DIE ORGEL VON ST. JOHANN IN REGEN



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Transkript:

(Aufnahme von W. EISENBARTH, 2000) DIE ORGEL VON ST. JOHANN IN REGEN Über die Standorte und baulichen Veränderungen in ihrer 300jährigen Geschichte Abb. 1: Die Orgel in der Filialkirche ST. JOHANN, Regen (Bayerischer Wald) Festschrift anlässlich der 300-Jahr-Feier Beinhaltet neben der Zulassungsarbeit der Regener Musikstudentin und Organistin Stephanie König zum Staatsexamen an der Hochschule für Musik und Theater in München auch wissenswerte Details über heimische Orgelbauer und Musiker. Juni 2003

Inhaltsverzeichnis I. Vorwort...5 II. Allgemeines zum Orgelbau in (Alt-) Bayern im 18. Jahrhundert...7 III. Die Orgel der Kirche St. Johann in Regen (Bayerischer Wald) und ihre Geschichte...12 1 Mögliche Standorte in Aldersbach (1703 bis spätestens 1836)...12 1.1 Ehemalige Kloster-Pfarrkirche...13 1.2 Portenkirche...15 1.3 Klosterkirche...16 2 Die Orgel in Regen nach dem Umzug (1836-2003)...18 2.1 Die Filialkirche ST. JOHANN...18 2.2 Über den vermutlichen Originalzustand der Orgel...22 2.3 Veränderungen an der Orgel...25 2.3.1 Ankauf im Jahr 1836 (GEORG ADAM EHRLICH)...25 2.3.2 Reparatur im Jahr 1842 (JOHANN SIXT)...28 2.3.3 Umbau im Jahr 1893 (LUDWIG EDENHOFER)...31 2.3.4 Restaurationspläne in den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts (LUDWIG EISENBARTH)...36 2.3.5 Wiederinstandsetzung der Orgel im Jahr 1999/2000...39 2.3.5.1 Restauration bzw. Rekonstruktion der Orgel (Firma EISENBARTH)...39 2.3.5.2 Finanzierung: Der Förderverein zur Restaurierung der Orgel...54 IV. Wichtige Personen im Zusammenhang mit der Orgel...60 1 Die Orgelbauer...60 1.1 JOHANN SEBASTIAN WILD, Kirchenrohrbach (um 1700)...60 1.2 Orgelbau-Familie EHRLICH, Passau...63 1.2.1 JOHANN LUDWIG EHRLICH (um 1737-1814)...63 1.2.2 (GEORG) ADAM EHRLICH d. Ä. (um 1777-1848)...64 1.2.3 (GEORG) ADAM EHRLICH d. J. (1812-1861)...65 1.2.4 (JOSEPH) ANTON EHRLICH (1814-1881)...65 1.3 JOHANN PETRUS SIXT, Achslach (1787-1857)...66 1.4 Orgelbauanstalt EDENHOFER, Regen / Deggendorf...67 1.4.1 CARL LUDWIG EDENHOFER (1828-1895)...67 1.4.2 LUDWIG EDENHOFER jun. (1861-1940)...71 1.4.3 JOSEF EDENHOFER (1869-1897)...71 1.5 Orgelbaufirma EISENBARTH, Passau...72 1.5.1 LUDWIG EISENBARTH (1909-1992)...72 1.5.2 WOLFGANG EISENBARTH (*1941)...73 1.5.3 MARTIN KRONAWITTER (*1962)...74

Inhaltsverzeichnis 2 Die Kirchenmusiker und Kalkanten...75 2.1 Die Organisten...75 2.2 Die Chorregenten...79 2.3 Die Thürmermeister...81 2.4 Die Kalkanten...82 V. Nachwort...83 VI. Quellennachweis...84 1 Literatur...84 2 Dokumente des Förderverein zur Restaurierung der Orgel in der St. Johann-Kirche e.v...88 2.1 Briefe...88 2.2 Kostenvoranschläge, Rechnungen etc...88 2.3 Zeitungsartikel...89 2.4 Sonstige Dokumente des Vereins...89 3 Archivalien...89 3.1 Archiv des Bistums Passau...89 3.2 Staatsarchiv Amberg...89 3.3 Privatarchiv von STEPHANIE KÖNIG...90 3.4 Privatarchiv von ILSE LUIBL...90 3.5 Privatarchiv von Familie ROTH...90 4 Inschriften...90 4.1 Orgel von ST.JOHANN...90 4.2 Kirchen...90 5 Internetquellen...91 VII Abbildungsverzeichnis...92 VIII. Abkürzungsverzeichnis...95

Inhaltsverzeichnis IX. Anhang...A1 1 Tabellen zu den Mensuren der Orgel von ST. JOHANN... A2 1.1 Mensuren der Holzpfeifen...A2 1.2 Mensuren der Metallpfeifen...A3 2 Aktionen, die zur Finanzierung der Orgel von ST. JOHANN beigetragen haben... A4 3 Exkurs: Gasunfall bei der Bekämpfung des Holzwurmes in Ursensollen... A6 4 Werke ausgewählter Orgelbauer... A7 4.1 Orgeln von SEBASTIAN WILD...A7 4.2 Orgeln von JOHANN SIXT...A8 4.3 Orgeln von LUDWIG EDENHOFER...A9 5 Der Werdegang der Firma EDENHOFER nach dem Altersrücktritt LUDWIG EDENHOFERs bis in die Gegenwart... A11 6 Der Orgelbauer XAVER STERN... A13 7 Allgemein nicht zugängliches Material... A16 7.1 Zeugnis von XAVER STERN vom 18. Juli 1891...A16 7.2 Briefe von THERESE EDENHOFER an XAVER STERN...A17 7.3 Alte Zeitungsartikel...A19 7.3.1 DER BAYERWALD-BOTE (PNP): Orgelbauer Stern 80 Jahre alt, 2. Juli 1953...A19 7.3.2 DER BAYERWALD-BOTE (PNP): Vor 110 Jahren entstand Regens Orgelbauanstalt, Dezember 1962...A20 7.3.3 DER BAYERWALD-BOTE (PNP): Wie der Orgel-Xaverl einen Walzer spielte...a20 Stephanie König, Parkstraße 20, 94209 Regen

Kapitel I: Vorwort I I. VORWORT Die kleine Filialkirche ST. JOHANN in Regen (Bayerischer Wald) birgt ein lange Zeit in Vergessenheit geratenes Kleinod, eine Orgel aus dem 18. Jahrhundert. Sie zählt zu den ältesten Orgeln der Diözese Passau. Glückliche Umstände ließen sie die Säkularisation und zwei Weltkriege überdauern, wenn auch mehrfach verändert. Ein halbes Jahrhundert nach dem Ende des zweiten Weltkrieges, ausgeplündert und zunehmend verkommend, drohte ihr jedoch das endgültige Aus. Dem örtlichen Förderverein zur Restaurierung der Orgel in der ST. JOHANN-Kirche e.v. ist es zu verdanken, dass dieses Zeugnis früher Orgelbaukunst erhalten blieb. Im Sommer des Jahres 2000 konnte die von der Passauer Firma EISENBARTH restaurierte und weitgehend rekonstruierte Orgel wieder in Betrieb genommen werden. Bei der Einweihungsfeier am 18. Juni 2000 kam mir die ehrenvolle Aufgabe zu, als Organistin den Festgottesdienst auf dem historischen Instrument zu begleiten. Die Ehre hatte ihre Tücken, denn das Spielen auf der kurzen Oktav dieser alten Barockorgel war sehr gewöhnungsbedürftig. Diese Erfahrung, vor allem aber die damals unbeantwortet gebliebenen Fragen eines Reporters des lokalen Radiosenders zur Geschichte der Orgel weckten mein Interesse. Den offenen Fragen eine fundierte Antwort zu geben, war das Ziel dieser Arbeit. Die Recherchen zeigten jedoch bald, dass eine lückenlose und eindeutige Beweisführung nach all den Jahren nicht mehr möglich ist. Zwar findet sich in den kirchlichen Archiven eine Fülle von Dokumenten, die das Kirchlein von ST. JOHANN betreffen, aber im Gegensatz zu dem Kirchengebäude selbst und manch anderweitiger Kirchenausstattung wurde offenbar der Orgel wenig archivarische Aufmerksamkeit geschenkt. So konnten dem bisher bekannten Bild über die Orgel trotz intensiver und zeitaufwändiger Suche in den Büchern und Sammlungen der Pfarrei und des Diözesanarchivs, der Auswertung von mir zugänglicher Literatur und der Befragung von Zeitzeugen lediglich einzelne, aber durchaus interessante Mosaiksteine hinzugefügt werden. Die Gesamtschau der gewonnenen Informationen lässt den bisherigen wider- Seite 5

Kapitel I: Vorwort I sprüchlichen Thesen über den früheren Standort der Orgel in Aldersbach (Niederbayern) eine dritte Variante als die nach Ansicht der Verfasserin wahrscheinlichere hinzutreten. Zum besseren Verständnis ist der Arbeit ein allgemeiner Abschnitt über Orgeln in (Alt-) Bayern vorangestellt (Kapitel II). Im Hauptteil (Kapitel III) wird der Frage über die Herkunft der Orgel nachgegangen und ihre Veränderungen soweit bekannt sowie die nunmehr rekonstruierte Ausstattung dargestellt. In Kapitel IV finden die mit der Erbauung und den Veränderungen der Orgel befassten Orgelbauer den ihnen gebührenden Raum, während das Nachwort (Kapitel V) eine abschließende Beurteilung der gewonnenen Erkenntnisse beinhaltet. Der Anhang beinhaltet neben alten Zeitungsartikeln und Privatdokumenten weitere lesenswerte Beiträge. Seite 6

Kapitel II: Allgemeines zum Orgelbau in (Alt-) Bayern im 18. Jahrhundert II II. ALLGEMEINES ZUM ORGELBAU IN (ALT-) BAYERN IM 18. JAHRHUNDERT Bayern erlebte in der Zeit des Barock und des Rokoko nicht zuletzt durch eine Welle von Kirchenneubauten eine Blütezeit im Orgelbau. In Schwaben, Franken und Altbayern wurden Orgeln gebaut, die nicht hinter den berühmten nordund mitteldeutschen Instrumenten zurückstehen. 1 Viele Orgeln wurden zwar im 18. Jahrhundert bereits nach ca. 30 bis 60 Jahren wieder umgestaltet, doch darf darin nicht etwa ein Mangel an der Qualität der Orgeln gesehen werden. Vielmehr liegen die Ursachen dieser Maßnahmen in der klangästhetischen und zunehmend günstigeren wirtschaftlichen Entwicklung der Klöster und Pfarrgemeinden. 2 Da Altbayern, das ursprüngliche Kurfürstentum, eine größere geschlossene Einheit bildete, waren die Werkstätten weiter gestreut als in den Kleinstaaten Frankens oder Schwabens. 3 Es findet sich innerhalb dieses Gebietes kein einheitlicher Baustil, so dass regionale Unterschiede erkennbar sind: Stileigentümlichkeiten in den verschiedenen, teilweise heterogenen Landschaften des heutigen Bayern sind selbstverständlich, doch ist es schwerer, sie zu beschreiben, als sie aufzufinden, zumal sie nur auf regionalen Unterschieden in der Verwendung bestimmter Register oder bestimmter Registernamen beruhen. Mehr als Dialekte in der gemeinsamen Stilauffassung sind sie nicht. So wird man einen mainfränkischen vom mittel- und oberfränkischen Typ unterscheiden; der Bamberger Anteil des mainfränkischen Dialekts leitet einerseits, die Nürnberger Landschaft andererseits zur Oberpfalz über, die jedoch am stärksten von Regensburg-Stadtamhof her beeinflußt wird. Donauabwärts läßt sich der Raum um Passau und das östliche Niederbayern deutlich als eigene Region erkennen, die sich jenseits des Inn und der Salzach in Österreich fortsetzt. Oberbayern und Schwaben stellen schließlich auch im barocken Orgelbau diffe- 1 FISCHER, H. / NADLER, H. / WOHNHAAS, TH.: Der Bayerische Orgelbau. In: Musik in Bayern II (Katalog) o.jg. (1972) 40. 2 Vgl. KRAUS, E.: Historische Orgeln in der Oberpfalz. München / Zürich 1990, 33. 3 Vgl. FISCHER, H. / NADLER, H. / WOHNHAAS, TH.: Orgelbau, a.a.o. (Anm. 1) 48. Seite 7

Kapitel II: Allgemeines zum Orgelbau in (Alt-) Bayern im 18. Jahrhundert II renzierte Regionen dar mit jeweils unterschiedlichen Verflechtungen politischer und kunsthandwerklicher Art. 4 Der Orgelbau stand immer in einer Wechselwirkung zur Orgelmusik bzw. zu den liturgischen Anforderungen, die an das Instrument gestellt wurden. Da Altbayern überwiegend katholisch geprägt ist, wurde auch der dortige Orgelbau daraufhin ausgerichtet. Die Orgel diente im katholischen Gottesdienst vor allem der Begleitung der Gregorianischen Gesänge, zur Verstärkung des Orchesters im feierlichen Hochamt und der freien Improvisation. 5 Sie wurde in den Konventen nicht nur bei den klösterlichen Gottesdiensten und Stundengebeten zur Begleitung der Gesänge verwendet, sondern darüber hinaus zu zeitgenössischer Musik, bei der die Orgel als Continuo-Instrument eingesetzt wurde. 6 Das will nicht heißen, daß hier auf den festlichen Prunk eines glanzvollen Orgelwerkes verzichtet worden wäre, dieser kam in Vor- und Nachspielen zum Ausdruck oder wieder eine typisch süddeutsche Art im Wechselspiel zwischen vollem Tuttiwerk und einem Trompeten- und Paukenchor, den sog. Aufzugsmusiken bei ganz besonderen Anlässen. 7 Allerdings wurde das Pedal abgesehen von Orgelpunkttokkaten 8 nur spärlich benutzt. Es wurde weder für Pedal-Cantusfirmi, wie beispielsweise in Frankreich, noch für Pedalsoli, wie in Norddeutschland, gebraucht. So beschränkte sich die Pedaldisposition in der Regel gemäß seiner reinen Bassfunktion auf Grundstimmen. Auch der Tonumfang der Instrumente war geringer als im Norden. Das Manual hatte meist nur 45, das Pedal 18 Tasten. Diese typisch süddeutsche Bauart war bis zur Säkularisation Standard und wurde kurze Oktav genannt. 9 Folgende Darstellung soll dies veranschaulichen (vgl. dazu auch Abb. 7, Seite 23): 4 FISCHER, H. / NADLER, H. / WOHNHAAS, TH.: Orgelbau, a.a.o. (Anm. 1) 44f. 5 Vgl. GRABNER, H.: Die Kunst des Orgelbaues. Berlin-Halensee / Wunsiedel 1958, 114f. 6 Vgl. LAMPL, S.: Vornbach am Inn Die Chororgel. Orgelportraits aus Bayern 1. Valley 1996, 12f. 7 GRABNER, H.: a.a.o. (Anm. 5) 114f. 8 Vgl. KLOTZ, H.: Über die Orgelkunst der Gotik, der Renaissance und des Barock. Kassel ²1995, 316. 9 Vgl. FABER, R. / HARTMANN, PH. (Hg.): Handbuch Orgelmusik / Komponisten / Werke / Interpretation. Stuttgart / Weimar 2002, 112. Seite 8

Kapitel II: Allgemeines zum Orgelbau in (Alt-) Bayern im 18. Jahrhundert II D E B cis dis fis gis C F G A H c d e f g a Abb. 2: Schematische Darstellung der Klaviatur des Pedals (eigene Darstellung) Es bestand keine Notwendigkeit, in der Tiefe die Oktave mit allen Halbtönen auszubauen, denn in der damaligen mitteltönigen Stimmung der Instrumente konnte nicht in allen Tonarten gespielt werden und so waren Cis, Dis, Fis und Gis als Grundtöne überflüssig. 10 Dieser Umfang wurde wohl auch deswegen für ausreichend erachtet, weil jede Tonstufe mindestens einmal vertreten war. 11 Somit konnte bei den großen Basspfeifen Platz und Material gespart werden. 12 Neben den allgemein üblichen Registerbezeichnungen tauchen im süddeutschen Raum ungewöhnliche Registernamen auf. Die Registernamen Copel und Fletten sind eine Besonderheit, die vor allem südlich der Donau und in der Oberpfalz anzutreffen sind. 13 Fletten ist eine alte Bezeichnung für Flöten, wobei dieses Register vor allem in der Tiefe eng mensuriert ist (siehe dazu Grafik Abb. 28, Seite 50). Copel ist ein gedecktes Register aus Holz. Durch den Spund schwingt der Grundton einer gedeckten Pfeife mit einer viertel Wellenlänge, der einer offenen Pfeife mit halber. Daher beträgt die Länge einer gedeckten Pfeife nur die Hälfte einer offenen Pfeife gleicher Tonhöhe. Dadurch kann Platz im Gehäuse gespart werden. Allerdings wirkt sich die Bauart auch auf den Klangcharakter aus. So klingen offene Pfeifen obertonreicher und klangvoller als die etwas dumpfer und grundtöniger klingenden Gedeckten. 14 Weitere bayerische Eigentümlichkeiten sind Register mit dem Namen Chorbass im Pedal. Das Register Rohrflöte kommt im altbayerischen Orgelbau nur äußerst selten vor. 15 10 Vgl. ADELUNG, W.: Einführung in den Orgelbau. Wiesbaden 3 1974, 179. 11 Vgl. FABER, R. / HARTMANN, PH. (Hg.): a.a.o. (Anm. 9) 112. 12 Vgl. ADELUNG, W.: a.a.o. (Anm. 10) 179. 13 Vgl. FISCHER, H. / NADLER, H. / WOHNHAAS, TH.: Orgelbau, a.a.o. (Anm. 1) 43. 14 Vgl. GRABNER, H.: a.a.o. (Anm. 5) 21. 15 Vgl. FISCHER, H. / NADLER, H. / WOHNHAAS, TH.: Orgelbau, a.a.o. (Anm. 1) 43. Seite 9

Kapitel II: Allgemeines zum Orgelbau in (Alt-) Bayern im 18. Jahrhundert II Einmanualige Orgeln waren die Regel. Mehrmanualige Orgeln waren auf die großen Pfarrkirchen und Klöster beschränkt. 16 Die großen Orgeln über dem westlichen Haupteingang der Abteikirchen dienten dem Spiel an besonderen Festtagen. Für das tägliche Chorgebet gebrauchte man stattdessen eine, manchmal auch zwei Chororgeln. 17 Rückpositive wurden in Altbayern nur selten gebaut. Dagegen sind geteilte Gehäuse und freistehende Spieltische eine ausgesprochen süddeutsche Eigenart, die sich wohl von Westböhmen aus über Bayern und Österreich ausbreitete. 18 Da vor allem die Klöster zu den Auftraggebern gehörten, brachte die Säkularisation in ganz Bayern den Orgelbau fast zum Erliegen. 19 Viele Orgeln aus Klöstern wurden versteigert oder verkauft. Es entstand ein regelrechter Gebrauchtorgelhandel. 20 So manche Orgel blieb aber auch in zu Pferdeställen oder Lagerhallen umfunktionierten Kirchen stehen, wo sie nicht selten verstümmelt und ruiniert wurde. 21 Da in vielen Kirchen im Laufe der Zeit die alten Orgeln immer wieder durch neue ersetzt wurden, ist die Zahl der erhaltenen Denkmalorgeln im Verhältnis zur Gesamtzahl an Orgeln sehr klein. Meistens handelt es sich um kleinere, einmanualige Denkmalorgeln oder Positive. 22 Diese waren oft über Jahrzehnte hinweg nicht mehr in Gebrauch und konnten so bis heute ohne große Umbauten überleben. Allerdings ist es nicht möglich, Orgeln in ihrer ursprünglichen Klanggestalt zu erhalten, und jeder Reaktivierungsversuch wird immer relativ zu beurteilen sein. 23 Oft wurden auch nur die Gehäuse belassen und in diese vollkommen neue Werke eingebaut. Solche Denkmalprospekte gibt es in Bayern mindestens in der doppelten Anzahl wie Denkmalorgeln. 24 Sie bieten uns heute 16 Vgl. FISCHER, H.: Geschichte der Orgel in einzelnen Ländern - Süddeutschland. In: REICH- LING, A. (Hg): Orgel. Ochsenhausen 2001, 78. 17 Vgl. FABER, R. / HARTMANN PH. (Hg.): a.a.o. (Anm. 9) 111. 18 Vgl. FISCHER, H.: Süddeutschland, a.a.o. (Anm. 16) 80. 19 Vgl. FISCHER, H. / NADLER, H. / WOHNHAAS, TH.: Orgelbau, a.a.o. (Anm. 1) 40. 20 Vgl. FISCHER, H.: Süddeutschland, a.a.o. (Anm. 16) 80. 21 Vgl. FISCHER, H. / NADLER, H. / WOHNHAAS, TH.: Orgelbau, a.a.o. (Anm. 1) 44. 22 Vgl. ebd. 42. 23 Vgl. SULZMANN, B.: Historische Orgeln in Baden. München / Zürich 1980, 14. 24 Vgl. FISCHER, H. / NADLER, H. / WOHNHAAS, TH.: Orgelbau, a.a.o. (Anm. 1) 44. Seite 10

Kapitel II: Allgemeines zum Orgelbau in (Alt-) Bayern im 18. Jahrhundert II einen fast unverfälschten Eindruck von jener Zeit, in der Franken, Schwaben und Altbayern Kunsthandwerker und Künstler ersten Ranges aufzuweisen hatten: Architekten, Stukkateure, Bildhauer und Maler, denen die Orgelbauer in nichts nachstanden. 25 25 FISCHER, H. / NADLER, H. / WOHNHAAS, TH.: Orgelbau, a.a.o. (Anm. 1) 45. Seite 11

Kapitel III: Die Orgel der Kirche St. Johann in Regen (Bayerischer Wald) und ihre Geschichte III III. DIE ORGEL DER KIRCHE ST. JOHANN IN REGEN (BAYERISCHER WALD) UND IHRE GESCHICHTE 1 Mögliche Standorte in Aldersbach (1703 bis spätestens 1836) Abb. 3: Kloster Aldersbach um 1700 (aus: Landesvermessungsamt Niederbayern (Hg.): Schlösser, Klöster, Kirchen und Ortschaften in Ober- und Niederbayern in den Jahren 1701-1723 gezeichnet und in Kupfer gestochen von MICHAEL WENING, O.O., O.J., Bild L 181) Die Orgel stand nicht von Anfang an in der ST. JOHANN-Kirche in Regen. Ihr Herkunftsort ist aus einer Inschrift in der Orgel von LUDWIG EDENHOFER bekannt.: [ ] wurde neu erbaut 1703, kam vom Kloster Allersbach hieher Anno 1836 [ ] 26 Allersbach ist eine alte Bezeichnung für das Kloster Aldersbach im Bistum Passau und findet sich neben Alderspach, Allerspach, lat. Alderspacum in den Lexika des 17. und 18. Jahrhunderts. 27 Das Kloster erlebte von der Gegenreformation bis zur Säkularisation 1803 eine große Blütezeit. Es nahm seit dem 17. Jahrhundert unter den Zisterzienserorden in Bayern einen führenden Platz ein. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts standen dort Bildung und Wissenschaft auf beachtlicher Höhe. Außerdem wurde die Musik im Kloster auf 26 Inschrift in der Orgel von LUDWIG EDENHOFER auf der Innenseite der Füllung über dem Manual, 14. März 1893. 27 Vgl. ERTL, A. W.: Chur-Bayrischer Atlas. Donauwörth 1690. Vgl. HIRSCHING, F. C. G.: Stifts- und Klosterlexikon I. Leipzig 1792, 28. Seite 12

Kapitel III: Die Orgel der Kirche St. Johann in Regen (Bayerischer Wald) und ihre Geschichte III hohem Niveau gepflegt. Die Abtei konnte sich ein stattliches Orchester leisten, 28 da sie eine der reichsten in Bayern war. 29 Der 1. April 1803 brachte mit der Säkularisation das Ende des blühenden Klosters. Die fast 50 Mönche durften noch bis zum Jahresende bleiben und mussten dann das Kloster verlassen. 30 Trotz intensiver Nachforschungen war es nicht möglich, den genauen Standort der Orgel in Aldersbach ausfindig zu machen. Erschwert wurde die Suche auch dadurch, dass die Klostergebäude, in ihrem heutigen Bestand, erst nach der Erbauung der Orgel entstanden sind bzw. fertiggestellt wurden. Es kommen drei Kirchen in Betracht, in denen das Instrument seinen Dienst getan haben könnte. 1.1 Ehemalige Kloster-Pfarrkirche ST. PETER an der Straße nach Walchsing war die ursprüngliche Stiftskirche. Dann wurde das Kloster schon bald auf die andere Seite des Baches verlegt. 31 Da die Kirche der Zisterzienser von Laien nicht betreten werden durfte, wurde ST. PETER die Pfarrkirche des Klosters und diente der seelsorglichen Betreuung für das weltliche Personal und die umwohnende Bevölkerung. Die Kirche wurde 1781 umfangreich renoviert, wobei das Gotteshaus eine neue Einrichtung erhielt. Darüber finden sich Eintragungen im Tagebuch des Zisterzienserabtes OTTO DORINGER von Aldersbach (Amtszeit 1779-1797). 32 Die Orgel findet darin allerdings keine Erwähnung. Nach der Säkularisation blieb ST. PETER zunächst noch Pfarrkirche, wurde dann jedoch profaniert und als Pferdestall genutzt. Das Inventar wurde im Laufe des 28 Vgl. HAUER, W.: Aldersbach. 850 Jahre Zisterzienserkirche (Peda-Kunstführer 019). Passau 1996, 6f. 29 Vgl. HIRSCHING, F. C. G.: a.a.o. (Anm. 27) 43. 30 Vgl. SCHEGELMANN, A. M.: Geschichte der Säkularisation im rechtsrheinischen Bayern III. Regensburg 1903, 10. 31 Vgl. SCHNELL, H.: Aldersbach. 250 Jahre Asamkirche. Aldersbach 5 1970, 2. 32 Vgl. ZAUNER, P.: Das Tagebuch des Zisterzienserabtes Otto Doringer von Aldersbach (1779-1797). In: Ostbaierische Grenzmarken 14 (1972) 14-48. Seite 13

Kapitel III: Die Orgel der Kirche St. Johann in Regen (Bayerischer Wald) und ihre Geschichte III 19. Jahrhunderts entfernt, 33 wobei der Hochaltar nach Oberiglbach kam. 34 Auch die Glocken wurden abgehängt. 35 Aus der Pfarrbeschreibung von 1825 geht hervor, dass die Kirche nicht mehr benützt wurde. Sie blieb als Reservekirche stehen, war aber verschlossen und hätte für eine erneute Nutzung erst eine Fenster- und Dachreparatur benötigt. Lediglich das Kirchengestühl, die Kanzel und die beiden Seitenaltäre blieben noch in der Kirche zurück. 36 Die (Haupt-) Orgel wurde 1806 nach Harbach verkauft. 37 Denkbar wäre, dass die Orgel in ST. JOHANN über diesen Weg nach Regen kam, denn Harbach war zu dieser Zeit hoch verschuldet. In den Rechnungsbüchern des Bistum-Archivs zu Passau findet sich aber weder ein Eintrag über den Verkauf einer Orgel noch über den Ankauf. Es kann jedoch nachgewiesen werden, dass Harbach über 1836 hinaus eine Orgel besessen hat. 38 Deshalb erscheint es unwahrscheinlich, dass diese Orgel 1836 nach Regen kam. Möglicherweise existierte jedoch auch eine Chororgel in ST. PETER. Darüber schweigen allerdings die Quellen. Da das Gebäude, das einst in der Länge 68, in der Breite 19, und in der Höhe 25 Schuhe 39 betrug, 1929 abgebrochen wurde und nur noch das Chorhaus als Leichenhalle existiert, 40 wird man dies auch nicht mehr eruieren können. Archivdirektor i. K. Dr. HERBERT WURSTER teilte in einem Brief an WOLFGANG EISEN- BARTH am 31. März 2000 mit: [ ] die Literatur, sogar die Handbücher der Diözese, sind zur Orgel von Regen, St. Johann nicht hilfreich. Immerhin bieten einige Quellen bei uns einiges an Material: [ ] 1836 erhielt die Kirche St. Johann eine neue (neuverwendete alte) Orgel aus der abgebrochenen Klosterpfarrkirche Aldersbach. Diese Orgel hatte wohl Ehrlich (schon [vor?!] 1825 auf Vorrat) 41 33 Vgl. KALHAMMER, H.: 1250 Jahr Aldersbach. In: HAUER, W.: 1250 Jahre Aldersbach. Aldersbach 1985, 15ff. 34 Vgl. BRENNINGER, G: Historismus in Kirchenbau und Kirchenausstattung in Niederbayern. In: Der Storchenturm 48/49 (1990) 35. 35 Vgl. SCHEGELMANN, A. M.: a.a.o. (Anm. 30) 15. 36 Vgl. ABP, OA, Pfarramt Aldersbach II, 1a: 1825: Ehemalige Pfarrkirche. 37 Vgl. HEUWIESER, M.: Aldersbach. In: Die Kunstdenkmäler von Niederbayern XIV. Bezirksamt Vilshofen, o.o. 2. Auflage o.j. 23f. 38 Vgl. ABP, Harbach, Rechnungsbücher 1800-1838. 39 MEIDINGER, S.: Historische Beschreibung der kurfürstlichen Haupt- und Residenzstädte Landshut und Straubing. Landshut 1787, 305. 40 Vgl. KALHAMMER, H.: a.a.o. (Anm. 33) 15ff. 41 Anmerkung: Zitat in seiner originalen Klammersetzung. Seite 14

Kapitel III: Die Orgel der Kirche St. Johann in Regen (Bayerischer Wald) und ihre Geschichte III angekauft; s. dazu die Angabe in: ABP, OA, Pfa Aldersbach II, 1a: 1825: Ehemalige Pfarrkirche: Orgel verkauft! 42 1.2 Portenkirche Üblicherweise hatten die Zisterzienserklöster eine Kirche neben dem Klostertor (Porta) für die Frauen, denen es verboten war, den von einer Ringmauer umgebenen Klosterbezirk zu betreten 43 (Abb. 4). Die älteste Portenkirche in Aldersbach war dem HL. LEONARD geweiht. Auf der Ansicht bei WENING um 1700 ist noch der Name des Patrons erwähnt (vgl. Abb. 3, Seite 12). Unter Abt JOHAN- NES DIETMAYR (Amtszeit 1588-1612) wurde die Kirche fast neu gebaut. 1733 ist sie als Kirche MARIÄ VERKÜNDIGUNG UND HIMMELFAHRT, ST. JOHANNES EVANGE- LIST und LEONHARD erwähnt. Unter THEOBALD II. wurden das Torhaus und die Portenkapelle 1767 neu errichtet. Beide Gebäude sind heute noch vorhanden. Der Zugang zur Kirche befindet sich auf der rechten Seite der Tordurchfahrt: 44 Abb. 4: Grundriss der Portenkirche, Aldersbach (aus: HEUWIESER, M.: Aldersbach. In: Die Kunst-denkmäler von Niederbayern XIV. Bezirksamt Vilshofen, o.o. 2. Auflage o.j., 65.) Im Portenhaus (jetzt Gemeindeverwaltung) wurde ursprünglich ein Seminar für die Studenten des Klosters eingerichtet. Die Portenkirche diente daher auch als Studienkirche für die Seminaristen. 45 Das Seminar mit jährlich 30 Zöglingen, die unentgeltlich Unterricht, Kost und Kleidung erhielten, hatte einen hervorragen- 42 ABP an die Orgelbaufirma EISENBARTH, 31. März 2000. In: Dokumente des Fördervereins zur Restaurierung der Orgel in der ST. JOHANN-Kirche in Regen e.v. 43 Vgl. SCHNELL, H.: a.a.o. (Anm. 31) 12. 44 Vgl. HEUWIESER, M.: a.a.o. (Anm. 37) 64-68. 45 Vgl. SCHNELL, H.: a.a.o. (Anm. 31) 27. Seite 15

Kapitel III: Die Orgel der Kirche St. Johann in Regen (Bayerischer Wald) und ihre Geschichte III den Ruf. 46 Eine geplante zentrale Lehranstalt zum Generalstudium für den Ordensnachwuchs der Zisterzienser in Bayern kam aber wegen der Säkularisation nicht mehr zum Tragen. 47 Die Kapelle wurde nach 1803 profaniert und diente als Depot für Kunstdünger, als Remise und als Getreidesilo. Erst seit 1935 finden dort wieder Gottesdienste statt. 48 Es existieren keine Quellennachweise über eine Orgel in der Portenkirche. Der Musikwissenschaftler ROBERT KLUGSEDER aus Aldersbach geht jedoch in seiner Magisterarbeit davon aus, dass die Orgel der Filialkirche ST. JOHANN in Regen zuvor in der Aldersbacher Portenkirche gestanden sei, ohne dafür nähere Gründe anzugeben. 49 1.3 Klosterkirche Im Jahre 1617 ließ Abt MICHAEL KIRCHBERGER (Amtszeit 1612-1635) den unbequemen Chor der alten Klosterkirche abbrechen und von Grund auf neu bauen. Die Kirche war wohl zu klein geworden, denn der Konvent hatte zu dieser Zeit bereits 40 bis 50 Mönche und 100 bis 150 Laienbrüder. Unter Abt THEO- BALD I. wurde dann das ruinöse Langhaus durch einen Neubau ersetzt. 50 So ist es durchaus möglich, dass die Regener Orgel bereits während des Kirchenbaus im Chorraum gestanden und den Chordienst während dieser Zeit begleitet hat. Durch SEBASTIAN MEIDINGER ist bekannt, dass SEBASTIAN WILD drei schöne Orgeln für Aldersbach gebaut hat. 51 HERMANN FISCHER schreibt dazu: Abt Theobald (1704-34) ließ drei Orgeln bauen: 2 Chororgeln [und] 1 Hauptorgel, oder nur eine Chororgel und eine für die Portenkapelle. Jedenfalls hat der Chronist das wohl nicht so genau gewußt. 52 46 Vgl. SCHEGELMANN, A. M.: a.a.o. (Anm. 30) 2. 47 Vgl. SCHNELL, H.: a.a.o. (Anm. 31) 6. 48 Vgl. WIMBECK, J.: Führer durch die Kirche von Aldersbach. Aldersbach 1954, 1. 49 Vgl. KLUGSEDER, R.: Die Pflege der geistlichen Musik im Zisterzienserkloster Aldersbach. Magisterarbeit in der Philosophischen Fakultät (Philosophie, Sport und Kunstwissenschaften) der Universität Regensburg. Regensburg 2002, 135. 50 Vgl. HEUWIESER, M.: a.a.o. (Anm. 37) 24. 51 Vgl. MEIDINGER, S.: a.a.o. (Anm. 39) 304. 52 HERMANN FISCHER an STEPHANIE KÖNIG, 14. September 2002. In.: Privatarchiv von STEPHANIE KÖNIG. Seite 16

Kapitel III: Die Orgel der Kirche St. Johann in Regen (Bayerischer Wald) und ihre Geschichte III Gesichert ist, dass die Hauptorgel 1803 nach Vilshofen gebracht wurde, da die Klosterkirche mit der Säkularisation als entbehrlich galt. 53 Vilshofen war damals durch das Ungeschick einer Wirtin bis auf ein paar Häuser komplett niedergebrannt 54 und benötigte dringend eine Orgel. Eine Chororgel, die als Positiv auf einem Seitenchor gestanden hatte, kam nach Egglham, 55 wurde 1882 jedoch von Hechenberger ersetzt. Damit scheidet die Möglichkeit aus, dass diese Orgel 1836 nach Regen verkauft worden wäre. 56 Nachdem 1806 die Klosterkirche Aldersbach zur Pfarrkirche erhoben wurde, ließ der Bayerische Staat die verbliebene Chororgel auf den Figuralchor verlegen. Als diese im Laufe der Zeit unbrauchbar geworden war, wurde im Jahr 1836 von Orgelbaumeister Ehrlich 57 im Auftrag des Rentamtes Vilshofen eine neue Orgel samt Gehäuse gefertigt und die alte, sehr baufällige Orgel dem Orgelbaumeister verkauft. 58 Es spricht nach Meinung der Verfasserin vieles dafür, dass GEORG ADAM EHRLICH die erworbene alte Orgel anschließend in der ST. JOHANN-Kirche in Regen eingebaut hat. 53 Vgl. HEUWIESER, M.: a.a.o. (Anm. 37) 35. 54 Vgl. ZAUNER, P.: a.a.o. (Anm. 32) 46. 55 Vgl. BRENNINGER, G.: Orgeln und Geschichte des Orgelbaues im Landkreis Rottal-Inn. In: Heimat an Rott und Inn o. Jg. (1974) 124. 56 HERMANN FISCHER an STEPHANIE KÖNIG, 14. September 2002. In: PA KÖNIG. 57 Anmerkung: gemeint ist GEORG ADAM EHRLICH d. J. (1812-1861), Passau. 58 KLUGSEDER, R.: a.a.o. (Anm. 49) 135. Seite 17

Kapitel III: Die Orgel der Kirche St. Johann in Regen (Bayerischer Wald) und ihre Geschichte III 2 Die Orgel in Regen nach dem Umzug (1836-2003) 2.1 Die Filialkirche ST. JOHANN Die Filialkirche ST. JOHANN an der alten Deggendorfer Straße liegt ca. 1 km westlich vom Zentrum Regens am Regenfluss. Laut einer lateinischen Inschrift, die auf einem im Chorbogen der Kirche aufgehängten Pergamentblatt erhalten ist, wurde sie 1473 erbaut und zu Ehren des HL. JOHANNES DES TÄUFERS und des HL. JOHANNES EVANGELIST eingeweiht. Als Erbauer wird der Schlossherr von Au angenommen. 59 Damals war ULRICH SCHACZ Pfarrer von Regen (Amtszeit 1462-1482). 60 Beim Angriff der Schweden 1548 wurde die Pfarrkirche ST. MICHAEL durch einen Brand zerstört. Deshalb diente die Filialkirche ST. JOHANN bis 1657 der Abhaltung des Pfarrgottesdienstes. Am 6. Juni 1733 wurde ein neuer Hochaltar durch den Passauer Fürstbischof JOSEF DOMINIKUS Graf von Lamberg feierlich konsekriert. 61 Der Inschrift ist weiter zu entnehmen, dass 1764 das ursprünglich gotische Gotteshaus durch einen Blitzschlag zerstört wurde. 62 Da aber offenbar nur der Dachstuhl vom Brand ergriffen worden war, ist die Inneneinrichtung, die bis auf die Kanzel (Rokoko, wohl um 1779) aus der Zeit um 1700 stammte, bis heute erhalten. 63 Bei der Wiedererrichtung wurde das Langhaus um einen Meter erhöht. Das Portal blieb im gotischen Stil erhalten. Die barockisierte Kirche wurde 1779 eingeweiht. 64 Auch ST. JOHANN wurde von der Säkularisation nicht verschont. Als die Pfarrei Regen 1805 neu organisiert wurde, erklärte das Landgericht die Kirche als entbehrlich und beschloss ihren Abbruch. Doch dazu kam es nie, da die Regener den Abbruch solange hinausgezögert hatten, bis wieder bessere Zeiten für den Glauben, die Kirchen und Klöster kamen. 65 Allerdings geht aus der Pfarrbe- 59 Vgl. OSWALD, G.: Die Geschichte der Stadt Regen. Regen 1952, 199. 60 Vgl. ebd. 65. 61 Vgl. ebd. 147. 62 Vgl. ebd. 199. 63 Vgl. Landkreis Regen (Hg.): 100 Jahre Landkreis Regen. Regen 1962, 99. 64 Vgl. GRÄBER, K.: Regen. In: Die Kunstdenkmäler von Bayern, Niederbayern XIX. Bezirksamt Regen, o.o. 1928, 70. 65 Vgl. Bistumsblatt der Diözese Passau, Dezember 1997. In: Doku Verein. Seite 18

Kapitel III: Die Orgel der Kirche St. Johann in Regen (Bayerischer Wald) und ihre Geschichte III schreibung von 1825 66 hervor, dass nur mehr zu bestimmten Festen Gottesdienste und Andachten abgehalten wurden (Kirchweihfest am Osterdienstag, Patrozinium an JOHANNES EVANGELIST und am Tag des HL. JOHANNES DES TÄU- FERS). In dieser Beschreibung finden sich auch die Maße der Kirche: 31 Schritte lang, 14 breit und 30 Schuh hoch. Der Zustand des Gebäudes wurde als gut bezeichnet. Die Kirche hatte einen uhrlosen Turm mit zwei Glocken und war auch damals mit einer Ringmauer umgeben. Über die Inneneinrichtung wurde u.a. berichtet, dass die Kirchenstühle in Ordnung waren, das Pflaster jedoch äußerst ruinös. Es findet sich auch ein Eintrag über Instrumente: Anstatt einer Orgel besitzt die Kirche ein Positiv. 67 Abb. 5: ST. JOHANN Grundriss vor der Kirchenrenovierung 1980 (aus: GRÄBER, K.: Regen. In.: Die Kunstdenkmäler von Niederbayern XIX. Bezirksamt Regen, o.o. 1928, 72.) Von 1826 bis 1842 war MICHAEL DENK Pfarrer in Regen. Er war ein großer Freund von Gesang und Musik. 1836 bewilligte die Kirchenverwaltung dem damaligen stellvertretenden Chorregenten Esterl jährlich 40fl (= Gulden) für die besondere Pflege von Gesang und Musik. 68 So ist es nicht verwunderlich, dass noch im selben Jahr eine gebrauchte Orgel für ST. JOHANN gekauft und bereits sechs Jahre später eine größere Reparatur der Orgel gebilligt wurde. 66 Vgl. ABP, OA, Pfarramt Regen II, 1a: Pfarrbeschreibung 1825. 67 ABP, OA, Pfarramt Regen II, 1a: Pfarrbeschreibung 1825. 68 Vgl. OSWALD, G.: a.a.o. (Anm. 59) 100. Seite 19

Kapitel III: Die Orgel der Kirche St. Johann in Regen (Bayerischer Wald) und ihre Geschichte III Es ist anzunehmen, dass in den folgenden 50 Jahren die Zahl der Gottesdienste in ST. JOHANN wieder zunahm, denn spätestens um 1890 war offenbar die Pfarrkirche ST. MICHAEL für die Gemeinde zu klein geworden. Dafür spricht, dass in der Amtszeit von Pfarrer THEODOR ANICH (1887-1894) Pläne für eine Erweiterung der Pfarrkirche vorlagen. 69 Diese Vermutung wird durch die Reparatur der Orgel in ST. JOHANN im Jahre 1893 durch Orgelbauer LUDWIG EDEN- HOFER bestärkt. Am 18. Juni 1917 mussten einige Glocken aus Regen für den Heeresbedarf abgeliefert werden. So wurde auch eine ältere, 1,75 Zentner schwere Glocke von ST. JOHANN abgenommen. 70 Sie wurde nicht mehr ersetzt. ST. JOHANN besitzt seit dieser Zeit nur noch eine Glocke, die Seilführung für die zweite Glocke wurde entfernt 71 und die Deckenöffnung verputzt. Ob bei dieser Gelegenheit auch Zinnpfeifen der Orgel abgeliefert werden mussten, konnte nicht geklärt werden. Die Kirche wurde im 2. Weltkrieg beschädigt und zunächst nicht mehr genutzt. Sie stand offen und diente den Kindern als Spielplatz. Erst 1963 taucht ST. JO- HANN in den Geschichtsbüchern der Stadt wieder auf: Fassade, Dach und Turm waren renoviert worden. Als die Stadtpfarrkirche ST. MICHAEL in den Jahren 1966/1967 umgebaut und erweitert wurde, diente ST. JOHANN als ständiger sonntäglicher Gottesdienstraum und auch die Jahre danach fand einmal in der Woche eine heilige Messe statt. 72 Der 1971 gegründete Eisschützenverein EC ST. JOHANN e.v. nahm sich der Kirche an und ermöglichte umfangreiche Renovierungsarbeiten. 73 1974 erfolgte die Außenrenovierung (u.a. Gehweg um die Kirche) und Fenstererneuerung, welche 1976 abgeschlossen werden konnten. Von 1977 bis 1980 fand die Innenrenovierung der Kirche statt, dabei wurde auch der Fußboden ersetzt und 69 Vgl. OSWALD, G.: a.a.o. (Anm. 59) 65. 70 Vgl. ebd. 166. 71 Anmerkung: Die Seilführung ist noch erhalten und wird in einer Schublade auf der Empore aufbewahrt. 72 Vgl. KARL, R.: Stadt Regen 1067-1967. Regen 1967, 362. 73 Vgl. Passauer Bistumsblatt: Für ihr Kircherl tun sie alles, Dezember 1997. In: Doku Verein. Seite 20

Kapitel III: Die Orgel der Kirche St. Johann in Regen (Bayerischer Wald) und ihre Geschichte III eine Heizung eingebaut. Die Gesamtkosten dieser Renovierungsarbeiten betrugen über 400.000 DM. 74 Bevor die Orgel 1999/2000 renoviert werden konnte, mussten erst Feuchtigkeitsschäden am Turm behoben 75 und das gesamte Inventar der Kirche, einschließlich der Orgel, vom Anobienbefall befreit werden. 76 Dies geschah durch die Begasung des Innenraums mit Sulfurylfluorid im Altarion Vikane Verfahren. Dazu mussten alle Fenster und Türen und sonstige Öffnungen abgedichtet werden. Die Raumtemperatur durfte 15 nicht unterschreiten. Mit Hilfe eines Computers konnte die genaue Menge des einzuführenden Gases berechnet werden. 77 Das Gas wurde über Stahlbehälter in die Kirche transportiert und blieb an die 70 Stunden im Gebäude. 78 Da die Kirche nicht frei zugänglich ist, konnte sie einige Tage weiträumig abgeschirmt werden: Zutritt strengstens verboten. Vergiftungsgefahr! Dieses Schild an der Gartentür der Kirche St. Johann machte [ ] manchen Passanten stutzig. In der Kirche ging es dem Holzwurm an den Kragen mit giftigen Gasen. 79 Diplom Chemiker Dr. GERHARD BINKER, der Chef der Materialschutzfirma, versicherte, dass das toxische Gas weder krebsgefährdend noch ozonschädigend sei. 80 (Wie gefährlich dieser Eingriff dennoch war, zeigte ein Unfall in Ursensollen im Landkreis Amberg im Oktober 2002, bei dem ein Familienvater ums Leben kam.) 81 Seit 1980 wird die Kirche vom Mesner-Ehepaar MONIKA und EWALD BLEDL betreut. Damit wurden die wöchentlichen Sonntagsgottesdienste in der Kirche wieder ermöglicht. Außerdem wird das schöne Gotteshaus gerne für Hochzeiten, Schülertreffen und Konzerte genutzt. 74 Vgl. Bischöfliches Ordinariat Passau Bau- und Kunstreferat an die Orgelbaufirma EISEN- BARTH, 7. April 1977. In: Doku Verein. 75 Vgl. EBERHARD EIBL, Stadtpfarrer von Regen, an das Bischöfliche Ordinariat Passau Bauund Kunstreferat, 15. Mai 1997. In: Doku Verein. 76 Vgl. Landratsamt Regen untere Denkmalschutzbehörde an den Verein, 24. Oktober 1997. In: Doku Verein. 77 Vgl. Kostenvoranschlag der Materialschutz GmbH BINKER, 7. März 1997. In: Doku Verein. 78 Vgl. DER BAYERWALD-BOTE (23. April 1998), Alle Schädlinge radikal vergast: Gib dem Holzwurm keine Chance. In: Doku Verein. 79 Ebd. 80 Vgl. ebd. 81 Anmerkung: Der Zeitungsartikel über diesen Vorfall befindet sich im Anhang der Arbeit. Seite 21

Kapitel III: Die Orgel der Kirche St. Johann in Regen (Bayerischer Wald) und ihre Geschichte III 2.2 Über den vermutlichen Originalzustand der Orgel Abb. 6: Spieltisch vor der Restaurierung 1999/2000 (Aufnahme von L. EISENBARTH, 1977) Die kleine Orgel in der ST. JOHANN-Kirche wird der Bauart nach SEBASTIAN WILD aus Kirchenrohrbach zugeschrieben. 82 Sie besitzt ein Manual und sieben Register (I/7). Auf der Abbildung (6) aus dem Jahr 1977 sind die alten Registeraufschriften zu erkennen, die 1980 übermalt worden sind (vgl. dazu Abb. 18, Seite 33). Folgende Übersicht zeigt die Originaldisposition laut originaler Manubrienbeschriftung bzw. nach den Pfeifenstöcken: 83 Register Pfeifenmaterial Manual (Tonumfang CDEFGABH c ) Prinzipal 4 Quinte 2 2/3 Oktav 2 Mixtur 1 1/3 3fach Copel 8 Fletten 4 Zinn Zinn Zinn Zinn Holz Holz Pedal (Tonumfang CDEFGABH a ) Pedalkoppel (Windkoppel) Subbass 16 Holz 82 nach Beurteilung von WOLFGANG EISENBARTH. Vgl. HERMANN FISCHER an STEPHANIE KÖNIG, 14. September 2002. In.: PA KÖNIG. 83 Vgl. Orgelbaufirma EISENBARTH, Leistungsverzeichnis vom 10. Juni 1998. In: Doku Verein. Seite 22

Kapitel III: Die Orgel der Kirche St. Johann in Regen (Bayerischer Wald) und ihre Geschichte III Es handelt sich hierbei also um die bereits beschriebene kurze Oktav (vgl. Seite 8f.). Das Manual hat nur 45, das Pedal 18 Tasten. Abb. 7: Pedal vor der Restaurierung (Aufnahme von W. EISENBARTH, 1999) Die Abbildung (7) zeigt das alte Pedal mit seiner Anordnung der Tasten (vgl. Abb. 2, Seite 9). Im Manual findet sich in der Tiefe dieselbe Tastenanordnung, von c bis c³ unterscheidet sich die Klaviatur nicht von der heute üblichen. Für die Registersteuerung sind die originalen eisernen Schwerter als Manubrien erhalten (siehe Abb. 18, Seite 33). Die Disposition der Orgel weist auf die ursprüngliche Funktion des Instrumentes hin. Die Register entsprechen denen, die für die Begleitung der Männerstimmen des Mönchsgesangs geeignet waren. SIXTUS LAMPL beschreibt diese in einem Artikel über Chororgeln und deren Aufgaben. Er bezeichnet Fletten und Dulciana als ruhige 4 Register, flötig mit einem leicht obertönigen Strich [ ]. War eine etwas größere Fülle gewünscht, z. B. beim Hymnus, so kam die gedeckte Copula 8 hinzu. Für den festlichen einstimmigen Gesang, etwa dem Benedicamus Domino, war das Prospektregister Octav 4 zu verwenden. Die übrigen, farbigen oder glanzspendenden kleinfüßigen Register der Disposition (Quinte 2 2/3, Oktav 2, Mixtur 1 3fach) dienten zu aufmunterndem Einspiel oder zur Begleitung des Auszugs der Mönche. 84 84 LAMPL, S.: a.a.o. (Anm. 6) 12f. Seite 23

Kapitel III: Die Orgel der Kirche St. Johann in Regen (Bayerischer Wald) und ihre Geschichte III Es lässt sich kaum mehr nachvollziehen, was die einzelnen Orgelbauer im Laufe der 300 Jahre verändert haben. Sicher ist jedoch, dass das Gehäuse aus der Erbauungszeit stammt. Es ist ohne Verzierungen 267 cm breit, 378 cm hoch (oberer Teil 200 cm) und 94 cm tief (der Mittelturm ragt 19 cm in den Raum hinein). Das Manual hat eine Breite von 73,5 cm und eine Tiefe von 20,5 cm. Es ist 80 cm über dem Boden angebracht. 85 Damit entsprechen diese Maße verständlicherweise nicht den erst 1967 vom Bund Deutscher Orgelbaumeister zusammen mit der Gesellschaft der Orgelfreunde ausgearbeiteten neuen Normmaßen. 86 Abb. 8: Orgel Gehäuse vor der Restaurierung (Aufnahme von L. EISENBARTH, 1977) Bis zur Renovierung der Kirche von ST. JOHANN im Jahre 1980 war das Gehäuse das zusammengesteckt bzw. durch Holzschrauben zusammengehalten wird weiß und hatte goldene Verzierungen (siehe Abb. 8). Ob es sich dabei um den Originalanstrich handelt, oder ob die Orgel erst nach dem Umzug nach Regen 1836 farblich verändert wurde, ist nicht bekannt. Da die Orgel erst 1980 der Innenausstattung, die 1836 bereits exitiert hatte, angeglichen wurde, ist eher anzunehmen, dass der Anstrich noch von Aldersbach stammt. Im Bericht des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege vom 20. Dezember 1996 findet sich folgende Beschreibung des Prospektes: Der Prospekt ist dreiteilig, im Grundriss leicht kurviert, im Aufriss sanft bewegt. Die Schleierbret- 85 Anmerkung: Die Maßangaben stammen von der Verfasserin. 86 Vgl. ADELUNG, W.: a.a.o. (Anm. 10) 165. Seite 24

(Aufnahme von W. EISENBARTH, 1999) Kapitel III: Die Orgel der Kirche St. Johann in Regen (Bayerischer Wald) und ihre Geschichte III ter sind mit ungewöhnlichen vegetabilen und flächig gekurvten Ornamenten versehen und vergoldet. 87 Die Stilistik der verwendeten Ornamente der Schleierbretter gibt einen Hinweis auf das ungefähre Alter des Prospektes, wobei die Orgelprospekte allgemein gegenüber der zeitgenössischen Kunstmode etwas nachhinken. Akanthusverzierungen am Schleierbrett wurden von ca. 1690 bis spätestens 1725 verwendet 88 und bestätigen somit das in der Orgel angegebene Erbauungsjahr 1703. 89 2.3 Veränderungen an der Orgel 2.3.1 Ankauf im Jahr 1836 (GEORG ADAM EHRLICH) Abb. 9: Inschrift in der Orgel von ADAM EHRLICH Die Orgel von ST. JOHANN kam wie bereits erwähnt während der Amtszeit des musikliebenden Pfarrers DENK 1836 nach Regen. 90 Aus dem Jahr 1835 existieren zwar bereits Pläne für die Anschaffung einer Orgel, 91 der Ankauf ist aber erst im Rechnungsbuch von 1836/37 vermerkt. GEORG ADAM EHRLICH, Orgelmacher in Passau (siehe Abb. 9), erhielt für die accordierte Orgel 400fl. Der Handelsmann MICHAEL DIZORZI hatte die Orgel mit seinem Fuhrwerk von Passau nach Regen gebracht und dafür 30fl erhalten. Unter der Auflistung der Handwerker, die mit der Orgel zu tun hatten Schreinermeister ANTON SCHWANNBERGER, Zimmermeister LIEBL, Schmied JOSEPH HAUF, Kupferschmied MICHL SEIBOLD, Kirchenmaler GEORG STOIBER und Mesner JAKOB MADER fin- 87 Bayerisches Landesamtes für Denkmalpflege an den Verein, 20 Dezember 1996. In: Doku Verein. 88 Vgl. BRENNINGER, G.: Orgeln in Altbayern. München 1978, 27f. 89 LUDWIG EDENHOFER, 14. März 1893. In: Inschr. Orgel. 90 Vgl. OSWALD, G.: a.a.o. (Anm. 59) 100. 91 Vgl. ABP, Pfarramt Regen, KR. St. Johann 1835/36, Seitennotiz. Seite 25

Kapitel III: Die Orgel der Kirche St. Johann in Regen (Bayerischer Wald) und ihre Geschichte III det sich auch die Seilermeisterin KATHERINA NEINDL. Sie bekam 4fl für zwei neue Orgelseile. 92 Interessant ist diese Notiz deshalb, weil sie einen ersten Hinweis darauf gibt, dass die Blasebälge damals im Dachboden der Kirche untergebracht waren. Ein weiteres Indiz dafür ist in der Inschrift von LUDWIG EDENHOFER in der Orgel zu finden: Die Bälge lagen auf dem Boden. 93 Eine eingehende Ortsbesichtigung der Decke der Empore und des Dachstuhls der Kirche zeigte, dass die Stuckverzierung hinter der Orgel zerstört ist und deutlich die Spuren einer oder mehrerer Ausbesserungen zu erkennen sind. Parallel zur Seilführung der Glocke, die noch immer per Hand geläutet wird, kann man die verputzte Öffnung für die zweite Glocke erahnen, die im ersten Weltkrieg für den Heeresdienst eingezogen worden war. Dahinter finden sich in Abb. 10: Dachboden der Kirche (eigene Aufnahme, 2003) Richtung Emporenrückwand die beiden Öffnungen mit Führungen für die Orgelseile. Auf dem Dachboden ist das alte Gebälk des Glockenturms im unteren Bereich ausgeschnitten. Hier waren vermutlich die Blasebälge verankert (siehe Abb. 10). Das Orgelgehäuse war in Aldersbach mit einem höheren Mittelturm ausgestattet, der wegen der beengten Raumhöhe auf der Empore in Regen gekürzt werden musste. Die Schnittstelle am Schleierbrett ist deutlich erkennbar (vgl. Abb. 8, Seite 24 bzw. Abb. 25, Seite 38). Daher fehlt an dieser Stelle auch die für WILD-Orgeln typische Umrandung des Schleierbrettes. Auf den Abbildungen sieht man auch Vasen, die bereits in Aldersbach auf dem Gehäuse gestanden haben müssen, denn sie wurden ebenfalls an den Füßen abgeschnit- 92 Vgl. ABP, Pfarramt Regen, KR. St. Johann 1836/37 p.34-36. 93 LUDWIG EDENHOFER, 14. März 1893. In: Inschr. Orgel. Seite 26

Kapitel III: Die Orgel der Kirche St. Johann in Regen (Bayerischer Wald) und ihre Geschichte III ten und zwar genau um so viel, dass sie noch unter der Emporendecke Platz fanden. Dabei wurde die linke Vase stärker gekürzt als die der rechten Seite. Im Gehäuse war für die größten Pfeifen kein Platz mehr, sie wurden gekröpft. Eine dieser gekröpften Pfeifen ist in einem sehr desolaten Zustand noch erhalten und auf dem Dachboden aufbewahrt. Abb. 11: Orgel Blick in die Windlade (Aufnahme von W. EISENBARTH, 1999) Auch in der Windlade wurden von den Orgelbauern ADAM und ANTON EHRLICH Spuren hinterlassen. Die Abbildung (11) zeigt eine für EHRLICH typische Quintstange in der Windlade für Spundverschlüsse mit Flügelmuttern. 94 Außerdem findet sich in der Windlade eine Unterschrift aus dem Jahr 1837 von ANTON EHRLICH (siehe Abb. 12), der damals noch in der Lehre bei seinem Vater ADAM EHRLICH war. Abb. 12: Inschrift von ANTON EHRLICH in der Windlade (Aufnahme von W. EISENBARTH, 1999) Ein Vergleich mit der Orgel in Kirchenrohrbach, die als Vorbild bei der Rekonstruktion im Jahr 1999 diente (vgl. Seite 44 und Seite 62 mit Abb. 35), zeigt, dass die Windladen beider Orgeln dieselbe Art Spundverschlüsse aufweisen, ansonsten aber konstruktiv unterschiedlich sind, so dass [...] nicht mit Sicherheit festgestellt werden kann, ob beide Windladen von Seb. Wild stammen und nur von Adam Ehrlich umgebaut, oder gar erneuert wurden [...], 95 denn auch in 94 Vgl. WOLFGANG EISENBARTH an STEPHANIE KÖNIG, 8. Januar 2003. In: PA KÖNIG. 95 WOLFGANG EISENBARTH an STEPHANIE KÖNIG, 8. Januar 2003. In: PA KÖNIG. Seite 27

Kapitel III: Die Orgel der Kirche St. Johann in Regen (Bayerischer Wald) und ihre Geschichte III Kirchenrohrbach wurden 1852 und 1857 Veränderungen an der Orgel von ADAM EHRLICH durchgeführt. 96 2.3.2 Reparatur im Jahr 1842 (JOHANN SIXT) Interessanterweise musste die Orgel bereits 1842 von JOHANN SIXT aus Achslach bei Viechtach erneut repariert werden. Dies geht aus den Rechnungsbüchern des Bistum-Archivs in Passau von 1842 hervor: Der Verwalter der Filiale Sct. Johann bringt zur Anzeige, daß die Orgel bei der Filiale Sct. Johann dergestalt ruinös sei, daß selbe bei einem noch kommenden Falle nicht benützt werden könne, und deswegen eine Reparatur hieran dringend notwendig sei. Er legt zu diesem Zwecke den Kostenvoranschlag des Orgelmachers Sixt von Achslach bei, woraus das mangelhafte ansichtig, und die Drungenheit der Reparatur abgenommen werden könne. Man schritt zur Beratung, und da der Vortrag des Verwalters gründet, und der Kostenvoranschlag für die vorzunehmenden Reparaturen als sehr billig erscheint, so wurde einstimmig der Beschluß gefaßt: Die Reparatur ist vorzunehmen und dem Orgelmacher Sixt mit der Bemerkung der Nichtüberschreitung zu übertragen. 97 Aus dem Kostenvoranschlag vom 24. Juli 1842 ist ersichtlich, dass JOHANN SIXT ein neues Manual mitsamt einem neuen Zugwerk anderst eingerichtet [ ] mit 90 Winkel Hagen 98 eingebaut hat. Außerdem kam ein neues Britl in [die] Windloth, daher muß[te] die ganze Orgel zerlegt werden. 99 Der Quittung vom 24. September 1842 ist zu entnehmen, dass er die Windlade beledert hat. Zusammen mit dem Stimmen aller sieben Register kostete die Reparatur nur 29 Gulden (Manual 10fl, Zugwerk 6fl, Belederung der Windlade 6fl, Stimmung 7fl). 100 96 KRAUS, E.: Orgeldokumentation der Diözese Regensburg Folge I./II. Regensburg 1974/1977, Kirchenrohrbach I/1, I/2. 97 ABP, Pfarramt Regen, KR. St. Johann 1841/42, Protokoll, 14. August 1842. 98 ABP, Pfarramt Regen, KR. St. Johann 1841/42, Beleg Nr. 29, Kostenvoranschlag, 24. Juli 1842. 99 Ebd. 100 Vgl. ABP, Pfarramt Regen, KR. St. Johann 1841/42, Beleg Nr. 30, Schein, 24. September 1842. Seite 28

Kapitel III: Die Orgel der Kirche St. Johann in Regen (Bayerischer Wald) und ihre Geschichte III Im Zuge der Änderung der Mechanik könnte Sixt auch das Wellenbrett überarbeitet haben, denn ein Vergleich mit Kirchenrohrbach zeigte, dass sich in Regen anstelle von Holzärmchen solche aus Eisen befinden 101 (vgl. Abb. 13). Abb. 13: Wellenbrett vor der Restaurierung (Aufnahme von W. EISENBARTH, 1999) Nachdem die Orgel von JOHANN SIXT repariert worden war, besorgte der Organist AMBROS ROTH einen Spiegel für die Orgel: [ ] zu der Filialkirche St. Johann einen Spiegel zu der Orgel abgeliefert, den Betrag hierfür mit 36kr [= Kreuzer] von der Stiftungsverwaltung empfangen [ ]. 102 Das war eine sehr sinnvolle Anschaffung, denn die Orgel besitzt eine angebaute Spielanlage, so dass der Organist mit dem Rücken zum Altar spielt und nur über einen Spiegel den Gottesdienstverlauf beobachten kann. An dieser Stelle soll auf eine weitere Inschrift auf der Gehäuseinnenseite der Orgel hingewiesen werden. Auf der folgenden Abbildung (14) ist zweimal die Jahreszahl 1836 zu lesen. Dazu wurde in großen Buchstaben Pfuscherorgel geschrieben. 103 101 Vgl. WOLFGANG EISENBARTH an STEPHANIE KÖNIG, 8. Januar 2003. In: PA KÖNIG. 102 ABP, Pfarramt Regen, KR. St. Johann 1842, Beleg Nr. 27. 103 Inschrift in der Orgel (vermutlich) von JOHANN SIXT auf der Innenseite der Füllung über dem Pedal. Seite 29

Kapitel III: Die Orgel der Kirche St. Johann in Regen (Bayerischer Wald) und ihre Geschichte III Abb. 14: Orgelinschrift Pfuscherorgel (eigene Aufnahme, 2003) Ein Vergleich der Handschriften von Inschrift und Kostenvoranschlag lässt darauf schließen, dass diese Bemerkung von JOHANN SIXT notiert wurde. Jeder Orgelbauer musste etwa drei Jahre in die Schreinerlehre gehen, wo er die Grundlagen dieses Handwerkes erlernte. 104 SIXT hatte sogar die Schreinermeisterprüfung absolviert. Daher hat er sich wohl über die etwas lieblose Kürzung des Mittelturms und der Vasen empört. Außerdem ist bekannt, dass das Verhältnis zwischen ihm und ANTON EHRLICH nicht gut war (siehe dazu Seite 65f.). 104 Vgl. BRENNINGER, G.: Altbayern, a.a.o. (Anm. 88) 27f. Seite 30