Gymnasiumstr. 31 Rosa und Max Pincus



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Transkript:

Projekt Stolpersteine in Heilbronn 2014 24. Juni 2014; S. 1 Gymnasiumstr. 31 Rosa und Max Pincus Zusammengestellt von Lena Döttling, Philipp Kaczmarek und Maximilian Wacker (Robert-Mayer- Gymnasium Heilbronn) MAX PINCUS JG. 1869 ERMORDET 10.12.1942 ROSA PINCUS GEB. EICHENBERG JG. 1868 ZWANGSUMZUG 1941 ALTENHEIM HERRLINGEN EINGEWIESEN HEILANSTALT ZWIEFALTEN ERMORDET 26.3.1942 Max Pincus wurde am 1. April 1869 in Posen (Polen) geboren; seine Eltern waren Ludwig Pincus und Auguste, geborene Czepka. Er heiratete Rosa Eichenberg, geboren am 13. August 1868 in Gießen, Tochter von Moses Jakob Eichenberg und seiner Frau Eva, geborene Katzenstein. Zusammen zogen sie nach St. Johann an der Saar (heute Saarbrücken), wo ihr erstes Kind Ludwig am 24. April 1895 zur Welt kam. Es folgten 1897 die Tochter Margarethe (verheiratete Rothschild) und ihr zweiter Sohn Walter (15. Juli 1901). Der älteste Sohn Ludwig Pincus fiel Ende des Jahres 1917 in Frankreich. Margarethe hielt sich Ende Oktober 1942 in London auf. Walter lernte in Heilbronn die Krankenschwester Edith Oppenheimer kennen und lieben. Sie flüchteten gemeinsam im Mai 1939 nach Ostafrika, um der Verfolgung durch die Nationalsozialisten zu entgehen. Max und Rosa Pincus selbst lebten seit 1916 im Haus Friedensstraße 31 heute Gymnasiumstraße in Heilbronn. Max Pincus betrieb zusammen mit seinem Sohn Walter ein Versicherungsbüro. Bis zur Auflösung 1938 war er Mitglied des Jüdischen Frontkämpfervereins. Das Ehepaar musste schließlich in ein Judenhaus in der Moltkestraße umziehen, danach ins jüdische Altenheim in Heilbronn-Sontheim. 1941 war Rosa Pincus im Jüdischen Zwangsaltenheim in Herrlingen, später in der Heil- und Pflegeanstalt Zwiefalten, wo sie im Zuge des Euthanasie-Programms am 26. März 1942 ermordet wurde. Max Pincus wurde am 22. August 1942 von Stuttgart aus nach Theresienstadt (Tschechien) deportiert. Als eines der unzähligen Opfer des Holocausts starb er am 10. oder 13. Dezember 1942. Eigentlich hatten Rosa und Max Pincus geplant, nach dem Krieg ihrem Sohn Walter nach Afrika zu folgen.

Projekt Stolpersteine in Heilbronn 2014 24. Juni 2014; S. 2 Schäfergasse 15 / früher Lammgasse 39 Sofie und Julius Stern Zusammengestellt von Fabian Arlt, Jennifer Besser und Eslem Özkan (Mönchsee-Gymnasium Heilbronn) JULIUS STERN JG. 1900 SEIT 1941 VERSCHIEDENE HEILANSTALTEN DEPORTIERT 1943 ERMORDET 28.6.1944 SOFIE STERN GEB. WEBER JG. 1901 GEDEMÜTIGT / ENTRECHTET FLUCHT IN DEN TOD 24.6.1938 Julius Stern, geboren am 1. Februar 1900 in Heilbronn, lebte vor seiner Heirat bei seiner Familie in der Karlstraße 85. Er war eines von sechs Kindern des Ehepaars David Stern und Wilhelmine (Rahel) Laura, geborene Gärttner David Stern war Jude, seine Frau evangelische Christin. David Stern besaß ein Gemüsegeschäft in der Sontheimer Straße 3. Sofie Marie Stern, geborene Weber, wurde als einziges Kind des evangelischen Ehepaars Heinrich Weber und Sofie, geborene Sigle, am 9. Juni 1901 in Heilbronn geboren. Sie brachte am 7. Januar 1921 einen unehelichen Sohn zur Welt, der wie sein Vater auf den Namen Julius getauft wurde. Wenige Wochen später heirateten Sofie Weber und Julius Stern, wohnten aber noch einige Zeit bei der Mutter der jungen Frau in der Sülmerstr. 83. Später zog die Familie in das Haus Lammgasse 39 es wurde nach dem Zweiten Weltkrieg nicht wieder aufgebaut. Dort wuchs ihr evangelisch getaufter Sohn Julius Helmut auf; er absolvierte eine Lehre als Waagenbauer bei einer Waagenfabrik in Heilbronn-Sontheim und war im Zweiten Weltkrieg Soldat. Er kam mit der 6. Armee nach Stalingrad, wo er an beiden Füßen die Zehen verlor; er wurde deshalb am 11. Januar 1944 aus der Wehrmacht entlassen. Nach Kriegsende arbeitete er zunächst wieder bei seiner alten Firma. Wohl auf Grund all der traumatischen Erlebnisse, verschlechterte sich jedoch sein Zustand so sehr, dass er in Weinsberg im Psychiatrischen Landeskrankenhaus behandelt werden musste. Später lebte er in einem Pflegeheim in Pfedelbach, wo er 1992 starb. Der Vater Julius Stern arbeitete als Packer, seine Ehefrau Sofie war Hausfrau. Sie stürzte sich am 24. Juni 1938 aus dem Fenster im 3. Stockwerk des Hauses in der Lammgasse; sie hatte nach Aussage ihres Schwagers Ludwig Stern wegen der Verfolgungen einen Nervenzusammenbruch erlitten. Ihr Ehemann wurde in der Folge durch einen Schlaganfall rechtsseitig gelähmt und am 6. Juni 1941 in die Heilanstalt Heggbach eingeliefert, danach in die Heilanstalt Zwiefalten und dann in das jüdische Krankenhaus Berlin. Julius Stern wurde dann am 22. November 1943 nach Theresienstadt deportiert, wo er am 28. Juni 1944 ermordet wurde. Julius Stern schrieb vor seinem Tod auf einer Postkarte aus Theresienstadt an seinen Bruder Ludwig: Seit dem 22. November 1943 bin ich hier und mit meinen Berliner Kameraden gut untergebracht. Mir geht es ganz gut, was ich auch von Euch erhoffe. Bitte schreibt mir die Adresse von Hedwig und Robert aus Barcelona. Schreibt recht bald und seid für heute vielmals gegrüßt von Eurem Julius Stern.

Projekt Stolpersteine in Heilbronn 2014 24. Juni 2014; S. 3 Bahnhofstr. 5 Margarete und David Vollweiler Zusammengestellt von Joshua Renner, Annik Preiß und Frank Schmelcher (Gustav-von-Schmoller- Schule Heilbronn) DAVID VOLLWEILER JG. 1878 1944 AUSCHWITZ ERMORDET MARGARETE VOLLWEILER GEB. TANNHAUSER JG. 1883 1944 AUSCHWITZ ERMORDET Hier wohnten David Vollweiler und Margarete Vollweiler, geborene Thanhauser. David Vollweiler wurde am 25. Juli 1878 in Berwangen bei Sinsheim als Sohn von Viktor Vollweiler und Minna Bauernfreund geboren; er hatte zwei Geschwister. Seine Frau Margarete stammte aus Konstanz, wo sie am 26. März 1883 geboren worden war; sie wurde Gretel gerufen. Sie verbrachte den Großteil ihrer Kindheit mit ihren Eltern Heinrich und Emma und ihren sieben Geschwistern in Konstanz. Mit ihren Schwestern Anna, Ida und Laura besuchte sie dort die Höhere Mädchenschule. Am 24. März 1911 heiratete sie den Kaufmann David Vollweiler. Gemeinsam zogen sie nach Heilbronn, zunächst in die Kaiserstraße. Danach bezogen sie in der Bahnhofstr. 5 eine große, bürgerlich ausgestattete Fünf-Zimmer-Wohnung. Das Ehepaar beschäftigte ein Dienstmädchen; die Ehe blieb kinderlos. David Vollweiler war an mehreren Unternehmen beteiligt; zusammen mit seinem jüdischen Freund Sally Mainzer hatte er die Nudelfabrik Mainzer & Vollweiler gegründet. Am 23. Februar 1923 kam die Firma Elektro-Automaten GmbH hinzu von nun an vermietete die Firma Mainzer & Vollweiler ihre Produktionsräume an die Elektro-Automaten GmbH und erhielt im Gegenzug hohe Mietzinsen. Die Elektro-Automaten GmbH war eine Leuchtreklamefabrik; ab 1929 begann sie mit der Produktion von Neonröhren, musste aber am 20. Mai 1931 aufgrund finanzieller Schwierigkeiten ihren Betrieb einstellen. Schon einen Tag später gründeten David Vollweiler und Sally Mainzer ihre dritte und letzte gemeinsame Firma, die Elektro-Automaten Mainzer & Vollweiler OHG wiederum als Leuchtreklamefabrik. Sie musste bereits Ende 1932 den Betrieb wieder einstellen. Alle Firmen von Vollweiler und Mainzer waren in der Achtungstraße 14-16 sowie in der Olgastraße 29 angesiedelt. 1933 mussten David Vollweiler und Sally Mainzer auch ihre zuerst gegründete Firma Mainzer & Vollweiler aufgeben; Mainzer wanderte aus, Vollweiler war als Handelsvertreter tätig. Margarete Vollweiler unterstützte ihren Mann in der Handelsvertretung; sie konnten sich durch eine Erbschaft über Wasser halten. Die großbürgerliche Wohnung in der Bahnhofstraße mussten sie aufgeben und zuerst in die Wilhelmstraße 2 ½ und danach in die Frankfurter Straße 46 umziehen in ein Judenhaus. Ohne nahe Angehörige im Ausland konnten sie nicht emigrieren und wurden am 30. März 1942 in das Zwangsaltenheim in Eschenau eingewiesen. Dort arbeite Margarete als Köchin; David war Verwaltungsleiter. Wenige Monate später wurde das Ehepaar zusammen mit den anderen Bewohnern des Eschenauer Heims am 19. August 1942 zunächst nach Stuttgart gebracht und drei Tage später nach Theresienstadt deportiert. Hier verbrachten sie zwei Jahre, ehe sie am 28. Oktober 1944 nach Auschwitz deportiert und dort ermordet wurden.

Projekt Stolpersteine in Heilbronn 2014 24. Juni 2014; S. 4 Bahnhofstr. 11 Emma Vogel Zusammengestellt von Tamara Böhme, Philipp Nahm und Mark Wirz (Gustav-von-Schmoller-Schule Heilbronn) EMMA VOGEL GEB. SAUER JG. 1869 ERMORDET 4.9.1942 Emma Vogel wurde als Emma Sauer am 29. Juni 1869 in Tauberbischofsheim geboren. Ihr Vater David Sauer (1836 1915) war Metzger und hatte elf Geschwister, ihre Mutter Karolina geb. Löwenthal war Hausfrau. Emma Vogel hatte vier Geschwister; sie selbst absolvierte in Tauberbischofsheim eine Ausbildung zur Modistin und heiratete am 13. Januar 1895 den Textilhändler Adolf Vogel. Er stammte aus Reibach in Hessen, wo er 1852 als Sohn von Abraham Vogel und Mina, geb. Kornsand, zur Welt gekommen war. Am 26. Oktober 1895 kam die einzige Tochter des Ehepaars, Melitta Vogel, in Tauberbischofsheim zur Welt, im Geburtshaus Emma Vogels. Melitta heiratete später den Heilbronner Gewürzhändler Hermann Eisig, mit dem sie in der Uhlandstraße 7 in Heilbronn lebte. Dort kam am 8. April 1923 ihr Sohn Hans Eduard Eisig auf die Welt, der Enkelsohn von Emma Vogel. Emma und Adolf Vogel lebten später in Darmstadt, wo Adolf am 9. Juni 1925 mit 73 Jahren verstorben ist. Seine Witwe erbte sein gesamtes Vermögen in Form von Wertpapieren, Aktien und Staatsanleihen und zog 1929 zu ihrer Tochter nach Heilbronn. Emma Vogel wohnte hier im Haus Bahnhofstraße 11 das Haus wurde nach dem Kauf durch die Papierhandlung Nestle 1936 bis heute als Villa Nestle bezeichnet. Nach 1933 wurde das Vermögen von Emma Vogel durch Sicherheitsbescheide des Heilbronner Finanzamts eingezogen; Emma Vogel musste die große Wohnung in der noblen Bahnhofstraße aufgeben und zog in die Moltkestraße 16. Nach den Wohnungsbeschränkungen für Juden (1938) und dem Gesetz über Mietsverhältnisse mit Juden (1939) musste sie erneut umziehen in das Judenhaus in der Badstraße 22, wo auch ihre Tochter mit ihrer Familie Unterkunft gefunden hatte. Emma Vogel musste Anfang Januar 1942 ins Zwangsaltenheim im Eschenauer Schloss übersiedeln. Von dort aus wurde sie mit den anderen Bewohnern am 22. August 1942 über Stuttgart nach Theresienstadt deportiert, wo sie unter unmenschlichen Bedingungen am 4. September 1942 im Alter von 73 Jahren starb. Als Todesursache wurde Enteritis (eine Durchfall-Erkrankung) angegeben.

Projekt Stolpersteine in Heilbronn 2014 24. Juni 2014; S. 5 Weststr. 45 Julius und Eugenie Reuter, Moritz Reuter Zusammengestellt von Thao Thach Pham und weiteren SchülerInnen des Elly-Heuss-Knapp- Gymnasiums Heilbronn MORITZ REUTER JG. 1878 DEPORTIERT 1941 ERMORDET IN RIGA JULIUS ISAAK REUTER JG. 1876 ERMORDET 22.6.1944 EUGENIE REUTER GEB. SINSHEIMER JG. 1879 ERMORDET 24.9.1942 Julius Isaak Reuter wurde am 7. Juli 1876 in Schluchtern (heute Leingarten) als erster Sohn von Samson Reuter und Sofie, geborene Bauernfreund, geboren. Er wohnte gemeinsam mit seiner Ehefrau Eugenie, geborene Sinsheimer, in einer Fünf-Zimmer-Wohnung in der Weststraße 45. Dorthin zog um 1939 auch sein jüngerer Bruder Moritz der letzte frei gewählte Wohnsitz der Familie. 1936 wurde die Weststraße in Gustloffstraße umbenannt nach einem NS-Führer in der Schweiz, der in diesem Jahr gestorben war. Nach 1939 mussten die Reuters in ein anderes Haus in der West- / Gustloffstraße umziehen, danach noch in die Frankfurter Straße 46, beides sogenannte Judenhäuser. Julius und Eugenie Reuter wurden am 30. März 1942 zusammen mit insgesamt 30 Heilbronner Juden nach Haigerloch umgesiedelt. Hans Franke schildert die Lage der Zwangsumgesiedelten so: (...) hier waren die Juden in Einzelhäusern untergebracht, in einem in sich geschlossenen Ortsteil, der schon sehr lange von Juden bewohnt gewesen war. Sie wurden nicht bewacht und unterlagen nur geringen Beschränkungen. Sie wurden von einem Vorsteher betreut. (Hans Franke, Geschichte und Schicksal der Juden in Heilbronn, S. 155) Haigerloch war jedoch nur eine Zwischenstation für das Ehepaar Reuter, denn von dort aus wurden beide am 22. August 1942 nach Theresienstadt deportiert. Julius Reuter starb dort knapp zwei Jahre später am 22. Juni 1944, seine Ehefrau Eugenie etwa drei Monate nach ihm, ebenfalls in Theresienstadt. Über Julius Reuter ist nicht viel überliefert. Von Beruf war er Metzger und Viehhändler und betrieb eine Großmetzgerei. Seine Frau Eugenie war Hausfrau. Das Ehepaar hatte zwei Kinder der Sohn starb 1914 im Alter von sechs Jahren; Frieda, geboren 1906, heiratete 1926 in Heilbronn Martin Kohn und flüchtete in den 1930er Jahren mit ihrer Familie nach Amerika, wo sie sich Friedel Kolm nannte. Unter diesem Namen erschien nach dem Krieg im November 1945 in einer deutschsprachigen New Yorker Zeitung eine Todesanzeige, in der - auch im Namen weiterer Verwandter - des Ehepaars Reuter gedacht wurde. Zu diesem Zeitpunkt war die Familie der Meinung, Julius sei in Auschwitz ermordet worden. Der zwei Jahre jüngere Bruder von Julius Reuter, Moritz, steht auf der Liste der Heilbronner Juden, die 1941 Zwangsarbeit leisten mussten; im November 1941 wurde er nach dem Osten deportiert. Er gehört zu den Tausenden, die bei den Massenerschießungen bei Riga ermordet wurden.

Projekt Stolpersteine in Heilbronn 2014 24. Juni 2014; S. 6 Paulinenstr. 31 Fanny, Max und Sally Kirchhausen Zusammengestellt von SchülerInnen der Johann-Jakob-Widmann-Schule Heilbronn SALLY KIRCHHAUSEN JG. 1884 FLUCHT 1939 ENGLAND FANNY KIRCHHAUSEN GEB. HESS JG. 1891 DEPORTIERT 1941 ERMORDET IN RIGA MAX KIRCHHAUSEN JG. 1924 DEPORTIERT 1941 ERMORDET IN RIGA Hier wohnte die Familie Kirchhausen. Sally Kirchhausen wurde am 10. Februar 1884 geboren. Er arbeitete als Kaufmann in der Firma seines Bruders Julius Kirchhausen, einem Textilgroßhandel, im Kirchhöfle 9. Seine Frau Anny, die in den Akten teilweise auch Fanny genannt wird, wurde als Anny Hess am 27. Mai 1891 in Wittlich in Rheinland- Pfalz, in der Nähe von Trier, geboren. Sie war Hausfrau; auf ihrer Lohnsteuerkarte von 1941 wird ihr Beruf als Arbeiterin angegeben. Am 15. Januar 1924 kam ihr gemeinsamer Sohn Max zur Welt; er ging als 15-Jähriger im November 1939 nach München, wo er eine Ausbildung zum Mechaniker begann. Er wohnte dort in einem jüdischen Lehrlingsheim in der Hohenzollernstraße, kam jedoch im April 1941 wieder nach Heilbronn zurück. Sally Kirchhausen emigrierte elf Tage vor Kriegsbeginn am 20. August 1939 nach England; wahrscheinlich wollte er seine Familie später nachholen. Dies konnte jedoch nicht mehr realisiert werden: Die zurückbleibende Familie musste zunächst in das Judenhaus in der Bergstraße 2 umziehen, bevor Anny und Max Kirchhausen am 26. November 1941 zusammen mit anderen Heilbronner Juden nach dem Osten deportiert wurden, wie es in den Akten der Nationalsozialisten heißt. Sie wurden unter menschenunwürdigsten Bedingungen nach Riga transportiert, wo sie am 1. Dezember 1941 noch lebend ankamen. Dort wurden sie erschossen.