Pressegespräch Schwerpunkt Nothilfe für syrische Flüchtlinge im Libanon Manfred Scheuer, Bischof der Diözese Innsbruck, Caritasbischof Georg Schärmer, Direktor Caritas Tirol Sabine Wartha, Leiterin Humanitäre Hilfe Caritas Österreich 10. Juli 2015
2015 ist ein besonderes Jahr Heuer laufen die acht UN-Millenniumentwicklungsziele (MDGs) aus, die die Staatengemeinschaft beschlossen hatte. Diese zielten unter anderem auf die Halbierung von Hunger und Armut ab. Auch wenn nicht alle Ziele erreicht wurden, gab es Fortschritte. Hilfe kommt an Weltweit leiden 795 Mio. Menschen an Hunger, das sind um 167 Mio. Menschen weniger als noch vor 10 Jahren, und um 216 Mio. Menschen weniger als zu Beginn der MDGs 1990. 72 von 129 Entwicklungsländern haben somit das Ziel der Halbierung des Hungers erreicht. 1,2 Mrd. Menschen leben heute in absoluter Armut (mit weniger als 1,25 USD/Tag). Zu Beginn der Millenniumsziele waren es 1,9 Mrd. Menschen. 1990 starben noch 90 Kinder (von 1.000) vor Erreichen ihres fünften Lebensjahrs, heute sind es weltweit 46. Die Ziele wurden jedoch vor allem in Asien erreicht, in Afrika südlich der Sahara leben nach wie vor 48 % der Menschen, also fast die Hälfte, in absoluter Armut. In einem nächsten Schritt ist es daher umso wichtiger, dass die Vereinten Nationen heuer im Herbst Nachfolgeziele fixieren (Sustainable Development Goals bzw. die Post2015 Agenda). Konkret soll mit noch größeren Anstrengungen den Ländern geholfen werden, die in der Bekämpfung von Hunger noch zu wenige Fortschritte erzielen konnten. Andererseits lautet die Mission Hunger per se zu beenden und Nahrungssicherheit zu erreichen. Mehr Infos: http://www.fao.org/3/a-i4646e.pdf Hunger ist kein unausweichliches Schicksal Das ist nicht nur eine Tatsache, sondern vor allem ein Auftrag, für den auch wir uns als Caritas Tirol im Europäischen Jahr der Entwicklung ganz besonders einsetzen. Die Herausforderungen sind groß. Aktuell leisten wir Hunger- und Überlebenshilfe an zwei besonders betroffenen Orten, in Westafrika und im Nahen Osten. -> Überblick Entwicklungszusammenarbeit Westafrika In den Schwerpunktländern der Caritas Tirol Mali und Burkina Faso erreichen wir pro Jahr 120.034 Menschen mit unseren Ernährungs-, Landwirtschafts-, Wasser-, Viehzucht- und Bildungsprojekten. -> Überblick Nothilfe Naher Osten Seit dem Ausbruch des Syrien-Konfliktes im März 2011 hat die Caritas Österreich über 8 Mio. Euro für die Nothilfe für Syrien-Flüchtlinge zur Verfügung gestellt. Damit wurden bzw. werden 110.000 Menschen, rund die Hälfte davon Kinder, über Partner in Jordanien, Syrien und im Libanon unterstützt.
Sabine Wartha Leiterin Humanitäre Hilfe Caritas Österreich Die Caritas Österreich ist im Nahen Osten seit über 20 Jahren tätig. Speziell in den beiden Schwerpunktländern Libanon und Syrien wurden seit den 90er Jahren zahlreiche Projekte im medizinischen Bereich, Schulbildung und Unterstützung von Migrantinnen und Migranten gefördert. Bei Ausbruch von Krisen und Konflikten in der Region wurden so wie derzeit zusätzlich Nothilfeprojekte (Bsp. Krieg im Irak 2003, Krieg im Libanon 2006) zur Versorgung von Flüchtlingen und Vertriebenen unterstützt. Daten & Fakten Der Bürgerkrieg in Syrien wütet seit vier Jahren und verschärft sich weiterhin. Mit Mai 2015 sind von 20 Mio. syrischen Einwohnerinnen und Einwohnern mehr als 11 Million - also mehr als die Hälfte - auf der Flucht: 7,6 Mio. innerhalb Syriens, knapp 4 Mio. syrische Flüchtlinge wurden in den Nachbarländern Türkei, Jordanien, Libanon und Irak aufgenommen worden. Insgesamt sind mehr als 7 Mio. syrische Kinder in Syrien und in den Nachbarländern vom Krieg und seinen Folgen betroffen. Sie wurden dabei vielfach Zeugen von Unfassbarem und sind schwer traumatisiert. Das neue Leben in den Notunterkünften in den Nachbarländern ist alles andere als unbeschwert: Sie können oft die Schule nicht besuchen und sind aus ihrem Alltag herausgerissen. Das verstärkt das Gefühl der Unsicherheit. Der Libanon ist flächenmäßig so groß wie Tirol. Die 4 Mio. Einwohnerinnen und Einwohner haben in ihrem Land 1,2 Mio. registrierte Flüchtlinge aufgenommen. Die reale Zahl wird weit höher eingeschätzt. Wie hilft die Caritas im Libanon Die zwei guten Nachrichten sind: Unsere Hilfe kommt an und wir können etwas ändern. Wir haben vor Ort kompetente lokale Caritaspartner, die sehr engagiert in der Unterstützung der syrischen Familien arbeiten. Die Gesamthilfe der Caritas Österreich im Libanon in Kooperation mit Nachbar in Not (NIN) und teilweise finanziert von der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit beläuft sich bislang auf 2,1 Mio. Euro. 14.000 Menschen konnten wir bis dato im Libanon unterstützen. Dabei handelt es sich vorwiegend um die Verteilung von Lebensmittelpaketen, Hygieneartikeln sowie Decken, Matratzen und Kleidung an Flüchtlingsfamilien. Kindern ermöglichen wir die Schule zu besuchen. Im Rahmen der Nothilfe kümmern wir uns aber auch um den Zugang zu medizinischer Hilfe, zu Medikamenten und zu psychologischen Beratungen. Damit schenken wir Menschen in Krisen das Wissen, dass nicht Gewalt und Terror das letzte Wort haben, sondern die Hoffnung auf bessere Tage.
Manfred Scheuer Bischof der Diözese Innsbruck und Caritasbischof Österreichs Papst Franziskus ruft in seiner aktuellen Öko-Enzyklika "Laudato si" die Welt zur Umkehr auf, um globale Umweltzerstörung und Klimawandel zu stoppen. Sie sind unter anderem Ursachen für Armut, Unterernährung und Flucht. Gerechtigkeit und Friede küssen sich heißt es im Psalm 85. Ohne Gerechtigkeit kein Friede. Solange Lebenschancen so ungerecht verteilt sind wie derzeit auf unserem Planeten, kann es keinen beständigen Frieden geben. Sich für eine Zukunft ohne Hunger zu engagieren steht deshalb im Mittelpunkt unserer aller Verantwortung. Menschen gehen nicht aus bloßer Neugier, Abenteuerlust oder Eroberungssucht von zu Hause weg. Fremde, Asylwerber, Flüchtlinge sind nicht selten Hungrige, Entwurzelte, Rechtlose, materiell Arme, von den Narben des Krieges Gezeichnete. Die Schauplätze der Not, der kriegerischen Konflikte, der Verfolgung und das Elend in Afrika und den Flüchtlingslagern im Nahen Ostens dürfen niemanden unberührt lasse. Die Situation dieser Menschen ist ein Aufruf für größere Solidarität. Wer Solidarität, Gastrecht, Gastfreundschaft und Asylrecht praktiziert, hält sich an biblische, von Gott aufgetragene Werte. Sowohl der Gastgeber als auch der Gast sind zugleich Gebende und Nehmende, Schenkende und Beschenkte. Gerade in einer globalisierten Welt können uns nur das Teilen mit den Armen und weltweite Solidarität vor katastrophalen Entwicklungen bewahren. Gott liebt die Fremden und gibt ihnen Nahrung und Kleidung auch ihr sollt die Fremden lieben, denn ihr seid Fremde in Ägypten gewesen. (Dtn 10,18f). Als Caritasbischof ist es mir deshalb ein großes Anliegen allen Menschen zu danken, die zum Gelingen der Entwicklungszusammenarbeit beitragen und die sich für Flüchtlinge einsetzen: den Vordenker/innen, den Mitarbeiter/innen, unseren lokalen Partnern, den freiwillig Engagierten und vor allem den Spender/innen.
Georg Schärmer Direktor Caritas Tirol Im vergangenen Jahr war ich in Burkina Faso und bin sehr dankbar nach Hause gefahren. Dankbar darüber, wie viel wir mit den Spenden der Tirolerinnen und Tirolern bewirken können. Durch unsere Ernährungs-, Landwirtschafts-, Wasser- und Bildungsprogramme, die wir mit verlässlichen lokalen Partnern durchführen, haben die kleinbäuerlichen Familien in den Dörfern ausreichend zu essen und Zukunftsperspektiven. Das Ziel aller Caritas- Hilfsprojekte ist, dass die Menschen auf lange Sicht für sich selbst sorgen können. Im Nahen Osten wird die Lage für die syrischen Bevölkerung und die Flüchtlinge immer dramatischer. Der blutige Konflikt ist mittlerweile der Auslöser der größten Flüchtlingswelle seit dem 2. Weltkrieg geworden. Die Hauptverantwortung haben die Nachbarländer Syriens im Nahen Osten übernommen umso mehr bitte ich der Realität ins Auge zu sehen und um Solidarität mit den Menschen, die dieser Katastrophe ausgesetzt sind. Sie können sie nicht alleine meistern. Kinder: Im Zentrum der Katastrophe Die Katastrophe, die der syrische Bürgerkrieg ausgelöst hat, lastet vor allem auf den Schultern von Kindern. Der aktuelle Report von UNICEF und Save the Children Kleine Hände große Bürde zeigt die fatalen Dimensionen auf: Kinder aus syrischen Flüchtlingsfamilien müssen in zwei Drittel der untersuchten Haushalte zum Familienunterhalt beitragen. Im Libanon müssen bereits Sechsjährige den Lebensunterhalt ganz oder zum Teil bestreiten. Sie arbeiten für Mini-Löhne, tragen viel zu schwere Lasten, sind Pestiziden und anderen toxischen Chemikalien schutzlos ausgesetzt. Kinder werden aber auch als Soldaten rekrutiert oder sexuell ausgenutzt. http://resourcecentre.savethechildren.se/sites/default/files/documents/sciunicefchildlabourre port_july2015.pdf Kinderarbeit verhindert eine gesunde Entwicklung. Umso dringender erachte ich die Nothilfe der Caritas und der anderen Hilfsorganisationen für die Opfer des syrischen Bürgerkrieges. So wie die politisch Verantwortlichen aufgefordert sind nicht aufzugeben, um eine Lösung für den Nahost-Konflikt zu finden, so ist jeder und jede von uns gefordert im Wissen um die Not und die verzweifelte Situation syrischer Flüchtlinge konkret zu helfen. Vielen Dank!
Aktionen & Möglichkeiten sich für eine Zukunft ohne Hunger zu engagieren -> Caritas-Aktionstag 31. Juli - 10 bis 16 Uhr - Maria-Theresien-Straße Innsbruck Wie schmeckt eisgekühlter Hibiskustee? Was ist ein Bouli? Wie hilft er gegen Hunger? Warum ist Hunger besonders für Kinder unter fünf Jahre dramatisch? Lukullische Kostproben und Infos aus erster Hand geben Georg Schärmer (Caritasdirektor), Andrä Stigger (Leiter der Caritas Tirol Auslandshilfe), die Projektreferentinnen für Burkina Faso und Mali Verena Egger und Elisabeth Förg. Darüber hinaus wird Hirse gestampft, eine Mini-Fotogalerie gibt Einblicke in die Projektarbeit und ein Bildungsüberfall des Welthauses ist in Vorbereitung. -> Caritas-Aktionstag Sammelaktion 1. August 8 bis 12 h vor MPREIS Filialen Freiwillige Helferinnen und Helfer bitten um Spenden für Menschen, die nicht genug zu essen haben. Sie kommen u.a. Kindern und ihren Müttern in den Caritas Ernährungszentren in Burkina Faso zugute. Dort bekommen Mütter für ihre unter- bzw. mangelernährten Kleinkinder Babynahrung und werden über abwechslungsreiche, gesunde Ernährung geschult. -> (M)ein leeres Marmeladeglas als Katastrophenhelfer Bitte ein leeres Glas suchen, das selbstklebende Etikett anbringen, Kleingeld einwerfen und dann auf das Caritaskonto überweisen. Infos & Bestellungen für die selbstklebenden Aufkleber bei Gabriele da Pozzo, Telefon 0512 7270 802 oder per Mail unter g.dapozzo.caritas@dibk.at -> Spendenkonto Raiffeisenlandesbank Tirol IBAN: AT79 3600 0000 0067 0950 BIC: RZTIAT22 Kennwort Online Spenden www.caritas-tirol.at Spenden für die Caritas sind steuerlich absetzbar. Vielen Dank! Imagebilder bzw. Sujets zu Ihrer honorarfreien Verwendung https://www.caritas-tirol.at/aktuell/kampagnen/fuer-eine-zukunft-ohne-hunger/ Rückfragehinweis Ulli Pizzignacco-Widerhofer, Caritas Tirol Tel: 0512-7270-34 oder 0676-8730 6401
Mail: u.pizzignacco.caritas@dibk.at