Lernerorientierte Qualitätstestierung. für Kindertagesstätten



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Transkript:

Rainer Zech Lernerorientierte Qualitätstestierung für Kindertagesstätten LQK Das Handbuch ArtSet Forschung, Bildung, Beratung GmbH Ferdinand-Wallbrecht-Str. 17, 30163 Hannover Tel.: 0511-90969830, Fax: 0511-90969855 www.artset.de kontakt@artset.de

2 Inhaltsverzeichnis Inhalt Seite Vorwort 3 1. Zur Situation der Kindertagesstätten heute wozu dient LQK? 5 2. Prämissen und Grundzüge des Lernerorientierten Qualitätsmodells 7 3. Der Selbstreport 9 4. Die Bedeutung des Leitbildes und der Definition gelungenen Lernens 11 5. Die Bedeutung der Visitation 13 6. Die Bedeutung des Abschlussworkshops und der strategischen Entwicklungsziele 14 7. Zum Prozess der Qualitätsentwicklung in den Kindertagesstätten 15 8. Qualitätsentwicklung als Kontextsteuerung von Lernen 16 9. Qualitätstestierung als Entwicklung und Diskurs 18 10. Auf dem Weg zur lernenden Organisation 19 11. Begründung der Qualitätsbereiche und Erläuterungen zu den Qualitätsanforderungen 20 12. Die Retestierung 23 13. Absicherung von Nachhaltigkeit: das Qualitätsnetzwerk 24 14. Auf einen Blick: Ablaufplan des Testierungsprozesses 25 15. Die Qualitätsbereiche und Qualitätsanforderungen 27

3 Vorwort Seine Arbeit gut machen und seine Arbeit kontinuierlich verbessern sind zwei Seiten einer Medaille. Jeder Beschäftigte, der seinen Arbeitstag beendet hat weiß, ob dieser gut gelungen ist. Wer zu einer weniger guten Selbstbewertung kommt, bemüht sich um Verbesserung. Qualitätsentwicklung hat es in pädagogischen Einrichtungen also immer gegeben. Neu ist seit einigen Jahren allerdings, dass man sich in Bildungseinrichtungen systematisch der Qualitätsentwicklung der Organisation widmet. Warum das? Weil Organisationen im Kern organisierte Kooperation ist zur Herstellung bestimmter für die Gesellschaft bedeutsamer Leistungen und diese Leistung auf Dauer nur so gut sein kann wie die Qualität der Kooperationsbeziehungen. Alles andere geht zu Lasten der in den Organisationen Beschäftigten. Qualitätsentwicklung des Systems Kindertagesstätten versucht daher im Kern, die Kooperationsbedingungen der hier erfolgenden Arbeit zu verbessern. Und dafür gibt es einige Gründe: In Zeiten knapper werdender Ressourcen fragen sich die diese Einrichtungen finanzierende öffentliche Hand, die Kirchen und andere Träger, ob mit den verausgabten Mitteln auch qualitativ angemessenen gearbeitet und gewirtschaftet wird. Dies nennt man Auftraggeberorientierung. Die Lebensbedingungen von Kindern und ihren sozialen Beziehungen ändern sich kontinuierlich und sie haben die Bildung verdient, die sie am besten auf ihr zukünftiges Leben vorbereitet. Dies nennt man Kundenorientierung. Schließlich haben die in den Kindertagesstätten Beschäftigten ein Recht darauf, unter organisatorischen Bedingungen zu arbeiten, die ihre Arbeit optimal unterstützen. Dies nennt man Mitarbeiterorientierung. Wir leben in einer Gesellschaft, die schon lange das lebenslange Lernen zu einer ihrer Prämissen gemacht hat. Lebenslanges Lernen ist daher konsequenterweise von Bildungsorganisationen zu fordern. Dies hat ArtSet bereits im Jahre 2000 dazu bewogen, eine Lernerorientierte Qualitätstestierung für Weiterbildungsorganisationen (LQW) zu entwickeln und zu implementieren. Mittlerweile arbeiten weit über 400 Weiterbildungseinrichtungen aus allen 16 Bundesländern nach dem LQW-Modell (Stand 07/2004) LQW wurde im Rahmen des Programms Lebenslanges Lernen von der Bund- Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung entwickelt und wird gegenwärtig in einem Bund-Länder-Verbundprojekt vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert. LQW ist als Testierungsverfahren bundesweit anerkannt und genießt inzwischen sogar Anerkennung über Deutschland hinaus. Dieser durchschlagende Erfolg bei den Bildungsorganisationen hat ArtSet nun veranlasst, nach der Lernerorientierten Qualitätstestierung für Schulen (LQS) die Lernerorientierte Qualitätstestierung für Kindergärten und Kindertagesstät-

4 ten (LQK) - nachfolgend nur Kindertagesstätten KITA s genannt - zu entwickeln, die wir in dieser Broschüre vorlegen. Weil Bildung etwas ist, das nur durch die Lernenden selbst in Eigenaktivität hergestellt werden kann - Lehrende und andere Betreuende können diesen Prozess nur fördern -, stehen die Kinder im Zentrum der Qualitätsbemühungen dieser Einrichtungen. Auf sie ist die Qualitätsentwicklung der KITA s und mithin das Testierungsverfahren LQK ausgerichtet. Bildung ist ein reflexives»erfahrungsgut«; die Verbesserung der organisationalen Bildungsbedingungen muss daher auch ein reflexiver Prozess sein und kann nicht durch technokratische Formalisierungen gefördert werden. Qualitätsentwicklung in Bildungseinrichtungen begründet sich aus einem pädagogischen Selbstverständnis. Daher ist die Lernerorientierte Qualitätstestierung kein Verfahren, dass - wie herkömmliche Zertifizierungen - fremdgesetzte Normen an die Bildungsorganisationen heranträgt. LQK erwartet hingegen, dass die in KITA s verantwortlich Handelnden ihre eigenen Werte und Vorgehensweisen entwickeln und begründen. Dafür stellt das LQK-Modell Hilfestellung und Verfahren zur Verfügung. Wir versprechen uns davon, die Entwicklung von KITA s durch ein systematisches Qualitätsmanagement unterstützen zu können. Aber bitte urteilen Sie selbst. Abschließend möchte ich besonders den Mitarbeitenden des Flensburger Kindergartens Adelby 1 ggmbh Kinder- und Jugenddienste und dem LQW-Gutachter Herrn Gerhard Wulf danken, die sich bei der Entwicklung von LQK in besonderer Weise engagiert haben. Prof. Dr. Rainer Zech Geschäftsführer der ArtSet Forschung, Bildung, Beratung GmbH Hannover, im November 2004

5 1. Zur Situation der Kindertagesstätten heute wozu dient LQK? 1 Kindertagesstätten haben aus der Tradition heraus immer schon Kooperationen in unterschiedlichen Zusammenhängen bilden müssen, z.b. mit Elternvertretern, Beiräten u.a. Eltern haben durch das Kindertagesstättengesetz ein gesetzliches Mitbestimmungs- und Gestaltungsrecht. Erziehungsberechtigte schaffen gemeinsam mit den Kommunen nicht nur Rahmenbedingungen, durch die Zusammenarbeit mit dem pädagogischen Personal und dem Träger der Kindertagesstätte ist auch die Verlässlichkeit der Rahmenbedingungen geregelt. Teamarbeit ist in Kindertagesstätten selbstverständlich und wird praktiziert. Die Zielorientierung dieser internen Kooperation ist weiter zu verbessern. Bisher ist der Erfolg der beschriebenen Leistungen nicht ausreichend durch vorhandene Strukturen gesichert. Die von den Kommunen geforderte Qualität an die Organisation, die häufig nicht kommunizierte Erwartungshaltung der Familien, die gezeigte Zufriedenheit der Kinder sowie die Erwartung von Mitarbeitern an ihren Arbeitsplatz fordern verlässliche Rahmenbedingungen, unter denen alle Beteiligten arbeiten können. Dies stellt hohe Erwartungen an die Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter, die qualitativ gute Lernvoraussetzungen für Kinder schaffen müssen. Häufig mündet das persönliche Engagement der Beschäftigten in ein Gefühl des Alleingelassenseins und der Überforderung. LQK soll der Weg sein hin zu: Wir kennen unseren Auftrag, wir wissen wie wir unsere Aufgaben umzusetzen haben, jeder überprüft das Ergebnis der vereinbarten Ziele, alle gemeinsam werden wir besser. Forderungen von Eltern und Trägern, von Kommunen und Politik müssen messbar definiert werden, damit Kindertagesstätten als Bildungseinrichtung arbeiten können und anerkannt werden. Nimmt man den gesetzlich festgeschriebenen Bildungsauftrag ernst, so muss man einem bundesweiten und europäischen Vergleich zur Chancengleichheit für die Bildung, Erziehung und Betreuung der Kinder standhalten. Allerdings muss hierfür zunächst einmal das Verständnis von und für die Qualität von Bildung und gelungenem Lernen definiert werden. Es stehen sich verschiedene, scheinbar unvereinbare Positionen gegenüber. Neben der Auffassung, dass sich pädagogische Prozesse grundsätzlich nicht durch empirische Herangehenswiese erfassen lassen, werden vor allem die an wirtschaftliche Konzepte angelehnten Verfahren kritisiert, die in pädagogischen Einrichtungen nur bedingt greifen. Hierzu zählt auch die kritische Beobachtung der Entstehung des neuen Marktes im Bereich des Qualitätsentwicklung und -zertifizierung. 1 Wir werden im folgenden Text die Sozialpädagogen, die Erzieher, sozialpädagogischen Assistenten aus Gründen der besseren Lesbarkeit pädagogische Mitarbeiter nennen und auf die männlich/weibliche Schreibweise verzichten.

6 Neben der für die Zukunft erwartbaren Pflicht zur Qualitätstestierung gibt es deshalb ganz konkrete Anlässe in der Gegenwart, die zur Erleichterung und Verbesserung der Arbeits- und Lernbedingungen aller an Kindertagesstätten Beteiligten auffordern. Qualitätsentwicklung leistet, wenn sie in strukturierten, auf die Wirklichkeit von Kindertagesstätten zugeschnittenen Verfahren betrieben wird, hierbei entscheidende Unterstützung. LQK ist ein Qualitätsentwicklungs- und ein Testierungsverfahren, das auf interner Evaluation und externer Begutachtung basiert. Dieses Qualitätsmodell ist kompatibel zu den bereits vorliegenden und schon praktizierten Qualitätsmodellen für Schulen (LQS) und für Weiterbildungseinrichtungen (LQW). Dadurch wird eine durchgängige Vergleichbarkeit von Qualitätsentwicklungen im Bildungswesen erreicht. Der Prozess der Selbstbeobachtung und die Entwicklung geeigneter Maßnahmen erstreckt sich über ein Jahr. Die erfolgreiche Qualitätsentwicklung wird auf der Grundlage eines Gutachtens sowie einer Visitation durch ein Testat von ArtSet bestätigt und berechtigt für die Dauer von vier Jahren zum Führen eines Logos als Qualitätsausweis nach außen. Für eine nahtlose Retestierung muss spätestens sechs Monate vor Ablauf dieses Zeitraums ein aktueller Selbstreport zur Begutachtung eingereicht werden. Im Preis für die Testierung eingeschlossen sind eine Einführung in das Modell durch von ArtSet gestellte Referenten, ein Prüf- und Beratungsgutachten von zwei im Lernerorientierten Modell geschulten Gutachtern, eine Vor-Ort-Visitation mit Beratungscharakter, ein Abschlussworkshop mit Unterstützung bei der Aufstellung strategischer Entwicklungsziele sowie schriftliche Arbeitshilfen für die Arbeit am Selbstreport. Die Besonderheit des hier vorliegenden Modells LQK besteht darin, dass der Lernprozess der Kinder Fokus aller Qualitätsbemühungen in der Kindertagesstätte darstellt. Denn schließlich wollen und sollen alle pädagogischen Mitarbeiter in erster Linie das Eine leisten: Gute pädagogische Arbeit! Sollen Kindertagesstätten sich qualitativ weiterentwickeln, wird man in das Zentrum der Qualitätsentwicklung das stellen müssen, was Kindertagesstätten wesentlich ausmacht: gute Rahmen- und Kooperationsbedingungen, eine kommunizierte und von allen verstandene Konzeption sowie vor allem den Erziehungsund Lern- Prozess. Dabei reflektiert das LQK-Modell den umfassenden Bildungs- und Erziehungsauftrag von Kindertagesstätten. Die Entwicklung der Persönlichkeit, die Integration in soziale Zusammenhänge und die Befähigung zur Selbst- und Mitbestimmung in einer demokratischen Gesellschaft sind Aufgaben, die eine Kindertagesstätte leben und vermitteln sollte. Der Auftrag von Kindertagesstätten umschließt daher die Entfaltung kultureller, personaler und sozialer Kompetenzen. Der in diesem Qualitätsmodell verwendete Lernbegriff enthält daher immer die Trias von Persönlichkeitsentwicklung, sozialer Integration/Demokratisierung sowie Qualifizierung, also Zuwachs an Wissen und Können.

7 Der Vorteil der»lernerorientierten Qualitätstestierung für Kindertagesstätten«ist: Keine Kindertagesstätte muss bei Null anfangen. LQK hilft Ihnen, systematisch zu bündeln, was an Stärken und Entwicklungen bereits vorhanden ist, und sich auf die Aktivitäten zu konzentrieren, die für eine Qualitätsentwicklung der Gesamtorganisation noch ausstehen. Die Grundlage ist zuerst einmal Selbstbeobachtung anhand der Qualitätsanforderungen des Modells. Auf der Grundlage Ihrer Selbstevaluation schreiben Sie einen Selbstreport, in dem Sie Ausgangsstand und während des Testierungsprozesses gemachte Entwicklungsschritte für jeden im Modell vorgesehenen Qualitätsbereich festhalten. Zwei externe, unabhängige, für das Modell qualifizierte Gutachter untersuchen dann, ob ihre Kindertagesstätte die für jeden Qualitätsbereich ausgewiesenen Anforderungen erfüllt und geben Ihnen umfangreiche Hinweise für weitere Qualitätsschritte und eine Widerspiegelung ihrer Arbeit aus einer Fremdperspektive. Das Gutachten hat somit einen Prüfanteil, im Wesentlichen ist es aber Ratgeber hinsichtlich der Entwicklungsmöglichkeiten ihrer Kindertagesstätte. Externe Hilfe über die Begutachtung hinaus können Sie, müssen Sie aber nicht in Anspruch nehmen. Den Umfang zusätzlicher kostenpflichtiger Leistungen bestimmen somit Sie. Eine weitere Besonderheit dieses Modells liegt darin, dass keine von außen gesetzten Normen zu erfüllen sind. Es stehen nicht die Inhalte, sondern die Strukturen, Abläufe, Art der Absprachen, kurz: die innere Plausibilität der Verfahrensweisen an Ihrer Kindertagesstätte auf dem Prüfstand. Damit ist gewährleistet, dass jede Kindertagesstätte in ihrer Einzigartigkeit sich in diesem Modell wiederfinden kann. Das Testat, das am Ende dieses Prozesses vergeben wird, stellt ein»gütesiegel«als Qualitätsausweis nach außen und als Erkennungsmerkmal untereinander dar: Auf dieser Grundlage können Sie sich mit anderen Kindertagesstätten austauschen, vergleichen und kollegiale Beratung bei der Entwicklungsarbeit geben und einholen. Das Testat, ausgestellt von der Testierungsstelle ArtSet, Hannover, bescheinigt und würdigt die Ernsthaftigkeit der geleisteten Qualitätsbemühungen. 2. Voraussetzungen und Grundzüge des Lernerorientierten Qualitätsmodells Die wissenschaftlichen und praktischen Anforderungen an eine Qualitätsentwicklung in den Kindertagesstätten schlagen sich vor allem in folgenden Voraussetzungen des LQK-Modells nieder: 1. Die Lernenden, d.h. die Kinder, stehen im Mittelpunkt aller Qualitätsbemühungen. Auf sie hin ist die Qualitätsentwicklung der Kindertagesstätten und mithin das Testierungsverfahren ausgerichtet. 2. Es geht nicht nur um Qualitätssicherung, sondern die Qualität der Einrichtungen wird in einem ständigen Prozess ausgehend von den sich verändernden Umweltanforderungen weiterentwickelt.

8 3. Bei der externen Qualitätsevaluationen geht es nicht nur um ein Prüfverfahren, sondern die Entwicklungspotenziale der Kindertagesstätten werden ebenfalls berücksichtigt und gefördert. 4. Qualitätsentwicklung in Organisationen des Bildungssystems ist kein Prozess technokratischer Formalisierung, sondern eine diskursiver Prozess der gemeinsamen Reflexion unter den Beteiligten. 5. LQK ist für große und kleine Kindertagesstätten sowie für integrativ arbeitende Einrichtungen gleichermaßen anwendbar. Das heißt, eine einrichtungsindividuelle Ausfüllung der Qualitätsanforderungen ist möglich. Das hier vorgelegte Verfahren der Qualitätsentwicklung und -testierung definiert konkrete Anforderungen in folgenden Qualitätsbereichen: 1. Leitbild, 2. Bedarfserschließung, 3. Zentrale Prozesse, 4. Entwicklungsfördernde Lernprozesse, 5. Erziehungsprozesse im Alltag der KITA, 6. Evaluation der Entwicklungs- und Lernprozesse, 7. Infrastruktur, 8. Führung, 9. Personal, 10. Steuerung der KITA als Organisation (Controlling), 11. Externe Kommunikation und Kooperationen, 12. Strategische Entwicklungsziele Das Qualitätsentwicklungs- und -testierungsmodell: 1. Leitbild und Definition gelungenen Lernens 2. Bedarfserschließung 3. Zentrale Prozesse 4. Entwicklungsfördernde Lernprozesse 5. Erziehungsprozesse 6. Evaluation 7. Infrastruktur 8. Führung 9. Personal 10. Steuerung der KITA (Controlling) 12. Strategische Entwicklungsziele 11. Ext. Kommunikation u. Kooperationen Selbstreport Visitation Abschluss Workshop Die definierten Anforderungen in diesen verpflichtenden Qualitätsbereichen müssen in einem Selbstreport nachgewiesen und durch eine Visitation bestätigt werden. Diese Visitation wird etwa zu Beginn des letzten Drittels des Qualitätsentwicklungsprozesses stattfinden, um gleichzeitig auch als Beratung im Hinblick auf einen erfolgreichen Abschluss des Selbstreports dienen zu können. In

9 selbstbestimmten, frei wählbaren (optionalen) Qualitätsbereichen können die Einrichtungen auf Schwerpunkte ihrer Ausrichtung hinweisen. In einem Abschlussworkshop spiegeln speziell für dieses Modell ausgebildete Gutachter ihre Eindrücke in die Kindertagesstätte zurück. Außerdem werden strategische Entwicklungsziele für die nächste Qualitätsentwicklungsperiode vereinbart. Auch die Einrichtungen geben Rückmeldung über ihre Erfahrungen in der Arbeit mit dem Qualitätsmodell, die für zukünftige Modellrevisionen genutzt werden. Das Qualitätsmodell lernt also selbst aus der Praxis. Der Prozess der Qualitätsentwicklung startet mit einer internen Evaluation, zum Beispiel einer Stärken/Schwächen-Analyse. Nach der Erstellung des Leitbildes mit der jeweils einrichtungsspezifischen Definition gelungenen Lernens (vgl. Kap.4) erfolgt eine Planung und Durchführung von erforderlichen Qualitätsentwicklungsmaßnahmen (vgl. Kap.7). Dieser Prozess wird dokumentiert und mündet in die Ausformulierung eines Selbstreports (vgl. Kap.3). Eine Vor-Ort- Visitation (vgl. Kap.5) klärt, ob die Einrichtung die erforderlichen Nachweise vorhält und gibt Hilfestellung bei Unklarheiten bzw. Unsicherheiten. Gestützt durch die Visitation ist der Selbstreport Gegenstand der externen Evaluation durch eigens im Lernerorientierten Qualitätsmodell geschulte Gutachter/innen. Der Qualitätskreislauf endet mit einem Abschlussworkshop und der Aufstellung von strategischen Entwicklungszielen für die nächste Qualitätsperiode (vgl. Kap.6). Der Qualitätskreislauf: Interne Evaluation und Erstellung eines Leitbildes Maßnahmeplanung und -durchführung Dokumentation des gesamten Prozesses in einem Selbstreport Vor-Ort- Visitation- Externe Begutachtung des Selbstreports Abschlussworkshop mit Aufstellung von Entwicklungszielen Qualitätskreislauf in einer lernenden Organisation 3. Der Selbstreport Die Testierung erfolgt im Kern anhand eines Selbstreports. Im Selbstreport beschreiben die Einrichtungen ihren Stand sowie die im Laufe des Testierungsprozesses gemachten Qualitätsentwicklungsschritte in den jeweiligen Qualitätsbereichen. Der Selbstreport nötigt zu Begründungen und Festlegungen. Er ist deshalb sowohl eine Reflexions- als auch eine Planungs- und Entscheidungshilfe. Die Arbeit am Selbstreport führt durch die Beschreibung zur Erkenntnis, wie und warum die Kindertagesstätte etwas tut und lässt dadurch Stärken bzw. Verbesserungsmöglichkeiten sichtbar werden. Entscheidungen zu Veränderungen können somit in einem aufeinander bezogenen Verfahren getroffen werden. Die Gefahr, letztlich wirkungslose, da unverbundene Einzelmaßnahmen einzuleiten, wird minimiert. Im Verlaufe der weiteren Evaluationen wird der

10 Selbstreport immer weiter fortgeschrieben und dokumentiert den Weg der lernenden Organisation. Zugleich ist er als Dokument kontinuierlicher Qualitätsentwicklung für die einzelnen Mitarbeiter in der Alltagsarbeit nutzbar. Die Ausführungen zu den einzelnen Qualitätsbereichen dienen darüber hinaus als eine Art Wegweiser für die Aufmerksamkeit in der Qualitätsentwicklung. Der Selbstreport ist in schriftlicher Fassung als Fließtext vorzulegen. Er muss aus sich heraus verständlich sein. Die Gliederung orientiert sich an den Qualitätsbereichen und deren Anforderungen. Optionale Qualitätsbereiche können hinzugefügt werden. Nachweise für die Aussagen müssen in den Einrichtungen vorgehalten werden und müssen bei Visitation und Abschlussworkshop eingesehen werden können. Die Erfüllung der Anforderungen muss im Sinne der im Kapitel 15 beschriebenen Mindeststandards nachgewiesen werden. Sie sind so gehalten, dass die Kindertagesstätte sie mit ihren eigenen Inhalten füllen muss, indem sie ihre eigenen Maßstäbe benennt und dann deren Erarbeitung beschreibt. Jedes Kapitel zu jedem Qualitätsbereich muss mindestens Angaben zu drei Fragen enthalten: 1. In welcher Weise, wodurch sind die (Mindest-)Anforderungen erfüllt? Was wurde ggf. darüber hinaus getan? (inhaltliche Angaben) 2. Wie wurde dies sichergestellt bzw. erarbeitet? Welche Instanzen, Personengruppen etc. waren daran beteiligt? (Angaben zum Qualitätsprozess) 3. Wie und wo ist dies dokumentiert und kann ggf. nachgeprüft werden? (Angaben zu den Nachweisen). Alle Angaben müssen glaubhaft, nachgewiesen, zugänglich und überprüfbar sein. Die Maßnahmen, die zur Qualitätsentwicklung bzw. -sicherung getroffen wurden, müssen eingeführt (d.h. sie sind allen bekannt und es wird bereits nach ihnen gehandelt), begründet (und zwar in Bezug auf das Leitbild inklusive der Definition gelungenen Lernens) und systematisiert (d.h., nicht einmalig und nicht vom zufälligen Engagement einzelner Beteiligter abhängig) sein. Wichtig ist, dass nicht nur über Verfahren berichtet wird, sondern dass auch (zumindest beispielhaft) die erreichten Ergebnisse dargestellt und bewertet werden. Hilfe und Unterstützung bei der Erstellung des Selbstreports sowie eine Prüfung der Nachweise erfolgen in einer Visitation im letzten Drittel des Evaluationszeitraums. In der Rubrik»Service«auf der Website www.artset-lqk.de befindet sich eine Arbeitshilfe Wie schreibt man einen Selbstreport? zum Herunterladen. Für den Fall, dass die Gutachter/innen das Erreichen der Qualitätsziele nicht bestätigen können, kann die Qualitätsprüfung nach einem festgelegten Zeitraum wiederholt werden. Das im Erfolgsfall ausgestellte Qualitätstestat hat eine Gültigkeit von vier Jahren. Eine eventuelle Retestierung der Einrichtungen muss deshalb spätestens zum Ende dieses Zeitraums abgeschlossen sein (vgl. Kap.12).

11 4. Die Bedeutung des Leitbildes und der Definition gelungenen Lernens Der Qualitätsprozess startet in den Kindertagesstätten - gegebenenfalls nach einer Stärken/Schwächen-Analyse - mit der Erstellung des Leitbildes. Dies ist für das Modell zwingend, weil davon ausgegangen wird, dass das Leitbild als Selbstbeschreibung einer Einrichtung ihr organisatorisches Selbstverständnis (Corporate Identity) ausdrückt. Mit der Erstellung des Leitbildes verständigt sich die Organisation Kindertagesstätte intern über sich selbst, d.h. sie entwickelt ihre Identität und ihr Selbstverständnis, die ihre zukünftige Praxis anleiten. Das bedeutet, ein Leitbild ist nur dann ein Leitbild, wenn es die Praxis der Beschäftigten tatsächlich leitet. Daher sind auch alle Beschäftigten bei der Erstellung des Leitbildes zu beteiligen, denn nur wer sich beteiligen konnte, wird sich hinterher mit dem erstellten Leitbild identifizieren. Teil des Leitbildes ist die einrichtungsspezifische Definition gelungenen Lernens im Sinne einer umfassenden Entwicklung der Kinder. Gelungenes Lernen ist nicht automatisch gleichzusetzen mit den pädagogischen Zielsetzungen der pädagogischen Fachkräfte oder den Vorstellungen der Träger, der Eltern, der Öffentlichkeit usw. Diese außendefinierten Lehrziele sind nicht zwangsläufig identisch mit dem Standpunkt sich entwickelnder kindlicher Subjekte. Die Erarbeitung einer Definition gelungenen Lernens setzt darum einen Perspektivenwechsel für die Erzieher und Sozialpädagogen voraus: Sie müssen sich gedanklich auf den Standpunkt der Kinder stellen, versuchen, die Welt aus deren Perspektive zu betrachten. Die Kinder sind dabei als eigenständige Subjekte mit eigenen Interessen, eigener Logik und eigenen Ansprüchen zu verstehen. Kindertagesstätten haben einen umfassenden Bildungs- und Erziehungsauftrag: die Vermittlung von emotionalen sowie motorischen Kompetenzen, sozialer Kompetenz und die Entwicklung der Persönlichkeit. Die Integration in soziale Zusammenhänge und die Befähigung zur Selbst- und Mitbestimmung in einer demokratischen Gesellschaft sind die anspruchsvollen Ziele. Lernen in Kindertagesstätten erfolgt im Rahmen der freiwilligen Teilnahme am Kindertagesstättenbetrieb. Den Aspekt des Lernens betrachtend, müssen viele Faktoren gesehen werden, die das Lernverhalten eines Kindes beeinflussen können. Lernfähigkeit und Lernstrategien bei einem Kind sind individuell, die Dynamik der Lerneigenart ist unterschiedlich. Lernen soll Spaß machen, keinen Stress oder Ängste erzeugen. Lernen soll zum Erlebnis werden, einen natürlichen Prozess darstellen, der sich die Neugiermotivation des Kindes zu Nutze macht und Freude vermittelt. Dieser Prozess verläuft nicht isoliert, sondern im Wechselspiel von Sinneseindrücken, Gefühlen, Handlungen, Informationen, Assoziationen und kognitiver Verarbeitung, stets innerhalb von sozialen Beziehungen und wechselseitigen Reaktionen. Kinder sind an diesen Prozessen aktiv beteiligt, ein jedes mit seiner individuellen Entwicklungszeit. Kinder wollen lernen und etwas leisten. Entwicklung ist ihr innerer Motor, ihre Eigentätigkeit und ihr Erleben sind Grundlagen ihrer Lernprozesse. Begleitung des kindlichen Lernens bedeutet, die Entwicklungen, Bedürfnisse und Interessen des Kindes wahrzunehmen und dazu passend weitere Anreize und Anregungen zu bieten.

12 Denn je mehr Perspektiven wir den Kindern eröffnen um so mehr Erfahrung und Kompetenzen werden Sie sich aneignen. Gelungenes Lernen bei kleineren Kindern bemisst sich - wie übrigens auch bei Schulkindern, Jugendlichen, Auszubildenden und Erwachsenen - in der Fähigkeit, Erlerntes erfolgreich zur Erweiterung der eigenen Denk- und Handlungsfähigkeit umzusetzen. Das Lernerorientierte Qualitätsmodell hat den Anspruch, ein professionsgerechtes Qualitätsmanagement und eine entsprechend adäquate Qualitätstestierung zu sein. Es berücksichtigt dabei die Besonderheit des Bildungsprozesses - nämlich die Tatsache, dass Lernen immer eine Aktivität des Lernenden ist und nur durch Kontextbedingungen - wie Raum, Zeit, personelle Kompetenz und Material - unterstützt und gefördert werden kann (vgl. Kap.8). Dies geschieht in folgender Weise: In den nachzuweisenden Anforderungen der meisten Qualitätsbereiche wird explizit auf die Lernenden Bezug genommen. Zentral und einzigartig bei dem vorliegenden Modell ist die zwingende Definition gelungenen Lernens im Sinne einer umfassenden Entwicklung der Kinder gleich zu Beginn des gesamten Qualitätsentwicklungsprozesses und die Begründung der in den jeweiligen Bereichen unternommenen qualitätssichernden Maßnahmen aus dieser Definition. Damit ist den Kindertagesstätten freigestellt, welche Maßnahmen neben den gesetzlich vorgeschriebenen sie für die Umsetzung ihres Auftrags für sich selbst festlegen; diese Auswahl muss aber aus den Interessen der Lernenden, deren speziellen Bedürfnissen und den für die jeweilige Einrichtung geltenden Rahmenbedingungen (Form und Auftag der Kindertagesstätten, soziale Lage und Standort etc.) heraus begründet werden. Eine Einrichtung im sozialen Brennpunkt mit hohem Migrantenanteil hat neben den von den Rahmenrichtlinien definierten Lernzielen noch weitere Implikationen für einen gelungenen Lernprozess. Die Wahl der eigenen Wege und Methoden zur Zielerreichung möglichst vieler gelungener Lernprozesse wird sich voneinander unterscheiden. Alle Wege aber müssen darauf ausgerichtet sein, den Lernbedürfnissen der jeweiligen Kinder bei Verpflichtung auf die objektiven Anforderungen (Rahmenrichtlinien, Entwicklungsvorgaben, gesetzlichem Auftrag) gerecht zu werden. Durch Steuerung der Kontextbedingungen wird erheblicher Einfluss auf Lernprozesse genommen (vgl. Kap.8). Es ist daher von großer Bedeutung, ob Lernen in angemessenen Formen und begleitet durch professionelles Handeln des entsprechend ausgebildeten Personals stattfindet oder eben nicht. Um die Gestaltung dieser Kontextbedingungen allerdings bewusst und gezielt vornehmen zu können, brauchen die professionellen»lernunterstützer«, d.h. die pädagogischen Mitarbeiter, eine gemeinsame»gefüllte«vorstellung davon, wann der angezielte Lernprozess als gelungen zu betrachten ist. Diese kindertagesstättenspezifische Idealvorstellung des jeweils gelungenen Lernens muss daher in der Startphase des Qualitätsentwicklungsprozesses als Teil des zu erstellenden Leitbildes definiert werden. Die Definition gelungenen Lernens

13 dient dann als Fokus, aus dem heraus alle Qualitätsanstrengungen und alle qualitätssichernden Vorgehensweisen zu begründen sind. Lernerorientierung als Fokus aller Qualitätsprozesse: Qualitätsleitende Idealvorstellung gelungenen Lernens Prüfphase Entwicklungsphase Startphase 6. Abschlussworkshop 5. Begutachtung des Selbstreports 4. Visitation 3. Maßnahmeplanung und durchführung, Erstellung des Selbstreports 2. Erstellung des Leitbildes und Definition gelungenen Lernens 1. Bestandsaufnahme: Stärken/Schwächen-Analyse Nach innen gewinnen die Kindertagesstätten durch diese Vorgehensweise eine Entscheidungsgrundlage, welche Prozesse in welcher Weise zu regeln sind - nämlich diejenigen, die begründbar den Lernprozess unterstützen. Nach außen macht die Einrichtung mit dem Ausweis dessen, was sie als gelungenes Lernen anstrebt, transparent, warum sie so und nicht anders handelt. Sie verdeutlicht, warum bestimmte Regeln bestehen, welche Erwartungshaltungen gegenüber Eltern bestehen, welche Leistungen für abnehmende Schulen und Kooperationspartner erbracht werden und vieles mehr. 5. Die Bedeutung der Visitation Bei der Visitation handelt es sich um eine Begehung der Einrichtung durch den Gutachter; sie dient der Unterstützung bei der Erstellung des Selbstreports und bei der Dokumentation der entsprechenden Nachweise. Ziel der Visitation ist es, eine Basis für die weitere Qualitätsarbeit der Einrichtung zu schaffen. Deshalb sollen auch Fragen der Einrichtung geklärt und Klarheit geschaffen werden, wie die weitere Qualitätsarbeit fortgesetzt werden kann. Eine Führung durch die Einrichtung ist Bestandteil der Visitation. Die Visitation dauert ca. vier Stunden und wird in Verantwortung der Einrichtung vorbereitet und durchgeführt. Alle im Selbstreport gemachten Aussagen müssen nachgewiesen werden können. Nachweise, auf die im Selbstreport Bezug genommen oder verwiesen wird, müssen - nach Qualitätsbereichen geordnet - für die Visitation bereitgestellt werden. Die Gutachter haben das Recht, alle Nachweise einzusehen. An der Visitation sollte die Leitung, der/die Qualitätsbeauftragte ggf. die Steuerungsgruppe bzw. die an der Entstehung des Selbstreportes maßgeblich beteiligten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter teilnehmen.

14 Die Visitation umfasst folgende Teile: 1. Besichtigung der Einrichtung 2. Reflexion und Unterstützung der Arbeit am Selbstreport 3. Unterstützung bei der Dokumentation der Nachweise 6. Die Bedeutung des Abschlussworkshops und der strategischen Entwicklungsziele Der jeweilige Qualitätsprozess endet inhaltlich mit einem Abschlussworkshop, auf dem die Gutachter auf der Basis ihres Gutachtens ihre Eindrücke von der Einrichtung in diese zurückspiegeln. Der Abschlussworkshop ist deshalb von großer Bedeutung, weil Organisationslernen immer an Rückspiegelungen aus der Organisationsumwelt gebunden ist. Deshalb kann Lernen von Organisationen insbesondere an der Stelle initiiert werden, wenn die Selbstbeschreibung des Systems (hier der Selbstreport der Kindertagesstätte) mit den Fremdbeobachtungen der Umwelt (hier repräsentiert durch die Evaluation der Gutachter) konfrontiert wird. Dabei geben die Einrichtungen auch den Gutachtern Rückmeldung über ihre Erfahrungen mit dem Qualitätsmodell, so dass für eine beständige Weiterentwicklung des Modells gesorgt werden kann. Schließlich werden auf dem Abschlussworkshop die strategischen Entwicklungsziele für die Zukunft der Einrichtung mit den Gutachtern diskutiert. Strategische Entwicklungsziele sind die längerfristigen und umfassenden Ziele der Einrichtung. Sie bestimmen, wo sie in einem definierten Zeitraum in Bezug auf ihre erwartete zukünftige Umwelt stehen will. Diese Ziele basieren auf dem Leitbild sowie der mit dem Testierungsprozess erfolgten internen und externen Evaluation der Kindertagesstätte. Sie dienen als Richtschnur langfristiger Organisationsentwicklung. Zur Festlegung auf eigene strategische Ziele sind von der jeweiligen Einrichtung z.b. folgende Fragen zu stellen: Wie entwickeln sich die für unsere Kindertagesstätte relevanten Umwelten? Wie entwickeln sich Bedürfnisse, Neugiermotivationen, Lerninteressen und individuelle Lernprozesse der Kinder? Wie müssen wir unsere Einrichtung weiterentwickeln, um den zukünftigen Herausforderungen gewachsen zu sein? Im Verlauf des Qualitätsentwicklungsprozesses sollen die über die (Mindest-)Anforderungen hinausgehenden Entwicklungsbedarfe kontinuierlich in einem Ideenspeicher gesammelt werden. Diese werden in Vorbereitung des Abschlussworkshops gebündelt, als Maßnahmepläne festgehalten oder unter die strategischen Ziele, die die Einrichtung für sich festlegt, subsumiert. Der von der Kindertagesstätte gemachte Vorschlag zu strategischen Entwicklungszielen wird auf dem Abschlussworkshop mit dem Gutachter diskutiert. Hat sich die Kindertagesstätte auf strategische Entwicklungsziele geeinigt, werden diese mit Hilfe des Gutachters analog der Anforderungen der Qualitätsbereiche formuliert. Die strategischen Entwicklungsziele werden schließlich zwischen der jeweiligen Einrichtung und der Testierungsstelle ArtSet formal vereinbart und

15 haben damit zusätzlich zu den bisherigen Anforderungen verpflichtenden Charakter für die Retestierung (vgl. Kap.12). Durch dieses Vorgehen wird sichergestellt, dass diese spezifische Qualitätsentwicklung nicht nur aus sich wiederholender Qualitätssicherung besteht. Jeweils zum Ende einer Qualitätsentwicklungsperiode wird also bestimmt, wo die Organisation in vier Jahren - also bei der Retestierung (vgl. Kap.12) - stehen will. Dabei geht es nicht nur darum, die Qualität immer weiter zu erhöhen, sondern vor allem darum, die Qualität der jeweiligen Einrichtung gemäß der sich stetig wandelnden gesellschaftlichen Bedingungen so zu verändern, dass sie auch neuen Herausforderungen gewachsen ist. Die Entwicklung der Qualitätsentwicklung: erhöhte Qualität Zeit 3. Qualitätskreislauf 3. Testierung 2. Qualitätskreislauf 2. Testierung Start der Qualitätsentwicklung 1. Qualitätskreislauf 1. Testierung veränderte Qualität 7. Zum Prozess der Qualitätsentwicklung in den Kindertagesstätten Für den Prozess des Qualitätsmanagements während des Testierungsprozesses empfehlen sich einige Vorgehensweisen: Zwingend ist, dass die Leitung der Einrichtung den Prozess der Qualitätsentwicklung uneingeschränkt befürwortet und letztinstanzlich verantwortet. Ein Qualitätsbeauftragter (QB) aus dem Kreis der Beschäftigten kann mit der operativen Steuerung des Prozesses betraut werden. Dabei ist es sinnvoll, auf größtmögliche Akzeptanz des QB bei allen Beschäftigten zu achten. Führungseigenschaften sind dabei wertvoll. Regelmäßige Sitzungen (alle 4 bis 6 Wochen z.b. in Dienstbesprechungen) aller Beschäftigten (in kleineren Einrichtungen) oder einer repräsentativen Steuerungsgruppe (in größeren Einrichtungen) sichern die Kontinuität. Hier werden die Qualitätsanstrengungen diskutiert und zusammengeführt; notwendige Entscheidungen werden vorbereitet bzw. getroffen.

16 In Arbeitsgruppen können Teilaufgaben abgearbeitet werden. Diese Qualitätszirkel legen ihre Ergebnisse der Steuerungsgruppe vor. Die Qualitätszirkel können parallel an der Erfüllung der Anforderungen der verschiedenen Qualitätsbereiche arbeiten. Es ist empfehlenswert, mit dem Schreiben des Selbstreports zeitgleich mit dem Start des Testierungsverfahrens zu beginnen, um den Report im Verlauf der Qualitätsentwicklung vom Rohentwurf bis zur Endfassung sukzessive mit den Vorschlägen und Maßnahmen (aus den Qualitätszirkeln) anzureichern. So verfügt die Kindertagesstätte über ein sich permanent entfaltendes Gemeinschaftsprodukt, dessen Entwicklung von allen verfolgt und kommentiert und letztlich akzeptiert werden kann. Das Schreiben des Selbstreports kann arbeitsteilig oder durch eine einzelne Person geschehen. Wichtig ist es, die verschiedenen Entwicklungsstufen des Selbstreports immer wieder gemeinsam zu diskutieren. So wachsen der Selbstreport und das Qualitätsbewusstsein der Beschäftigten gleichermaßen. Der Selbstreport ist also sowohl Mittel als auch Endprodukt der Qualitätsentwicklung. Er muss so geschrieben sein, dass er selbsterklärend für einen Fremden ohne Rückgriff auf die angegebenen Nachweise verständlich ist und die Einrichtung adäquat widerspiegelt (vgl. Kap.3). 8. Qualitätsentwicklung als Kontextsteuerung von Lernen Wie schon oben ausgeführt (vgl. Kap.4) ist Lernen nicht direkt von außen instrumentell zu bewirken, sondern es unterliegt immer der Neugiermotivation und der Eigenaktivität des Lernenden. Lernen kann also gefördert, sogar behindert, aber nicht vollständig unterbunden werden. Ob, was, wann, wie und wie viel ein Kind lernt, ist entscheidend geprägt von der Förderung individueller Fähigkeiten, der kreativen Gestaltung der Lernumgebung, des konstruktiven Spielens sowie des sozialen Lernens mit Kommunikation, Rücksichtnahme und Toleranz. Daraus ergibt sich eine geradezu paradoxe Herausforderung für jede Bildungseinrichtung, also auch für die Kindertagesstätten: Qualitätsentwicklung in Kindertagesstätten muss einerseits wesentlich auf die Verbesserung des Lernens zielen, der ganzheitliche Lernprozess ist andererseits nicht direkt durch Qualitätsentwicklung steuerbar, wohl aber beeinfluss- und verbesserbar. Qualitätsentwicklung kann sich also»nur«um eine optimale Gestaltung der Ermöglichung von Lernen bemühen, wohl wissend, dass damit keine abgesicherten Aussagen über das Gelingen dieses Prozesses getroffen werden können. Die Kindertagesstätte ist also der Ermöglichungsraum für die altersgemäße Bildung. Sie schafft Zusammenhänge, die gelingendes Lernen fördern. Qualitätsentwicklung von Kindertagesstätten zielt deshalb auf die Steuerung der Kontextbedingungen von Lernen und Entwicklung hin, wie sie sich im Tagesablauf der Kindertagesstätte widerspiegeln.

17 Die Kontexte des Lernens: Qualität der Organisation Qualität der Konzeption Qualität der Erziehungsprozesse Qualität des Lernens Die Anforderungen der Kontextsteuerung richten sich auf alle Bedingungsfelder, die den Lern- und Entwicklungsprozess umkreisen. Ziel der Kontextsteuerung ist die konsequente interne Abstimmung und Steuerung aller Bedingungen und Einzelaufgaben; diese müssen integriert und vermittelt werden, um die Möglichkeiten gelingenden Lernens zu befördern. Bisher eher unverbundene Teilbereiche werden in der Orientierung auf die Lernenden abgestimmt und verknüpft. Alle Informations-, Entscheidungs- und Kommunikationsprozesse werden unter dem Kriterium einer optimalen Unterstützung der Lernprozesse durchleuchtet und kommuniziert. Durch die genannten Prozesse werden die Kinder zu Eigenaktivitäten, Selbstverantwortung und zur Gruppenarbeit geführt. Dabei ist es für die Kinder wichtig zu erfahren, dass Absprachen eingehalten werden. Dazu dienen die Mitarbeiter der Kindertagesstätte als Vorbild. Die Qualität von Kindertagesstätten ist in letzter Instanz immer an der individuellen Verwertungsmöglichkeit der Lerninhalte und Entwicklungsangebote durch die Lernenden zu beurteilen. Einzelurteile von Eltern, Erziehern oder auch Kindern sind aber nicht ausreichend, um abschließend die Qualität der gesamten Arbeit zu bewerten. Erst die Verschränkung aller Perspektiven (die der Kinder ebenso wie die der pädagogischen Mitarbeiter, die der Eltern und abnehmenden Schulen sowie die des jeweiligen Umfeldes) macht Qualitätsbewertung möglich. Die Aufgabe von Qualitätsentwicklung ist es zu klären, wie aus Anstößen von außen (wobei schon die Kinder als»außen«gelten!) selbstbestimmte Verbesserungen der eigenen Organisation zu machen sind. Jedes Mittel ist recht, um Umweltperspektiven in die Kindertagesstätten hineinzuspiegeln. Hier helfen z.b. Bedarfserhebungen oder Befragungen (der Kinder, Mitarbeiter, Eltern, Fami-

18 lienmitglieder, Vorschulen, Schulen sowie Studien etc.). Denjenigen, die in der Organisation verantwortlich handeln, obliegt es dann, daraus Schlüsse zu ziehen. Objektiv Gemessenes bildet somit den Ausgangspunkt - gewissermaßen das Datenmaterial - für intern abzustimmende Steuerungsentscheidungen, die der Qualitätsverbesserung dienen sollen. Dies bedeutet erst einmal zusätzliche Arbeit, die unter den Bedingungen der Kindertagesstätten heute oft nur teilweise entschädigt wird. Die Motivation hierzu kann für die Beschäftigten daher nur aus dem Bedürfnis und der Aussicht erwachsen, ihre eigenen Arbeitsbedingungen zu verbessern und dadurch befriedigendere Arbeitsergebnisse zu erreichen. Die pädagogischen Mitarbeiter sowie das Verwaltungspersonal und die Funktionskräfte der Kindertagesstätten müssen daher als»interne Kunden«in eben diesem Sinne durch die Qualitätsentwicklungsmaßnahmen entsprechenden Nutzen erzielen können. Nur so kann der Entwicklungsprozess erfolgreich und nachhaltig in Gang gesetzt werden. 9. Qualitätstestierung als Entwicklung und Diskurs Das vorgelegte Qualitätsentwicklungs- und Qualitätstestierungsverfahren hat seine Besonderheit darin, dass es kein reines Prüfverfahren ist, sondern Qualitätstestierung mit Entwicklungsunterstützung kombiniert. Es geht also im Kern vor allem um die Entwicklung und Verbesserung von Qualität und nicht um administrative Kontrolle. Einrichtungen, die sich im Organisationsentwicklungsprozess nach LQK befinden, können sich gegenseitig unterstützen und haben auch zukünftig im Hinblick auf Qualitätsentwicklung eine gemeinsame Grundlage für Vergleichsprozesse (Benchmarking) (vgl. Kap.13). Die Kindertagesstätten erhalten grundsätzlich eine Einführung in das Modell mit Hinweisen zum Schreiben des Selbstreports und Unterstützung ihrer Qualitätsarbeit während der Visitation. Zusätzliche Prozessbegleitung können sie sich bei einem geschulten Beraterpool auf eigene Initiative und Rechnung einkaufen, müssen es aber nicht. Das Lernerorientierte Qualitätsmodell ist auch ein Qualitätsmanagementsystem, hilft es doch den Einrichtungen, die geforderten Qualitätsstandards durch vorbereitende Maßnahmen zu erreichen. Dafür haben die Kindertagesstätten nach ihrer Anmeldung zur Testierung maximal 13 Monate Zeit. Die Entwicklungsunterstützung des Lernerorientierten Qualitätsmodells drückt sich in folgenden Sachverhalten aus: Die Tabellen der Qualitätsbereiche (vgl. Kap.15) sind als Check- und Planungslisten bei der internen Qualitätsentwicklung und der Selbstevaluation zu benutzen. Im Prozess der Erstellung des Selbstreports wird oftmals nur informell gewusstes Wissen schriftlich niedergelegt, wodurch die Prozesssicherheit der internen Ablauforganisation erhöht wird.

19 Der Selbstreport ist zugleich als»wachsender«leitfaden interner Qualitätssicherung durch die pädagogischen Mitarbeiter, die Verwaltungs- und die Funktionskräfte nutzbar. Die Visitation ist ein die Begutachtung ergänzender, gegebenenfalls klärender Besuch der Einrichtung durch einen Gutachter. Hier wird außerdem Hilfestellung für eine erfolgreiche Weiterarbeit am Selbstreport gegeben. Das Gutachten besteht im Wesentlichen aus Kommentaren und Anregungen zu den gesichteten Entwicklungspotenzialen. Darüber hinaus hat es einen formalen Prüfgehalt in Bezug auf die gesetzten Qualitätsanforderungen in den verschiedenen Qualitätsbereichen. Auf dem Abschlussworkshop wird der Selbstreport mit den Gutachtern diskutiert. Dieser direkte, dialogische Austausch zwischen Kindertagesstätte und Gutachter hat eine große entwicklungsunterstützende Bedeutung. Schließlich sorgen die strategischen Entwicklungsziele dafür, dass die Kindertagesstätte auch in dem der Testierung folgenden Zeitraum (bis zur eventuellen Retestierung) kontinuierlich an der Verbesserung ihrer Qualität arbeitet. 10. Auf dem Weg zur lernenden Organisation Mit LQK wird ein Qualitätskonzept vorgelegt, welches über die Erfassung bzw. Einhaltung von Mindeststandards hinausgeht, indem es Elemente der Selbstevaluation, der Gütekriterien, der Verfahrenssteuerung und des kontinuierlichen Verbesserungsprozesses kombiniert und mit einem adäquaten Testat bestätigt. Es geht bei der Lernerorientierten Qualitätstestierung nicht um die Festschreibung bestimmter Abläufe und Zustände, sondern um das Einüben in organisationales Lernen kontinuierlicher und strukturierter Qualitätsentwicklungsprozesse. Das Verfahren hat also zwei Bezugspunkte: Der eine ist das lernende Kind (mit seiner Familie), auf dessen Bedürfnisse hin eine Organisation sich ausrichtet; und der andere ist die Organisation selbst, die sich als dauerhaft selber lernende begreift. Wie schon erwähnt: Wenn hier von Kindertagesstätten als Organisation gesprochen wird, so sind damit die in ihr verantwortlich Handelnden gemeint, also Leitung und Personal. Eine lernende Organisation ist nicht eine, die einmal etwas gelernt hat, sondern sie ist es erst dann, wenn sie Strukturen herausbildet, um ihre Strukturen zu ändern bzw. wenn sie Regeln entwickelt, um ihre Regeln zu ändern. Damit man vom Lernen einer Organisation sprechen kann, reicht es also nicht, dass die in der Organisation handelnden Personen individuell etwas gelernt haben, sondern die Organisation selbst muss strukturell verändert sein. Geplantes Lernen der Organisation findet vor allem statt, wenn Organisationen in der Lage sind, sich aus der Perspektive ihrer Abnehmerumwelt - und das ist für Kindertagesstätten vor allem die Perspektive der Kinder und ihrer Entwicklungsbedürfnisse - zu beobachten und daraus systematisch Konsequenzen für ihre Qualitätsentwicklung abzuleiten. Die Erfahrung zeigt aber, dass Organisationen sich äußerst schwer tun, sich aus der Außenperspektive selbst zu beschreiben. Das Hineinholen dieser Außensichten ist deshalb eine sehr anspruchsvolle Lernauf-

20 gabe der Selbstreflexion, um von einem innenorientierten Blick zu einer Sensibilisierung gegenüber den Umweltanforderungen zu gelangen. In diesem Sinne versteht sich Lernerorientierte Qualitätsentwicklung als Einübung von (Selbst-)Reflexionsfähigkeit der Kindertagesstätten durch Perspektivwechsel auf den Standpunkt der Lernenden. Das Modell will deshalb auch keine Zustände festschreiben, sondern organisationales Lernen durch Erhöhung von Reflexionsfähigkeit unterstützen. Aus diesem Grund ist das hier vorgeschlagene Qualitätsverfahren vor allem ein Entwicklungsmodell und nicht nur ein Prüfmodell. Es geht bei der Qualitätsentwicklung auch darum, die Einrichtungen auf ihrem Weg zur lernenden Organisationen zu fördern. 11. Begründung der Qualitätsbereiche und Erläuterungen zu den Qualitätsanforderungen Das Qualitätsmodell gliedert sich (vgl. Kap.2) in 12 verpflichtende Qualitätsbereiche. Im Folgenden wird erläutert, warum diese Qualitätsbereiche gewählt wurden: Das Leitbild (QB 1) ist die Selbstbeschreibung einer Kindertagesstätte; es enthält Aussagen zur Identität, ihren Werten, Fähigkeiten, zur konzeptionellen Ausrichtung, der Haltung gegenüber Kindern, Eltern, Kooperationspartnern und der direkten Nachbarschaft und anderes mehr. Das Leitbild bildet den handlungsleitenden Rahmen und ist deshalb die erste Station des Qualitätstestierungsverfahrens. Im Leitbild verankert ist das Selbstverständnis von Lernen und Entwicklung der jeweiligen Einrichtung. Ohne eine solche Selbstverständigung über das, was Lernen erfolgreich macht, gibt es keinen»roten Faden«für die Qualitätsentwicklung im Sinne des Modells. In dem Qualitätsbereich Bedarfserschließung (QB 2) geht es um die Anwendung geeigneter Verfahren und Instrumente, um gesellschaftliche Bedarfe (z.b. in der Region) sowie die individuellen Bildungsbedürfnisse der Kinder zu ermitteln. Nur so kann die Einrichtung ihre Bildungsangebote zeitnah auf ein sich wandelndes Klientel und eine sich verändernde gesellschaftliche Umwelt abstimmen. Als Zentrale Prozesse (QB 3) werden diejenigen Prozesse definiert und geklärt, die zur Erbringung der für die jeweilige Kindertagesstätte wichtigen Kernleistungen (z.b. konzeptionelle Schwerpunkte, Fachkompetenz von Mitarbeitern, interkulturelle Integration) führen. Hier soll das kooperative Handeln innerhalb der Einrichtung untersucht und gegebenenfalls verbessert werden. Die Entwicklungsfördernden Lernprozesse (QB 4) für Kindertagesstätten werden gesondert untersucht. Dieser Qualitätsbereich widmet sich den Kompetenzen des pädagogischen Personals sowie den Inhalten, Zielen und Formen der entwicklungsfördernden Lernprozesse.

21 Da Kindertagesstätten mehr sind als Aufbewahrungsorte für Kindern, wird im Qualitätsbereich Erziehungsprozesse (QB 5) die Kindertagesstätte als Lernund Lebensort betrachtet. Es wird nach den Aktivitäten gefragt, die dazu beitragen, die soziale, motorische, sprachliche und kulturelle Kompetenz der anvertrauten Kinder zu entwickeln und zu fördern. Ohne Rückmeldungen kann keine Kindertagesstätte empirischen Aussagen über den Erfolg der geleisteten Arbeit treffen. Evaluation der Entwicklungsund Lernprozesse (QB 6) bedeutet, dass die durchgeführte Bildungsarbeit von der Einrichtung mit geeigneten Instrumenten geprüft und bewertet wird. Hierzu werden im Hinblick auf die Mitarbeiterleistung gezielt Rückmeldungen über den Lernprozess, den Erziehungsprozess sowie den Lernerfolg und den Entwicklungsfortschritt organisiert. Da das gesamte Lernumfeld sich auf Beförderung oder eben auch Behinderung von Lernprozessen auswirkt, wird auch die Infrastruktur (QB 7) untersucht. Sie umfasst dabei sämtliche Bedingungen des Lernumfeldes von der Umfeldgestaltung bis zur Ausstattung der Kindertagesstätte. Kindertagesstätte als Organisation braucht Führung (QB 8). Führung umfasst alle Steuerungen von Prozessen und ist eine Funktion, die auf unterschiedlichen Ebenen wahrgenommen wird. In diesem Qualitätsbereich wird untersucht, wie Führung die Koordination des gesamten Arbeitshandelns leistet. Führung beschränkt sich also nicht nur auf die Leitungspositionen, wenngleich Leitungskräfte eine herausragende Führungsverantwortung haben. Der Bereich Personal (QB 9) fragt nach den Maßnahmen in Personalplanung, Personaleinsatz und Personalentwicklung, weil erwiesenermaßen dauerhaft hochqualitative Arbeit nur von zufriedenen Mitarbeitern geleistet wird. Regeln für die Zusammenarbeit und Maßnahmen zur Entfaltung des Personals sind Bestandteile dieses Qualitätsbereichs. Soll die Qualitätsentwicklung nicht immer wieder Zufälligkeiten unterworfen werden was mit der Verschwendung von Zeit und Arbeitskraft einhergeht -, ist Steuerung von Kindertagesstätten als Organisation (Controlling) (QB 10) unerlässlich. Controlling umfasst sämtliche Maßnahmen, die dazu dienen, den Grad der Erreichung der selbst gesetzten Ziele zu überprüfen und auf dieser Grundlage Steuerungsentscheidungen zu treffen. Hier ist bei den sich veränderten Zuschusskriterien zwingend auch regelmäßig die Wirtschaftlichkeit der Arbeit zu prüfen. Kindertagesstätten werden von außen wahrgenommen und bewertet. Der Bereich Externe Kommunikation und Kooperationen (QB 11) fragt daher danach, wie die Einrichtung ihre Kommunikation und Kooperation mit ihrem mittelbar beteiligten Umfeld (Eltern, Schule, Stadtteileinrichtungen, kommunale Politik etc.) gestaltet, wen sie als wichtige Kooperationspartner identifiziert und wie sie die Zusammenarbeit gestaltet. Zum Abschluss des Testierungsprozesses wird ein Blick in die Zukunft geworfen: Als lernende Organisation muss die Einrichtung den Willen zur weiteren Entwicklung dokumentieren und sich dabei mit der Formulierung von Zielen eine Richtung geben. Strategische Entwicklungsziele (QB 12) sind die län-