Betriebliche Gesundheitspolitik



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Transkript:

3 3.1 Arbeitsschutzstrategie im Saarland umsetzen: Gemeinsam eine gesunde Arbeitswelt gestalten Die Gemeinsame Deutsche Arbeitsschutzstrategie (GDA) als Taktgeberin in Sachen Arbeitsschutzpolitik hat für die neue Arbeitsperiode ab 2013 die psychische Gesundheit zum Kernthema gemacht. Hierfür hatten die Gewerkschaften die letzten Jahre hart kämpfen müssen. Der arbeitspolitische Wille auf Bundesebene ist damit klar geäußert. Nun gilt es, den Transfer und die Umsetzung auf regionaler Ebene und damit im Saarland voranzutreiben. Die neue Landesregierung ist hier gefordert, ein abgestimmtes und zielgerichtetes Vorgehen auf Landesebene zu etablieren, um gute und damit gesunde Arbeit zu ermöglichen, die ein attraktives und erhaltenswertes Bundesland charakterisieren. Die Aufnahme des Themas in den Koalitionsvertrag ist hierfür der erste wichtige Schritt. Die Arbeitsschutzpolitik hat durch die anstehende zweite Phase der Gemeinsamen Deutschen Arbeitsschutzstrategie in den letzten Monaten wieder einen positiven Schub erfahren. Eine zentrale Veranstaltung des RKW- Kompetenzzentrums in Hessen, die bundesweite Resonanz gefunden hatte, hat die Bedeutung der Arbeitsschutzpolitik gerade auf regionaler Ebene für die verbesserte Präventionsarbeit in den Betrieben und Verwaltungen hervorgehoben. Hierbei wurde auch die Bedeutung der Regionalisierung der zentral erarbeiteten GDA-Ergebnisse aus den unterschiedlichen Arbeitsschutzprogrammen deutlich. 1 Bislang hatten die Akteure im Saarland, und damit sind zentral das ehemalige Ministerium für Gesundheit und Verbraucherschutz sowie der Landesverband Südwest der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) gemeint, eine einzige Veranstaltung auf die Beine gestellt, die sich dem Thema und dem GDA-Arbeitsprogramm Pflege widmete. Sie hielt sich damals so strikt an die enge Kooperationsauslegung der Teilnehmer der sogenannten Arbeitsschutzkonferenz (Bund, Länder und DGUV), dass keine weiteren Akteure hierzu eingeladen worden waren. Dies muss sich jetzt ändern. Die Arbeitskammer fordert, den Kreis der Beteiligten auf die Akteure im Land, und damit u. a. auch die Kammern und die Sozialpartner auszuweiten, um die Kräfte zu bündeln und sozusagen konzertiert vorgehen zu können. 219

Beirat für Arbeitsschutz als Saarländisches Arbeitsschutzforum reaktivieren! Die Arbeitskammer des Saarlandes hatte in den vergangenen Jahren in ihren Berichten an die Landesregierung die Forderung nach einer offiziellen Startveranstaltung für die GDA im Saarland deutlich formuliert. Ebenso erging die Forderung nach einer Reaktivierung des Beirates für Arbeitsschutz, der im Zuge der mehrfachen Umstrukturierungen der Zuständigkeiten in der Landespolitik unter die Räder gekommen war. 2 Mit der Aufnahme des Themas GDA in den Koalitionsvertrag ist nun der erste wichtige Schritt vollzogen worden. Die Koalitionspartner aus CDU und SPD streben laut Vereinbarung auch an, einen Arbeitsschutzbeirat einzurichten und eine Arbeitsschutzkonferenz durchzuführen. In anderen Bundesländern gab es eine offizielle Startveranstaltung längst. Ebenso existieren dort weiterhin Arbeitskreise, die sich mit der regionalen Umsetzung der GDA befassen. In Hessen ist dies ein bereits länger bestehender, sehr erfolgreicher Arbeitskreis Gesundheit im Betrieb, der durch das RKW gemanagt wird. Trotz der Arbeitgebernähe des RKW sind an diesem die Sozialpartner aktiv beteiligt. Insbesondere die IG Metall engagiert sich hier sogar auf der Vorstandsebene. Dies ist zu begrüßen, da die betriebliche Gesundheitspolitik von den Unternehmen meist stiefmütterlich behandelt wird. Der Arbeitskreis ist seit 2008, also mit Beginn der ersten GDA-Arbeitsphase, zum hessischen Forum der GDA ernannt worden. In Sachsen gibt es eine eigene Arbeitsschutzkonferenz, die ansonsten auf Bundesebene aktiv ist. Auch im Saarland könnte man hierfür bestehende bzw. bis vor wenigen Jahren existierende Institutionen nutzen. Beispielhaft sollen an dieser Stelle der Arbeitskreis Arbeitssicherheit der südwestdeutschen gesetzlichen Unfallversicherung oder aber auch der ehemalige Beirat für Arbeitsschutz genannt werden. Die praktische Umsetzung bzw. der Praxistransfer in die Betriebe gelingt einfacher, wenn das Ganze eine Angelegenheit zum Anfassen wird. Dazu zählen auch jährliche Konferenzen und Ausstellungen, auf der die regionalen Gesundheitsakteure präsent sind. Die jährliche Veranstaltung des RKW-Kompetenzzentrums mit dem Arbeitskreis Gesundheit im Betrieb zeigt dies mehr als deutlich. Mehr als 400 Teilnehmerinnen und Teilnehmer wurden bei der letzten Veranstaltung mit dem Titel Prävention im Wandel der Arbeitswelt gezählt. Auch im Saarland gab und gibt es solche Veranstaltungen. Anfang des letzten Jahrzehnts wurde die saarländische Arbeitsschutzwoche noch unter der damaligen Arbeits- und Sozialministerin Regina Görner ins Leben gerufen. Trotz mehrerer sehr erfolgreicher Veranstaltungen hierzu zählt ebenso 220

eine Internationale Konferenz der sogenannten Mondorfer Gruppe zur Suchtprävention auf Großregionsebene und trotz erfolgreicher Resonanz wurde diese Veranstaltungsreihe ohne nachvollziehbare Begründung eingestellt und damit auch eine Vorreiterrolle die das Saarland im Bereich des Arbeits- und Gesundheitsschutzes sicherlich inne hatte ohne Not aufgegeben. Daran schloss sich ein Jahrzehnt des infrastrukturellen, prozessualen und innovativen Stillstands an, so dass andere Regionen am Saarland vorbeiziehen konnten. 3 Daher hinkt man heute ein gutes Stück hinterher und war doch der GDA eigentlich bereits zwei Schritte voraus! Ausschlaggebend dafür war die fehlende Unterstützung durch die Arbeitgeberseite. Die Arbeitskammer hatte zusammen mit den Gewerkschaften versucht, dieses arbeitspolitische Vakuum im Bereich der betrieblichen Gesundheitspolitik durch Netzwerkarbeit im Arbeitnehmerbereich möglichst klein zu halten mit Erfolg! So zählt die Veranstaltungsreihe Gesundes Arbeiten unser Ziel! insbesondere durch die Verknüpfung von Sach- und Praxisthemen zu einem bundesweit beachteten Beispiel guter Praxis, was diesen Namen auch verdient. 4 Zusammen mit den jährlichen Veranstaltungen der Landesarbeitsgemeinschaft Gesundheitsförderung Saarland (LAGS) ( Wettbewerbsfaktor Gesundheit ) zählt das kleine Saarland damit zwei etablierte landesbezogene Foren zum betrieblichen Gesundheitsmanagement. Entwicklungen auf dem Gebiet der psychischen Gesundheit Am 30. August 2011 hat die GDA ihre Arbeitsschutzziele für die Periode 2013 bis 2018 benannt. Unter den drei Zielen findet sich jetzt explizit das Arbeitsschutzziel Schutz und Stärkung der Gesundheit bei arbeitsbedingter psychischer Belastung, nachdem es in der ersten Periode noch als Querschnittsthema herabgestuft war. 5 Mittlerweile können sich Betriebe und Verwaltungen bereits an Kernkriterien für eine ordnungsgemäß durchzuführende psychische Gefährdungsbeurteilung orientieren. 6 Daneben stehen ihnen Handlungshilfen und standardisierte Messinstrumente wie Mitarbeiterfragebogen zur Verfügung, die zielgruppenorientiert den Einstieg in das Thema psychische Gesundheit am Arbeitsplatz und die Integration in die betriebliche Gesundheitsarbeit erlauben. Die Standardisierung bezieht sich dabei u. a. auf die Berücksichtigung von DIN-Normen zu psychischen Belastungen, die auf internationalen Vorgaben beruhen und explizit Eingang in die Bildschirmarbeitsverordnung gefunden haben, von Kriterien humaner Arbeitsgestaltung bis zu geläufigen arbeitsbedingten Stressmodellen. 221

So hat das Deutsche Netzwerk für betriebliche Gesundheitsförderung mit dem Projekt psyga-transfer (www.psyga-transfer.de) vier Handlungsleitfäden zum Umgang mit Stress im Unternehmen für die betrieblichen Akteure im Arbeits- und Gesundheitsschutz veröffentlicht. Insbesondere sind dort auch Qualitätskriterien für das betriebliche Gesundheitsmanagement im Bereich der psychischen Gesundheit benannt. Neben einer Handlungsleitlinie Gefährdungsbeurteilung, die die psychischen Faktoren eher als einen Punkt unter vielen abhandelt und in erster Linie als Richtschnur für die Arbeit der Gewerbeaufsicht dienen soll, bezieht sich diese Informationsquelle auf die praktische Arbeit in den Betrieben, die ergänzend zum Betrieblichen Eingliederungsmanagement eine zielgerichtete Bearbeitung psychischer, psychosozialer und organisatorischer Problemstellungen im Betrieb zulässt. Auch die Webseite der Europäischen Arbeitsschutzagentur OSHA (www. gefaehrdungsbeurteilung.de) stellt in diesem Zusammenhang ein nützliches Informationsmedium dar. Hinzu kommt schon seit einigen Jahren die Toolbox psychischer Belastungen der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA), die standardisierte Informationen zu Fragebogeninstrumenten bereithält. Auch die Arbeitsmedizin, die sich lange Zeit in großen Teilen für diese Thematik nicht richtig zuständig fühlte, hat über den Ausschuss für Arbeitsmedizin beim Bundesarbeitsministerium eine entsprechende arbeitsmedizinische Empfehlung veröffentlicht, wohl nicht zuletzt inspiriert durch eine Konkretisierung ihrer Aufgaben für den Bereich der Gefährdungsbeurteilung im Rahmen der neuen Verordnung DGUV-Vorschrift 2. 7 Regelungslücke psychische Belastung Die Bearbeitung der psychischen Belastungen in den Betrieben wird durch die Zunahme und Dominanz prekärer Arbeitsverhältnisse gerade im Saarland (Niedriglohn, Leiharbeit, geringfügige Arbeit, atypische Arbeitszeiten) noch dringender. Teilweise wird dies auf bundespolitischer Ebene, u. a. über die GDA-Arbeitsprogramme (z. B. Zeitarbeit ), zumindest nachsorgend aufgearbeitet, teilweise sind aber noch erhebliche Umsetzungslücken vorhanden. Die Arbeitskammer hat die Problematik der mangelhaften Gesundheitssituation und Gesundheitsförderung bei prekärer Arbeit zusammen mit der LAGS am 19. März 2012 auf einer gemeinsamen Fachveranstaltung aufgegriffen. Die Tatsache, dass trotz der immensen Bedeutung für die Gesundheit der Beschäftigten 8 und die Zukunftsfähigkeit der Betriebe die Bearbeitung psychischer Themen trotz Arbeitsschutzgesetz und oben angeführter be- 222

trieblicher und überbetrieblicher Bemühungen noch weitgehend Neuland darstellt bzw. in der Praxis auf größere Probleme, um nicht zu sagen Widerstände stößt, hat die IG Metall dazu bewogen, im letzten Jahr die Forderung nach einer Schließung gesetzlicher Regelungslücken zu stellen. 9 Sie zieht dabei den Vergleich zu Regelungen anderer europäischer Länder, namentlich Frankreichs im dortigen Arbeitsgesetzbuch und Belgiens in einer Verordnung Psychosoziale Belastungen, die insbesondere auch Mobbingaspekte mit einbezieht. Aufhänger sind in beiden Fällen die Rahmenvereinbarung über arbeitsbedingten Stress der Sozialpartner auf europäischer Ebene bzw. das ILO-Übereinkommen 155 zum Arbeitsschutz und zur Arbeitsumwelt. Und selbst in Luxemburg ist eine Vereinbarung über Belastungen und Gewalt am Arbeitplatz auf der Grundlage der oben erwähnten Rahmenvereinbarung der Sozialpartner in 2009 unterzeichnet worden. 10 Ausblick: engere Verzahnung von betrieblicher und allgemeiner Gesundheitspolitik Wenn das Saarland daran interessiert ist, die Großregion voranzubringen, sollte es sich auch dafür einsetzen, dass bereits bestehende fortschrittliche, gesundheitsbezogene Aspekte der gemeinsamen europäischen Region ein Stück weit übernommen werden. 11 Von den Nachbarregionen lernen, sich mit ihnen abstimmen und selbst die eigene Situation gründlich analysieren, um hieraus gesundheitsbezogene, regionale Strategien und landesbezogene Gesundheitsziele zu entwickeln, dies ist das Gebot der Stunde. Hierzu gehört nachweislich auch eine wesentlich engere Verzahnung der betrieblichen mit der allgemeinen Gesundheitspolitik. Die Möglichkeiten, die das in diesem Jahr in Kraft getretene GKV-Versorgungsstrukturgesetz auf regionaler Ebene (Stichworte regionale Besonderheiten und regionale Bedarfsplanung ) zulässt, sollten von der neuen Landesregierung genutzt werden. Dies verlangt ein eher weites Verständnis bzw. Auslegung der Gesetzesintention. Betriebliche Gesundheitsarbeit braucht eine gute Gesundheitsversorgung und umgekehrt. Betriebe und Gesundheitseinrichtungen müssen näher zusammenwachsen, sowohl örtlich wie gedanklich. Die Förderung der flächendeckenden Umsetzung eines qualitativen Betrieblichen Eingliederungsmanagements stellt hierbei eine Chance dar. 12 223

1 Pressemitteilung RKW Hessen Rationalisierungs- und Innovationszentrum der Wirtschaft e.v. vom 8. März 2012 zur Veranstaltung Prävention im Wandel der Arbeitswelt am 1. März 2012 in Darmstadt. 2 Dies schließt auch den Landesauschuss für Jugendarbeitsschutz mit ein, der durch die Initiative des DGB Saar zwar reaktiviert, aber nach zweijähriger aus Arbeitnehmersicht erfolgreicher Arbeit wieder in einen Dornröschenschlaf gefallen ist. 3 Siehe Verschiebebahnhof saarländischer Arbeitsschutz, Bericht der Arbeitskammer an die Regierung des Saarlandes 2005, S. 179. 4 Siehe Statements der BAuA-Präsidentin Isabel Rothe, des Leiters der IG-Metall-Bezirks Frankfurt Armin Schild und des Vorstandsmitglieds der IG Metall Klaus Pickshaus auf der Jubiläums- Veranstaltung 10 Jahre Gesundheitsnetz Saarland in der Kongresshalle in Saarbrücken am 24.10.2008, www.arbeitskammer.de/10-jahre-gesundheitsnetz-saarland. 5 Siehe auch C. Ecker: Arbeitsschutzstrategie Präventiv und systematisch ausrichten. In: arbeitnehmer Nr. 7, 2011, S. 12. 6 Siehe u. a. Jahresbericht 2011 der GDA unter www.gda-portal.de. 7 BMAS (Hrsg.): Psychische Gesundheit im Betrieb. Arbeitsmedizinische Empfehlung, Berlin, 2011. 8 Die Arbeitskammer verzeichnet eine ansteigende Zahl an betrieblichen Beratungen zu den Themen psychische Belastungen, Burnout und BEM und hat auf einer gemeinsamen Veranstaltungsreihe zusammen mit dem Saarländischen Bündnis gegen Depression zusammen mehr als 1.000 Teilnehmer gezählt. 9 L. Kamp und K. Pickshaus (Hrsg.): Regelungslücke psychische Belastungen schließen. Arbeit und Soziales Dokumente und Gutachten, Düsseldorf und Frankfurt a.m., 2011. 10 Chambre des salariés Luxembourg. Gewalt und Mobbing am Arbeitsplatz: Handeln um vorzubeugen. Praktischer Leitfaden, Luxemburg, 2010. 11 Siehe auch R. Thimmel: Erschöpfte Arbeitswelt: arbeitnehmer 7, S. 6-7, 2011. 12 Siehe auch AK-Forum Kein Aus für Kranke am 7.12.2011 in Kooperation mit dem Landesamt für Soziales, www.arbeitskammer.de/kein-aus-fuer-kranke. 224