Im Porträt Der Labradoodle Mehr als ein Labrador- Pudel-Mix? Mixe aller möglichen Rassen laufen langsam Straßen- und Rassehunden den Rang ab. So eine Art Lösung nichts Hochgezüchtetes, kein Überraschungspaket, Nutzen des sogenannten Heterosis-Effekts will heißen: gesund und lebensfroh, weil Mischung verschiedener Gene. Man liegt im Trend, und da man weiß, wer mitgemischt hat, glaubt zu wissen, worauf man sich einlässt, und hat trotzdem etwas total Individuelles. Außerdem kann man Welpen kaufen und nach eigenen Vorstellungen prägen, anstatt sich möglicherweise mit einem erwachsenen Hund unbekannter Erfahrungswelt zu plagen. So weit so gut wären da nicht clevere Geschäftemacher, die diesen Trend in den USA ins Leben riefen und in riesigen Zuchtanlagen den Bedarf für viel Geld decken. Inzwischen ist dieser Gag auch bei uns angekommen, und am meisten profitieren davon die Leute, die sich dem bekanntesten Designerdog zuwenden dem Labradoodle. Kein langweiliger reinrassiger Labrador oder frisierter Pudel nein, die Mischung macht s und lässt sich für teures Geld vermarkten. Schaut man ins Internet, stößt man auf Zuchtanstalten, die alle Farben und Größen, möglichst noch Goldendoodle und Cockapoo, anbieten. Nirgendwo muss man so genau hinschauen wie bei Leuten, die Tiere um des Profits willen vermehren, egal ob Rassehund, Vermehrung von künftigen Tierschutzhunden oder Designerdogs. Die Verantwortung für die Qualität u Das Deutsche Hunde MagaziN 02/2012
Der Labrador stand gemeinsam mit dem Großpudel Pate für den Labradoodle Ein Großpudel, hätten Sie das gleich erkannt? Verzichtet man auf modische Schuren, ist der Pudel einfach nur das, was er immer war: ein toller Hund mit hervorragenden Eigenschaften Labradoodle, erste Generation www.deutsches-hundemagazin.de
Im Porträt 1 2 3 4 Großpudel-Rüde mit seinen Labradoodle- Kindern der Welpen trägt allein der Züchter. Während man bei einem seriösen Rassezuchtverein die Gewähr hat, dass Züchter und Zuchttiere strenge Auflagen erfüllen, bleibt einem bei diesen Nicht-Rassen nur eines: selbst genau hinschauen und mit gesundem Menschenverstand und gesundem Misstrauen auswählen. Nicht einfach ins Internet, ein nettes Telefonat und Welpen holen! Aus diesem Grund können wir keine Referenzadressen angeben. Denn eines ist klar: Gute Welpen kommen nur von guten Eltern. Irgendeinen Labrador mit irgendeinem Pudel zu kreuzen bringt gar nichts, denn der Züchter muss ganz genau Was ein Servicehund alles kann: 1 Lichtschalter betätigen 2 3 4 Schublade auf, Gegenstand rein, Schublade zu 5 Türen öffnen und schließen 6 Frauchens Socken ausziehen 7 Und natürlich die Zeitung bringen 5 6 7 hinschauen, ob die Elterntiere gesund sind, ihr Charakter rassetypisch ist und die Partner zueinander passen. Die Idee des Labradoodle Entstanden ist die Idee in Australien bei einem Ausbilder von Blindenführhunden. Da ein Kunde einen Hund suchte, der dem hundeallergischen Partner keine Probleme bereitete, war der erste Gedanke ein Pudel. Die Versuche mit reinrassigen Pudeln scheiterten, und schnell wurde klar: Man brauchte eine Kombination der Eigenschaften von Pudel und Labrador, mit denen man ja genug Erfahrung hatte. In erster Linie ging es um das lockige Fell, das Hundehaarallergikern entgegenkommen soll, sowie um die Tatsache, dass Labrador und Pudel einen gemeinsamen Ursprung als Wasserhunde haben und so vom Grunde her keine gegensätzlichen, sondern ergänzende Eigenschaften zusammenfänden. Aber es war sehr schwierig, Pudel-Züchter zu bewegen, mitzuziehen. Zu scheitern drohte das Experiment jedoch gänzlich unerwartet, weil sich die Patenfamilien weigerten, Mischlingswelpen aufzuziehen. Erst als der findige Züchter die Welpen mehr oder weniger scherzhaft als Labradoodle bezeichnete (Labrador und engl. Poodle), standen den herzigen Welpen Tor und Tür offen. Dass das Experiment zum weltweiten Erfolg wurde, wissen wir heute. Für die einen zum geschäftlichen, für die anderen, um einen Hund zu schaffen, der sich vielseitig als Helfer des Menschen einsetzen lässt. Gelungene Mischung nicht garantiert Ich habe inzwischen einige Labradoodle kennengelernt und kann sagen, dass die Bezeichnung allein keinen guten Hund macht! Ich habe sture und ignorante Tiere aus gewerblicher Zucht erlebt, die ihren unerfahrenen Besitzern große Probleme bereiteten. Außerdem ist ein Labradoodle nicht mehr oder weniger antiallergisch als jeder andere Hund. Der sogenannte Tierhaarallergiker reagiert nämlich nicht auf die Haare des Hundes allergisch, sondern auf spezielle Eiweißverbindungen, die sich vor allem im Speichel, in den Hautschuppen oder im Urin des Hundes befinden können, die sogenannten Allergene. Klar ist es nicht besonders günstig, wenn ein Hund mit sehr viel Unterwolle im Fellwechsel massenweise Haare verliert, an denen Allergene haften, wie ein Weihnachtsbaum die Nadeln Mitte Januar. Nicht haarende Hunde verteilen die allergieauslösenden Substanzen in geringerem Um- Das Deutsche Hunde MagaziN 02/2012
fang an die Umgebung. Je nachdem, welche Fellstruktur ein Hund aufweist, hat er also ein kleineres oder größeres Potenzial, Allergene zu verteilen. Dazu sollte man natürlich auch immer beachten, dass eine Allergie nicht statisch ist, sondern sich die Symptome ständig verändern können. Was zunächst eine leichte Bindehautreizung hervorrief, kann wenige Monate später ein starkes Asthma auslösen, die Allergiesymptome können aber auch abnehmen oder im günstigsten Fall verschwinden. Vorhersagen kann das aber niemand. Keine einfache Zucht Die Zucht des Labradoodle ist eine Herausforderung und verlangt viel Sachverstand. Die Auswahl der passenden Partner und der Welpen für den jeweiligen Zweck muss sorgfältig getroffen werden. Nur im Charakter ausgeglichene, für ihre Rasse erstklassige Hunde lassen auf ebensolche Welpen hoffen, die die Vorzüge beider in sich vereinen. Zum Glück unterscheiden sie sich dann im Wesen nicht so sehr wie im Aussehen. So findet man für jeden Geschmack etwas, ohne im Verhalten Kompromisse eingehen zu müssen. Am einfachsten zu pflegen sind die rauhaarigen Typen und natürlich die sehr seltenen glatthaarigen, die viel weniger haaren als der Labrador, weil die üppige Unterwolle fehlt. Alles, was ins Pudelfell übergeht, haart zwar nicht, neigt aber zum Verfilzen und muss häufig gekämmt werden. Kreuzt man Labradoodles miteinander, spaltet sich das Erbgut erwartungsgemäß auf und führt zu größeren Unterschieden als bei der ersten Kreuzungsgeneration. Für die Entwicklung des Labradoodles ist nicht nur das Erbgut entscheidend, sondern auch eine sehr sorgfältige Aufzucht, Prägung und Sozialisierung. Deshalb sollte man nur in der Familie aufgezogene Welpen und keine aus Zuchtstationen kaufen, in denen die individuelle Betreuung zu kurz kommt. Man muss sich schon selbst auf den Weg machen, um hinter die bunten Kulissen der Internetwerbung zu schauen! Wer mehrere Rassen oder gar Würfe gleichzeitig anzubieten hat und nicht erlaubt, die Mutter mit allen Welpen zu erleben, ist kaum der Züchter der Wahl. Brav Sitz machen und fürs Foto lächeln kann dieser Tausendsassa natürlich auch Zwei ungleiche Wurfgeschwister aus einer Labradoodle x Labradoodle-Verbindung www.deutsches-hundemagazin.de
Im Porträt Der Labrador Der Shootingstar des letzten Jahrzehnts hat weltweit dem Deutschen Schäferhund den Rang abgelaufen und führt außer in Deutschland die Listen der beliebtesten Rassen an. Das hat natürlich zur Folge, dass er kommerziell vermehrt wird und man auch hier genau hinschauen muss, was man kauft, will man nicht enttäuscht werden. Der ideale Labrador ist freundlich, anpassungsfähig, ordnet sich leicht unter und arbeitet gerne mit seinen Menschen. Wohl erwartet man von ihm, dass er bei seiner Arbeit unerschrocken und unempfindlich durch unwegsames Gelände geht. Dennoch sind sture, derbe, grobmotorische, sich über alles hinwegsetzende Hunde nicht rassetypisch, aber oft anzutreffen. Der Großpudel An allen Küsten Europas findet man kraushaarige Jagdhunde für die Wasserarbeit, da die fettigen Locken Luft umschließen und den Hund gegen Kälte bei der winterlichen Vogeljagd schützen. Die klugen Hunde wurden jedoch nicht als Jagdspezialisten gezüchtet, sondern sie halfen bei allem, was auf einem Bauernhof anfiel, wie Hüten, Treiben oder Wachen. Der Pudel ist nicht umsonst einer der intelligentesten, neugierigsten und arbeitsfreudigsten Hunde mit viel Temperament. Dass der Pudel seine guten Eigenschaften einbringt, zeigte schon die Kreuzung mit dem Pointer im vielseitig einsetzbaren Pudelpointer. Im Gegensatz zum Labrador wird der Pudel schon seit sehr langer Zeit als reiner Begleithund gezüchtet, und seine Jagdhundenutzung ist in den Hintergrund gerückt. Wohl aber gibt es hin und wieder sehr jagdeifrige Großpudel. Die geniale Mischung Verbindet man die erwünschten positiven Eigenschaften beider Rassen, darf man sich an einem lebhaften, wendigen, ausdauernden, intelligenten Hund erfreuen, der zarter besaitet ist als allgemein der Labrador, aber dessen will to please zeigt, der gerne bei rascher Auffassungsgabe lernt und Ausbildungsfehler nicht so tragisch nimmt. Er eignet sich daher auch gut als Anfängerhund. Allerdings muss man seiner Arbeitsfreude gerecht werden, sich intensiv mit ihm beschäftigen und seine Anlagen fördern. Dann ist er ein unkomplizierter Begleiter. Ein bequemer Mitläufer ist er sicher nicht, aber ein Hund, der sehr viel Freude schenkt insbesondere wenn er Aufgaben im Bereich der Behindertenbetreuung übernehmen darf, was er mit Hingabe tut und sich feinfühlig auf die jeweiligen Umstände einstellt. Er begleitet mit Elan einen Rollstuhlfahrer überall hin, ebenso wie er sich still an ein autistisches Kind oder einen spastisch gelähmten Menschen schmiegt und so ein ganz besonderes Lebensgefühl bis hin zur geistigen und körperlichen Anregung vermittelt. Die Größe des Labradoodles hängt von der Kreuzung ab und liegt um die 60 Zentimeter Schulterhöhe. Interview mit Wiebke Vormstein, Labradoodle-Züchterin und Ausbilderin von Servicehunden DHM: Wie kamen Sie zum Labradoodle? Wiebke Vormstein: Im Jahr 2000 absolvierte ich die Ausbildung zum Trainer für Service-, Blindenführ- und Therapiehunde. Für unsere Arbeit suchen wir die für das jeweilige Krankheitsbild geeignete Hunderasse aus. Damals schon sagten wir im Scherz, eigentlich brauchen wir einen Labrudel oder Pudeldor. Als ich 2002 in einem Hundebuch sah, dass es in Australien tatsächlich solche Hunde unter der Bezeichnung Labradoodle gab, befasste ich mich mit dem Gedanken, die für meine Zwecke geeigneten Hunde zu züchten. Aber ich konnte für meine Labrador-Hündin keinen Pudel-Rüden finden. Nur durch Zufall konnte ich meinen Plan verwirklichen. Ich kam in Kontakt mit einer Dame, deren Nachbarin einen Pudel mit Rettungshundeausbildung besaß und deren behinderter Wir Labradoodles sind richtig sportlich! 10 Das Deutsche Hunde MagaziN 02/2012
Mann auf der Suche nach einem Servicehund war. Nun stand unserem Experiment nichts mehr im Wege. Alle Welpen gingen an Freunde und Bekannte, sodass ich ihren Werdegang und ihre Eignung verfolgen konnte. Ich züchte nur im Frühjahr nach Bedarf einen Wurf, ich gehe auf keine Shows und bin keinem Zuchtverein angeschlossen. Die Welpen wachsen bei uns in der Familie und im Rudel auf und werden hier speziell für ihre Aufgabe geprägt und ausgebildet. Der Kontakt mit ihren künftigen Familien wird von Anfang an gepflegt, daher bilde ich nur Hunde für Menschen im Umkreis von 100 Kilometern aus. DHM: Welche Vorzüge hat die Rasse für Ihre Zwecke? W. Vormstein: Ganz große, denn die Hunde sind nicht so stürmisch wie der Labi, sondern eher vorsichtig. Sie sind leichter und höher, was für Rollstuhlfahrer wichtig ist. Sie stürmen beim Apportieren nicht mit dem ganzen Körpergewicht auf den Schoß, sondern verlagern ihr Gewicht eher auf die Hinterhand und bedrängen daher die Behinderten weniger intensiv. Sie sind feinmotorischer und feinfühliger als der Labrador, dennoch sehr ausgeglichen und gelassen im Temperament. Sie sind sehr intelligent und arbeitsfreudig, nicht ganz so lebhaft wie der Pudel. Es sind sehr sozial abhängige Hunde mit geringem Schmerzempfinden, was wichtig ist für die Therapiearbeit, bei der sie schon mal einen Knuff wegstecken müssen. Blindenführhundeeignung ist nicht mein Zuchtziel, dafür braucht man einen Hund, der eigene Entscheidungen trifft und führt. Wir bevorzugen einen Hund, der Sicherheit beim Menschen sucht, der nicht zu eigenständig ist und lieber mit Menschen arbeitet, als seinen eigenen Interessen nachzugehen. Das Fell ist pflegeleicht, weist Schmutz ab und reicht von glatt über rau mit wenig Bart bis hin zur Pudelwolle; alle Haararten kann man in der zweiten Generationen in einem Wurf finden! DHM: Für welche Menschen eignet sich der Labradoodle? W. Vormstein: Das kommt auf die Herkunft des Labradors an: Stammt er aus einer Arbeitslinie, will der Hund viel Sport treiben und kann für alles außer Schutzhundearbeit eingesetzt werden. Er eignet sich für aktive Menschen, die sich gerne in der freien Natur bewegen und mit ihrem Hund etwas gemeinsam tun. Dann ist der Labradoodle ein ausgeglichener, im Haus ruhiger, anpassungsfähiger Begleiter, der sich auf alte Menschen ebenso einstellt wie auf Kinder. DHM Text und Fotos: Eva-Maria Krämer Ausbildung am Rollstuhl: Der Hund muss alles in die Hand abgeben, aber auch ein Servicehund muss spielen und sich entspannen können. Wiebke Vormstein mit ihrer Labradoodle-Familie www.deutsches-hundemagazin.de 11