Kraft-Wärme-Kopplung. Leitfaden zur Kostensenkung mit



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Leitfaden zur Kostensenkung mit Kraft-Wärme-Kopplung in der Fleischverarbeitenden Industrie Die Prozesse in der fleischverarbeitenden Industrie sind energieintensiv. Ob Wärmeanwendung zum Garen und Reinigen oder Kältebedarf zur Raum- und Produktkühlung der Energieeinsatz hat einen wesentlichen Anteil an den Produktionskosten. Moderne Anlagen zur gekoppelten Erzeugung von Strom und Wärme (KWK) bieten Chancen für einen enormen Effizienzgewinn.

Branchenstruktur Fleischverarbeitung Fleisch und Fleischwaren haben mit 23 % den weitaus größten Umsatzanteil innerhalb der Ernährungsindustrie. Das Fleischereigewerbe umfasst in Deutschland rd. 16.000 Unternehmen mit einem Umsatz von rd. 15 Mrd.. Davon lassen sich rund 1.000 Unternehmen der fleischverarbeitenden Industrie zuordnen. Prozess Vakuumgaren (NT) Braten (NT) Dünsten Garziehen (Pochieren) Schmoren Temperaturbereich 50 C bis 85 C 65 C bis 80 C 70 C bis 98 C 75 C bis 95 C 80 C bis 100 C 50 und mehr 73 20 - unter 50 87 10 - unter 20 95 5 - unter 10 139 Umsatz (Mio. EUR) / Anzahl Jahresumsatz nach Umsatzgrößenklassen und Zahl der Unternehmen bis unter 2 301 2 - unter 5 270 Die Energiekosten nehmen mit einem Anteil zwischen 8 % und 15 % eine der wichtigsten Positionen im Kostenhaushalt der Betriebe ein. Der Energieeinsatz hat mit bis zu 60 % einen bestimmenden Anteil an den Treibhausgas-Emissionen in der Fleischverarbeitung und ist zugleich einer der wenigen direkt beeinflussbaren Faktoren für die Unternehmen. Energieeinsatz in der fleischverarbeitenden Industrie: Wo liegen KWK-Potenziale? Die konkrete Energieverbrauchsstruktur in der Fleischverarbeitung hängt maßgeblich von der Produktpalette, der Unternehmensgröße und der eingesetzten Technik ab. Der Wärmebedarf wird im Wesentlichen durch die benötigte Prozesswärme für die verschiedenen Garprozesse sowie durch den Warmwasserbedarf für die Reinigung bestimmt. Der Anteil der Warmwasserbereitung zu Reinigungszwecken kann dabei 20 % bis 40 % des Gesamtenergieeinsatzes ausmachen. Der Raumheizung kommt eine vergleichsweise geringe Bedeutung zu, da ausschließlich Nebenräume und Verwaltung typischer Raumtemperaturen im Bereich von 20 C bedürfen. Für die energieintensiven Wärmeprozesse kommen unter anderem sattdampfbetriebene Räucher- und Kochkammern bzw. Kochkessel oder direkt beheizte Geräte zum Einsatz. Die Dampferzeugung erfolgt in der Regel mit erdgas- oder heizölbefeuerten Dampfkesseln. Typisch für fleischverarbeitende Betriebe ist weiterhin ein signifikanter Kältebedarf für gewerbliche Raumkühlung auf unterschiedlichen Temperaturniveaus unterhalb von 10 C. In den Quelle: statistisches Bundesamt, 2008 Warmräuchern Kochen, Dämpfen Brühen, Blanchieren Druckgaren Backen Braten (HT) Frittieren 80 C bis 100 C < 100 C (atmosphärisch) ~ 100 C 100 C bis 120 C 100 C bis 250 C 150 C bis 200 C 140 C bis 220 C meisten Produktions- und Lagerräumen ist eine Raumtemperatur von max. 7 C zulässig, um eine geschlossene Produktkühlung sicherzustellen. In der Produktkühlung werden auch Temperaturen von bis zu 20 C benötigt, in Ausnahmefällen auch darunter (Frosten). Wareneingang Injektor Tumbler Einformen Klima/Reifenraum Verpackung Räucherei Kochkessel Wareneingang Zerlegung Pökeln Kommissionierung Zusammenstellen Warenausgang Kochen Reifen Verpacken Versenden Anlieferung Zerteilen Chargierung Kutterei Füllerei Rauch/ Kochkammer Räuchern/Garen Backen Chargierung Zerkleinern/Mischen in Därme Beispiel für den Produktionsablauf in einem fleischverarbeitenden Betrieb Quelle: Bayrisches Landesamt für Umweltschutz 2

Aufgrund des hohen Kühl- und Kältebedarfs kann in fleischverarbeitenden Betrieben Strom der zumindest kostenmäßig dominierende Energieträger sein. Weitere bedeutende elektrische Verbraucher sind die Raumlüftung sowie Druckluft- und Vakuumerzeugung. Wesentliche Voraussetzung für einen wirtschaftlichen Einsatz von KWK ist die Verfügbarkeit geeigneter Wärmesenken und die Erzielung hinreichend hoher Laufzeiten der KWK-Anlage. Kurzzeitige Energiebedarfsschwankungen können dabei über Speicher abgepuffert, Verbrauchsspitzen durch einen Zusatzwärmeerzeuger bereitgestellt werden. Kommerziell verfügbare KWK-Anlagen 100 kw elektrische Leistung g Abgas BHKW- Motor Erdgas Bio-/Klärgas Pflanzenöl Kessel Abgasenergie 40 kw Motor- Kühlwasserenergie 90 kw Economiser Abgas Notkühler Dampf 6 bar (HT-Verbraucher) hydraulischer speicher Speicher Warmwasser (NT-Verbraucher) Technik Leistungsbereich (elektrisch) Nutzbares Temperaturniveau BHKW (einstufig) (zweistufig mit Dampferzeugung) 5 kw 15 MW 150 kw 15 MW 70 C 95 C 150 C - 200 C Mikro-Gasturbine 30 kw 100 kw 200 C 400 C Gasturbine 500 kw 300 MW 300 C 500 C Schaltschema Einbindung eines BHKW zur Warmwasserbereitung in einem fleischverarbeitenden Betrieb ner KWK-Anlage oberhalb von 5.000 h liegen. In Einzelfällen können auch etwas geringere Laufzeiten noch wirtschaftlich darstellbar sein. Effiziente Bereitstellung von Niedertemperaturwärme mit Motor-BHKW Der in vielen fleischverarbeitenden Betrieben anzutreffende durchgängige Niedertemperaturwärmebedarf (bis zu 90 C) für die Warmwasserbereitung lässt sich besonders wirtschaftlich über die Abwärme von Blockheizkraftwerken (BHKW) bereitstellen. In einem Motor-BHKW treibt ein Verbrennungsmotor einen Stromgenerator an und stellt über die Motorkühlung und Abgasenthitzung nutzbare Abwärme bei 90 C bereit. Als Brennstoff kommen sowohl konventionelle Energieträger wie Erdgas oder Heizöl als auch biogene Energieträger (Biogas, Klärgas aus Vergärungsprozessen oder Pflanzenöl) zum Einsatz. Der zeitweilig hohe Warmwasserbedarf der Reinigungsschicht lässt sich durch ausreichend dimensionierte Speicher vergleichmäßigen. Eine ggf. benötigte Heißwasser- bzw. Dampfproduktion erfolgt in einem separaten Dampferzeuger. Für kleinere Fleischereien sind sogenannte Mini-BHKW bis 50 kw elektrischer Leistung interessant. Hier ist eine wärmeseitige Anbindung von Wohngebäuden oder Gastronomie sinnvoll, um eine gleichmäßigere Wärmeabnahme bei hoher Auslastung der KWK-Anlage zu erzielen. Aus wirtschaftlichen Erwägungen ist eine KWK-Anlage so zu dimensionieren, dass eine möglichst hohe Laufzeit erzielt und ein Maximum an KWK-Strom erzeugt wird. Für einen wirtschaftlichen Betrieb sollte die jährliche Betriebsdauer ei- Leistung [kw] 500 400 300 200 100 0 Nutzwärme BHKW 2 Nutzwärme BHKW 1 Nutzwärmebedarf 1.000 2.000 3.000 4.000 5.000 Zeit [h/a] 6.000 7.000 8.000 Jahresdauerlinie eines fleischverarbeitenden Betriebes mit einem Produktdurchsatz von 10 t pro Tag und wärmeseitiger Staffelung zweier BHKW-Module Einbindung eines Motor-BHKW KWK-Anlagen stellen idealerweise einen Bestandteil eines ganzheitlichen betrieblichen Energiekonzeptes dar, das auf die spezifischen Produktionsanforderungen des Betriebes zugeschnitten ist. In einigen Betrieben gibt es auch Überlegungen, bisher ungenutzte Abwärme verschiedener Prozesse (wie bei der Kälte- oder Drucklufterzeugung) mit Hilfe von Wärmerückgewinnung und unter Einsatz von Pufferspeichern zur Warmwasserbereitung nutzbar zu machen. Der Einsatz von Kraft-Wärme-Kopplung kann hier eine sinnvolle Ergänzung oder auch wirtschaftliche Alternative darstellen, um den bestehenden Wärmebedarf effizient zu decken und Emissionen zu senken. Der Einsatz von hocheffizienter und energiesparender Technik setzt oftmals eine Absenkung der eingesetzten Temperatur- 3

niveaus voraus. Einzelne Wärmeprozesse wie z. B. Garen oder Dünsten können ggf. auch auf Basis von Niedertemperaturwärme (bis 90 C) erfolgen. Eine Umstellung von Hoch- auf Niedertemperatur wird in der Regel durch Einsatz größerer bzw. zusätzlicher Wärmetauscher realisiert. Effiziente Bereitstellung von Hochtemperaturwärme mit KWK vom gewünschten Temperaturniveau des Kälteträgermediums kommen dabei verschiedene TKM-Typen in Betracht: Technik thermischer Kälteproduktion Raumkühlung (RK) Wärmeträger: Kaltwasser Temperatur (VL/RL) 6 C / 12 C In größeren Betrieben mit einem kontinuierlichen Hochtemperatur-/Dampfbedarf kann auch dieser wirtschaftlich in KWK bereitgestellt werden. Dazu stehen hauptsächlich zwei technische Konzepte zur Verfügung. Normalkühlung (NK) Kälteträger Temperatur (VL/RL) Tiefkühlung (TK) Sole, Glykol -3 C / +3 C Motor-BHKW mit Dampfauskopplung Bei verschiedenen BHKW lässt sich die Wärme aus dem heißen Abgas eines Motors auch separat bei Temperaturen über 100 C auskoppeln und z. B. zur Dampferzeugung nutzen. Man spricht hier von einer zweistufigen oder parallelen Wärmeauskopplung. Dies ist aufgrund der umfangreicheren Installationsaufwendungen sinnvoll bei BHKW ab einer elektrischen Leistung von etwa 150 kw. Etwa 25 % bis 30 % der gesamten KWK-Wärme fallen im Abgas an und eignen sich zur Heißwasserbereitung bzw. Dampfproduktion. Das Motorkühlwasser wird in diesem Konzept weiter zur Warmwasserbereitung (bis 90 C) genutzt. Gasturbine mit Dampferzeugung Liegt ein ausgeprägtes Hochtemperatur-Profil mit einem dauerhaften Dampfbedarf vor, ist ein wirtschaftlicher Einsatz von Gasturbinen möglich. Zur Dampfproduktion bei bis zu 200 C kommen (Mikro-)Gasturbinen mit nachgeschaltetem Abhitzekessel zum Einsatz. Das Abgas liegt nach dem Austritt aus der Turbine bei Temperaturen im Bereich von 500 C vor, sodass Dampf auch bei höheren Drücken von 15 bar erzeugt werden kann. Für kleinere Leistungen sind inzwischen sogenannte Mikro-Gasturbinen im Bereich 30 kw bis 100 kw verfügbar. Wird Dampf in verschiedenen Druckstufen eingesetzt, können anstelle von Drosselventilen auch Dampfmotoren oder kleine Dampfturbinen eingesetzt werden, die das Druckgefälle zur Stromerzeugung nutzen. Kraft-Wärme-Kälte-Kopplung (KWKK) In der Branche der fleischverarbeitenden Industrie ist neben dem KWK-Einsatz zur Wärmeversorgung auch die Möglichkeit zur gekoppelten Kältebereitstellung, die Kraft-Wärme- Kälte-Kopplung (KWKK) von Bedeutung. Eine thermische Kältemaschine (TKM) stellt Kälte vergleichbar einer Kompressionskältemaschine (KKM) bereit, benötigt als wesentliche Antriebsenergie jedoch keinen elektrischen Strom, sondern Heizwärme bei Temperaturen von mindestens 75 C. Damit lässt sich ein Kältebedarf in eine Wärmesenke überführen, die durch eine KWK-Anlage gedeckt werden kann. Abhängig Kälteträger Ammoniak (NH 3 ) Temperatur (VL/RL) -30 C / -10 C Zur Bereitstellung von Kaltwasser mit minimal 5 C für die Versorgung der Raumklimatisierung eignen sich TKM auf Zeolith-Basis mit bis zu 20 kw Kältenennleistung; darüber hinaus kommt LiBr-Technik bis zur Megawattklasse zum Einsatz. Zur Erzeugung von Normalkälte (NK) bis -10 C im Kälteleistungsbereich von 30 kw bis 500 kw für die gewerbliche Raumkühlung im Temperaturbereich -5 C bis +10 C ist eine TKM auf NH 3 -Basis geeignet. Tiefkälte (TK) lässt sich prinzipiell durch eine Kaskadenanordnung (Mehrmodulanlage) bereitstellen; die Wirtschaftlichkeit derartiger Anlagen ist im gegebenen Fall zu prüfen. Einbindung thermische Kälteproduktion in KWKK Die Antriebswärme der TKM wird dem Abgas eines BHKW (separate Auskopplung) oder einer Gasturbine entzogen. Die erforderliche thermische Antriebsleistung beträgt dabei etwa das Eineinhalbfache der Kälteleistung. Die Rückkühlung der TKM kann in der Regel durch die bestehende Infrastruktur der Kompressionskälteanlage erfolgen. Die TKM wird so ausgelegt, dass sie Grundlastkälte bereitstellt und möglichst hohe Laufzeiten aufweist. Die verbleibenden Laufzeiten der Kompressionskältemaschine (KKM) werden damit signifikant reduziert, gleichzeitig steht die KKM aber für größere Kältelasten sowie zur Versorgungssicherheit (Redundanz) zur Verfügung. Die Kombination einer KWK-Anlage mit einer TKM kann wirtschaftlich sinnvoll sein, da sich die Auslastung der KWK-Anlage erhöht. Bei Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen müssen dazu die höheren Investitionskosten einer (zusätzlichen) TKM ins Verhältnis zu den Einsparungen (Energiekosten, Steuerersparnisse, KWK-Zuschläge) gesetzt werden. 4

Rückkühlung (Infrastruktur der bestehenden Kompressionskälteanlage) 95 kw Abgas Abgaskühlung 55 kw Notkühler Kälte TKM Glykolkälte, -3 C Kälteleistung 40 kw Kälteanwendung: gewerbliche Raumkühlung Kälteproduktion 150 kw Generator BHKW- Motor Motorkühlung 130 kw Hydraulischer Speicher Erdgas Bio-/Klärgas Heizöl Pflanzenöl Feuerungs- Wärmeleistung 400 kw (Hi) Notkühler Warmwasserbereitung Verschaltung Kraft-Wärme-Kälte-Kopplung zur Lagerraumkühlung für Fleischwaren (1.000 m² auf 2 C) Beispiel Die Kühlung eines Lagerraums mit 1.000 m² Fläche auf 2 C (Normalkälte) lässt sich mittels einer TKM mit 40 kw Nennkälteleistung erzielen, die durch KWK-Wärme eines BHKW mit 150 kw elektrischer Leistung in paralleler Verschaltung angetrieben wird. Zeitgleich stehen 130 kw für eine NT- Anwendung (Warmwasser) bereit. Die Stromproduktion in der KWKK-Beispielanlage liegt bei 900 MWh el /a. Durch die effizientere Energienutzung sind dabei CO 2 -Einsparungen in der Größenordnung von 200 t/a möglich. Biogene Brennstoffe KWK-Anlagen können mit fossilen wie auch mit biogenen Brennstoffen wie Biogas oder Pflanzenöl betrieben werden. Der Einsatz biogener Brennstoffe stellt für fleischverarbeitende Betriebe eine weitere wirtschaftlich attraktive Möglichkeit dar. Für Unternehmen, die hohe Abwassergebühren zu tragen haben oder bereits eine eigene Abwasseraufbereitungsanlage betreiben, kann eine energetische Eigenverwertung von Produktionsreststoffen durch Umsetzung zu Biogas eine wirtschaftliche Option darstellen. Eine tägliche Abwasserschlammmenge von 30 t mit einem Feststoffgehalt von rund 10 % reicht aus, um ein BHKW mit 200 kw elektrischer Leistung wirtschaftlich zu betreiben. Besondere Beachtung gilt der Hygienisierung sowie der Handhabung der Gärrückstände; eine Kooperation mit dem zuständigen Klärwerk kann Synergien schaffen. Auch eine Verwertung pflanzlicher Öle in Verbrennungsmotoren (BHKW) wird bereits seit Jahren praktiziert, daneben existieren auch Pilotanlagen zur Verstromung tierischer Fette. Wirtschaftlichkeit Im direkten Vergleich zur getrennten Nutzenergiebereitstellung (Fremdstrombezug und Kessel) sind KWK-Anlagen zwar spezifisch kostenintensiver, der Betriebskostenvorteil ist indes 5 u. U. erheblich und führt damit insgesamt zu einem wirtschaftlichen Vorteil. Bei richtiger Abstimmung der Technik ergeben sich in der fleischverarbeitenden Industrie Amortisationszeiten von 3 bis 6 Jahren. In jedem Fall ist eine dezidierte Auslegung im Rahmen eines Gesamtkonzeptes vor einer konkreten Planung vorzusehen. Die betriebliche Eigenstromerzeugung in hocheffizienter KWK wird durch die Gesetzgebung unterstützt. Nach dem KWK-G 2009 erhält der Betreiber industrieller KWK bis zu 4 Jahre einen Zuschlag auch bei Eigenverbrauch des Stromes. Darüber hinaus können auch steuerliche Vergünstigungen geltend gemacht werden. Öffentliche Zuschläge für KWK-Strom Energiesteuererstattung für fossile Brennstoffe (hier Erdgas) 0,55 [ct/kwh] Zuschlag für KWK-Stromerzeugung nach KWKG-2009 * 2-5,1 [ct/kwh el ] Einspeisevergütung KWK-Strom z. Z. 5,2 [ct/kwh el ] Erhöhte Vergütung für KWK-Strom aus biogenen Brennstoffen gemäß EEG-2009** * abhängig von der Leistungsgröße, ** jährlich degressiver Vergütungssatz 11-20 [ct/kwh el ] Unternehmen, die eine solche Optimierung ihrer innerbetrieblichen Energieversorgung nicht in Eigenregie angehen wollen, steht die Möglichkeit der Drittfinanzierung im Rahmen eines sogenannten Energie-Contractings offen. Dabei wird nicht mehr Endenergie in Form von Strom und Brennstoff, sondern Nutzenergie (Prozesswärme, Warmwasser, Kälte) bezogen. Der Betrieb und die Wartung der Energieanlagen gehen in die vertraglich geregelte Zuständigkeit des Energiedienstleisters (Contractors) über, der die Anlage erstellt und betreibt. Kraft-Wärme-Kopplung in der Industrie: www.bkwk.de/industrie

Beispielbetriebe für den Einsatz von KWK in der fleischverarbeitenden Industrie Metzgerei Meyer, Nürnberg Der Handwerksbetrieb mit 25 Mitarbeitern stellt konventionelle Fleisch- und Wurstwaren in Eigenproduktion her. Seit 2004 sind zwei mit Erdgas befeuerte Mini-BHKW (Senertec) mit je 5,5 kw elektrischer Leistung zur Warmwasserbereitung bei 60 C im Einsatz. Aus einem 3.000 l-pufferspeicher werden sowohl der Bedarf an Brauchwarmwasser als auch Heizwärme für die Metzgerei sowie zwei angeschlossene Miethäuser und das Wohnhaus gedeckt. Bei durchschnittlich 7.000 jährlichen Betriebsstunden beläuft sich die Stromproduktion auf 70 MWh; es werden ca. 20 t CO 2 -Emissionen vermieden. Den Mehrkosten von 25.000 für den Austausch der abgängigen Zentralheizung stand eine Amortisationsdauer von 4 Jahren gegenüber. VION Convenience Landsberg GmbH, Landsberg am Lech Am Standort Landsberg stellen 125 Mitarbeiter Schinken- und Wurstspezialitäten sowie Convenience-Produkte her. Seit 1999 ist ein Gasmotor-BHKW (MAN) mit 270 kw el elektrischer und 420 kw th thermischer Leistung im Einsatz. Als Brennstoff können Erdgas oder Flüssiggas eingesetzt werden. Jährlich werden durchschnittlich 850 MWh el KWK-Strom sowie 1.400 MWh th Heizwärme erzeugt, die zur Brauchwassererwärmung sowie zur Raumheizung eingesetzt wird. Die mittlere jährliche Betriebsdauer liegt bei 3.300 h. Jedes Jahr werden ca. 250 t CO 2 -Emissionen vermieden. Eichkamp Fleisch- und Wurstwaren GmbH, Garrel Am Standort Garrel fertigen 200 Mitarbeiter frische Fleisch- und Wurstwaren aus Geflügel und Schwein überwiegend für den Convenience-Bereich. Seit 2005 sind 4 Doppelanlagen mit insgesamt 8 BHKW-Modulen (TAB Spelle) im Einsatz. Die elektrische Nennleistung je Modul beträgt 250 kw el, die thermische 320 kw th. Als Brennstoff wird Pflanzenöl eingesetzt. Jedes Modul erzeugt jährlich 1.100 MWh el KWK-Strom sowie 1.250 MWh th Heizwärme, die zur Warmwasserbereitung, Speisewasservorwärmung sowie zur Dampfproduktion eingesetzt wird. Jedes Modul wird 4.400 h im Jahr betrieben und vermeidet damit rund 700 t CO 2 -Emissionen jährlich. Den Investitionen von seinerzeit 300.000 je Modul stand eine Amortisationsdauer von unter 5 Jahren gegenüber. B.KWK Bundesverband Kraft-Wärme-Kopplung e.v. Markgrafenstraße 56, 10117 Berlin Tel. +49 (0) 30 / 270 192 81-0 Fax +49 (0) 30 / 270 192 81-99 info@bkwk.de www.bkwk.de Stand: 2/2011 Fachliche Unterstützung: perpendo Energie- und Verfahrenstechnik GmbH Projektgruppe Industrie des B.KWK Dieses Projekt wurde gefördert von: Die Verantwortung für den Inhalt dieser Veröffentlichung liegt bei den Autoren. gedruckt auf FSC-zertifiziertem Papier