
Voraussetzungen für gutes Sehen und normale Augenfunktionen intakter Organbefund (Auge, Sehnerv usw.) gute Sehschärfe beider Augen (1,0) freie Augenbeweglichkeit (Motorik) gute Zusammenarbeit beider Augen gutes Stereoskopisches Sehen (3D)
Anmerkungen zu den beidäugigen Funktionen Die beidäugige Funktion, d. h. die Zusammenarbeit der Augen, wird in drei Stufen eingeteilt: 1. das Simultansehen; das ist die Fähigkeit, die Seheindrücke beider Augen gleichzeitig wahrzunehmen. 2. die Fusion; das ist die Fähigkeit, die Bilder, die auf der Netzhaut beider Augen entstehen, zu einem Bild zu verschmelzen; dabei muss die Abbildung in beiden Augen auf identische Netzhautstellen fallen. Simultansehen und Fusion sind sehr früh entwickelt. Beide Funktionen sind schon im 5. Lebensmonat nachweisbar, sind mit dem 1. Lebensjahr bereits sehr stabil und mit dem 3. Lebensjahr wohl vollständig abgeschlossen.
Anmerkungen zu den beidäugigen Funktionen 3. das Stereosehen/Tiefensehen (oder dreidimensionales Sehen, räumliches Sehen): Das Tiefensehen ist die höchste Stufe des beidäugigen Sehens. Zwei verschiedene, für sich nicht räumlich wirkende Bilder werden zu einem Bild verschmolzen. Dieses Bild hat nun körperliche Wirkung. Somit erscheint der betrachtete Gegenstand plastisch, dreidimensional. Dadurch wird es möglich, relativ exakt die Entfernung der Gegenstände untereinander zu bestimmen.
Anmerkungen zu den beidäugigen Funktionen Die Anlage zum beidäugigen dreidimensionalen Sehen ist normalerweise jedem mit der Geburt mitgegeben und entwickelt sich beim Säugling durch adäquate Reize. Das heißt aber nicht, dass Menschen, die z. B. nur ein sehtüchtiges Auge haben, oder aber deren Sehfunktionen auf einem Auge deutlich herabgesetzt sind, kein Raumsehen haben. Sie erfüllen bei den Stereotests dann nicht die vollen Anforderungen, haben aber Erfahrungswerte, mit denen Sie den Raum einschätzen können.
Frühkindliche Sehstörungen Ursachen familiäre Veranlagung Risikofaktoren während der Schwangerschaft und Geburt Fehlen einer notwendigen Brille organische Augenveränderungen allgemeine Schwächung des Körpers Mehrfachbehinderungen
Häufige frühkindliche Sehstörungen organische bedingte Veränderungen z. B. Grauer Star (Katarakt) Fehlsichtigkeit ( z.b. Unterschiede an beiden Augen ) Schielen (Strabismus): als Folge : Sehschwäche (Amblyopie) Augenzittern (Nystagmus)
Organisch bedingte Auffälligkeiten auffällige Sehentwicklung? Nystagmus? Leukokorie? Lichtempfindlichkeit? Lid- oder Pupillenanomalien? Hinweise auf z. B. Albinismus?
Häufige frühkindliche Sehstörungen organische Veränderungen z. B. Grauer Star (Katarakt) Fehlsichtigkeit (z.b. Unterschiede an beiden Augen ) Schielen (Strabismus) Sehschwäche (Amblyopie) Augenzittern (Nystagmus)
Frühkindliche Sehstörungen Fehlsichtigkeit Sehfehler sind Bauvarianten! zu kurz = weitsichtig = Hyperopie zu lang = kurzsichtig = Myopie unrund = = Hornhautverkrümmung = Astigmatismus
Selbst starke Sehfehler können lange Zeit unentdeckt bleiben! Kinder und Jugendliche können kurzfristig sogar eine gute Lesefähigkeit erbringen, auch wenn sie einen Brechungsfehler, vor allem eine Weitsichtigkeit haben! Akkommodation (= Zoom-Mechanismus) wird dabei mehr angestrengt, da bereits in der Ferne akkommodiert werden muss. Deshalb kann es bei Naharbeit durch die vermehrte Anstrengung leicht zu Kopfschmerzen und Leseunlust kommen.
Akkommodation Die Brechkraft der Linse wird durch elastische Wölbungszunahme erhöht. Diese Eigenregulation wird von Kindern zum Ausgleich von Sehfehlern genutzt. Unter Anstrengung! Diese vermehrte Anstrengung kann auch zu Schielen führen.
Siehst Du schlecht??? Kinder mit Sehstörungen/Sehfehlern äußern keinerlei Beschwerden über ihr Sehen! Kinder mit Sehstörungen/Sehfehlern sind allenfalls verhaltensauffällig durch Vermeidungsstrategien!
Kopfzwangshaltung? Schielwinkelinkomitanz? Motilitätsstörungen,Orientierungsstörungen? Exophthalmus?Ptosis?
Typische spät entdeckte Sehbeeinträchtigungen schräges Höhenschielen durch Kopfschiefhaltung kompensiert
Häufige frühkindliche Sehstörungen organische Veränderungen z. B. Grauer Star (Katarakt) Fehlsichtigkeit Schielen (Strabismus) Sehschwäche (Amblyopie) Augenzittern (Nystagmus)
Frühkindliche Sehstörungen Schielen/Augenbewegungsstörungen Was versteht man unter Schielen? ein Auge weicht von der Blickrichtung des anderen Auges ab (Fehlstellung eines Auges) eine beständige oder wiederkehrende Fehlstellung der Augen
Innenschielen Innenschielen Außenschielen Höhenschielen Verrollungsschielen
Kindliche Sehstörungen Arten des Schielens sichtbares, manifestes oder verstecktes/latentes Schielen in verschiedene Richtungen möglich
Höhenschielen Innenschielen Außenschielen Höhenschielen Verrollungsschielen
Frühkindliche Sehstörungen Arten des Schielens Mikroschielen Minischielen kosmetisch unauffällig, aber gleiche Beeinträchtigung wie bei auffälligem Schielen latentes oder verstecktes Schielen (Phorie) gelegentlich sichtbar, in alle Richtungen möglich! Pseudoschielen Scheinschielen
Häufige frühkindliche Sehstörungen organische Veränderungen z. B. Grauer Star (Katarakt) Fehlsichtigkeit (Unterschiede an beiden Augen ) Schielen (Strabismus) Als Folge des Schielens:Sehschwäche (Amblyopie) Augenzittern (Nystagmus)
Entstehung der Amblyopie ein Auge steht gerade, anderes Auge in Schielstellung wird nicht benutzt es kommt zur Unterdrückung des Seheindruckes am schielenden Auge es entwickelt sich eine Sehschwäche = Amblyopie Kinder mit Schielstellung nehmen in der Regel keine Doppelbilder wahr es entwickelt sich eine Sehschwäche bzw. eine so genannte Amblyopie.
Auswirkungen des Schielens Beeinträchtigung der Sehfunktionen durch Entstehung einer Sehschwäche/Schwachsichtigkeit (Amblyopie) Unter Amblyopie versteht man eine herabgesetzte Sehschärfe, die durch mangelnden Gebrauch eines organisch gesunden Auges entsteht. Der Amblyopie ohne organischen Fehler stehen die Sehschwächen gegenüber, die aufgrund eines Organ-schadens entstehen, wie z. B. Medientrübung, Linsentrübung usw. Diese organisch bedingten Sehherabsetzungen nennt man auch funktionelle Sehschwäche oder Stimulus-Deprivation (= Reizberaubung).
Amblyopie Entwicklungsdefizit der Sehrinde im Gehirn, das durch Störung in der visuellen Entwicklungsphase entsteht und NUR durch frühzeitige Therapie heilbar ist! Amblyopiedefinition nach Burian (1956) ein- oder beidseitige Visusminderung, für die bei der Untersuchung keine Ursache gefunden werden kann
Sensitive Phase In der Ausreifung des menschlichen Gehirns gibt es eine Zeit, in der kortikale Verbindungen unter dem Einfluss visueller Informationen verändert werden können. Diese Zeit wird als sensitive Phase bezeichnet. Es ist zwar nicht genau bekannt, wie lange sie beim Menschen dauert, sie hat aber ganz sicher ihr Maximum in den ersten Lebensmonaten und nimmt dann langsam bis etwa zum 4. bis 6./8. Lebensjahr ab. Zwischen dem 6. bis 8. Lebensjahr sind fast alle ein- und beidäugigen Funktionen voll entwickelt, wobei die Entwicklung individuell sehr verschieden ist. Sie hängt u. a. auch von der Intelligenz, dem sprachlichen Ausdrucksvermögen und von der Konzentrationsfähigkeit ab.
Dauer der sensitiven Phase hohe Sensitivität abnehmende Sensitivität Restsensitivität U1 U2 U3 U4 U5 U6 U7 U8 U9 Visusprüfung möglich 0 ¼ ½ 1 2 3 4 5 6 7 9 Jahre Reifungsphase Entwicklungsphase
Sensitive Phase In dieser Zeit und in manchen Fällen auch noch später, kommt es offensichtlich bei einer Schielstellung relativ schnell dazu, dass das Bild eines Auges unterdrückt wird. Daher nehmen Kinder mit Schielstellung in der Regel keine Doppelbilder wahr. Es kommt zur Unterdrückung des Seheindruckes am schielenden Auge und es entwickelt sich eine Sehschwäche bzw. eine so genannte Amblyopie.
Auswirkungen des Schielens Ohne Behandlung entwickeln 80 % aller Schielkinder eine Sehschwäche/Amblyopie, die lebenslang bestehen bleibt, wenn sie nicht rechtzeitig erkannt und behandelt wird. Der dauerhafte Verlust des beidäugigen und räumlichen Sehens kann in diesen Fällen auch durch eine Brille oder Operation nicht behoben werden. Je früher das Schielen und die Sehschwäche entdeckt und behandelt werden, um so erfolgreicher können Dauerschäden vermieden werden!
Ursachen der Amblyopie leicht erkennbare Amblyopieursachen (amblyogene Faktoren) z. B. ausgeprägte ein- oder beidseitige Veränderungen (deutlicher Schielwinkel, Ptosis, Katarakt) schwer erkennbare Amblyopieursachen z. B. kleinwinkliges Schielen oder Sehfehler, hier speziell unterschiedliche Sehfehler, z. B. ein Auge weitsichtig, das andere kurzsichtig oder nur ein Auge mit einem Sehfehler
Frühkindliche Sehstörungen schwer erkennbar (äußerlich nicht zu sehen) Mikroschielen Minischielen kosmetisch unauffällig, aber gleiche Beeinträchtigung wie bei auffälligem Schielen latentes oder verstecktes Schielen (Phorie) gelegentlich sichtbar, in alle Richtungen möglich! Pseudoschielen Scheinschielen
Häufige frühkindliche Sehstörungen organische Veränderungen z. B. Grauer Star (Katarakt) Fehlsichtigkeit Schielen (Strabismus) Sehschwäche (Amblyopie) Augenzittern (Nystagmus)
Frühkindliche Sehstörungen Nystagmus Augenzittern in unterschiedlichen Schlagrichtungen Schlagintensitäten Mit und ohne ruhige Phasen möglich Beruhigung in einer bestimmten Kopfhaltung möglich
Auswirkungen des Schielens Einengung der Berufswahl (z. B. Taxifahrer, LKW-Fahrer, Pilot, Stewardess nur bei intaktem Sehen) Einschränkungen beim Führerschein Beeinträchtigung durch auffällige Schielstellung im Aussehen und dadurch unter Umständen psychische Auffälligkeiten im Verhalten (Kinder können in der Schule u. a. auch gehänselt werden)
Frühkindliche Sehstörungen Auswirkungen reduzierte einseitige oder beidseitige Sehkraft Schwachsichtigkeit (Amblyopie) Störung oder Verlust des beidäugigen Sehens psychische Probleme (Schielstellung) Einengung der Berufswahl Einschränkungen beim Führerschein
Besonderheiten des kindlichen visuellen Systems Nochmals zur Erinnerung: visuelle Funktionen in Entwicklung optimale Entwicklung nur bei optimalem visuellem Input reduzierter oder asymmetrischer Input führt zur Amblyopie Daraus ergibt sich die Notwendigkeit der Früherkennung
Notwendigkeit der Früherkennung visuelle Entwicklung im 1. Lebensjahr Abnahme der sensitiven Phase mit dem Alter rechtzeitige Erkennung und Beseitigung amblyogener Faktoren (= ein- oder beidseitige Veränderungen, die zur Beeinträchtigung der optimalen Abbildung im Auge führen) Je früher die Erkennung, um so besser lassen sich bleibende Schäden beheben bzw. vermeiden
Empfehlung zur Früherkennung augenärztliche und orthoptische Kontrolle: in den ersten Lebenstagen bei positiver Familienanamnese bzgl. kongenitaler Katarakt schnellstmöglich bei Leukokorie Blendempfindlichkeit, tränenden Augen, auffällig großen Augen, Nystagmus, bei okulodigitalem Zeichen, auffälliger Sehentwicklung, visueller Orientierungsstörung, plötzlichem Strabismus, Lidstörungen
Empfehlung: Besuch beim Augenarzt mit Orthoptistin bei positiver Familienanamnese bezüglich Augenerkrankungen im ca. 6. bis 12. Lebensmonat bei angeborenem Schielen oder Schielen im Kindesalter umgehend im 1. bis 2. Lebensjahr bei allen auch augenscheinlich unauffälligen Kindern mit negativer Familienanamnese zum frühzeitigen Ausschluss bzw. zur Therapie von Amblyopien, Refraktionsanomalien, Mikrostrabismen
Warum die Untersuchung durch die Orthoptistin (orthoptische Untersuchung)? Orthoptistinnen gehen gezielt auf die Probleme der Patienten ein: visuelle Entwicklung im 1. Lebensjahr spezielle Anamnese alters- und entwicklungsabhängige Untersuchung und Behandlung Spezielle Untersuchung und Behandlung (z.b. visueller Belastungstest)
Untersuchung und Behandlung durch Orthoptistin und Augenarzt Erhebung der Sehschärfe Testmethoden sind alters- und entwicklungsabhängig Prüfung des beidäugigen Sehens Testmethoden sind alters- und entwicklungsabhängig Prüfung der Augenstellung und -beweglichkeit Organbefund mit Pupillenerweiterung und Bestimmung der objektiven Brechkraft
Orthoptische Diagnostik Sehschärfe Ferne und Nähe Refraktion/Skiaskopie Binokularsehen Kontrastsehen Fusionsvermögen/Stereopsis Akkommodation/Konvergenz Augenstellung/Motilität Farbensehen neuroophthalmologischer Befund
Empfehlung: Besuch beim Augenarzt mit Orthoptistin schnellstmögliche augenärztliche und orthoptische Abklärung: bei Schulkindern, die über Verschwommensehen, tränende Augen, Doppelbilder und/oder Stirnkopfschmerzen klagen bei Schulkindern, bei denen z.b. sinkende Schulleistungen zu beobachten sind, bei Schulkindern, bei denen Lese- und Schreibprobleme auffällig sind
Sehstörungen und Schulauffälligkeiten (Dyskalkulie, LRS, AD(H)S) Fest steht, dass Augen- und Sehfehler nicht die Ursache für Lese-Rechtschreibprobleme sind. Allerdings können Augenprobleme ähnliche Symptome zeigen bzw. die bekannten Problematiken verstärken.
Ursachen für die Verstärker Amblyopie im Kleinkindalter: in der Regel eher keine Auswirkungen auf den Lese-Schreibprozess, da a) früh entstanden und b) das Kind es nicht anders kennt Frage des Zeitpunktes der Entstehung der Amblyopie, je später, um so eher sind Irritationen zu erwarten Schielstellungen : Irritation durch schnellen Fixationswechsel
Ursachen für die Verstärker Schielstellungen : Irritation durch schnellen Fixationswechsel Reduzierte oder schlechte Sehkraft beidseits, u. U. Verhaltensauffälligkeiten, vor allem im Vergleich zu den Normalsichtigen Plötzliche oder zeitweise Störung oder der Verlust des beidäugigen (räumlichen/plastischen) Sehens Beeinträchtigung durch die fehlende gestörte beidäugige Zusammenarbeit, wie Unsicherheiten beim Laufen; Kinder können stolpern oder auch beim Schreiben und Lesen in der Schule die Zeilen nicht finden.
Weitere okuläre Ursachen, die Symptome einer LRS verstärken können nicht oder nicht richtig korrigierte Fehlsichtigkeiten (Weitsichtigkeit etc.) Störungen in der Naheinstellung der Augen: Konvergenzschwäche Hypoakkommodation Störungen im beidäugigen Sehen verstecktes oder zeitweises Auftreten von Schielen sensorische Defizite: Sehschärfenminderung und Gesichtsfeldausfälle bei Augen- und Sehbahnerkrankungen
Frühkindliche Sehstörungen Fehlsichtigkeit Sehfehler sind Bauvarianten! zu kurz = weitsichtig = Hyperopie zu lang = kurzsichtig = Myopie unrund = = Hornhautverkrümmung = Astigmatismus
Weitere okuläre Ursachen, die Symptome einer LRS verstärken können nicht oder nicht richtig korrigierte Fehlsichtigkeiten (Weitsichtigkeit etc.) Störungen in der Naheinstellung der Augen: Konvergenzschwäche Hypoakkommodation Störungen im beidäugigen Sehen verstecktes oder zeitweises Auftreten von Schielen sensorische Defizite: Sehschärfenminderung und Gesichtsfeldausfälle bei Augen- und Sehbahnerkrankungen
Störungen in der Naheinstellung oftmals zu finden bei Jugendlichen wird auch als juvenile Akkommodationsstörung bezeichnet Impuls zur Naheinstellung vorhanden, aber nicht möglich Probleme: sieht unscharf, vor allem in Nähe Umstellungsprobleme beim Fokuswechsel von Ferne zu Nähe und umgekehrt Leseunlust, kann nicht lange lesen Schwierigkeiten, die richtige Zeile zu finden unkonzentriert Schwindel Therapie: Nahbrille, gegebenenfalls Prismen
Weitere okuläre Ursachen, die Symptome einer LRS verstärken können nicht oder nicht richtig korrigierte Fehlsichtigkeiten (Weitsichtigkeit etc.) Störungen in der Naheinstellung der Augen: Konvergenzschwäche Hypoakkommodation Störungen im beidäugigen Sehen verstecktes oder zeitweises Auftreten von Schielen sensorische Defizite: Sehschärfenminderung und Gesichtsfeldausfälle bei Augen- und Sehbahnerkrankungen
Störungen im beidäugigen Sehen Verlust des beidäugigen Sehens zeitweise oder plötzlich (z. B. verstecktes Schielen ) schnelles Alternieren Doppelbilder Fusionsschwäche Augenmuskelstörungen (Beweglichkeit)
Weitere okuläre Ursachen, die Symptome einer LRS verstärken können nicht oder nicht richtig korrigierte Fehlsichtigkeiten (Weitsichtigkeit etc.) Störungen in der Naheinstellung der Augen: Konvergenzschwäche Hypoakkommodation Störungen im beidäugigen Sehen verstecktes oder zeitweises Auftreten von Schielen sensorische Defizite: Sehschärfenminderung und Gesichtsfeldausfälle bei Augen- und Sehbahnerkrankungen
Kindliche Sehstörungen Arten des Schielens sichtbares, manifestes oder verstecktes/latentes Schielen in verschiedene Richtungen möglich
Verstecktes/latentes Schielen Ermüdung der Augen Kopfschmerzen Kneifen, Blinzeln Fremdkörpergefühl Leseunlust Unschärfe beim Fokuswechsel F/N Konzentrationsprobleme Schlechtes Einhalten von Linien und Zeilen Diplopie (Doppelbilder zeitweise ) kann mit Naheinstellungsproblemen kombiniert sein Asthenopische Beschwerden (Kopfschmerzen, Augendruck, blendempfindlich, Missempfindungen )
Asthenopische Beschwerden diffuse Missempfindungen, die bei Entlastung der Augen und des Sehens nachlassen typisch: Beschwerden nehmen unter Belastung und im Verlauf des Tages zu wichtig: ausführliche Anamnese
Asthenopie Typische Symptome sind: Kopfschmerzen Unschärfe Verschwommensehen in Ferne und/oder Nähe Ermüdungsgefühl, Brennen in den Augen Druckgefühl an den Augen Augenschmerzen Gerötete oder brennende Augen
Asthenopie Typische Symptome sind: allgemeines Spannungsgefühl der Augen und des Kopfes Licht- und Blendungsempfindlichkeit Unschärfe beim Wechseln des Sehens von der Weite auf die Nähe Konzentrations- und Ausdauermangel Schwindel Missempfindungen Doppelbilder
Winkelfehlsichtigkeit Bezeichnung der Augenoptiker und Optometristen Sie dürfen Fehlsichtigkeiten behandeln. ausschließlich nach der Mess- und Korrektionsmethodik nach H.-J. Haase (MKH) am Polatestgerät (Handout)
Zusammenfassung Was haben die Augen mit schlechten Schulleistungen zu tun? Natürlich sind die Schulprobleme nicht von vornherein mit Augenproblemen zu erklären. Oft aber können nicht entdeckte Sehfehler und Störungen im Zusammenspiel der Augen die vorhandenen Probleme verstärken. Nicht korrigierte Fehler an den Augen können zu Defiziten in der Informationsaufnahme führen. Nicht entdeckte Sehfehler und Störungen im Zusammenspiel der Augen können die vorhandenen Probleme verstärken. Ein anstrengungsfreies, gutes Sehen mit beiden Augen ist die Voraussetzung für eine optimale Bildaufnahme und Bildverarbeitung im Gehirn. Daher ist sehr wichtig, die Kinder mit den genannten Auffälligkeiten orthoptisch und augenärztlich zu untersuchen und Störungen an den Augen zu korrigieren, gegebenenfalls auch mit schwachen Gläsern.
Danke für Ihre Aufmerksamkeit!
Augenstellung nach Hornhautreflexen (Hirschbergtest)
Hornhautreflexe
Positiver Winkel Kappa
Kindliche Sehschärfenentwicklung 0,8-1,0 bis zur Einschulung 0,5-0,6 bis zum 3. Lebensjahr 0,2-0,3 bis zum 12. Lebensmonat Entwicklung der Sehschärfe Entwicklung der Sehschärfe 0,01 bei Geburt
Untersuchung und Behandlung durch Orthoptistin und Augenarzt Erhebung der Sehschärfe Testmethoden sind alters- und entwicklungsabhängig, z. B. Teller Acuity Cards
Untersuchung und Behandlung durch Orthoptistin und Augenarzt Lea-Test: benennen oder zuordnen
Visustest ab 3. bis 4. Lebensjahr Einzeloptotpyen ab ca. 3. bis 4. Lebensjahr Reihenoptotypen: Ab ca. 5. Lj. LR 17,2 Bogenminuten LR 2,6 Bogenminuten ab ca. 8. Lj.
Untersuchung und Behandlung durch Orthoptistin und Augenarzt Sehschärfe immer in Dezimalzahlen: 1,0 ZR = 100 % Visus mit Zahlenreihe 0,7 EH = 70 % Visus mit E-Haken 0,4 LR = 40 % Visus mit Landolt-Ringen
Visustests Säuglinge und Kleinkinder Lea-Test ab ca. 2. Lebensjahr anwendbar; standardisiert; hohe Amblyopiesensitivität; Reihensehzeichen verfügbar
Behandlung der okulär bedingten Sehstörungen manifestes Schielen richtige Brille Okklusionsbehandlung = Abkleben des guten Auges Prismenausgleich = die gefundene Schielabweichung wird auskorrigiert Schieloperation latentes Schielen richtige Brille spezielle Brillen: Bifokalbrille, Prismenbrille Schulung des beidäugigen Sehens Augenmuskeltraining? Allgemein: Beratung, z. B. zu Licht /Kontrast, Abstand, Textvergrößerung
Behandlung der Amblyopie Okklusionsbehandlung: Das bessere Auge wird zeitweise abgeklebt, um das schwächere Auge zu schulen.
Behandlung des Schielens
Schlussbemerkung Je früher die orthoptisch-ophthalmologische Diagnostik und Behandlung erfolgt, desto erfolgreicher können Dauerschäden vermieden werden. Nur so können die Folgen des Schielens oder anderer Sehstörungen rechtzeitig verhütet bzw. behoben werden.