Das 3D Modell von Wien Erzeugung und Fortführung auf Basis der Wiener Mehrzweckkarte Lionel DORFFNER, Andreas ZÖCHLING



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Transkript:

Das 3D Modell von Wien Erzeugung und Fortführung auf Basis der Wiener Mehrzweckkarte Lionel DORFFNER, Andreas ZÖCHLING (Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 41 Stadtvermessung) Kurzfassung Der Einsatz von dreidimensionalen Daten ist aus einem modernen Planungsprozess nicht mehr wegzudenken. Vor allem für die Simulation geplanter Bauvorhaben und Widmungen sowie für die Berechnung von Abschattungen und Sichtbarkeiten auf Basis des Ist-Bestandes werden 3D Modelle benötigt. In Wien existiert seit Mitte der 90er Jahre mit der Mehrzweckkarte (MZK) eine genaue digitale Kartengrundlage des gesamten Stadtgebietes. Im Rahmen des 3-jährigen Fortführungszyklus wird jährlich ein Drittel von Wien kontrolliert und aktualisiert. Auf Basis dieser aktuellen Datengrundlage ist es möglich, ein digitales Geländemodell (DGM) und ein Baukörpermodell (BKM) des gesamten Stadtgebietes zu erstellen. Darüber hinaus erfolgt projektbezogen auch die Modellierung der Dachformen. Die Erzeugung des DGM basiert auf den geländerelevanten Punkten und Linien der MZK. Zusätzlich werden durch interaktive Einarbeitung von Bruchkanten geländebezogene Kunstbauten, wie Stützmauern oder Stiegenanlagen in die Modellierung des Geländes einbezogen. Für das BKM wird ein Gebäude aufgrund seiner markanten Höhenstrukturierung in einzelne Teile zerlegt. Jeder dieser Gebäudeteile (Baukörper) wird durch ein Prisma dargestellt, das am DGM platziert ist. Die Höhe der einzelnen Baukörper wird photogrammetrisch erfasst. Voraussetzung für die Erstellung eines BKM sind geschlossene Umrisse der einzelnen Gebäudeteilflächen. Daher wird als erster Schritt das gesamte punkt- und linienbezogene Operat der MZK geometrisch sauber geschlossen und die einzelnen Flächen nach ihrer Bodennutzung klassifiziert. Diese detaillierte flächenhafte Darstellung (Flächen- MZK) kann darüber hinaus auch zur Texturierung des DGM bei Visualisierungen verwendet werden. Aufgrund der Verwendung der MZK als Datengrundlage ist die Aktualisierung von DGM, BKM und Flächen-MZK in die Fortführung der MZK eingebunden. 1 EINLEITUNG Der Einsatz von dreidimensionalen Daten ist aus einem modernen Planungsprozess nicht mehr wegzudenken. Vor allem für die Simulation geplanter Bauvorhaben und Widmungen sowie für die Berechnung von Abschattungen und Sichtbarkeiten auf Basis des Ist-Bestandes werden 3D Modelle benötigt. Aus diesem Grund hat sich auch die Stadt Wien zum Ziel gesetzt rasch ein vereinfachtes 3D Modell der gesamten Bundeshauptstadt zu erstellen und in den nächsten Jahren dieses zu einem detailliertem 3D Stadtmodell zu erweitern. Als zentrale Servicestelle für alle vermessungstechnischen Fragestellungen im Magistrat der Stadt Wien hat die Stadtvermessung (Magistratsabteilung 41) diese Aufgabe übernommen. Das 3D Modell von Wien besteht in seiner derzeitigen Ausprägung aus folgenden Komponenten: einem digitalen Geländemodell (DGM), einer flächenhaften klassifizierten Abbildung des Stadtgebietes (Flächen-Mehrzweckkarte) und einem Baukörpermodell (BKM). Dieses 3D Modell soll für ganz Wien flächendeckend rasch verfügbar sein. Eine detaillierte Modellierung der Dachlandschaft soll es nur im Anlassfall projektbezogen geben. Als Datengrundlage für Gelände- und Baukörpermodell dient die Stadtkarte von Wien. Mit dieser Mehrzweckkarte (MZK) existiert seit Mitte der 90er Jahre eine genaue digitale Kartengrundlage des gesamten Stadtgebietes [Belada P., 1994]. Die Datenerfassung für die MZK erfolgt im unmittelbaren Straßenraum durch kodierte terrestrische Vermessung, im übrigen Stadtgebiet durch photogrammetrische Stereoauswertung. Im Rahmen des 3-jährigen Fortführungszyklus wird jährlich ein Drittel von Wien kontrolliert und aktualisiert. Die Verwendung der Daten der Mehrzweckkarte garantiert daher auch die Aktualität des daraus abgeleiteten 3D Modells. 2 DAS DIGITALE GELÄNDEMODELL (DGM) Ein genaues Geländemodell ist eine wesentliche Vorraussetzung für jede räumliche Planungsaufgabe und in vielen geographischen Informationssystemen zu einem unverzichtbaren Bestandteil geworden. Als Software werden dazu in der Stadtvermessung die Programme SCOP und TopDM des Institutes für Photogrammetrie und Fernerkundung der Technischen Universität Wien verwendet [Molnar L., 1992]. Aus unserer Sicht lassen sich damit bei der Berechnung und Verwaltung von hybriden Geländemodellen sehr gute Ergebnis erzielen. Für die Erstellung werden zunächst aus der MZK Datenbank mehr als 13 Millionen geländerelevante Punkte und Linien (Böschungskanten, Uferlinien) selektiert. Diese Daten werden in das Geländeprogramm SCOP eingelesen und ein erstes DGM berechnet. Mit Hilfe einer iterativen robusten Interpolation werden dabei automatisch fehlerhafte Punkte ermittelt und bei der weiteren Berechnung nicht berücksichtigt. Aufgrund der hohen Punktdichte, vor allem im terrestrisch vermessenen Straßenraum, ergibt sich damit bereits ein sehr gut kontrolliertes und qualitativ hochwertiges DGM. Das von groben Fehlern befreite Modell wird nun interaktiv überprüft und eventuell noch vorhandene Restfehler aus dem Datenbestand entfernt. Es gibt zwei mögliche Ursachen, wieso ein Punkt höhenmäßig nicht plausibel zur Umgebung passt. Entweder handelt es sich um einen bis dahin unentdeckten Messfehler bei der Datenaufnahme, oder der aus dem MZK-Datenbestand selektierte Punkt gehört nicht zum Gelände. Das kann zum Beispiel bei Dachgärten der Fall sein, die als Grünflächen verspeichert sind. Zusätzlich erfolgt anlässlich der interaktiven Überarbeitung auch die Einarbeitung von Bruchkanten zur Modellierung von Stützmauern oder Stiegenanlagen. Bei solchen geländerelevanten Kunstbauten sind normalerweise nur entweder Ober- oder CORP 2003 161

Lionel DORFFNER, Andreas ZÖCHLING Unterkante vermessen, da in der Stadtkarte diese beiden Linien deckungsgleich übereinander liegen würden. Erst durch die Einbeziehung dieser Strukturen in die Modellierung des Geländes lässt sich ein DGM mit einer solchen Detaillierung erreichen, wie es für die Aufgabenstellungen im dicht verbauten Stadtgebiet notwendig ist. Abb. 1: links: Mehrzweckkarte mit überlagerten Höhenlinien (Donaukanal, Schwedenplatz) rechts: schattierte Darstellung des DGM (Schwedenplatz, Ruprechtsstiege Mit den interaktiv bereinigten und ergänzten Daten erfolgt dann die Berechnung des endgültigen DGM von Wien mit einer Rasterweite von 2.5 m, wobei ein mittlerer Filterbetrag von weniger als 10 cm erzielbar ist. Im Bereich Lainzer Tiergarten und Wienerwald existiert bereits ein DGM aus Laserscannerdaten [Briese C. et al., 2001], das unter Verwendung von TopDM (Topographic Data Management von SCOP) mit dem DGM aus MZK-Daten kombiniert werden kann. Es ist auch geplant, Kunstbauten, wie Brücken, als eigene "Geländemodelle" zu verspeichern und so bei Bedarf über TopDM auch ein Modell mit Kunstbauten zu erzeugen. Dieses Modell kann zum Beispiel für die Erzeugung von Orthophotos verwendet werden. Im Rahmen der Fortführung der Stadtkarte werden Veränderungen der Situation und des Geländes erfasst. Da bei der interaktiven Bearbeitung des DGM "fehlerhafte" Punkte nicht gelöscht, sondern als nicht-geländerelevant markiert werden, kann automatisch ein Abgleich mit den aktualisierten Daten erfolgen. Die interaktive Bearbeitung bei der Fortführung beschränkt sich dann auf die Kontrolle der neuen Daten und die Modellierung neu hinzukommender Kunstbauten. 3 FLÄCHEN-MZK Voraussetzung für die Erstellung eines Häusermodells sind die Grundrissflächen der Gebäude. Die MZK ist vom Konzept her als Kartengrundlage vorgesehen und daher primär ein punkt- und linienbezogenes Operat. In einem ersten Schritt wurde daher der gesamte Bestand der Stadtkarte geometrisch sauber geschlossen um Flächen zu bilden. In einem zweiten Schritt erfolgt dann die Klassifizierung der einzelnen Flächen nach ihrer Bodennutzung. Durch Berücksichtigung der vorhandenen Linienkodes (Gebäudelinie, Grünflächenbegrenzung, Zebrastreifen,...) aus der MZK, sowie anderer vorhandener Datenquellen können an die 70% der Flächen automatisch klassifiziert werden können. Der Rest erfolgt dann interaktiv. Das Ergebnis dieser Bearbeitung ist eine flächenhafte Darstellung des gesamten Stadtgebietes, die Flächen-Mehrzweckkarte. 162 Vienna University of Technology

Das 3D Modell von Wien Erzeugung und Fortführung auf Basis der Wiener Mehrzweckkarte Abb. 2: Klassifizierungspunkte und Flächen-Mehrzweckkarte Für diese Aufgaben werden vor allem die im Magistrat eingesetzten ESRI-Produkte ArcView und ArcInfo verwendet. Die Information über die Klassifizierung wird nicht bei der Fläche selbst, sondern in einem eigenen Punkt-Bestand verwaltet. Dadurch ist es möglich einer Fläche mehrere Klassen zuzuordnen. Dies ist besonders bei Brücken oder Überbauungen notwendig, wo verschiedene Nutzungen räumlich übereinander liegen, in einer 2D Karte aber immer nur jeweils eine dargestellt werden kann. Diese detaillierte flächenhafte Darstellung (Flächen-MZK) bildet zwar die Voraussetzung für die Erzeugung des 3D Stadtmodells, kann aber darüber hinaus aber, aufgrund ihres klar strukturierten Erscheinungsbildes, auch für eine Reihe anderer Anwendungen (Adresssuche im Internet, Texturierung des DGM für Visualisierungen,...) verwendet werden. 4 BAUKÖRPERMODELL (BKM) Für das Baukörpermodell (BKM) wird ein Gebäude gemäß seiner markanten Höhenstrukturierung in einzelne Teile zerlegt. Diese Zerlegung in Teilflächen liegt bereits in der Flächen-MZK vor. Jeder dieser Gebäudeteile (Baukörper) wird durch ein horizontal begrenztes Prisma dargestellt, das am DGM platziert ist. Die Grundform des Prismas entspricht dem Umriss der jeweiligen Gebäudeteilfläche. Die obere Höhe der einzelnen Baukörper ist photogrammetrisch erfasst und wird neben der Klassifizierung als zusätzliches Attribut für diese Flächen verspeichert. Um auch Überbauungen oder große Durchfahrten im BKM berücksichtigen zu können wird in solchen Fällen auch noch die untere Höhe des Baukörpers (z.b.: Durchfahrtshöhe) terrestrisch erfasst. Durch diese Vorgangsweise ist es möglich mit Werkzeugen (ArcInfo, ArcView), die vorwiegend auf 2D Bearbeitung ausgerichtet sind ein 3D Baukörpermodell zu verwalten. Abb. 3: Baukörpermodell (Blick von Wien Mitte Richtung Schwedenplatz) Nach Fertigstellung werden sowohl Flächen-MZK als auch BKM zur Aktualisierung in den 3-jährigen Fortführungszyklus der MZK eingebunden. Da sich die geometrische Lage der Klassifizierungspunkte aus der Flächenform ableitet, können für die Aktualisierung der Flächen-MZK alle veränderten Flächen automatisch ermittelt werden. Damit müssen nur mehr diese Flächen überprüft und gegebenenfalls neu klassifiziert werden. Die Fortführung der Höhen des BKM erfolgt, wie die Ersterfassung, photogrammetrisch. Dabei werden in den digitalen Stereoauswertestationen neben der Situation als zusätzlicher Layer auch die obere Baukörperumfahrungen der einzelnen Gebäudeteilflächen eingespiegelt. Auf diese Art lassen sich Höhenänderungen rasch und zuverlässig erkennen. Bauliche Änderungen, die neben der Höhe auch die Form von Gebäuden betreffen, werden ohnedies im Rahmen der normalen Fortführung der MZK aktualisiert. 5 DACHMODELL Die nächste Detaillierungsstufe des 3D Modells ist die Modellierung der Dachformen. Aufgrund des großen Erfassungsaufwandes erfolgt sie vorerst nicht flächendeckend, sondern nur gebiets- bzw. projektbezogen. Die Datenerfassung erfolgt photogrammetrisch in einem Bildmaßstab 1:7500. Der für die Aktualisierung der MZK jährlich flächendeckend durchgeführte Bildflug steht auch für die Erfassung der Dachlandschaft zur Verfügung. Im Zuge dieser Luftbildauswertungen werden, unter Berücksichtigung der vorhandenen Baukörperumfahrungen die wichtigsten Traufen, Dachlinien und Dachpunkte kodiert erfasst. In einem zweiten Arbeitsschritt erfolgt dann, unabhängig von den Stereo-Auswertestationen, die Modellierung und Flächenbildung. CORP 2003 163

Lionel DORFFNER, Andreas ZÖCHLING Abb. 4: Dachlandschaft Ähnlich zu den oben beschriebenen Datengrundlagen ist auch hier eine zyklische Aktualisierung vorgesehen, bei der die formgebenden Dachlinien in die Auswertestation eingespiegelt und damit optisch räumlich kontrolliert werden können. Bei dieser Einspiegelung ist allerdings zu beachten, dass lotrechte Linien und bei senkrecht übereinander liegende Linien die untere ausgeblendet werden können, da sonst das Stereomodell zu stark überladen wird. 6 AUSBLICK Als nächster Detaillierungsschritt ist die Erfassung markanter Fassadenstrukturen (Erker, Balkone,...) geplant, sowie die photorealistischer Texturierung der Fassaden. Außerdem soll die Vegetation in das 3D-Modell eingebunden werden, die in Wien einen wesentlichen Anteil am Stadtbild hat. Zur Erreichung dieser Ziele muss allerdings erst schlüssiges Konzept zur Verwaltung und Fortführung ausgearbeitet werden. 7 ANWENDUNGEN Im folgenden sollen die Einsatzmöglichkeiten des 3D Modells von Wien anhand von drei Anwendung aufgezeigt werden. 7.1 Lärmausbreitung Lärm ist eines der sensiblen Umweltprobleme im Umfeld von Verkehrsanlagen (Flughäfen, Straßen, Schienenwege). Durch Einsatz von Spezial-Software ist es möglich Analysen über die Schallimmissionsbelastung in einem bestimmten Gebiet durchzuführen. Neben vielen anderen Faktoren wie Zustand der Atmosphäre, Wind- und Wetterlage wird die Schallausbreitung maßgeblich von Geländeform und Bebauung beeinflusst. Ein geometrisch hochwertiges 3D Modell ist daher eine der Vorraussetzung für die Erstellung von qualitativen Lärmkarten. Im Rahmen der schalltechnischen Sanierungen von Eisenbahnstrecken wird zur Zeit ein solches Projekt gemeinsam von ÖBB und Magistrat (Magistratsabteilung 22 - Umweltschutz) durchgeführt. Ausgehend von der zu untersuchenden Eisenbahntrasse wird für einen Bereich von jeweils 300 m recht und links das 3D Modell exportiert und als Datengrundlage verwendet. 164 Vienna University of Technology

Das 3D Modell von Wien Erzeugung und Fortführung auf Basis der Wiener Mehrzweckkarte Abb. 5: Ausschnitt des 3D Modells zur Berechnung der Lärmausbreitung für den Bereich Praterstern, Nordbahnhof 7.2 Projektplanung Im Rahmen von städtebaulichen Maßnahmen (Straßentrasse, Gebäude,...) ist es notwendig verschiedene Varianten der Bauführung gegeneinander abzuwägen. Speziell bei der Planung von Gebäuden werden dazu meist mehrere Alternativmodelle erstellt. Durch Einfügen dieser Projekt-Modelle in ein 3D Stadtmodell können in Diskussion stehende Bauvorhaben in einem einheitlichen, qualitativ gesicherten Umgebungsmodell präsentiert und objektiver miteinander verglichen werden. Ein solches Projekt stellt zum Beispiel die Umgestaltung eines Platzes in Wien dar. Zur internen Meinungsbildung wurden dazu in der Stadtplanung (MA21 - Stadtplanung u. Flächennutzung) verschiede Projektvarianten erstellt und in das Umgebungsmodell eingefügt. Abb. 6: 3D Stadtmodell des IST Zustandes (links) und Visualisierung einer Projektvariante (rechts) 7.3 Sichtbarkeitsanalyse Im Dezember 2001 wurde das historische Zentrum von Wien durch die UNESCO in die Liste des Weltkulturerbes aufgenommen. Aufgrund der Besorgnisse des World Heritage Komitees bezüglich des Hochhausprojektes Wien-Mitte wurde im Magistrat der Stadt Wien (Magistratsabteilung 41 - Stadtvermessung) eine Sichtbarkeitsanalyse auf Basis des 3D Stadtmodells durchgeführt, um festzustellen, von welchen öffenlichen Verkehrsflächen des Weltkulturerbe-Areals aus die geplanten Türme überhaupt sichtbar sind. Für die Analyse wurde das DGM um 1.6 m angehoben, um die Sichtbarkeit aus der Warte eines Fußgängers zu ermitteln. In einem zweiten Schritt erfolgte die Zusammenführung von BKM und DGM zu einem Oberflächenmodell, sowie die Einarbeitung der Türme des Hochhausprojektes in das Oberflächenmodell. Schließlich konnte die Sichtbarkeitsanalyse in Bezug auf die Eckpunkte der Türme durchgeführt werden. Dazu wurde für jeden Rasterpunkt eines 0.5 m Raster die Sichtbarkeit der Türme berechnet und eine Sichtbarkeitskarte des Untersuchungsgebietes erstellt. Da die Berechnung ohne Berücksichtigung von Dachform und Vegetation erfolgte, weist die Sichtbarkeitskarte somit jene Gebiete aus, von denen aus das Projekt sicher nicht sichtbar ist. Die ermittelten Verdachtsflächen dienen zur Standortauswahl für die Erstellung von exakten Photomontagen. CORP 2003 165

Lionel DORFFNER, Andreas ZÖCHLING Abb. 7: Sichtbarkeitskarte für die Türme des Projektes Wien-Mitte 8 LITERATUR Molnar L.: Principles for a new edition of the digital elevation modeling system SCOP. International Archives of Photogrammetry and Remote Sensing, Commission IV, Vol. 19, Part B4, S. 962-968, Washington D.C., 1992. Belada P.: Die Mehrzweckkarte, geometrische Grundlage für das Wiener GIS Stand des Projektes. VGI Österreichische Zeitschrift für Vermessung & Geoinformation, Heft 1+2/94, S. 162-171, Wien, 1994. Briese C., Belada P., Pfeifer N.: Digitale Geländemodelle im Stadtgebiet aus Laser-Scanner-Daten. VGI Österreichische Zeitschrift für Vermessung & Geoinformation, Heft /2001, S. 83-91, Wien, 2001. 166 Vienna University of Technology