Anspruchsvolle Pflanzen, ausgeklügelte Anbaumethoden



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L I A N C H I N A H E R B N E W S L E T T E R REISEBERICHT: KRÄUTERWANDERUNG IN DER CHENGDU-REGION Anspruchsvolle Pflanzen, ausgeklügelte Anbaumethoden In der Ebene von Chengdu und in den sie umgebenden Bergen werden Arzneimittelpflanzen seit Jahrhunderten gesammelt oder kultiviert. Zwei Beispiele zeigen, wie sich Klima, Tradition und Anbautechnik verbinden lassen zur Steigerung von Ertrag und Qualität. sowie für die Qualitätsanalysen zur Seite stehen. Die ersten GAP-Zertifikate in China wurden kürzlich erteilt und es ist vorgesehen, in fünf bis zehn Jahren alle Arzneimittel nach GAP-Richtlinien zu produzieren. Dies wird auch dazu führen, dass sämtliche Arzneien aus den artenspezifischen traditionellen Wachstumsregionen stammen und mit optimierten, gleich bleibenden Anbautechniken produziert werden. Von daher lässt sich eine möglichst konstante Qualität erwarten. Zum ersten Mal bot Nina Zhao-Seiler dieses Jahr eine Kräuterwanderung in der VR China an. Der erste Teil der Reise führte in die Region von Chengdu, in die Anbaugebiete verschiedener Arzneimittel. Im zweiten Teil der Reise besuchten die Teilnehmer das tibetische Grasland auf rund 3500 m über Meer sowie Gebirgsregionen im A Ba- Gebiet der Provinz Sichuan. Die Reise vermittelte starke Impressionen, herrliche Bilder und intensive Erfahrungen doch wir lernten auch viel über den Anbau einiger Chinesischer Arzneien. Zwei der vier besuchten Arzneimittelplantagen sollen hier beschrieben werden und einen Einblick in die Anstrengungen für einen fortschrittlichen Arzneimittelanbau im modernen China gewähren. Qualitätssicherung durch GAP Die besuchten Plantagen arbeiten alle nach GAP, Good Agricultural Practices, im chinesischen Sinne. Das entspricht nicht unbedingt den Anforderungen, welche im Westen für GAP gelten. Trotzdem ist dieser von der chinesischen Regierung geforderte Wechsel zu GAP eine durchaus positive Sache. Ziel ist es, dass die verschiedenen Arzneimittel ausschliesslich in ihren traditionellen Wachstumsgebieten angebaut werden, wo sie bereits seit Hunderten von Jahren gesammelt werden können. Rhizoma Ligustici Wallichii (Chuan Xiong) ist zum Beispiel auf das Flusswasser im Chengdu-Becken angewiesen. Rhizoma Coptidis Chinensis (Huang Lian) hingegen 9 benötigt die Höhe und das Klima in der Umgebung des 3000 Meter hohen Berges E Mei. Zu den GAP-Anforderungen gehört auch, dass möglichst ökologisch angebaut wird und dass eine wissenschaftliche Begleitung gewährt ist. Diese soll bei Anbau- und Pflanzenschutzproblemen 12 1 INHALTSVERZEICHNIS 1 4 3 5 7 8 9 10 10 11 Huan Lian am Tempelberg E Mei: Versuchsfelder der YADA. Kräuterwanderung in China Gedanken von Verena Baustädter Fehldiagnosen vermeiden Neues aus der Fachwelt - Bestätigt: Regenwurm befreit Leitbahnen - Rubricin besser als Antibiotika? - Vielseitiger Ginseng Neues von LIAN/Impressum - Sars-Arzneimittel: Preise wieder gesenkt Neue Produkte Hinweise zu den LIAN-Seminaren Veranstaltungen 3/03 >

REISEBERICHT: KRÄUTERWANDERUNG IN DER CHENGDU-REGION Huang Lian-Plantagen: Ernten alle 55 Jahre Huang Lian wächst am besten in höheren Bergregionen. Das Ziel unserer Fahrt liegt deshalb auf 1800 m über Meer im E Mei Shan-Gebiet, etwas südlich von Chengdu. Unsere Reisegruppe bricht also um 7.30 auf, um in die Fabrik der Sichuan YADA Pharmaceutical Company zu fahren. Mit zwei Jeeps und einem Kleinbus gehts los, rasant in die send für 50 Jahre (!) nicht mehr bepflanzt werden, um wieder hochqualitativen Huang Lian ziehen zu können. Es bleibt noch zu prüfen, ob sich diese lange Brachfrist durch verfeinerte Bodenbearbeitungs-, Dünge- und Anbautechniken allenfalls verkürzen lässt. Der anspruchsvolle Anbau erklärt den hohen Preis Aber YADA hat sich vorgesehen. In diesem steilen Gelände hat das Unternehmen 10 000 Mu (1 Mu entspricht 660 m 2 ) gepachtet. Zurzeit wächst Huang Lian, gepflanzt 2001, auf 800 Mu. Pro Mu darf man mit 250 300 kg Trockendroge rechnen. Daraus wird klar, weshalb Huang Lian im Vergleich zu anderen Rohdrogen so teuer ist: Die fünf Jahre im Boden, die lange Brachzeit, die hoch gelegenen und schwer Huang Lian auf die Kombination kommts an Die Blüten des Huang Lian werden weggeschnitten es geht ja um die Wurzeln. Höhe. Auf engen Bergstrassen flitzen wir vorbei an wunderbaren kleinen Dörfern und atemberaubender Landschaft. Wir befinden uns auf der Hinterseite des E Mei Shan. Dieser heilige Tempelberg beherbergt noch heute zahlreiche buddhistische Klöster und ragt 3000 m in die Höhe. «Nur noch 15 Kilometer!», versichert man uns, als wir von der Landstrasse abbiegen und auf einer sehr holprigen Kiesstrasse noch steiler den Berg hinauffahren. Ich sitze zuhinterst im Bus und freue mich ganz besonders auf das Ende der Fahrt. Mit dem Fotografieren durch das Fenster ist es nun vorbei. Bodenwellen und grosse Steine lassen die Fahrgäste im Kleinbus hüpfen. Teils bis ans Wagendach. Trotzdem bestaunen wir die neblig-grüne Berglandschaft. Nach drei Stunden Fahrt erreichen wir unser Ziel: ein grosses, noch nicht ganz fertig gestelltes Haus im modernen chinesischen Stil. Hier soll das Berghauptquartier der YADA Huang Lian-Plantagen entstehen. Die Plantagen sind noch relativ neu. Huang Lian ist keine einfache Pflanze. Viel Vorarbeit und grosse Investitionen waren nötig, um hier den Huang Lian-Anbau zu ermöglichen. Das Klima in dieser Region bietet die besten Bedingungen für den Huang Lian-Anbau. Der Boden ist eine Lehm- Sand-Mischung und das Klima ist sehr feucht mit viel Regen. Huang Lian wird zuerst angesät, später siedelt man die Stecklinge auf die mit Netzen beschatteten Bergfelder um. Zu viel Sonne macht die Pflanzen kaputt. Um gute Huang Lian-Wurzeln ernten zu können, müssen die Pflanzen während fünf Jahren im Boden gelassen werden. Nach zwei bis drei Jahren beginnen sie zu blühen. Diese Blüten werden dann abgeschnitten, um die Versamung und den Kraftverlust zu verhindern. Nach fünf Jahren werden die Wurzeln ausgegraben, gereinigt und unter indirekter Hitze getrocknet. Dann können sie geschnitten und schliesslich verkauft werden. Das Anbaufeld sollte anschlies- Huang Lian, Rhizoma Coptidis Chinensis, ist eine der bittersten Arzneien in der Chinesischen Materia Medica. Es klärt feuchte Hitze und ist speziell geeignet, um Herz- und Magenhitze zu klären. Durch ihre Bitterkeit und Kälte ist diese Pflanze jedoch auch einschneidend in ihrer Funktion. Die Normaldosierung der getrockneten Wurzel liegt bei 2 7 Gramm. Bei zu hoher Dosierung können starkes Völlegefühl, Durchfall und Übelkeit ausgelöst werden. Die Chinesische Medizin erklärt diese Nebenwirkungen damit, dass das Milzfeuer durch diese kalt-bittere Arznei geschädigt wird und dann zu schwach ist, die eingenommene Nahrung sowie Flüssigkeiten zu transportieren und zu transformieren. Diese sammeln sich an und stauen den Qi-Fluss des Magens, was zu rebellierendem Magen-Qi, also Übelkeit und Erbrechen führt. Die angestauten Nahrungsmittel können sich auch in Feuchtigkeit umwandeln und es entstehen Blähungen und Durchfall. Trotzdem sollte auf die Anwendung von Huang Lian nicht verzichtet werden. Gerade für Patienten, die an einer schwachen Milz mit Feuchtigkeit und etwas Hitze, vor allem Herzhitze, leiden, ist Huang Lian eine äusserst effiziente Arznei. Aber die Kombination muss stimmen. Das blosse Verschreiben von hoch dosiertem Huang Lian, um Hitze zu klären und Mikroorganismen zu töten, unterscheidet sich kaum von der Abgabe von Antibiotika. Es führt denn auch zu sehr ähnlichen Nebenwirkungen. In der Kombination liegt die Stärke der Chinesischen Arzneimitteltherapie. Als Beispiel soll die Rezeptur Ban Xia Xie Xin Tang* dienen. Dort sind bittere und kalte Arzneien, unter anderem Huang Lian, mit dem heissen und Milzfeuer stimulierenden getrockneten Rhizoma Zingiberis (Gan Jiang) kombiniert. Tief dosiertes Gan Jiang in kalten Rezepturen für Patienten mit einer schwachen Milz ist eine einfache Kombination, um den Milz kühlenden Effekt von Huang Lian und seinen zwei Huang- «Schwesterpflanzen» (Huang Bai und Huang Qin) zu kontrollieren, ohne ihre Hitze klärende Funktion zu komprimieren. Simon Becker * Diese und die allermeisten übrigen Formeln können in «Chinese Herbal Medicine: Formulas & Strategies» von D. Bensky und R. Barolet nachgelesen werden. 2

erreichbaren Felder machen den hohen Preis mehr als verständlich. Die YADA hat auch Versuchsfelder für die Forschung zur Düngung und über die Pflanzeneigenschaften eingerichtet. Dort wachsen ganz unterschiedliche Spezies von Huang Lian. Im Hauptanbaugebiet wächst aber ausschliesslich das Wei Lian (Coptis chinensis Franch.). Dr. Zhang, der wissenschaftliche Begleiter dieser Plantage, gibt uns zu bedenken, dass in traditionellen Büchern immer Mais als Schattenspender in Mischkultur mit Mai Men Dong. behauptet werde, Ya Lian (Coptis deltoidea C.Y. Cheng et Hsiao) sei besser. Das könne er aber nicht bestätigen. Untersuchungen haben ergeben, dass die Inhaltsstoffspektren praktisch identisch sind. Auch scheinen keine klinischen Studien vorzuliegen, die C. deltoidea als das bessere Arzneimittel ausweisen würden. Mai Men Dong zierliche Büschel im Mais Um von Chengdu aus die Mai Men Dong-Plantage zu besichtigen, sind wir zwar auch einige Stunden mit unserem Bus unterwegs, wir bleiben diesmal aber in der Ebene. Mai Dong, Tuber Ophiopogonis Japonicae, wächst im Chengdu- Becken und wird dort, wo die Plantage heute liegt, bereits seit der Yuan-Dynastie (ca. 1000 n. Chr.) angebaut. Die GEDANKEN TCM auch fürs Herz Die Coronarsklerose, eine Verkalkung und Degeneration der Herzkranzgefässe, ist die am weitesten verbreitete Krankheit und die Todesursache Nr.1 in der westlichen Welt (Infarkt!). TCM wird hier nur selten eingesetzt. Bei Symptomen wie thorakalem Engegefühl, Schmerz und Atemnot wird die westliche Medizin zu Rate gezogen. Manchmal kann ein operativer Eingriff Erleichterung verschaffen. Für die meisten bleibt nur der Griff zu Medikamenten. Die Einnahme von täglich 10 15 Tabletten ist für Menschen mit chronischen Herzkrankheiten keine Seltenheit. Diese Medikamente bringen oft Erleichterung und verlängern das Leben. Sie belasten aber auch den Organismus und haben häufig unangenehme Nebenwirkungen. Nur wenige Herzpatienten suchen TCM-Therapeutinnen oder TCM-Ärzte auf. Das ist schade, denn die TCM kann einiges bieten. Die exakte Diagnose und die Möglichkeit einer selektiv tonisierenden Therapie sind hier die Stärken der TCM. Beispiel: Herzinsuffizienz mit Wasseransammlung, Erschöpfung, Kurzatmigkeit und thorakalen Schmerzen wird häufig durch Yang-Mangel bedingt und geht oft mit Kältegefühl einher. Wärmen und Stärken von Yang und Qi (etwa mit der Rezeptur Zhen Wu Tang und Moxa) bringt oft eine erstaunliche Verbesserung der Lebensqualität und auch der klinischen Parameter. Ein weiteres Beispiel ist das Ausleiten von Ödemen (Feuchtigkeit), hauptsächlich durch Tonisierung der für den Wasserhaushalt verantwortlichen Organe (Milz, Lunge, Niere) und erst in zweiter Linie durch Förderung der Diurese. Dies führt zu einer Stärkung des Zheng Qi und damit der Vitalität. Ich habe bei manchen Patientinnen und Patienten mit schweren, chronischen Herz-Kreislauf-Erkrankungen Verbesserungen erlebt, die fast an «Wunder» grenzen, und möchte in diesem Bereich für den vermehrten Einsatz der TCM oft natürlich in Kombination mit Schulmedizin plädieren. Dr. med. Verena Baustädter, M. Sc.-TCM (USA), Mitarbeiterin der LIAN CHINAHERB, ist Spezialistin für Herz- Kreislauf-Erkrankungen. So sieht Mai Men Dong nach vier Monaten aus. Verena Baustädter GAP-Forderung der traditionellen Anbauregion ist also erfüllt. Die Chinesische Medizin verwendet auch andere Ophiopogon- 3 3/03

REISEBERICHT: KRÄUTERWANDERUNG IN DER CHENGDU-REGION Mai Men Dong Yin nähren ohne zu verkleben Mai Men Dong, Tuber Ophiopogonis Japonici, ist süss und leicht bitter und auch leicht kalt. Es tritt in die Lungen-, Herz- und Magenleitbahnen ein. Mai Men Dong ist ein vorzügliches Mittel, um Yin zu nähren. Oft sind Yin nährende Mittel ja klebrig und schleimig. Das heisst, sie verkleben und behindern die Milz. Das gilt etwa für behandeltes Radix Rehmanniae (Shu Di) oder Radix Polygoni Multiflori (He Shou Wu). Mai Men Dong hingegen ist praktisch frei von dieser klebrig-schleimigen Charakteristik und kann sehr gut verschrieben werden bei Trockenheit mit simultanem Milzmangel. Natürlich sollte es dann mit anderen Milz stärkenden Substanzen wie zum Beispiel Radix Panacis Ginseng (Ren Shen), Radix Codonopsitis Pilosulae (Dang Shen) oder Radix Glycyrrhizae (Gan Cao) kombiniert werden. Erwähnenswert ist die Kombination von Ren Shen und Mai Dong. Zusammen mit Fructus Schisandrae Chinensis (Wu Wei Zi) bildet diese Kombination die Rezeptur Sheng Mai San. Das ist eine der besten Rezepturen, um den Sauerstoffverbrauch des Gewebes zu senken. Traditionell wird diese Rezeptur sehr häufig bei simultanem Herz-Qiund Herz-Yin-Mangel, aber auch bei systemischem Qi- und Yin-Mangel eingesetzt. In der TCM-Hämatologie wird die Kombination von Mai Dong und Ren Shen sehr oft bei starker Anämie eingesetzt. Wenn die Zahl der roten Blutkörperchen dezimiert ist und das Gewebe nicht ausreichend mit Sauerstoff versorgt wird, lassen sich mit Sheng Mai San gute Erfolge erzielen. Oft zeigen die Patienten zwar immer noch relativ tiefe Hämoglobinwerte, fühlen sich aber viel besser als zuvor. Als wir auf unserer Reise über 3000 m gestiegen waren, gab Nina Zhao-Seiler allen eine Packung Sheng Mai San-Flüssigtinktur ab. Mai Dong ist auch ein ganz spezielles Mittel gegen Husten. Es hat eine Husten stoppende Funktion und es nährt und befeuchtet ohne zu verkleben. Auch wenn noch relativ viel Schleim vorhanden ist, kann Mai Dong ohne grosse Bedenken in Hustenformeln integriert werden. Gerade bei chronischen Husten besteht ja immer die Gefahr, dass der Schleim eintrocknet und zäher wird. Mai Dong verhindert dies und stoppt gleichzeitig den Husten. Simon Becker Arten. Auf der von der Reisegruppe besichtigten Plantage wird aber nur O. Japonicae angepflanzt. Als wir auf die Felder kommen, sehen wir nichts als Mais. Wir erkundigen uns, wo denn das Mai Men Dong nun wachse. Stolz zeigt der Chefbauer auf die Mai Men Dong- Parzellen unter dem Mais. Mai Men Dong ist eine unscheinbare Pflanze. Sie wächst in der Form zierlicher kleiner Grasbüschel. Diese Mischkulturen sind ein Beispiel für die ausgeklügelten Methoden, die den Ertrag der Felder erhöhen und die jungen Mai Men Dong-Pflanzen vor der heissen Sonne schützen. Im April werden Sprösslinge ohne Wurzeln in den Boden gesteckt. Sie wachsen im Schatten der bereits recht grossen Maispflanzen vorzüglich. Wenn im August der Mais geerntet wird, sind die Mai Men Dong-Pflanzen gross genug, um an der Sonne gut überleben zu können. Ab September beginnen die Wurzelknollen zu wachsen, aus denen das Arzneimittel gewonnen wird. Im folgenden April sind diese Knollen erntereif. Blüten schneiden, Parzellen fluten Die Blüten, die die Ophiopogon-Pflanze im September bildet, werden oft abgeschnitten, um die Kraft der Pflanze in den Wurzeln zu konzentrieren. Einige blühende Pflanzen werden für die Fortpflanzung verwendet. Alle paar Jahre werden die Mai Dong-Mais-Mischkulturen für ein Jahr durch Reispflanzungen ersetzt. Das hat mehrere Vorteile: Die Felder können sich erholen und die Schädlinge werden durch die Überflutung, welche für die Reisplantagen notwendig ist, vertrieben oder getötet. Auf dieses Prinzip der Schädlingsbekämpfung wird auch während der Wachstumszeit zurückgegriffen, indem man die Felder von Zeit zu Zeit überflutet. So müssen auf dieser Plantage keine Pestizide angewendet werden. Arbeit und Einkommen durch Mai Men Dong Der Bürgermeister der 27 000 Einwohner zählenden Stadt ist stolz. Die Mai Men Dong-Plantagen bringen Arbeit und Geld in sein Städtchen. Auf einem Mu können 1000 kg Frischpflanzen geerntet werden. Das ergibt rund 200 kg getrockneten, verkaufsfähigen Mai Men Dong. Bei einem lokalen Verkaufspreis von 10 Yuan (etwa sfr. 1.80) pro kg sorgen die beinahe 1000 Mu, welche hier bepflanzt werden, doch für ein beträchtliches Einkommen. Wir besichtigten noch weitere Plantagen und besuchten den botanischen Garten der Universität von Sichuan, wo uns Prof. Wu Ting-jun die charakteristischen Merkmale vieler Pflanzen zeigte und erläuterte. Dann ging die Reise in die Berge und ins tibetische Hochland. Dort besuchten wir keine Plantagen mehr, sondern suchten und bestaunten die Heilpflanzen in der unglaublich artenreichen Flora. Natürlich blieb während dieser Tage auch etwas Zeit für Wanderungen und für Besuche der tibetisch-buddhistischen Klöster. Das war nicht immer einfach und teils höhenbedingt sehr anstrengend. Wir erlebten in diesen Bergetappen aber Unvergessliches, sowohl landschaftlich als auch in kultureller Hinsicht. Simon Becker Fazinierende Bergwelt mit reicher Flora. 4

FEHLDINOSEN Bei Kopfweh einfach den Kopf behandeln? Analysen von Fehldiagnosen Kunstfehler kommen in jeder Kunst, jedem Handwerk, jedem Beruf vor. Ärztinnen und Therapeuten sind aber besonders verpflichtet, Fehler wenn irgend möglich auszuschliessen. In erster Linie sind Fehldiagnosen zu vermeiden, führen sie doch unweigerlich zu falscher Behandlung. «EXTRAKT» bringt hier die Übersetzung eines Beitrags aus «Zhong Yi Za Zhi», dem Journal der Chinesischen Medizin 1). Schon im Originaltext überrascht der stellenweise scharfe Tonfall dieser «Kollegenschelte». Viele Fallgeschichten der heutigen Praxis sind unvollständig; sie vernachlässigen die Kombination der modernen medizinischen Diagnoseverfahren mit den traditionellen Differenzierungen der Krankheit und der Muster. Es fehlt die Integration des Gesamten. Die Denkweise ist oft sehr eng, die Analysen sind mitunter gedankenlos. Dies führt immer wieder zu Fehldiagnosen und Fehlbehandlungen. Drei Fälle sollen als Lektionen dienen, keine voreiligen Diagnosen zu stellen. Fall 1: vaginaler Juckreiz Krankheitsursachen für vaginalen Juckreiz mit Ausfluss gibt es viele; die Behandlung darf nicht nur in der Gynäkologie gesucht werden. Am 20. April 1992 kam die Patientin, eine 48-jährige Frau, erstmals zur Diagnose. Zu dieser Zeit hatte sie bereits seit sechs Monaten an starkem Juckreiz in der Vulva gelitten und sie hatte seit zwei Monaten auch stärker werdenden weissen Ausfluss. Die Gynäkologin diagnostizierte eine Colpomycosis (Scheidenpilz) und verschrieb mykostatische Mittel und Flagyl zur Einnahme und äusseren Anwendung. Diese Medizin blieb jedoch erfolglos. Deshalb wurde eine gynäkologische Untersuchung vorgenommen, welche ergab, dass die Schleimhaut der Vulva verdickt und rau, die vaginale Membrane gerötet und angeschwollen war. Der Ausfluss war stark und sah aus wie alte, geronnene Milch. Die Musterdifferenzierung war somit feuchte Hitze, die nach unten in die Vulvaregion sank und «Würmer» (chong) 2) produzierte. Die Verschreibung nach Chinesischer Medizin bestand aus Radix Sophorae Flavescentis (Ku Shen), Cortex Phellodendri (Huang Bai), Fructus Cnidii Monnieri (She Chuang Zi), Radix Pulsatillae Chinensis (Bai Tou Weng), Rhizoma Smilacis Glabrae (Tu Fu Ling), je 30 g; Radix Stemonae (Bai Bu), 20 g; Pericarpium Zanthoxyli Bungeani (Chuan Jiao), 15 g. «Es ist wichtig, die Wurzel der Krankheit zu suchen, aber gleichzeitig auch die Äste zu behandeln.» 5 Ein Dekokt dieser Kräuter wurde als Sitzbad zweimal täglich äusserlich angewendet. Zusätzlich wurden auch zwei Pillen von Nu Yan Ling eingenommen (Spezialrezeptur für gynäkologische Entzündungen, Inhaltsstoffe unbekannt). Dies wurde während 15 Tagen ausgeführt. Am 8. Mai kam die Frau für ihre nächste Diagnose. Alle Symptome waren unverändert. Eine vorsichtige Befragung ergab dann, dass der Appetit der Patientin während des letzten Jahres kontinuierlich angestiegen war, dass ihr Mund sich trocken anfühlte und sie häufig Wasser lassen musste. Ihr Körper war leicht abgemagert. Trotzdem konnte sie noch gut arbeiten und ihre Krankheit störte sie wenig. Ihre Zunge war rot und trocken mit wenig Belag. Der Puls war leer (xu) und schnell (shuo). Eine Blutzuckeruntersuchung ergab einen Blutzuckerwert von 12,2 mmol/l (normal: 3,9 bis 5,6 mmol/l) und einen positiven Urinzuckerspiegel (+). Somit wurde die Diagnose Zuckerkrankheit gestellt. Zusätzlich litt die Patientin tatsächlich an Colpomycosis. Die Musterdifferenzierung war Yin-Mangel mit aufflammendem Feuer und die Behandlung musste auf die drei Organe Lunge, Milz und Nieren ausgerichtet werden. Es wurde Zhu Chen-yu s Erfahrungsrezeptur verschrieben: Radix Astragali Membranacei (Huang Qi), gekochtes und ungekochtes Radix Rehmanniae (Sheng Shu Di), je 30 g; Rhizoma Atractylodis (Cang Zhu), Radix Scrophulariae Ningpoensis (Xuan Shen), Rhizoma Dioscoreae Oppositae (Shan Yao), Os Draconis (Sheng Long Gu), Conchae Ostreae (Sheng Mu Li), je 15 g; Radix Codonopsitis Pilosulae (Dang Shen), Tuber Ophiopogonis Japonici (Mai Dong), Galla Rhois Chinensis (Wu Bei Zi), je 12 g; Fructus Schisandrae Chinensis (Wu Wei Zi), und Sclerotium Poriae Cocos (Fu Ling), je 10 g. Davon wurden 10 Portionen verschrieben, eine pro Tag. Zusätzlich wurden noch Tolbutamide (Orinase) und die Sitzbäder weiter angewendet. Am 20. Mai kam die Patientin zu ihrem nächsten Termin. Die Symptome der «Krankheit der drei Grossen» (Diabetes) waren reduziert und der Juckreiz war ebenfalls etwas abgeschwächt. Die oben aufgeführte Rezeptur wurde für weitere 20 Tage verschrieben und das Kräuterbad für weitere 10 Tage. Danach waren die Diabetessymptome unter Kontrolle, der Juckreiz gestoppt, und der Ausfluss stark reduziert. Eine weitere Blutuntersuchung ergab einen Blutzuckerspiegel von 7,6 mmol/l und der Urinzuckerspiegel war negativ. Die Verschreibung wurde weiterhin in Pillenform eingenommen, um die therapeutische Wirkung zu konsolidieren. Danach war der Krankheitszustand der Patientin stabil, ihr Appetit reguliert, der genitale Juckreiz und Ausfluss waren gestoppt. Genitaler Juckreiz mit Ausfluss wird nicht ohne Weiteres mit Zuckerkrankheit (in der Chinesischen Medizin als Abmagerung und Dursten, xiao ke bekannt) als Hauptkrankheit in Verbindung gebracht. Bei dieser Patientin hat der zuckerhaltige Urin den vaginalen Juckreiz stimuliert. Dieses Symptom war verkompliziert durch einen 3/03

FEHLDINOSEN Scheidenpilz, der den Juckreiz verschlimmerte und von starkem Ausfluss begleitet war. Für die Behandlung war es wichtig, die Wurzel der Krankheit zu suchen, aber gleichzeitig auch die Äste zu behandeln. Das heisst, Yin musste genährt und Hitze geklärt werden. Die Trockenheit war zu klären, um den Juckreiz zu beseitigen, feuchte Hitze musste eliminiert werden, um den Ausfluss zu stoppen. Die Praxis zeigte, dass eine detaillierte Befragung der Patientin von grosser Bedeutung war und dass für die Analyse und Diagnosestellung eine Gesamtschau nötig ist: Einige dem Anschein nach nicht verbundene Symptome wiesen eine innere Beziehung zur Krankheit auf. Hier war die Hilfe moderner diagnostischer Methoden von grosser Bedeutung. Zusammen mit der Krankheitsund Musterdifferenzierung der Chinesischen Medizin kann moderne Diagnostik davon abhalten, bei Kopfschmerzen einfach den Kopf zu behandeln und bei Fussschmerzen den Fuss, das heisst, nur die Symptome, aber nicht die Krankheit zu behandeln. Fall 2: Metamorphopsis 3) Erforsche die Wurzel und suche den Grund im Nacken. Die Patientin war eine 42-jährige Frau. Sie kam am 20. Oktober 1997 zur Diagnose und beklagte sich darüber, dass sie seit acht Monaten mit beiden Augen Dinge abnormal und verzerrt sah. Verschiedene Augenspezialisten fanden keine Ursachen. Die Einnahme von Qi Ju Di Huang Wan für einen Monat führte zu keinen Verbesserungen. Die Augen der Frau waren trocken und rau, sie litt an Kopfschmerzen und Schwindel. Der Vertex fühlte sich brennend heiss an, auch die Zentren ihrer Hände und Füsse waren heiss. In den Augen waren von aussen keine pathologischen Veränderungen festzustellen. Die Zunge war weich und rot, der Puls war dünn (xi) und schnell (shuo). Die Musterdifferenzierung war somit Yin-Mangel der Leber und der Nieren mit aufflammender leerer Hitze. Ein modifiziertes Zhi Bai Di Huang Wan wurde verschrieben, aber nach einem Monat Behandlung hatte lediglich die Hitze in den Händen und Füssen nachgelassen. Die übrigen Symptome der Krankheit waren wie zuvor. Nun suchte sich die Patientin einen anderen Doktor, der dann hauptsächlich die Nieren zu stärken und die hyperaktive Leber auszugleichen (ping) suchte. Auch dies blieb ohne Erfolg. Im März 1998 suchte sie für eine erneute Diagnose einen weiteren Arzt auf. Dieser wies darauf hin, dass die Einschränkung der Sehkraft mit dem Nacken zusammenhängen kann. Ein Röntgenbild des Nackens ergab, dass der intervertebrale Raum zwischen dem 4. und 5. Nackenwirbel komprimiert war und dass die vorderen und hinteren Ränder der 6. und 7. Nackenwirbel hypertrophiert waren, «In der Praxis müssen die vier diagnostischen Methoden integriert werden, um so viele Symptome wie möglich zu finden. Es geht nicht an, eine der Methoden zu vergessen oder wegzulassen.» «Zusammen mit der Krankheitsund Musterdifferenzierung der Chinesischen Medizin kann moderne Diagnostik davon abhalten, bei Kopfschmerzen einfach den Kopf zu behandeln und bei Fussschmerzen den Fuss.» der intervertebrale Zwischenraum war hier ebenfalls komprimiert. Der Arzt diagnostizierte somit zervikale Spondylopathie, die Musterdifferenzierung lautete Schleimstase in Verbindung mit einer Blockade der Leitbahnen und der Netzwerkgefässe. Es wurde daher eine Erfahrungsrezeptur von Shi Yong-shen verschrieben: Fructus Arctii Lappae (Niu Bang Zi), Bombyx Batryticatus (Jiang Can), Radix et Rhizoma Notopterygii (Qiang Huo), Ramulus Cinnamomi Cassiae (Gui Zhi), Radix Glycyrrhizae (Gan Cao), Radix Ledebouriellae seu Saposhnikoviae (Fang Feng), Rhizoma Arisaematis (Tian Nan Xing), je 10 g; Radix Albus Paeoniae Lactiflorae (Bai Shao), Semen Astragali Complanati (Sha Yuan Zi), je 12 g; Radix Puerariae (Ge Gen), Radix Angelicae Sinensis (Dang Gui), je 15 g; Radix Astragali Membranacei (Huang Qi), 20 g. Davon wurden 10 Portionen verschrieben. Zusätzlich wurde eine Nackentraktion angewendet. Nachdem die 10 Portionen eingenommen waren, reduzierten sich alle Symptome. Daher wurde dieselbe Rezeptur für weitere 15 Tage verschrieben. Danach war die Sicht wieder normal und das brennende Gefühl im Vertex verschwunden. Auch die Rauheit und Trockenheit der Augen war gestoppt. Daher wurde die obige Verschreibung als Pille produziert und eingenommen, um den Behandlungserfolg zu sichern. Eine Folgeuntersuchung ein halbes Jahr später ergab keine Rückfälligkeiten. Die Fehldiagnosen in diesem Fall verwundern über die Gedankengänge der besuchten Ärzte. Sie scheinen eine genaue und detaillierte Analyse der Symptome zu verpassen. Stattdessen klammern sie sich an die oberflächlichen Symptome: Sie diagnostizieren Yin-Mangel mit aufflammendem Feuer. Und selbst wenn ihre Behandlung nicht hilft, denken sie nicht weiter über andere Aspekte der Krankheit nach. So wurde die korrekte Diagnose um ein ganzes Jahr verzögert. In der Praxis ist es wichtig, mit Offenheit zu denken; es ist auch essenziell, auf die Unterstützung moderner diagnostischer Verfahren zurückzugreifen. Dies kann der Limitiertheit der vier diagnostischen Methoden der Chinesischen Medizin zu Hilfe kommen und die Musterdifferenzierung bereichern. So lässt sich der klinische Erfolg erhöhen. Fall 3: «unheilbarer» Durchfall Dem Durchfall auf den Grund gehen: Schleim- und Qi- Mischblockade führen zu Schilddrüsenvergrösserung. Der Patient war ein 35-jähriger Mann. Er kam am 20. Februar 1997 zur Behandlung und beklagte sich über Durchfall seit zwei Monaten. Der Stuhl war gelb und breiig und der Mann hatte täglich fünf bis sechs Entleerungen. Vor den Entleerungen litt er an Blähungen und Schmerzen im Abdomen; nach den Entleerungen waren diese Symptome verbessert. 6

FEHLDINOSEN Sein Appetit war normal. Ein erster Arzt schaute nur sehr kurzsichtig und diagnostizierte Verdauungsprobleme oder Colitis und verschrieb erfolglos Westliche und Chinesische Medikamente für 20 Tage. Bei einer weiteren Untersuchung zeigte sich der Patient noch immer mit den erwähnten abdominalen Symptomen, Unruhe, schnellem Aufbrausen, häufigem Seufzen, einer roten Zunge mit wenig Flüssigkeiten und einem saitenförmigen (xian) und verlangsamten (huan) Puls. Ein Bariumbrei- Einlauf brachte keine Hinweise auf pathologische Darmveränderungen und so wurde eine Diagnose von chronischer Colitis gestellt. Die Musterdifferenzierung entsprach Überwältigung der Milz von Leber-Qi. Es wurde eine Modifikation von Tong Xie Yao Fang verschrieben. Nach fünf Tagen waren die Symptome jedoch immer noch unverändert. In den ersten Frühlingstagen bemerkte der Patient dann, dass er auch bei sehr leichter Kleidung rasch ins Schwitzen geriet. Eine genauere Befragung ergab, dass er während der letzten Monate eine Aversion gegen Hitze hatte, schnell schwitzte und noch immer an Gereiztheit und Nervosität litt. Sein Appetit war unverändert, aber das schnelle Aufbrausen war sehr akut. Auch klagte der Patient über Angstzustände und Depressionen. Er fühlte, dass ihn der Durchfall sehr schwäche und dass eine Heilung des Durchfalles ihn heilen würde. Eine Untersuchung zeigte, dass beide Augen leicht vorstanden, dass seine Schilddrüse im zweiten Grad vergrössert war und dass sein T 3 -Wert bei 4,5 nmol/l (normal: 1,2 3 nmol/l), sein T 4 -Wert bei 194 nmol/l (normal: 64 154 nmol/l) lag. Nun stellte der Arzt die Diagnose Hyperthyreose, Überfunktion der Schilddrüse. Der Krankheitsmechanismus war Einengung der Leber mit Hitzetransformation, horizontalem Gegenfluss und Angriff auf die Milz, Kondensierung von Flüssigkeiten in Schleim, Schleim- und Qi-Mischstagnation und Entstehung einer Struma (Kropf). Die Behandlung bestand deshalb hauptsächlich darin, die Leber zu klären, Schleim zu transformieren und den Kropf aufzulösen. Die folgende Rezeptur wurde verschrieben: Concha Ostreae (Mu Li), Herba Sargassi (Hai Zao), je 30 g; Spica Prunellae Vulgaris (Xia Ku Cao), Radix Scrophulariae Ningpoensis (Xuan Shen), Concha Cyclinae Sinensis (Hai Ge Ke), je 15 g; Bulbus Fritillariae Thunbergii (Zhe Bei Mu), Tuber Dioscoreae Bulbiferae (Huang Yao Zi), Cortex Moutan Radicis (Dan Pi), Radix Bupleuri (Chai Hu), Rhizoma Cyperi Rotundi (Xiang Fu), je 10 g; Fructus Gardeniae Jasminoidis (Zhi Zi), Radix Gentianae Scabrae (Long Dan Cao), je 6 g. Diese Verschreibung wurde in Form eines Wasserdekokts eingenommen. Zusätzlich nahm der Patient Tapazole (Methimazole) ein. Nach 15 Tagen war die Häufigkeit des Durchfalls reduziert. Nach weiteren 20 Tagen war der Durchfall gestoppt und auch die anderen Krankheitssymptome hatten sich normalisiert. Die Schilddrüse war wieder normal und die T 3 - und T 4 -Werte lagen innerhalb der normalen Limiten. «Moderne diagnostische Verfahren können der Limitiertheit der vier diagnostischen Methoden der Chinesischen Medizin zu Hilfe kommen und die Musterdifferenzierung bereichern.» 7 Die Verschreibung wurde somit weiterhin eingenommen, die Krankheit blieb unter Kontrolle. Durchfall wegen Hyperthyreose ist ein häufiges Symptom, welches von einer Stimulation der Peristaltik von Seiten der hyperaktiven Schilddrüse herrührt. Das «Yi Xue Ru Men» («Einführung in die Medizin») schreibt über Struma schon sehr detailliert: «Struma-Qi (ying qi) wird heutzutage auch Struma-Zyste (ying nang) genannt. [ ] Symptome sind Palpitationen, Schlaflosigkeit, häufiges Schwitzen und eine blanke (guang) und rote Zunge, [ ] die Emotionen sind sehr agitiert und die Augen ragen heraus. [ ]. Wenn die Leber hyperaktiv ist, kann sie die Milz angreifen. Die Milz verliert dadurch ihre Transport- und Transformationsfunktion, der Stuhl wird weich und breiig, der Körper magert ab und ermüdet.» Bei der ersten Diagnose dieses Falles ist man nur auf das Hauptsymptom, den Durchfall, eingegangen. Ohne tiefere Analyse wurde einfach chronische Colitis diagnostiziert. Erst bei der zweiten Diagnose, aufgrund der nicht der Jahreszeit entsprechenden Kleidung seines Patienten, die Wahrheit zu sehen, ist eine Verfehlung. In der Praxis müssen die vier diagnostischen Methoden integriert werden, um so viele Symptome wie möglich zu finden. Es geht nicht an, eine der Methoden zu vergessen oder wegzulassen. Man soll sich auf das Hauptsymptom konzentrieren, dann aber eine vertiefte Befragung über Begleitsymptome durchführen. Man darf sich nicht nur auf die vom Patienten erwähnten Symptome konzentrieren. Patienten sind oft ungenau in der Beschreibung ihrer Begleitsymptome. Auch soll man in der Hoffnung auf diagnostische Hinweise moderne medizinische Untersuchungsmethoden verwenden. Die Synthese und Analyse dieser Daten führt zur korrekten Diagnose. Shi Ping-Liang; aus dem Chinesischen frei übersetzt von Simon Becker 1) Ausgabe Februar 1999, Seite 123 124. 2) In der Chinesischen Medizin beschreibt der Begriff chong Insekten, Würmer und andere kleine und kleinste Lebewesen. In neuerer Zeit steht chong auch für das, was die Westliche Wissenschaft Mikroorganismen nennt. Im vorliegenden Fall wird chong für die durch die Westliche Medizin entdeckten Pilze verwendet. Ein schönes Beispiel für die moderne Annäherung und Ergänzung zwischen Chinesischer und Westlicher Medizin. Die nächste Ausgabe von «EXTRAKT» wird näher auf das chong-konzept eingehen. 3) Die Augenkrankheit Metamorphopsis führt dazu, dass man Dinge in verzerrter Form sieht, Grössenverhältnisse und Distanzen falsch wahrnimmt. 3/03

Foto FiBL NEUES AUS DER FACHWELT Wissenschaftlicher Rückenwind für den Regenwurm In der Chinesischen Medizin wird der Regenwurm (Lumbricus; Di Long) eingesetzt, um die Leitbahnen zu öffnen und die Netzwerkgefässe zu befreien. Eine Recherche am Massachusetts General Hospital und der Harvard Medical School hat ein Enzym im Regenwurm entdeckt, welches «die Blutgefässwände von der Rauheit des Velcro Nützlich in der Landwirtschaft, hilfreich in der zu der Feinheit von Teflon verändert». Mit Medizin: der Regenwurm. anderen Worten: Das Enzym in Di Long reduziert die Tendenz von Blutzellen, sich an die Gefässwände zu «kleben» und dadurch Blockaden zu verursachen. Ein anderer traditioneller Aspekt der Leitbahnen befreienden Wirkung von Di Long ist die Anwendung in verschiedenen Bi- Syndromen, inklusive Brustkasten-Bi (xiong bi), das heisst, bei Blockaden des freien Flusses des Herz-Qi. Diese Symptome treten oft bei koronarer Herzkrankheit auf. Diese Funktion von Di Long wird von den Forschern ebenfalls bestätigt. Sie spekulieren, dass ein ähnlicher Vorgang wie der obige (welcher die Gefässwände glatt hält) auch Omega-6-Fettsäuren in Omega-3-Fettsäuren umwandelt und dadurch eine Reduktion der entzündlichen Reaktionen in Herz- und Durchblutungserkrankungen bewirkt. Die Umwandlung von entzündlichen Omega-6-Fettsäuren in Omega-3-Fettsäuren hängt aber sicher auch mit dem Effekt von Di Long zusammen, Bi-Syndrome im ganzen Körper, also auch den Extremitäten, zu lindern. Weiter haben moderne Recherchen dieser Arznei ergeben, dass sie eine Cholesterin senkende Funktion hat. Dieser Effekt dürfte zusammenhängen mit den traditionellen Funktionen Blut bewegen, Leitbahnen befreien und inneren Wind ausleiten. (gancao.net/weblogs/archives/acublog/000048.html) Chinesisches Kräuterextrakt besser als Antibiotika? Eine Forscherin aus Maryland, Frau Chi S. Chae, hat die Wirkung eines Extraktes aus einem in der Chinesischen Medizin seit Jahrhunderten verwendeten Arzneimittel erforscht und dabei Erstaunliches gefunden. Radix Arnebiae euchromae (Zi Cao) wird in der Chinesischen Medizin einerseits zum Ausleiten von Giften und Kühlen des Blutes und andererseits zum Heilen von Wunden und Verbrennungen gebraucht. Rubricin, ein strahlend rotes Extrakt von Arnebia euchroma, enthält sechs sehr ähnliche Stoffe und scheint eine sehr spezielle antibakterielle Funktion zu haben. Im Kampf gegen Bakterien sind zwei Eigenschaften gefragt, welche Rubricin aufweist: das Abtöten des Bakteriums und das Hemmen des bakteriellen Wachstums. Die meisten Antibiotika haben eine, aber nicht wie Rubricin beide Eigenschaften. Auch gegen Pilze wirkt Rubricin, ist also antimykotisch. Interessant ist auch, dass Rubricin ein wirkungsvoller antibakterieller Stoff gegen antibiotikaresistente Bakterien ist und dass eine Resistenz gegen Rubricin auch bei Langzeitanwendung praktisch nicht entsteht. Die Forscherin Chae musste eineinhalb Jahre suchen, bis sie ein mutiertes Bakterium fand. Aber selbst diese Mutation war nicht komplett resistent gegen Rubricin. Nun soll eine nächste Studie aufzeigen, wie genau Rubricin die Mikroorganismen bekämpft und dabei deren Mutationen verhindert. Chaes Studienkollegin Alma Arnold untersuchte die Genotoxizität und Toxizität von Rubricin. Genotoxizität beschreibt die Fähigkeit einer Substanz, genetische Mutationen in Lebewesen zu verursachen. Die Rubricin-Komponenten waren nicht toxisch, also auch nicht genotoxisch. Es zeigte sich sogar, dass Rubricin einige andere genotoxische Substanzen positiv beeinflusste, das heisst abschwächte. Achtung: Diese Studie beschreibt die Unbedenklichkeit von Rubricin. Zi Cao aber ist nicht unbedenklich, da es (nebst Rubricin) relativ grosse Mengen von Pyrrolizidinalkaloiden enthalten kann. Pyrrolizidinalkaloide können zu Leberschäden führen; die Karzenogenität und Mutagenität stehen noch unter Diskussion. Die LIAN CHINAHERB prüft Zi Cao auf erhöhte Pyrrolizidinwerte. (Anne Harding, Reuters Health, May 2003) Ginseng bei Bluthochdruck, Blutzucker und Demenz Radix Panacis Ginseng (Ren Shen) ist in der Chinesischen Medizin kontraindiziert bei Bluthochdruck, welcher durch das Aufsteigen von Leber-Yang verursacht wird. Nicht angewendet werden sollte diese warme und Qi stützende Arznei auch bei Yin-Mangel mit leerer Hitze sowie bei Völle-Hitze. Daher sind die Aufzeichnungen von koreanischen Recherchen sehr interessant. Sie zeigen, dass roter Ginseng (Hong Shen) in 26 Studienfällen einen milden Blutdruck senkenden Effekt hatte. Bei der Behandlung der Hypertoniker wurde keine Musterdifferenzierung nach Chinesischer Medizin vorgenommen. Ebenso haben Forscher herausgefunden, dass Amerikanischer Ginseng (Radix Panacis Quinquefolii; Xi Yang Shen), welcher 40 Minuten vor dem Essen eingenommen wurde, den Blutzuckerspiegel sowohl bei Personen mit Typ-II-Diabetes als auch bei Nicht-Diabetikern senkte. Wenn Xi Yang Shen mit dem Essen eingenommen wurde, senkte sich der Blutzuckerspiegel nur bei Personen mit Diabetes. Der Mechanismus der Blutzuckersenkung ist noch unklar, aber der Amerikanische Ginseng könnte bei langsamer Verdauung den Blutzucker senken durch die erhöhte Zuckeraufnahme der Zellen oder durch das Steigen des Insulinspiegels. 8

NEUES AUS DER FACHWELT Diabetiker bemerkten, dass bei der Einnahme von Xi Yang Shen der Blutzuckerspiegel genauer kontrolliert werden müsse, da eine Gefahr der Hypoglykämie (tiefer Blutzucker) bestehe. (Archives of Internal Medicine, Vol. 160, S. 1009) Eine weitere Studie hat ergeben, das Ginseng das Erinnerungsvermögen von Patienten fördert, welche unter Demenz nach einem Schlaganfall leiden. 40 Patienten mit einer milden vaskulären Demenz nach einem kleinen Schlaganfall wurden in eine Behandlungsgruppe (25 Patienten) und eine Kontrollgruppe (15 Patienten) aufgeteilt. Die Gruppen wurden einerseits mit Extrakten von Panax Ginseng (Ren Shen) und Radix Pseudoginseng (San Qi) (Behandlungsgruppe) und andererseits mit dem Medikament Duxil (Kontrollgruppe) behandelt. Die Teilnehmer massen ihr Erinnerungsvermögen durch verschiedene Tests vor, während und nach der Studie. Nach Beendigung der 12 Wochen war das Erinnerungsvermögen bei den Ginseng- Patienten bedeutend höher als bei der Duxil-Gruppe. (The Journal of Chinese Medicine, News, No. 72, June 2003) Regula Suter-Estermann NEUES VON LIAN Preiserhöhung aufgehoben Im Mai musste die LIAN CHINAHERB für Kräuter, welche in China zur Behandlung von Sars eingesetzt wurden, eine Preiserhöhung vornehmen. Da Sars in China nun ausgestanden ist, konnten wir die Preise wieder senken und zu den normalen Katalogpreisen zurückkehren. Regula Suter-Estermann IMPRESSUM Newsletter der LIAN CHINAHERB Ausgabe: 3/2003 Erscheinungsweise: 4-mal jährlich (April, Juni, September, November) Herausgeber: LIAN CHINAHERB, CH-8832 Wollerau Auflage: 1000 Expl. Redaktion: Regula Suter-Estermann, Simon Becker Abschlussredaktion: Markus Bär Gestaltung: dd com ag, CH-8008 Zürich Copyright: Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck und Übersetzung, Speicherung und Weitergabe auf Datenträgern, online aufschalten etc., auch auszugsweise, sind nur mit schriftlicher Genehmigung des Herausgebers gestattet. Autorinnen und Autoren sind für ihre Beiträge selbst verantwortlich. Ihre Meinung entspricht nicht immer der Ansicht des Herausgebers. Abonnemente (kostenlos), Genusstee Kreationen aus Rohkräutern mischen wir für Sie auf Bestellung. Ming Mu Cha, Strahlende Augen Tee Wen Wei Cha, Magen wärmender Tee An Shen Cha, Geist beruhigender Tee Liang Kuai Cha, Erfrischungstee Probenummern, Adressänderungen: LIAN CHINAHERB, Fürtistr. 7, CH-8832 Wollerau, Tel. +41 (0)1 786 99 99, Fax + 41 (0)1 786 99 90, E-Mail info@lian-chinaherb.ch Druck und Versand: Kyburz, CH-8157 Dielsdorf Papier: 100 Prozent Recycling 9 3/03

NEUE PRODUKTE Rohdrogen Oldenlandiae Diffusae, Herba (Bai Hua She She Cao) Das kalte, süsse und bittere Bai Hua She She Cao wirkt in den Organen Leber, Magen und Dickdarm. Es klärt Hitze, leitet Feuchtigkeit aus, entfernt Feuergifte und reduziert Abszesse. Daher wird es traditionell in der Chinesischen Medizin zur Behandlung von intestinalen Abszessen, «heissen» Urinerkrankungen (re lin), Hitze-Ikterus (re huang oder yang huang), Ulzerationen, Schwellungen und auch Schlangenbissen verwendet. Bai Hua She She Cao ist aber ein weit spezielleres Mittel, als obige Beschreibung vermuten lässt. Und obwohl es in praktisch keiner traditionellen Formel Verwendung findet, wird es in der modernen Chinesischen Medizin sehr häufig eingesetzt. Es kann meist ohne Probleme in recht hohen Dosen (20 30 g der Rohdroge pro Tag) angewendet werden, ohne dass es die Mitte stark in Mitleidenschaft zieht. Damit unterscheidet es sich deutlich von anderen Hitze und Toxine klärenden Kräutern wie Zi Hua Di Ding, Long Dan Cao, Huang Lian etc. Bai Hua She She Cao hat auch eine immunmodulierende Funktion und wird bei Autoimmunkrankheiten wirksam eingesetzt. Es klärt auch tief liegende, latente Hitze des Blutes und des Knochenmarks. Deshalb ist es eine der am häufigsten verwendeten Arzneien in der Hämatologie und der Dermatologie, wenn sich tief liegende Hitze präsentiert. Zusätzlich wird Bai Hua She She Cao als eine antineoplastische Arznei verwendet. Diesen letzten Punkt haben auch wissenschaftliche Nachforschungen bestätigt: In hohen Dosen soll es einen antineoplastischen Effekt haben und das Zellwachstum bei akuter lymphozytischer und granulozytischer Leukämie hemmen. Die Tagesdosierung der Rohdroge liegt zwischen 15 und 30 g; in extremen Fällen können aber, vorsichtig verschrieben, bis 60 g eingesetzt werden. Curcumae Zedoriae, Rhizoma (E Zhu) E Zhu ist warm, scharf und bitter und tritt in die Leber- und Milzleitbahnen ein. Es bricht Blutstagnationen auf, bewegt das Qi und stoppt Schmerzen. Es wird eingesetzt gegen Amenorrhoe, Dysmenorrhoe, Bauchschmerzen, Tumore, Koagulas in der Menstruation und verschiedene gynäkologische Tumore. E Zhu löst auch Nahrungsmittelstagnation auf und stoppt abdominale Schmerzen; es wird verschrieben bei Nahrungsmittelansammlungen über Nacht, Bauchvölle- Schmerzen und Obstipation mit Flatulenz. Da es eine sehr stark Blut brechende Arznei ist, kann es auch in Fällen von traumatischer Blutstase verwendet werden. Eine spezielle Funktion von E Zhu ist die Anwendung bei einer vergrösserten Milz (im westlichen Sinne). In diesen Fällen wird es mit Rhizoma Sparganii (San Leng) und Carapax Amydae Sinensis (Bie Jia) kombiniert. Bei Völlegefühl im Abdomen kann auch noch Massa Medica Fermentatae (Shen Qu) dazugegeben werden. Um diese Kombination weiter zu stärken, wird manchmal noch Radix Salviae Miltiorrhizae (Dan Shen) eingesetzt. Die Tagesdosierung der Rohdroge beträgt 3 9 g. Granulat Paniculati, Radix (Xu Chang Qing) Xu Chang Qing ist scharf und warm und tritt in die Leberund Magenleitbahnen ein. Es leitet Wind und Feuchtigkeit aus, stoppt Schmerzen, stoppt Juckreiz, löst Toxine und reduziert Schwellungen. Xu Chang Qing ist keine sehr bekannte Arznei, wirkt aber sehr effizient in der Behandlung von Bi-Syndromen der Extremitäten und des Lumbus aufgrund von Wind-Feuchtigkeit. In der Behandlung von Bi-Syndromen wird es häufig kombiniert mit Radix Clematidis (Wei Ling Xian), Cortex Acanthopanacis (Wu Jia Pi), Cortex Eucommiae Ulmoides (Du Zhong), Radix Dipsaci (Xu Duan) und Radix Angelicae Pubescentis (Du Huo). Da Xu Chang Qing die Leitbahnen befreit und Schmerzen stoppt, kann es, ähnlich wie viele andere Wind-Feuchtigkeit ausleitende Arzneien, in der Behandlung von traumatischen Schmerzen angewendet werden. Um Juckreiz zu stoppen (durch Wind ausleiten), wird Xu Chang Qing mit Radix Sophorae Flavescentis (Ku Shen), Fructus Kochiae (Di Fu Zi), und Cortex Dictamni (Bai Xian Pi) kombiniert und äusserlich und innerlich angewendet. Die Tagesdosierung der Rohdroge liegt zwischen 3 und 10 g, in Granulatform zwischen 1,5 und 3 g. Regula Suter-Estermann, Simon Becker VERANSTALTUNGEN UND KURSE Seminare am LIAN INSTITUT: das Angebot Die Weiterbildungsveranstaltungen am LIAN INSTITUT sollen künftig ausführlicher im «EXTRAKT» angekündigt werden. Auch die Dozentinnen und Dozenten wollen wir etwas näher vorstellen. Für den schnellen Überblick bleibt die tabellarische Aufstellung auf der letzten Seite. Frau Dr. Wu: Gynäkologie Wir freuen uns sehr, dass Frau Dr. Wu im April bereits ihr drittes Seminar bei uns unterrichtet. Dr. Wu ist Chefärztin für Integrierte Medizin (Chinesisch Westlich) am Beijing Hospital of Traditional Chinese Medicine. Sie ist auch Professorin am Beijing College of TCM sowie Direktorin des Beijinger Geburtshilfeund Gynäkologie-Komitees. Frau Dr. Wu studierte Westliche Medizin an der Beijing Medical University. Danach spezialisierte sie sich auf Geburtshilfe und Gynäkologie. Nachdem sie einige Jahre als Westliche Gynäkologin gearbeitet hatte, 10

VERANSTALTUNGEN UND KURSE entschied sie sich für eine Weiterbildung in Chinesischer Medizin. So studierte sie Chinesische Medizin am Beijing College for TCM und folgte danach einer der berühmtesten Ärztinnen der Chinesischen Medizin in China, Chai Song-yan, für mehr als fünf Jahre als Hauptpraktikantin und Assistentin. Sie ist Autorin von über 50 Forschungsarbeiten zur TCM-Gynäkologie und Mitautorin von fünf Büchern, darunter «A Practical Handbook on Infertility and Sterility». Für ihr Seminar in Wollerau hat Frau Dr. Wu die Themen wie folgt aufgeteilt: Schwangerschaftskrankheiten: Hypertension, Ödem und frühe Stadien von Schwangerschaftsvergiftungen, Verstopfung während der Schwangerschaft Akkumulationen und Ansammlungen (Zheng Jia): Endometriose und Andenomyose, Myome, Eierstockzysten Unterleibserkrankungen: Pelvisches Blutstasesyndrom Brustkrankheiten: Entwicklungsprobleme, Hyperplasie, Fibroadenome, Mastitis, Brustkrebs Frau Dr. Wu wird ihre Themen detailliert westlich sowie östlich ausleuchten und besprechen. Die Behandlungsmethoden folgen ausschliesslich Chinesischer Arzneimitteltherapie. Sa./So. 10./11. April 04, LIAN INSTITUT, CH-8832 Wollerau Alex Tiberi: Pädiatrie Alex Tiberi ist einer der Pioniere der Chinesischen Medizin in den USA. Er studierte Akupunktur am Oriental Medical Institute in Boulder, Co, am Institute for Acupuncture Studies in Cambridge und an der Northeastern School of Acupuncture in Watertown, Ma. Darauf folgte ein Praktikum bei Dr. Suh, einem Master der Koreanischen Akupunktur in Belmont, Mass. Alex Tiberi war Mitbegründer des Pacific College of Oriental Medicine, heute eine der grössten Schulen in den USA. Alex Tiberi ist Vizepräsident des Pacific College und Direktor der Abteilung Chinesische Medizin. In seiner Privatpraxis, dem Pacific Center of Health, spezialisierte sich Tiberi auf die Behandlung von schwangeren Frauen, Kindern und orthopädischen Problemen. Alex Tiberi ist ein häufiger Gastdozent in Europa. Zum ersten Mal wird Alex Tiberi nun ein Seminar in der Schweiz abhalten. Von Alex Tiberi wird oft gesagt, dass er einer der besten Dozenten im Feld der Chinesischen Medizin sei. Sein äusserst angeregter und lebendiger Unterrichtsstil macht seine informativen und praxisorientierten Seminare auch spannend und stimulierend. Bei uns wird Alex Tiberi über die Pädiatrie referieren. Die Themen sind folgende: Chinesisch medizinische Embryologie Die speziellen Eigenschaften und Physiologie von Kindern Entwicklungsphasen von Kindern Übersicht über die therapeutischen Möglichkeiten bei Kindern Tui-Na-Massage speziell für Kinder Krankheitsursachen bei Kindern Chinesische Diagnose bei Kindern Detaillierte Besprechung häufiger Kinderkrankheiten wie Respirationskrankheiten, Entwicklungsprobleme etc. Sa./So. 13./14. Dezember, LIAN INSTITUT, CH-8832 Wollerau Dagmar Ehling: Phytotherapie bei Bi-Syndromen Dagmar Ehling, Doctor of Oriental Medicine, Licensed Acupuncturist, praktiziert seit 1989 TCM, Japanische Akupunktur, Phytotherapie und Diätetik in den Vereinigten Staaten. Sie hat ihren Master s degree in Akupunktur und Chinesischer Medizin am Southwest Acupuncture College erworben und ist Autorin des «Handbuch Chinesische Kräuterrezepte». Fünf Jahre Dozententätigkeit am International Institute of Chinese Medicine, Mitglied des NCCAOM-Prüfungskomitees für Phytotherapie, Dozentin am Duke Center for Integrative Medicine. Dieses Seminar zentriert sich auf die phytotherapeutische Behandlung von diversen Bi-Syndromen sowie HWS-, LWS-Erkrankungen und Kopfschmerzen.Berühmte klassische Rezepturen und deren Modifikationen für diese Krankheitsbilder werden gründlich analysiert. Unterrichtssprache: Deutsch. Sa./So. 25./26. Oktober, LIAN INSTITUT, CH-8832 Wollerau Mazin Al-Khafaji: Dermatologie und autoimmune Erkrankungen in Zusammenarbeit mit der TCM Der Dozent Mazin Al-Khafaji hat in Taiwan Sinologie studiert und anschliessend innere Medizin am Shanghai College für Traditionelle Chinesische Medizin, wo er mit einem Doktorat abgeschlossen hat. Später hat er an einer traditionellen dermatologischen Klinik in Nanjing gearbeitet und anschliessend in Brighton seine eigene Hautklinik eröffnet. Er ist in seinem Fach einer der führenden Dozenten der westlichen Welt. Bekannt wurde Mazin Al-Khafaji bei uns als Coautor des «Manual of Acupuncture» mit P. Deadman. Mazin Al-Khafaji wird sein Referat in englischer Sprache halten über Dermatology: Superficial Fungal (Yeast) Disease, Vitiligo Autoimmune Diseases: Rheumatoid Arthritis, Ulcerative Colitis Sa./So. 13./14. März 2004, Hotel Zürichberg, Orellistrasse 21, CH-8044 Zürich Regula Suter-Estermann 3/03 11

LIAN CHINAHERB Fürtistrasse 7 CH-8832 Wollerau P.P. CH-8832 Wollerau VERANSTALTUNGEN UND KURSE DATUM REFERENTIN/REFERENT THEMA PREIS Sa. 11. Oktober Dr. med. Verena Baustädter Herz-Kreislauf-Erkrankungen/Supervision Fr. 150. Sa./So. 25./26. Oktober Dagmar Ehling Phytotherapeutische Behandlung von Bi-Syndromen Fr. 370. Sa./So. 13./14. Dezember Alex Tiberi Pädiatrie Fr. 370. Sa./So. 13./14. März 04 (Zürich) Mazin Al-Khafaji (in Zusammenarbeit mit der TCM) Dermatologie und autoimmune Erkrankungen Fr. 400. Mitglieder TCM Fr. 360. Sa./So. 10./11. April 04 Frau Dr. Wu Gynäkologie Fr. 370. Für Studierende gewährt das LIAN INSTITUT 20% Rabatt auf seine Weiterbildungskurse. 12