Billiger geht s kaum noch! Schnell und günstig neue Kuh- und Melkplätze schaffen drei Betriebe aus Schleswig- Holstein machen es vor. Das Melkhaus bietet an der Frontseite viele Möglichkeiten für die Längslüftung. Viele Betriebe investieren derzeit in neue Ställe und Melkzentren oder planen gerade den nächsten Wachstumsschritt. Klar ist: Neue Kuhplätze sollen Komfort bieten vor allem aber günstig sein. Drei Beispiele aus der Praxis: Bei Niko Niemann standen beim Bau des Melkhauses die Kosten im Vordergrund. Für ihn war schnell klar, dass eine Standardlösung nicht infrage kommt. Er melkt jetzt in einem Folienhaus mit Seitenwänden aus einer Holz- Glaskonstruktion für ca. 79 000 E. Für Frank und Birgit Hartmann war der typische dreireihige Offenstall zu teuer. Sie haben sich ihren Stall aus Holzstützen mit einem Dach aus Trapezblechen selbst geplant und umgesetzt. Pro Platz haben sie ca. 1 570 E investiert. Peter Ralfs hat eine günstige Lösung gesucht, die kontinuierlich mitwachsen kann. Mit mehreren Seecontainern hat er 40 neue Plätze für rund 1 000 E pro Platz geschaffen. Unter Folie melken Nico Niemann hat sich aus Folie, Holz und Glas ein neues Melkhaus für rund 79 000 5 gebaut. Wichtig war für uns, dass unser neuer Melkstand nicht viel kostet, aber trotzdem eine komfortable Arbeitsatmosphäre schafft, erklärt Niko Niemann, Milchviehhalter aus Twedt in Schleswig- Holstein. Als der örtliche Maschinenring relativ günstig Folienställe angeboten hat, kam Familie Niemann auf die Idee, den neuen Doppel-10er-Side-by-Side-Melkstand und den Warteraum einfach in einer solchen Folienhalle (Cover-all-Halle) unterzubringen. Gesagt, getan. Das Dach des neuen Melkhauses (Übers. 1) besteht aus Folie, die Seiten-, Rück- und Frontwände aus Holz mit vielen Fenstern, das Fundament ist aus Betonkies und Füllsand. Am Laufstall wurde eine Seitenwand herausgenommen und das Melkhaus angebaut. Dadurch entstand außerdem Platz für zusätzliche Liegeboxen. Den größten Teil des Baumaterials wie das Holz, die Fenster und Türen konnte Niemann gebraucht und daher sehr günstig besorgen. Während auf der Frontseite eine Tür als Eingang für das Personal berücksichtigt wurde, ist auf der gegenüberliegenden Seite ein Rolltor angebracht. Mit der Genehmigung als Anbau gab es keine Probleme. Inzwischen melkt Niko Niemann rund ein Jahr in der neuen Halle, die ihn durch den hohen Anteil an Eigenleistung nur rund 79 000 E gekostet hat: Es war mir einfach zu teuer, für die 70 Kühe ein Melkhaus bauen zu lassen, erklärt Niemann. Allerdings betrug dadurch die R6 top agrar 6/2008
Kostenaufstellung Bei Zugluft kann der Warteraum durch ein Rolltor geschlossen werden. Melktechnik: 36 200 E Folienhalle: 20 400 E Baustoffe: 18 800 E Betonkies, Füllsand: 5 000 E Nebenkosten: 600 E Löhne: 6 000 E Sonstiges: 3 000 E Eigenleistung (ca. 2 000 h x 12,50 E): 25 000 E Durch das Foliendach gelangt viel Licht in das Melkhaus. Allerdings heizt sich das Gebäude dadurch auch schneller auf. Gesamtsumme: 115 000 E Übersicht 1: Melkhaus im Betrieb Niemann Bauzeit des Melkhauses rund zwei Jahre. Seine bisherigen Erfahrungen sind gut: Das Melkhaus erfüllt seine Funktion. Wir haben immer ausreichend Licht und Frischluft, weil wir die Fenster im Bedarfsfall auch herausnehmen können. Im Som mer gibt es keine Probleme mehr mit Fliegen im Melkstand, berichtet Niemann. Auch Temperaturen bis minus 8 C machen bisher wenig Probleme. Die Leitung kann vorsorglich abgesperrt werden und läuft durch ein leichtes Gefälle leer. Zudem konnte die Melkzeit durch den Warteraum und den gebraucht gekauften Melkstand halbiert werden. Der Milchviehhalter spricht aber auch die Nachteile offen an: An heißen Tagen heizt sich das Haus schneller auf und es kann sich Tropfwasser bilden. Hinzu kommt, dass die Reinigung durch den Holzanteil nicht ganz einfach ist. Fraglich ist auch, wie lange die Folie hält. Der Hersteller gibt zehn Jahre Garantie. Niemann und seine beiden neuen GbR-Partner Karsten und Hans-Heinrich Hansen sind aber überzeugt, dass sie in diesem Melkhaus eine Weile arbeiten können: Jetzt haben wir Luft, uns mit der Optimierung der Herde und mit einer weiteren Aufstockung zu befassen. -sl- STALL BESTAND STALL BESTAND 2,50 RÜCKTRIEB 7,00 ÜBERTRIEB FOLIE MELKSTAND/ WARTERAUM 9,10 2,00 SIDE BY SIDE 2 x 10 WARTERAUM 3,20 2,80 25,80 Die GbR-Partner von links: Hans-Heinrich und Karsten Hansen sowie Niko Niemann. Das Melkhaus wurde direkt an den bestehenden Laufstall angebaut. top agrar 6/2008 R7
Ganz schön luftig Der Betrieb Hartmann hat für nur rund 252 000 5 einen neuen Offenstall für 160 Kühe gebaut. Bei unserem Neubau war vor allem wichtig, die Kosten im Griff zu halten, denn die nächsten Wachstumsschritte werden nur noch größer, erklären Frank und Birgit Hartmann aus Gribbohm, Schleswig-Holstein. Mit Kosten von rund 252 000 E für 160 Liegeplätze inklusive Birgit und Frank Hartmann: Nicht viele unserer Berufskollegen würden einen solchen Stall bauen, weil er ihnen einfach zu billig aussieht! Fotos: Einhoff Zeichnungen: Thiemeyer Kostenaufstellung Fundament + Beton: ca. 90 000 E Hülle: ca. 44 000 E Inneneinrichtung: ca. 34 000 E geplantes Windschutznetz: 2 000 E Güllelagune (2 000m 3 ): 25 000 E Anteil Eigenleistung: 32 000 E Nebenkosten (Architekt, Statik, Baugrunduntersuchung etc.): 25 000 E Gesamtkosten: ca. 252 000 E (ohne AFP-Zuschuss) Kosten pro Kuhplatz: 1 575 E Güllelagune (ohne Melktechnik) ist den beiden Milchviehhaltern auch ein bestechend niedriger Preis gelungen wobei die AFP-Förderung hierbei noch gar nicht berücksichtigt ist. Ihr Stallkonzept ist einfach und schnell er klärt: ein dreireihiger Offenstall (80 x 20 m) mit einer Tragekonstruktion aus Holzstützen und einem Pultdach aus Trapezblechen (Übersicht 2). Insgesamt sorgen drei Stützenreihen für die nötige Stabilität. Der nach Osten ausgerichtete Futtertisch ist über eine Länge von 3 m überdacht. Die planbefestigten Laufflächen sind aus Gussasphalt und werden mit Schieber in den Querkanal, der mittig im Stall verläuft, entmistet. Damit die Tiere ausreichend Platz haben, sind die Laufgänge 4 m breit. Die Tiere liegen in Tiefboxen mit Stroh-Kalk-Mischung. Ein Betonsockel (50 cm hoch) und ein Nackenriegel ersetzen ein Fressgitter. Beton-Fundament, ein paar Holzstützen und ein Pultdach aus Trapezblech, einfacher geht es kaum noch. R8 top agrar 6/2008
Übers. 2: Grundriss des neuen Stalles FUTTER- TISCH FUTTERLAGER/ GEPL. ERWEITERUNG 4,50+0,25 ±0,00 0,18 3,10 OFFEN FRONT 4,50 FUTTERTISCH 4,00 4,80 3,50 2,60 AUSSEN-/LAUFBEREICH FRESSGANG LIEGEBOXEN 1,15 x 2,40 LAUFGANG GEPLANTE BOXEN ERWEITERUNG 1,15 x 2,60 ENTNAHMESCHACHT 55 LIEGEBOXEN 1,15 x 2,40 54 108 109 135 136 GEPLANTE BOXEN ERWEITERUNG 1,15 x 2,60 162 AUSSEN-/LAUFBEREICH 4,60 68,80 4,60 Der Stall kann in östlicher Richtung noch einmal gespiegelt werden. An frischer Luft mangelt es im neuen Stall nicht. Um aber Zugluft zu vermeiden, soll jetzt an der Rückwand doch noch ein Windschutznetz installiert werden. Mit Beton gefüllte Brunnenringe stabilisieren das Fundament. Mit ein Grund für die niedrigen Baukosten ist ein hoher Anteil an Eigenleistung. Fundament, Laufgänge und Liegeboxen sowie die gesamte Elektrik wurden selbst erstellt. Vor allem das Fundament kostete die Betriebsleiter viel Zeit und Nerven. Da der Untergrund ein so genanntes Spülfeld ist, mussten die 16 Holzstützen durch jeweils zwei mit Beton gefüllte Brunnenringen stabilisiert werden, was für Mehrkosten in Höhe von 12 000 E gesorgt hat. Die Bauzeit betrug durch den hohen Anteil an Eigenleistung über ein Jahr. Die Hartmanns sind mit dem Neubau, in dem bisher rund 100 Plätze belegt sind, zufrieden: Der Stall funktioniert, auch wenn viele Berufskollegen das nicht glauben wollen. Kaum einer von ihnen würde einen solchen Stall bauen, weil er einfach zu billig aussieht, erklärt Frank Hartmann. Seit dem Erstbezug im Herbst 2007 stieg die Milchleistung der Herde um rund 1 000 kg auf heute 8 500 kg abgelieferte Milch an. Bisher macht nur die Windanfälligkeit des Stalles, der direkt am Nord-Ostseekanal liegt, den Betriebsleitern bei der Bewirtschaftung zu schaffen: Wenn es außer Sturm noch regnet, kann die erste Liegeboxenreihe schon mal nass werden, berichtet Birgit Hartmann. Deshalb soll in Kürze noch ein Windschutznetz installiert werden. Im Moment dienen Strohballen als Windschutz. Mit Frost gibt es bisher im neuen Stall noch keine Erfahrungen. Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass der Betonsockel, der den Futtertisch vom Laufgang trennt, mit 50 cm zu niedrig ist, so dass die Tiere immer wieder mit den Beinen im Futter stehen: Auf den Sockel werden wir aber in Kürze ein Rundholz montieren, erklärt Hartmann voller Tatendrang. Außerdem sollen die restlichen Liegeboxen installiert und nach einer günstigen Lösung für ein Melkzentrum gesucht werden. Denn bisher werden die Tiere noch im alten Laufstall gemolken, der ca. 150 m vom Neubau entfernt ist. -sl- Billige Ställe gesucht! Haben Sie auch eine sehr günstige oder unkonventionelle Stallbaulösung für Milchkühe, Kälber, Jungrinder, Mastbullen oder Mutterkühe realisiert? Dann schreiben Sie uns. Wir stellen die pfiffigsten Beispiele vor. Adresse: top agrar-redaktion, Stichwort: Billige Kuhställe, Hülsebrockstr. 2 8, 48165 Münster. top agrar 6/2008 R9
40 Kuhplätze im Seecontainer Peter Ralfs hat mit vier Seecontainern 40 neue Kuhplätze für je 1 000 5 geschaffen. Da in meinem Betrieb die Nachfolge noch nicht geklärt ist, wollten wir günstig und schnell nur ein paar neue Kuhplätze schaffen, erklärt Peter Ralfs, Milchviehhalter aus Kaaks in Schleswig-Holstein. Kurzerhand hat er sich deshalb im letzten Jahr am Hamburger Hafen vier gebrauchte Seecontainer besorgt, auf einer Längsseite aufgefräst und Liegeboxen installiert. Die Container sind jeweils 12 m lang und 2,40 m tief, so dass darin mit gebrauchten Boxenbügeln und Gummimatten jeweils zehn Liegeboxen (1,20 m breit) als Hochboxen installiert werden konnten (Übersicht 3). Pro Kuhplatz hat er nur 1035 E investiert. Die Container hat er auf dem ehemaligen Laufhof, der direkt an den Kuhstall grenzt, platziert. Zwischen den Containern wurde so viel Platz gelassen, dass die Boxen mit dem Hoftrac eingestreut werden können. Außerdem wurde darauf geachtet, dass die offenen Seiten von der Wetterseite abgewandt liegen. Um die Boxen vor Starkregen zu schützen, hat Ralfs nicht die komplette Längswand herausgenommen, sondern am oberen Rand einen Überstand belassen: Trotzdem Peter Ralfs hat bei den Containern eine Seitenwand herausgefräst. Der Überstand schützt vor Schlagregen. kann es vorkommen, dass die Boxen nass werden. Tiefboxen mit Stroheinstreu sind für diese Haltung ungeeignet, berichtet der Milchviehhalter. Beim Kauf eines gebrauchten Containers müsse man zudem darauf achten, dass das Dach in Ordnung sei. An die Rückseite von zwei Containern hat er ein Dach angeschleppt unter dem er weitere 20 Liegeplätze geschaffen hat. Somit konnte er in kurzer Zeit zusätzlich zu den 60 Plätzen im Laufstall 60 neue schaffen: Bei den Kühen sind der Laufhof und die Container beliebter als der alte Laufstall. Selbst bei Regenwetter stehen sie lieber draußen. Nachdem die Genehmigung für die Container nach längerer Diskussion mit dem Umweltamt durch war, hat sich Ralfs entschieden, auf dem Laufhof Spalten zu verlegen und eine weitere überdachte Transponderstation zu installieren. Jetzt Kostenaufstellung Seecontainer: 4 000 E gebrauchte Boxenbügel und Gummimatten: 4 000 E Arbeitszeit für Fräsarbeiten: 5 Akh à 15 E Spalten (60 Plätze): 50 000 E/250 m 2 Gesamtkosten für 40 Plätze: 41 375 E Kosten pro Platz: ca. 1 035 E hat er sogar die Genehmigung nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz. Und auch die Nachbarn, die sich am Anblick der Container störten, haben sich beruhigt, nachdem er sie grün angestrichen hat. Peter Ralfs ist sehr zufrieden mit seiner Lösung: Mit den Containern bin ich bei der betrieblichen Weiterentwicklung flexibel. Mich ärgert nur, dass ich nicht schon früher auf diese Idee gekommen bin. Mittlerweile visiert er den nächsten Wachstumsschritt an: Weitere 40 Plätze sind bereits genehmigt. -sl- Übers. 3: Aufriss der Seecontainer 2,40 10 LIEGEBOXEN 2,60 GUMMIMATTEN 12,00 0,20 In einem Container können zehn Liegeboxen untergebracht werden. Die Kühe liegen auf Gummimatten mit Sägemehl. An zwei der Container hat Ralfs ein Dach angeschleppt und weitere 20 Liegeplätze geschaffen. Rechts ist der Außenfuttertisch. R10 top agrar 6/2008