Leseprobe. Grundlagen des Marketing I

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Transkript:

Grundlagen des Marketing I

Kapitel 2 - Grundlagen des Käuferverhaltens 2.1 Typisierung von Käufern und Transaktionsbereichen 2.2 Der Kaufentscheidungsprozess 2.3 High und Low Involvement Entscheidungen 2.4 Arten des Kaufverhaltens 2.4.1 Extensives Kaufverhalten 2.4.2 Limitiertes Kaufverhalten 2.4.3 Gewohnheitsmäßiges Kaufverhalten 2.4.4 Abwechslung suchendes Kaufverhalten 2.4.5 Impulsives Kaufverhalten 2.5 Das Kaufverhalten von Konsumenten 2.5.1 Besonderheiten des Kaufverhaltens von Konsumenten 2.5.2 Grundmodell des Kaufverhaltens von Konsumenten Seite 22 von 146

Lernorientierung Sie werden nach der Bearbeitung dieses Kapitels in der Lage sein, Typisierung von Käufern und Transaktionsbereichen überblicken, Den Kaufentscheidungsprozess beschreiben, High und Low Involvement Entscheidungen kennen, Extensives, limitiertes, gewohnheitsmäßiges, Abwechslung suchendes und impulsives Kaufverhalten kennen, Besonderheiten und Grundmodell des Kaufverhaltens von Konsumenten beschreiben zu können. Seite 23 von 146

Der Käufer von Produkten - als die Person, die letztlich über den Erfolg oder Misserfolg Ihres Unternehmens entscheidet - steht im Mittelpunkt dieses Kapitels. Sie erfahren mehr über die Möglichkeiten, verschiedene Arten von Käufern zu kategorisieren. Außerdem lernen Sie gängige Modelle von Kaufentscheidungsprozessen kennen. Nach einer Erläuterung, weshalb der Begriff des Involvement zentral für die Erklärung des Käuferverhaltens ist, werden verschiedene Arten des Kaufverhaltens vorgestellt. Am Ende des Kapitels werden jeweils für Konsumenten und Kaufvorgänge in Unternehmen die Besonderheiten des Kaufverhaltens vorgestellt. 2.1 Typisierung von Käufern und Transaktionsbereichen Die Beschäftigung mit Käufern und deren Kaufmotiven ist für das Marketing von zentraler Bedeutung. Je besser man die Beweggründe versteht, die die Menschen zum Kauf bestimmter Produkte leiten, desto eher kann man erfolgreich auf das Kaufverhalten Einfluss nehmen. Und so war ja die Grundaufgabe des Marketing definiert: Als der Versuch, die Nachfrage und damit die Gesamtheit aller Käufer zu beeinflussen. Bei der Analyse des Käuferverhaltens ist es wichtig zu unterscheiden, mit welchem Typ von Transaktions- oder Kaufvorgang wir es zu tun haben. Denn das Kaufverhalten von Menschen kann sehr unterschiedlich sein. Ein Käufer wird sich beispielsweise beim Kauf von Lebensmitteln für den täglichen Bedarf ganz anders verhalten als bei der Anschaffung einer Anlage für ein Unternehmen. Dies gilt auch, wenn es sich um dieselbe Person handelt, die einmal in ihrer Rolle als Konsument agiert und zum anderen die Rolle des Einkäufers in einem Unternehmen innehat. Damit ist auch schon die erste wichtige Untergliederung zur Typisierung von Käufern angesprochen. Es werden einerseits Endverbraucher oder Konsumenten unterschieden, die Produkte für den privaten Ge- oder Verbrauch erwerben. Auf der anderen Seite haben wir Käufer, die für Unternehmen Kaufentscheidungen treffen. Sei es die Bestellung von Büromaterial, die Anschaffung eines EDV-Systems oder die Entscheidung für eine Produktionsanlage. In der folgenden Übersicht sind auch noch die Mitarbeiter staatlicher Institutionen als eine weitere Gruppe von Käufern aufgeführt. Diese treffen ihre Kaufentscheidung zwar teilweise nach ähnlichen Kriterien wie die Mitarbeiter in Unternehmen. Es gibt aber einige Besonderheiten des Kaufverhaltens von Administrationen. So werden größere Aufträge in der Regel über öffentliche Ausschreibungen vergeben, an denen sich prinzipiell jedes Seite 24 von 146

Unternehmen beteiligen kann. Einkäufer in Unternehmen haben dagegen nicht die Verpflichtung, quasi jeden möglichen Anbieter bei Kaufentscheidungen in Betracht zu ziehen. Abbildung 4 - Typisierung von Käufern und Transaktionsbereichen In der Übersicht zur Typisierung von Transaktionen ist Ihnen vielleicht aufgefallen, dass Konsumenten (Consumer), Unternehmen (Business) und öffentliche Institutionen (Administration) nicht nur auf der Nachfrageseite aufgeführt sind. Alle drei Parteien können prinzipiell auch als Anbieter auf den Märkten auftreten. Aufgrund der jeweiligen Marktvolumina und der Tatsache, dass wir uns bei der Darstellung der Konzeption des Marketing auf das Marketing von Unternehmen konzentrieren wollen, wird im Folgenden hauptsächlich auf B2C- und B2B-Märkte eingegangen. Entsprechend wird das Kaufverhalten von Konsumenten und Unternehmen in diesem Abschnitt näher betrachtet. Seite 25 von 146

2.2 Der Kaufentscheidungsprozess Vom grundlegenden Aufbau her kann man den Kaufentscheidungsprozess, wie in der folgenden Abbildung dargestellt, in verschiedene Phasen unterteilen. Abbildung 5 - Kaufentscheidungsprozess Zunächst erkennt der potenzielle Käufer, dass er ein bestimmtes Problem hat. Dieses basiert auf einem bestimmten Bedürfnis oder Wunsch. Er hat zum Beispiel Durst oder er erkennt, dass ihm das Papier für seinen Drucker ausgegangen ist. Er sucht nun nach Möglichkeiten, seinem Mangelzustand abzuhelfen. Dies kann dadurch geschehen, dass er in ein Geschäft geht und nach Produkten Ausschau hält. Oder er nimmt sich einen Katalog für Büromaterial und blättert diesen durch. Oder er recherchiert im Internet nach Einkaufsquellen. Er bewertet seine Einkaufsoptionen und entscheidet sich dann für ein bestimmtes Produkt. Manchmal haben Käufer zwar den Vorsatz, ein bestimmtes Produkt zu erwerben, entscheiden sich dann aber unter dem Einfluss situativer Faktoren doch noch um. Dieses soll an einem Beispiel erläutert werden: Unser Käufer hat Durst und beschließt, ein Wasser im nächstgelegenen Supermarkt zu erwerben. Dort angekommen entdeckt er, dass Apfelschorle heute zu einem Sonderpreis angeboten wird. Er kauft sie, obwohl er eigentlich vorhatte, ein Wasser zu wählen. Hier ist der situative Faktor das Angebot von Konkurrenzprodukten. Ein anderes Beispiel: Sie wollen einen PC kaufen und informieren sich ausführlich über die verschiedenen Alternativen. Sie wählen anhand von Informationsmaterialien ein Modell aus und gehen zum Seite 26 von 146

Fachhändler, um den PC Ihrer Wahl zu kaufen. Dort erfahren Sie allerdings, dass der von Ihnen ausgesuchte Computer gerade nicht verfügbar ist und eine Lieferzeit von vier Wochen hat. Der Händler empfiehlt Ihnen aber überzeugend ein anderes Modell und Sie kaufen es dann. Auch dies ist ein Beispiel dafür, wie ein Käufer sich quasi spontan in der Kaufsituation doch noch umentscheiden kann. Wenn Sie die lange Lieferzeit aber schon in der Phase der Informationssuche und bewertung mitbekommen, kann diese Information natürlich in Ihre Kaufüberlegungen mit einfließen. Auch die Meinung Dritter kann die Überlegungen zur Kaufentscheidung beeinflussen. Sie haben sich zum Beispiel schon für eine bestimmtes Fitnessstudio entschieden und erzählen einem Freund davon, der in der Fitnessbranche tätig ist. Der rät Ihnen entschieden von der gewählten Einrichtung ab, da er damit schlechte Erfahrungen gemacht habe. Es ist wahrscheinlich, dass Sie dann von dem gewählten Fitnessstudio Abstand nehmen und sich doch noch für ein Anderes entscheiden. Wichtig für das Marketing ist auch die Phase nach dem Kauf oder Vertragsabschluss. Denn je zufriedener der Käufer mit dem gewählten Produkt, oder Dienstleistung ist, desto höher ist auch die Wahrscheinlichkeit, dass er das Produkt wieder kaufen wird oder Ihnen lange als Mitglied erhalten bleibt. Auch hier kann man mit gezielten Maßnahmen ansetzen. Beispielsweise, indem man den Käufer nach dem Kauf kontaktiert und ihn fragt, wie zufrieden er mit seinem Kauf ist. Oder indem man dem Produkt schriftliche Informationen beilegt, in denen der Käufer nochmals in seiner Kaufentscheidung bestätigt wird. 2.3 High und Low Involvement Entscheidungen Nicht alle Kaufentscheidungen laufen gleich ab. Es macht z. B. einen großen Unterschied, ob ein Käufer über seinen Bedarf an Lebensmitteln oder die Anschaffung eines Autos entscheidet. Mit dem Begriff des Involvements kann man diese Unterschiede erklären. Involvement ist die sogenannte Ich-Beteiligung einer Person und bezeichnet das gedankliche Engagement und die damit verbundene Aktivierung, mit der sich jemand einer Sache oder Aktivität, z. B. einem Kauf, zuwendet. Je nachdem, wie involviert ein Käufer ist, sucht er aktiv Informationen zum geplanten Kauf und beschäftigt sich mehr oder weniger intensiv mit der Informationsverarbeitung. Die Frage, ob ein Produkt für einen Käufer mit hohem oder niedrigen Involvement verbunden ist, hängt im Wesentlichen vom Kaufrisiko ab, das der Käufer subjektiv wahrnimmt. High Involvement Produkte sind für den Kunden in irgendeiner Weise Seite 27 von 146

wichtig, z. B. weil sie etwas mit seiner Persönlichkeit zu tun haben oder weil ein relativ hohes finanzielles oder sonstiges Risiko mit dem Kauf verbunden ist. Für manche Menschen ist beispielsweise der Kauf von Bekleidung ein Vorgang mit hohem Involvement, weil sie ihren gesellschaftlichen Status als eng mit ihrem äußeren Erscheinungsbild verknüpft wahrnehmen. Für fast alle Deutschen ist der Kauf eines Neuwagens der Prototyp einer High Involvement Entscheidung. Denn neben dem hohen finanziellen Aufwand ist auch ein bestimmtes Image eng mit den jeweiligen Anbietern verknüpft. Der Entscheidung über einen Neuwagenkauf geht in Deutschland im Durchschnitt eine Phase der Informationssuche und -bewertung voraus, die in vielen Fällen länger als ein Jahr anhält. In den USA werden PKWs dagegen sehr viel stärker unter pragmatischen Gesichtspunkten gekauft. Die Bestellung von Wagen mit individuell zusammengestellter Sonderausstattung ist praktisch unbekannt. Die Neuwagen werden vom Hof der Händler gekauft. Entsprechend ist die Informationsphase der Amerikaner vor der Kaufentscheidung für ein Auto im Durchschnitt sehr viel kürzer. Typische Low Involvement Produkte sind dagegen Lebensmittel wie Brot und Milch oder Wasch- und Putzmittel. Die Käufer haben kein hohes Kaufrisiko. Zumindest nicht, solange wir uns darauf verlassen können, dass gesundheitlich unbedenkliche Produkte in den Regalen unserer Supermärkte stehen. Typisch für Low Involvement Produkte ist, dass der Kaufprozess stark verkürzt abläuft. Oftmals wird ohne irgendeine Art von Reflektion ein Produkt erworben und unter Umständen erst hinterher bewertet, wie in der folgenden Übersicht dargestellt. Abbildung 6 - High und Low Involvement Entscheidungen Ist der Käufer mit seiner Kaufentscheidung unzufrieden, wird er aber genauso wie bei High Involvement Käufen beim nächsten Seite 28 von 146

Kaufvorgang vermutlich eine andere Kaufentscheidung treffen. Schmeckt ihm beispielsweise der Proteinshake der Marke X nicht, kauft er beim nächsten Mal eine andere Sorte. Für Unternehmen ist es von zentraler Bedeutung, sich darüber im Klaren zu sein, welchen Involvementgrad die Käufer beim Kauf der eigenen Produkte mehrheitlich haben. Aus Unternehmenssicht ist nämlich das Produkt selbstverständlich von hoher Wichtigkeit. Der Kunde teilt aber nicht unbedingt diese Einschätzung. Und wenn die meisten Kunden etwas als Low Involvement Produkt einstufen, werden sie nicht bereit sein, sich mit dem Kauf intensiver zu beschäftigen. Die Bereitstellung von ausführlichen Informationen ist dann sinnlos und überflüssig. Das Unternehmen hat seine Marketingmaßnahmen ggf. entsprechend abzuändern. 2.4 Arten des Kaufverhaltens Bei der Unterscheidung der verschiedenen Arten des Kaufverhaltens kommt es in erheblichem Maße auf den Involvementgrad der Kunden beim jeweiligen Kauf an. Wir unterscheiden Extensives Kaufverhalten Limitiertes Kaufverhalten Gewohnheitsmäßiges Kaufverhalten Abwechslung suchendes Kaufverhalten und Impulsives Kaufverhalten. Bei den ersten beiden Kategorien handelt es sich schwerpunktmäßig um High Involvement Käufe, bei den letzteren eher um Low Involvement Käufe. 2.4.1 Extensives Kaufverhalten Extensives Kaufverhalten bedeutet, dass es sich für den Kunden um einen echten High Involvement Kauf handelt. Er sucht lange und intensiv nach Informationen, bewertet diese und trifft erst nach langer Überlegung die Kaufentscheidung. Dies bedeutet aber nicht, dass der Kunde den Kauf ausschließlich nach rationalen Kriterien entscheidet. So kann beim Vertragsabschluss in einem Fitnessstudio die Sympathie zwischen Kunde und Trainer neben den Vertragsinhalten und dem Preis eine entscheidende Rolle spielen. Oder ein Kunde schließt einen All-Inclusive Vertrag ab, obwohl die Rahmendaten und der Preis eigentlich viel eher für einen Grundtarif sprechen würden. Dennoch ist es kennzeichnend für den extensiven Kaufentscheidungsprozess, dass lange und intensiv Informationen Seite 29 von 146

gesucht und gegeneinander abgewogen werden. Für das Marketing ist es von entscheidender Bedeutung, auf dieses Informationsbedürfnis einzugehen. Das Internet ist beispielsweise ein geradezu optimales Medium, um den Käufern Informationen in fast beliebiger Tiefe anzubieten. Sind die Informationen allerdings nicht nutzerfreundlich aufgebaut und erhältlich, wird sich der potenzielle Käufer schnell dem Angebot der Wettbewerber zuwenden. 2.4.2 Limitiertes Kaufverhalten Von limitiertem Kaufverhalten spricht man, wenn der Kunde zwar ein relativ hohes Involvement beim Kauf hat, aber nicht unbedingt eine sehr lange Phase der Informationssuche und - bewertung durchläuft. Nichtsdestotrotz sind die Käufe eher durch rationale Überlegungen als durch spontane Entscheidungen gesteuert. Der Kunde verwendet aber typischerweise Vereinfachungsstrategien beim Kaufvorgang, indem er nicht alle theoretisch verfügbaren Kaufalternativen überprüft. Er überlegt beispielsweise, mit welchen Produkten oder Anbietern er in der Vergangenheit gute Erfahrungen gemacht hat. Dann entscheidet er sich zwischen diesen Alternativen, ohne aktiv Informationen über neue Angebote einzuholen. Hier müssen die Unternehmen versuchen, mit Hilfe von Marketingmaßnahmen ihre Leistungen als attraktive Kaufalternativen in das Bewusstsein der Kunden zu bringen bzw. dort zu halten. 2.4.3 Gewohnheitsmäßiges Kaufverhalten Beim gewohnheitsmäßigen Kaufverhalten zeigen die Kunden ähnliche Vereinfachungsstrategien wie beim limitierten Kaufverhalten. Schwerpunktmäßig aber nicht ausschließlich - handelt es sich um Low Involvement Produkte, so dass der Käufer noch viel weniger zu rationalen Überlegungen und einer mühsamen Informationssuche bereit ist. In der Literatur wird diese Art des Kaufverhaltens auch habituelles oder routinemäßiges Kaufverhalten genannt. In der Regel hat der Kunde bereits vorgefasste Kaufentscheidungen, die er dann beim tatsächlichen Kaufvorgang nur noch in die Tat umsetzt. Sehr viele Kaufvorgänge laufen heute nach diesem Verhaltensmuster ab. Seite 30 von 146

Gewohnheitsmäßig kann aber auch ein Kunde handeln, der alle paar Jahre, nach einem Halbjahresvertrag im Fitnessstudio nach dem Sommer denselben Vertrag erneut abschließt. Auch hier geht es aus Anbietersicht darum, entweder den Kunden als Gewohnheitskäufer zu halten, oder aber ihn vom habituellen Kauf der Wettbewerbsprodukte hin zu den eigenen Angeboten zu bringen. Dies ist noch schwerer als beim limitierten Kaufverhalten, da der Kunde ja normalerweise nicht zur Suche und Aufnahme von Informationen bereit ist. 2.4.4 Abwechslung suchendes Kaufverhalten Manchmal kann es vorkommen, dass Käufer trotz niedrigem Involvement beim Kauf bestimmter Produkte relativ offen dafür sind, neue Produkte auszuprobieren. Man spricht hier vom Abwechslung suchenden Kaufverhalten. Beispiele hierfür sind die hohe Bereitschaft, neue Riegel oder Shakes auszuprobieren. Auch die Nutzer von Nahrungsergänzungsmittel werden ihrem gewohnten Anbieter gelegentlich untreu und probieren auf einer Messe ein anderes Produkt. Bei diesen Produkten ist das wahrgenommene Kaufrisiko ganz offensichtlich niedrig und der Käufer definiert seine Persönlichkeit oder seinen Status in der Regel auch nicht über die Produkte. Für Unternehmen ist es in dieser Situation relativ leicht, die Käufer zum Ausprobieren ihres Angebotes zu bewegen. Allerdings wandern die Käufer möglicherweise genauso schnell zum Wettbewerber ab. Diese Art des Kaufverhaltens ist schwerpunktmäßig bei Konsumenten und praktisch nie bei Einkäufern von Unternehmen anzutreffen. 2.4.5 Impulsives Kaufverhalten Beim impulsiven Kaufverhalten reagiert der Käufer entweder automatisch oder ungeplant. Ohne großes Nachdenken wird ein bestimmtes Produkt spontan erworben, weil es dem Käufer gefällt. Viele impulsive Käufe sind nicht vorher geplant. So geben fast 50 % der deutschen Bevölkerung an, öfter spontan Kleidung einzukaufen. Es wird geschätzt, dass etwa 10-20 % aller Kaufvorgänge echte Impulsivkäufe sind (Quelle: Kroeber- Riel/Weinberg, Konsumentenverhalten). Man ist versucht zu glauben, dass ausschließlich Endverwender Impulsivkäufe tätigen. Aber auch in Unternehmen kann es vereinzelt vorkommen, dass spontan gekauft wird. Dies setzt Seite 31 von 146

allerdings voraus, dass derjenige, der den Kauf für das Unternehmen tätigt, über entsprechend hohe Vollmachten verfügt und sich für den Kauf nicht rechtfertigen muss. Das ist typischerweise ein Firmeninhaber oder ein Geschäftsführer, aber eventuell auch ein Einkäufer mit entsprechenden Freiräumen für Kaufentscheidungen. 2.5 Das Kaufverhalten von Konsumenten Unter Konsumenten verstehen wir, wie bereits einleitend erwähnt, die Endverwender von Produkten. Konsumenten kaufen die Produkte ausschließlich für den privaten Ge- oder Verbrauch. Und zwar einmal für sich selbst, aber unter Umständen auch für andere Personen, in der Regel für weitere Mitglieder ihres Haushalts. Mit den Besonderheiten dieser Käufergruppe befasst sich der folgende Abschnitt. 2.5.1 Besonderheiten des Kaufverhaltens von Konsumenten Eine ganze Reihe wichtiger Aspekte zum Kaufverhalten von Konsumenten sind schon angesprochen worden. So die Tatsache, dass viele Kaufentscheidungsprozesse eben nicht rational ablaufen. Sondern dass typischerweise eine ganze Reihe weiterer Faktoren auf den Kaufprozess Einfluss haben. Wichtig ist es aber auch noch zu wissen, dass Konsumenten nicht immer alleine Kaufentscheidungen treffen. Oftmals entscheiden Familien oder andere Gruppen gemeinsam über die Anschaffung von Produkten. Ein typisches Beispiel dafür ist der Kauf einer Pauschalreise. Hier haben Eltern und Kinder unter Umständen ganz unterschiedliche Vorlieben. Während der Vater beispielsweise hauptsächlich an den Sportmöglichkeiten im Urlaub interessiert ist, möchte die Mutter ein Ziel, das eine schöne Landschaft, Ruhe und Erholung bietet. Die Kinder haben dagegen je nach Alter an speziellen Ausflugsprogrammen oder aber am Nachtleben im Urlaubsort Interesse. Wenn das Produkt, das Ihr Unternehmen verkauft, typischerweise von mehreren Konsumenten gemeinsam erworben wird, müssen Sie auf die Präferenzen aller am Kauf Beteiligten achten. 2.5.2 Grundmodell des Kaufverhaltens von Konsumenten Bis in die 60er Jahre beschäftigte man sich nur wenig mit der Frage, was außer den Marketingaktivitäten des Unternehmens letztlich entscheidend für den Kauf oder Nichtkauf einzelner Seite 32 von 146

Produkte ist. Seit dieser Zeit stehen zunehmend die inneren Vorgänge in Konsumenten im Blickpunkt von Wissenschaft und Praxis, die offenbar eine wichtige Rolle für die Erklärung des Kaufverhaltens spielen. Man spricht auch von so genannten S-O- R-Modellen des Käuferverhaltens. S steht hierbei für Stimulus, also externe Faktoren, die auf den Kauf einwirken. O bedeutet Organismus und umfasst die inneren Vorgänge im Konsumenten. Das R steht für Response und in der Regel ist damit der Kauf oder Nichtkauf eines Produktes gemeint. Die wichtigsten Einflussfaktoren auf das Konsumentenverhalten werden in dem folgenden Grundmodell dargestellt und näher erläutert. Abbildung 7 - Grundmodell des Kaufverhaltens von Konsumenten An externen Faktoren können auf das Konsumentenverhalten zum einen die Marketingmaßnahmen des Unternehmens einwirken. Daneben gibt es aber auch weitere Einflüsse wie z. B. die konjunkturelle Lage. Ist diese schlecht, kaufen die Verbraucher beispielsweise weniger Luxusgüter als in einem positiven Konjunkturumfeld. Innerhalb der Black Box des Konsumenten finden nicht beobachtbare Vorgänge statt, die aber unter Umständen einen erheblichen Einfluss auf den Kauf haben. Die einzelnen Faktoren und ihre Bedeutung werden im folgenden kurz erläutert. Die Kultur, in der ein Verbraucher aufwächst und lebt, spielt dabei eine besonders bedeutsame Rolle. Man denke nur an die unterschiedlichen Präferenzen für Nahrungsmittel, die in den verschiedenen Ländern herrschen. Auch so genannte Subkulturen gehören zur Gruppe kultureller Faktoren. Seite 33 von 146

Subkulturen sind kleinere Gruppierungen innerhalb eines Kulturkreises. Das können Religionsgruppen sein, aber auch geografische Regionen. So wird im Süden Deutschlands deutlich mehr Wein getrunken als im Norden, wo dafür der Bier- und Spirituosenkonsum höher ist. Zum kulturellen Bereich wird schließlich auch noch der Einfluss der Schichten (z. B. Unter-, Mittel- oder Oberschicht) gezählt, in denen der Verbraucher aufwächst und lebt. Zu den sozialen Faktoren gehören zunächst die Bezugsgruppen. Darunter werden alle Gruppen verstanden, die direkt oder indirekt das Konsumentenverhalten beeinflussen. Die wichtigste Bezugsgruppe ist dabei die Familie. Aber auch Freundeskreise, Kollegen oder Vereine können prägend wirken. Man denke beispielsweise an die ungeschriebenen Gesetze darüber, was bei Jugendlichen in oder out ist. Auch die sozialen Rollen und der Status, den eine Person z. B. durch ihren Beruf genießt, beeinflussen das Kaufverhalten. Jeder Mensch hat in seinem Leben mehrere Rollen inne. Z. B. als Sohn, Vater, Mitarbeiter im Unternehmen oder als Vereinsmitglied. Jede dieser Rollen kann sich auf sein Kaufverhalten auswirken. Noch wichtiger ist für das Marketing aber das Wissen um die Wichtigkeit des Status und von Statussymbolen, die verschiedene Produkte verkörpern können. Beispiele dafür sind Autos von Porsche, Kleidung von Prada oder Uhren von Lange, die im Moment besonderes Ansehen genießen. Zu den persönlichen Faktoren zählen z. B. Alter, Lebensabschnitt, Beruf, Einkommen oder die Persönlichkeit. Je nach Alter werden bestimmte Produkte präferiert. Fast noch bedeutsamer ist der jeweilige Lebensabschnitt des Konsumenten, der im sogenannten Konzept des Familienlebenszyklus dargestellt wird. Je nachdem, ob der Verbraucher z. B. Single ist, verheiratet mit kleinen bzw. älteren Kindern oder im Ruhestand, unterscheidet sich sein Kaufverhalten. Dass das Einkommen einen wesentlichen Einfluss auf den Konsumenten hat, braucht sicher nicht näher erläutert zu werden. Auch psychologische Kriterien bestimmen das Kaufverhalten. Dazu gehören insbesondere die Motivation, Wahrnehmungs- und Lernfaktoren sowie Einstellungen. Die Motivation beruht auf den menschlichen Bedürfnissen. Es ist wichtig für das Marketing herauszufinden, welche Motive die Menschen zum Kauf oder Nichtkauf bestimmter Produkte bewegen. So können z. B. das Streben nach Prestige, Geborgenheit oder Jugendlichkeit eine Rolle spielen. Wahrnehmungs- und Lernfaktoren sind ebenfalls von Bedeutung. Insbesondere im Zeitalter der Informationsüberflutung ist es wichtig, sich vor Augen zu halten, dass Konsumenten nur selektiv wahrnehmen und unter Umständen die Marketingbotschaften missverstehen, d.h. verzerrt Seite 34 von 146

wahrnehmen. Unter Einstellungen werden schließlich relativ festgefügte Urteile über Objekte verstanden. Einstellungen haben Menschen zu vielen Dingen, unter anderem auch zu Produkten. Denken Sie kurz darüber nach, welche Einstellungen Sie zu den Fitnessketten McFit, Fitness First oder Injoy haben. Sie werden vermutlich recht unterschiedliche Einstellungen zu den drei Anbietern haben. Einstellungen erleichtern dem Verbraucher das tägliche Leben. Denn so muss er nicht permanent Um- oder Neubewertungen von Produkten vornehmen. Einstellung sind schwer änderbar, aber manchmal ist es trotzdem möglich und auch notwendig, sie durch Marketingmaßnahmen zu beeinflussen. Seite 35 von 146