KZ Dachau ARBEIT MACHT FREI



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Transkript:

KZ Dachau ARBEIT MACHT FREI Unter der Herrschaft von Hitler wurden von 1933 bis 1945 Konzentrationslager in ganz Europa errichtet. Sie wurden als Arbeitslager bezeichnet. Dort wurden unter anderem Juden, Zigeuner, politische Gegner, Obdachlose und Homosexuelle eingeliefert. Wir, die Klasse 9cM, bekamen am 12.03.2009 im KZ Dachau einen Einblick in das Leben der Häftlinge, wie hart sie arbeiten und leiden mussten. Deshalb haben wir diese Geschichte erfunden, um sich das Leben und die Grausamkeit der damaligen Zeit besser vorstellen zu können. Ich steige aus dem Zug, der in einer kleinen Stadt namens Dachau hält. Kälte schlägt mir ins Gesicht und der starke Wind kräuselt durch mein schulterlanges Haar. Mitfahrern aus aller Welt ist die Angst ins Gesicht geschrieben. Als ich durch einen Spalier SS- Leute gehe, welcher mich zum Eingang des Konzentrationslagers führt, werde ich ohne Respekt bespuckt, beschimpft und geschlagen. Auf dem Tor, durch das ich gehe, steht in großen Lettern ARBEIT MACHT FREI. Nun sehe ich es: Eine riesige Fläche, von der ich in einer Zeitung kurz nach dem Eröffnen dieses Konzentrationslagers gelesen hatte. Man nennt sie den Appellplatz. Dort tummeln sich tausende von Menschen. Einige davon tragen Uniformen, das sind dann wohl die SS-Kommandanten. Doch der Großteil trägt schmutzige Kleidung, die aussieht wie alte Lappen. Keiner von ihnen beachtet mich. Nur ein einziger der Häftlinge begrüßt mich mit einem leisen Willkommen. Grob werden ich und die anderen Sträflinge in ein Haus schräg gegenüber des Einganges geführt. Es ist nicht besonders dekorativ eingerichtet und es riecht alles fürchterlich nach Schweiß und Angst. Nur ein kleiner Tisch und einige Haken, auf denen man seine Jacken aufhängen sollte, sind zu erkennen. Ein SS-Kommandant geht durch die Neuankömmlinge und sammelt alle persönlichen Sachen ein. Ich muss mein gutes Taschenmesser und einige Bilder von meiner Frau und meinen Kindern abgeben. Auch meine Bibel ist nicht vor dem SS-Kommandant sicher. Uns wird vorgeschrieben, dass wir uns völlig entkleiden müssen, weil wir unter die eiskalte Dusche gehen sollten. Danach werden wir mit einem alten Rasierer von Kopf bis Fuß kahl geschoren. Der SS- Kommandant macht seine Arbeit ziemlich rücksichtslos und schnell, dass ich blute macht ihm nichts aus. Ich versuche es ihm mit meinem schlechten Deutsch mitzuteilen, doch man reicht mir kein Tuch oder Sonstiges. Ein Arzt untersucht mich nach Krankheiten und stößt mich nach seiner Arbeit zu den untersuchten Neuankömmlingen. Klatschnass und splitternackt müssen wir nun draußen bei Wind und Kälte auf unsere Kleidung warten. Die Zeit vergeht langsam und ich bin froh, als ich nach etwa einer Stunde trockene aber viel zu große Kleidung, welche ich natürlich sofort anziehen werde, in den Händen halte. Im flotten Gleichschritt gehen wir wieder zurück zu dem großen Appellplatz. Dort angekommen stellen wir uns in gleichmäßige Reihen und erhobenen Händen auf. Die SS-Kommandanten mustern uns mit widerwärtigen Blick, als sie durch die Reihen schreiten und uns nach äußerlicher Stärke und körperlichen Gegebenheiten aussortieren. Nach außen mache ich einen arbeitstüchtigen Ein-

druck, doch innerlich habe ich unbeschreibliche Angst. Die schwachen, aussortierten Gefährten sehe ich noch, wie sie abgeführt werden. Seither habe ich keinen mehr davon gesehen Monate vergehen und jeder Tag läuft gleich ab. Täglicher Schmerz, Hungersnot, schweißtreibende Arbeit und die Ungewissheit vor dem Tod. Monatlich kommen immer mehr Häftlinge ins Konzentrationslager. Unsere Baracke wird voller und voller. Mit meinen Zimmergenossen verstehe ich mich eigentlich recht gut, auch wenn wir weit über 500 sind. Ich befreunde mich mit Giuseppe C. aus Palermo. Er ist einer von über 9000 Italienern hier in Dachau. Diesen Morgen fällt mir das Aufwachen nicht ganz so schwer, wie an anderen gewöhnlichen Tagen. Ich darf heute endlich mal eine andere und schönere Arbeit erledigen. Ich soll nicht, wie jeden Tag, beim Bau der Baracken helfen, sondern muss für das attraktive Ansehen des Konzentrationslagers sorgen. Meine Arbeit ist folgende: Ich soll auf die extra gepflanzten Pappeln klettern und das Laub herab schütteln. Danach muss ich die heruntergefallenen Blätter aufkehren. Aber der Tag endet nicht so wie ich ihn mir vorgestellt habe. Als nämlich einer der SS-Leute meine fertige Arbeit begutachtet, entdeckt er zwei Blätter, die ich versehentlich übersehen habe. Er wird ziemlich wütend und führt mich grob in einen kleinen Raum, den ich noch nie gesehen habe. Dort bin ich jetzt. Mittig des Raumes steht ein Tisch, auf dem ein Ochsenziemer (auch Peitsche) liegt. Die Wachleute der Schutzstaffel (SS) fordern mich auf, meine Kleidung abzulegen und mich auf den Tisch zu legen. Den Tisch nennt man Prügelbock. Bei der Prügelstrafe wurde der Gefangene über einen Holzbock geschnallt und von einem SS- Mann mit einem Ochsenziemer fünfzigmal geschlagen. Der Häftling musste die Schläge laut mitzählen. Ich werde stark gepeitscht und muss die Schläge selbst mitzählen. Jeder Schlag ist wie ein Schmerz, den man nicht beschreiben kann. Ab dem 33. Schlag wird mir schwarz vor Augen und ich verliere mein Bewusstsein. Sofort wache ich wieder auf und bemerke, dass ich klatschnass bin. Die SS-Leute schütteten mir einen Eimer kaltes Wasser über meinen ganzen Körper. Dann fängt nochmal alles von vorne an: Noch einmal ganze 50 Peitschenhiebe. Dieses Mal versuche ich stark zu bleiben, um nicht nochmal in Ohnmacht zu fallen. Die darauffolgende Nacht ist eine der schlimmsten in meinem bisherigen Leben. Mein ganzer Körper brennt vor Schmerz. Auch die nächsten Tage sind schrecklich. Mein Körper schmerzt und ich bin hundemüde, doch die SS-Leute denken gar nicht daran, mich auf irgendeine Weise zu schonen. Aber nach dieser dunklen Zeit kommen auch wieder ein paar Lichtblicke auf mich zu. Einen Monat lang darf ich mit meinem Freund Giuseppe C. Planierungsarbeiten durchführen. Wir dürfen während der Arbeiten nicht reden, da uns sonst der Baum, Prügelbock oder sogar der Tod droht. Trotzdem lachen wir heimlich über unsere Missgeschicke.

Plötzlich fällt Guiseppe ein schwerer Stein auf den Fuß. Er kann einen Schmerzensschrei nicht unterdrücken. Die SS-Männer erschrecken sich daraufhin fürchterlich, überlegen nicht lange und zerren Giuseppe weg von seiner Arbeit. Ich sehe nur noch, wie er in Richtung Kommandant gebracht wird. Am Abend erzählt mir Guiseppe alles über seine Folter. Er wurde für 2 Stunden zum Pfahlhängen verurteilt: Ich dachte, mein letztes Stündlein hat geschlagen. Ich wurde in die Nähe der Kirchen geführt und musste mir große Handschuhe, die bis über die Handknöchel gingen, anziehen. Sie packten mich, banden mir meine Hände am Rücken zusammen und stellten mich auf einen hohen, kippeligen Hocker. Neben mir stand ein Pfahl. Am obersten Ende dieses Pfahles wurden meine Hände befestigt und den Stuhl stießen sie um! Von Sekunde zu Sekunde konnte ich weniger atmen. Meine Rippen bohrten sich in die Lungen. Es war ein unvorstellbarer Schmerz. Was mir Giuseppe erzählt kann ich mir in meinen schlimmsten Alpträumen nicht vorstellen. Seit Giuseppes Folter am Pfahl strenge ich mich bei meinen täglichen Arbeiten besonders an. Als ich mich wie jeden Tag mit meiner Arbeit beschäftige, bemerke ich wieder mal Neuankömmlinge. In den letzten Monaten steigerte sich die Zahl der Häftlinge in Dachau enorm. Mittlerweile leben in meiner Baracke mehr als 1000 Häftlinge. Ich frage mich, wie die alle beschäftigt werden. Wo bekommen die SS-Männer nur die Arbeit für hunderttausend von Häftlingen her? Aber eigenartigerweise verschwinden alte Gesichter auch Vielleicht entdecke ich sie ja nur nicht, weil sich so viele Häftlinge im Konzentrationslager aufhalten und das Gewimmel einfach zu groß ist. Am heutigen Morgen ist Giuseppe C. besonders gut aufgelegt. Die SS-Männer haben ihm ein Brausebad versprochen, um welches ich ihn ziemlich beneide. Zu diesem Anlass rasiert sich Giuseppe sogar die Bartstoppeln, was er sonst nie macht. Ich merke, dass was Besonderes passieren wird. Vielleicht senken die SS-Kommandanten die Strafen etwas und wollen uns besser behandeln. Doch am allermeisten träume ich davon, dass wir alle befreit werden und unsere Familien wieder sehen können. Ich bin nun schon seit 5 ½ Jahren in Dachau. Meine Frau und meine Kinder habe ich seitdem nicht mehr gesehen. Die Größte wird übermorgen 11 Jahre alt. Ihre ganze Kindheit habe ich nur zum Teil mitbekommen und den Kleinen sah ich noch nie. Meine Frau war bei meiner Einlieferung ins KZ gerade schwanger. Ich wünsche Giuseppe viel Spaß und begebe mich zu meiner täglichen Arbeit. Ohne Giuseppe macht mir meine Arbeit noch weniger Freude. Er wird sich mit Sicherheit gerade im Brausebad reinigen. Nach der Arbeit gehe ich zum täglichen Zählappell. Wir müssen uns wie jeden Morgen und Abend in Millitärstellung regungslos aufstellen und werden gezählt.

Als ich am Abend in meinem Holzbett liege, habe ich plötzlich einen neuen Bettnachbarn. Einen Russen. Normalerweise liegt Giuseppe neben mir, doch wahrscheinlich war der Russe schneller und wusste nicht, dass dieses Bett uns beiden gehört. Ich frage nach seinem Namen. Er antwortet nicht. Noch einmal frage ich ihn, wie er denn heißt. Nun sieht er zu mir herüber und antwortet leise: Wladimir. Mehr wollte er anscheinend nicht erzählen, seine Trauer ist ihm ins Gesicht geschrieben. Ihm geht s wie jedem Neuankömmling. Ich weiß noch, wie ich ankam. Nächtelang musste ich weinen. Reglos liege ich nun in meinem Bett. Wladimir ist mittlerweile schon eingeschlafen. Allmählich vermisse ich Giuseppe C.. Am nächsten Morgen stehe ich etwas früher auf und durchsuche die ganze Baracke nach Giuseppe. Ich frage mich durch meine Mitbewohner, ob sie ihn vielleicht irgendwo gesehen hätten. Keiner weiß wo er ist. Auch die anderen vermissen Bekannte. Pünktlich um 5 Uhr Morgens stürmt ein SS-Mann in die Baracke. Ich werde eine neue Arbeit bekommen, welche ich sofort antreten sollte, verkündet er mir. Ich und ein paar andere Häftlinge werden zum anderen Ende des Geländes geführt. Wir biegen links ab und treten durch ein mit Strom gesichertes Tor. Dahinter befindet sich ein schön angelegter Park. Nun stehe ich vor meinem künftigen Arbeitsplatz. Einen von 6 Öfen soll ich anschüren und warten bis die anderen Häftlinge mit den verbrennbaren Dingen wiederkommen. Währenddessen erklärt mir ein SS-Mann, dass ich keinem von meiner Arbeit erzählen darf, sonst drohe mir der Tod! Ich schlucke und nicke mit dem Kopf. Als die anderen Häftlinge kommen, erschrecke ich mich fast zu Tode: Lauter blutverschmierte Leichen werden in den Öfen verheizt. Darunter entdecke ich Giuseppe C.. Er ist Tod. Die Tränen in meinen Augen versuche ich mit aller Kraft zurückzuhalten. Der SS-Mann beauftragt mich, die Leichen aus der Gaskammer, welche als Brausebad getarnt ist, zu verbrennen. Noch nie hatte ich solch eine schreckliche Arbeit. Es ist furchtbar, die stinkenden Leichen in den Ofen zu schieben. Wir schreiben das Jahr 1945. Die Arbeit am Krematorium wiederholte sich niemals wieder. Ich durfte die letzten 1 ½ Jahre am Bau der Baracken weiterarbeiten. An diesem Morgen werde ich erst spät von einem unbekannten Mann mit amerikanischem Akzent geweckt. Als ich mich in meiner Baracke umsehe, herrscht glückliche Atmosphäre zwischen meinen Mitbewohnern. Ich sehe lachende, wache Gesichter beim frühstücken. Ich stürze mich sofort auf den Berg von frischem Brot. Die letzen Jahre bekamen wir nur selten was Frisches zu essen. Draußen auf dem Appellplatz hält ein gepflegter, junger Mann eine Rede auf Amerikanisch. Ich verstehe nicht viel,

doch als er uns erzählt, dass wir alle frei wären, werden meine Knie ganz weich. Noch einmal frage ich einen Mann neben mir, ob ich mich auch wirklich nicht verhört habe. Es stimmt, wir sind alle frei! Ich jubele mit der Menschenmenge mit und sehe, wie amerikanische Soldaten das Tor öffnen. Tausende Häftlinge rennen wie auf Anpfiff in die Freiheit. Ich stehe noch immer auf demselben Fleck wie vorhin. Das alles kann ich noch nicht wirklich fassen. Ohne groß nachzudenken renne auch ich los. Zum letzten Mal in meinem Leben schreite ich durch das Tor, durch das ich nie wieder gehen will. In meinem ganzen, dürren Körper breiten sich Glückshormone aus. Ich denke daran, dass ich meine Familie wieder sehen werde. Meine Frau, meine Kinder, meine Freunde. All die, die ich liebe. Wie es ihnen wohl nach 7 Jahren geht? Diese Qualen, die ich in diesem schrecklichen Konzentrationslager erlebte, werde ich niemals vergessen können. Es waren 7 unbeschreiblich lange und schmerzvolle Jahre. Wie oft dachte ich ans Sterben? Wie oft musste ich Trauer und Schmerz wegstecken? Guiseppe C. wird mir für immer in Erinnerung bleiben. Er war ein toller Freund. Am Bahnhof drehe ich mich nicht um. Stolz steige ich in den Zug und fahre Richtung Freiheit und Glück. Ende Geschrieben von Vreni Gerold, Marie Neumayer, Veronika Eck und Laura Kohl.