Praktikum Technische Chemie Europa Fachhochschule Fresenius, Idstein SS 2010 Versuch 05 Wärmeübergang in Gaswirbelschichten Betreuer: Michael Jusek (jusek@dechema.de, Tel: +49-69-7564-339)
Symbolverzeichnis A [m 2 ] Querschnittsfläche F G [N] Gewichtskraft F A [N] Auftriebskraft Δp [Pa], [bar] Druckabfall T [K], [ C] Temperatur Q [W] Wärmestrom w [m s -1 ] Geschwindigkeit α [W m -2 K -1 ] Wärmeübergangskoeffizient Indizes W Wand
Einleitung Wirbelschichtverfahren ermöglichen eine gute Temperaturführung. Das Wirbelgut hat sehr hohe Wärmeübergangskoeffizienten für die Wärmeübertragung. Chemische Reaktionen verlaufen daher in Wirbelschichten nahezu isotherm. Bei katalytischen Verfahren in Wirbelschichten kann die Aktivität der Katalysatoren gut gewährleistet werden, weil sich deren Verweilzeiten leicht beeinflussen lassen. Technische Verfahren in Wirbelschichten: - Rösten von Erzen, - Mischen von Schüttgütern, - Vergasen von Biomassen, - Wirbelschicht-Trocknung, - Wirbelschicht Agglomeration und - Wirbelschichtfeuerung. Grundlagen Eine Schüttung feinkörnigen Feststoffs wird von einem Gas von unten nach oben durchströmt. Die Schüttung befindet sich auf einem Anströmboden (poröse Platte o.ä.). Wird die Strömungsgeschwindigkeit w, von Null ausgehend allmählich und stetig gesteigert, durchläuft die Schüttung folgende Zustände: 1. Festbett 2. Wirbelschicht auch Fließbett genannt 3. Flugstaubwolke Der Druckverlust p steigt zunächst mit der Strömungsgeschwindigkeit an, das Volumen der Schüttschicht bleibt konstant. Wenn zwischen der Gewichtskraft F G der Schüttung und der Auftriebskraft F A ein Gleichgewicht eintritt, werden die Feststoffteilchen praktisch schwerelos und wie die Moleküle einer Flüssigkeit leicht gegeneinander verschiebbar. Dann ist der Wirbelpunkt erreicht und der Druckverlust p bleibt konstant. Das Volumen der Wirbelschicht nimmt zu. 1
Die Wärmeübertragung von einer Wand auf eine Gaswirbelschicht bzw., ein in entgegengesetzter Richtung ablaufender Wärmetransport ist analog den Ausführungen der Aufgabe 1 durch die allgemeine Gleichung Q A( T T ) (1) W gegeben, wenn in diesem Falle T W die Wandtemperatur, T die Temperatur der Wirbelschicht, A die austauschende Wandfläche, den Wärmeübergangskoeffizienten und Q den Wärmestrom bedeuten. Der Wärmeübergangskoeffizient ist bei gleichen Gasgeschwindigkeiten in homogenen Wirbelschichten bedeutend größer als in nicht aufgewirbelten Schüttungen und in dieser größer als in festgutfreien Gasströmen. Er hängt unter anderem von der Strömungsgeschwindigkeit des Gases, seinen Eigenschaften und der Beschaffenheit der Feststoffkörner ab. Unter vergleichbaren Bedingungen nimmt er mit fallender Körnung zu. Die Wärmeleitfähigkeit der Partikel hat dagegen keinen oder nur geringen Einfluss. Weiterführende Literatur 1 Patat/Kirchner, Praktikum der Technischen Chemie, 4. Auflage, Verlag W. de Gruyter, Berlin-New York 1986, S. 28 30. 2 Reh, L.: Wirbelschichtreaktoren für nichtkatalytische Reaktionen in Ullmanns Enzyklopädie der technischen Chemie, 4.Aufl.. Weinheim: Verlag Chemie. 3. Hemming/Wagener, Verfahrenstechnik, 9. Auflage 2004, Vogel Buchverlag. 2
Versuchsdurchführung Aufgabenstellung Die Wärmeabgabe einer Wand ist in einer mit Luft aufgewirbelten Sandschicht und in einer ruhenden Schüttgutschicht jeweils in Abhängigkeit von der Luftgeschwindigkeit zu messen. Die Wärmeübergangszahlen Wand - Wirbelschicht und Wand Schüttgutschicht sind zu vergleichen. Apparatebeschreibung Die Apparatur wird schematisch durch Abb. 5.1. wiedergegeben. Sie besteht aus einem senkrecht angeordneten Acrylglasrohr R1 ( D = 10 cm ), das in ein zweites Rohr R2 gesteckt und darin befestigt ist. In dem Rohr R2 befindet sich der Anströmboden B, bestehend aus einer Acrylglasplatte, die mit 1-mm- Löchern in 2 mm Abstand versehen und mit Baumwollstoff überzogen ist. Auf dem Anströmboden befindet sich eine etwa 10 cm hohe Schicht Quarzsand von 0,9 mm Korndurchmesser. Eine Aufwirbelung der Schüttgutschicht oberhalb der Lockerungsgeschwindigkeit kann durch das Sieb S verhindert werden. Das Rohr R1 besitzt zwei Führungen H1 und H2 für das Glasrohr G, an dessen unterem Ende der Heizkörper J hängt. Der Heizkörper, dessen Maße der Abb. 5.1. zu entnehmen sind, ist ein Messingzylinder mit 1 mm Wandstärke, in dem eine auf Glasrohr gewickelte Heizung K enthalten ist. In die Oberfläche von J ist ein Thermoelement eingelötet. Die "kalte" Lötstelle Th2 des Thermoelements hängt in der Schüttgutschicht etwa in der Mitte zwischen Heizkörper und Rohrwandung. Die Thermospannung, und damit die Temperaturdifferenz zwischen Heizkörper und Wirbelschicht, wird mit dem Schreiber gemessen. Der Heizkörper wird mit max. 10 V (Labornetzgerät) gespeist. Die Heizspannung wird am Voltmeter, die Stromstärke am Amperemeter abgelesen. Luft wird einer Pressluftleitung entnommen und in den doppelwandigen Ring L eingeleitet. L ist so gearbeitet, dass die Luft an mehreren Stellen in R eintritt. Der gewünschte Volumenstrom kann mittels eines Nadelventils V eingestellt und mit dem geeichten Rotameter St gemessen werden. Der Vordruck wird mit dem Druckminderventil D eingestellt. Der Differenzdruck (Druck unterhalb des Anströmbodens gegen den Druck oberhalb der Wirbelschicht) kann mit einem Differenzdruckmanometer während der Messung verfolgt und mittels Schreiber aufgezeichnet werden. 3
Abb. 5.1 Schema der Versuchsanordnung. Rechts oben ist der Heizkörper abgebildet. Ausführung der Messungen Die Pressluftleitung wird vorsichtig geöffnet, der Vordruck auf 3,5 bar eingestellt und das Ventil V so weit geöffnet, dass sich ein Volumenstrom von etwa 2 Nm 3 /h (bezogen auf das leere Rohr) konstant einreguliert. Das Sieb befindet sich ca. 20 cm oberhalb der Schüttgutschicht. Nun wird die Heizung eingeschaltet, der Heizkörper mit etwa 6 V kurzzeitig (3 min) auf etwa 15 C Übertemperatur gebracht, dann die Heizspannung wieder so weit reduziert (4 V), dass der Temperaturanstieg aufhört oder nachlässt. Auf diese Weise wird erreicht, dass sich eine Temperaturdifferenz zwischen den Lötstellen einstellt. Der sinn der Übertemperatur - von höherer zu niedriger Temperatur erfolgt die Temperatureinstellung schneller. Der Temperaturverlauf kann am Schreiber abgelesen werden. Ist die Temperaturdifferenz etwa 3 min 4
konstant geblieben, werden Stromstärke und Spannung, damit die Leistungsaufnahme des Heizkörpers, und die Temperaturdifferenz abgelesen. Danach wird die Strömungsgeschwindigkeit um 1 Nm 3 (2 Nm 3 ) erhöht, die Spannung auf 4,8 V einreguliert und wieder nach 3 min Temperaturkonstanz I, U und Δt registriert. Dieser Versuch wird sinngemäß mit 8 verschiedenen Strömungsgeschwindigkeiten (am Rotameter werden Volumenströme gemessen) wiederholt, die zwischen 0,07 und 0,6 m/s liegen sollten, wobei die Heizspannung jedesmal um 0,8 V erhöht wird. Führen Sie bitte den Versuch mit dem auf die Schüttgutschicht aufgepressten Sieb nicht durch. Die Messergebnisse dieser Versuchsreihe entnehmen Sie dem Protokollhefter oder dem ausliegenden Versuchsprotokoll. Auswertung der Messungen Für jede Strömungsgeschwindigkeit wird der Wärmeübergangskoeffizient mittels Gleichung Q = α A (T w - T ) ermittelt. Die am Schreiber abgelesene Temperaturdifferenz ist gleich T w - T. Die Strömungsgeschwindigkeit w für das leere Rohr ergibt sich aus dem Volumenstrom und der Fläche des leeren Rohres zu V w A Die Wärmestromdichte Q / A ergibt sich aus der Leistungsaufnahme des Heizkörpers und der Fläche des Heizkörpers: Kreisfläche : A 1 = π r 2 Zylindermantelfläche : A 2 = d π h Kreisringfläche : A 3 = π ( R 2 - r 2 ) In jeweils einem Diagramm werden für beide Versuchsreihen die Wärmeübergangskoeffizienten und die Differenzdrücke gegen die zugehörigen Strömungsgeschwindigkeiten abgetragen. 5
Anmerkung: Die Erhöhung der Leistung hat keinen Einfluss auf die Abhängigkeit des Wärmeübergangskoeffizienten von der Strömungsgeschwindigkeit, sondern dient nur der Erhöhung der Temperaturdifferenz zwischen Heizkörper und Schüttung und somit der Anpassung der Messgenauigkeit an die jeweiligen Strömungsverhältnisse. 6