Wasserkraftnutzung in Sachsen aktueller Stand und Perspektiven



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Transkript:

34. Dresdner Wasserbaukolloquium 2011: Wasserkraft mehr Wirkungsgrad + mehr Ökologie = mehr Zukunft Dresdner Wasserbauliche Mitteilungen 11 Wasserkraftnutzung in Sachsen aktueller Stand und Perspektiven Block B1 Ulrich Kraus, Olaf Kind, Bernd Spänhoff Wasserkraft hat in Sachsen eine wichtige Funktion als Erneuerbare Energiequelle zur klimaschonenden Stromerzeugung. Das Ausbaupotenzial der Wasserkraftnutzung ist aber weitgehend ausgeschöpft, ähnlich wie in fast allen Bundesländern und den meisten Industrienationen weltweit. Für Sachsen wird das noch verfügbare Ausbaupotenzial im Wesentlichen in der Erhöhung der technischen Effizienz bestehender Anlagen gesehen. Hydropower in Saxony plays an important role as a renewable source of energy production contributing to climate protection. The developmental potential for increasing hydropower in Saxony is almost exhausted, comparable to most of the other Bundesländer (german federal states) and industrial nations worldwide. The available developmental potential for increasing hydropower in Saxony will be mainly the improvement of technical efficiency of existing hydropower plants. 1 Energieerzeugung aus Wasserkraft Aufgrund der wesentlich geringeren Emissionen von umweltschädlichen Gasen gegenüber den meisten anderen Arten der Energieerzeugung kann durch Wasserkraft klimaschonend Strom produziert werden. Dadurch nimmt die Nutzung der Wasserkraft bei der regenerativen Stromerzeugung und dem globalen Klimaschutz eine wichtige Rolle ein. Weltweit rangierte Wasserkraft im Jahr 2002 mit einer Stromerzeugung von ca. 2740 TWh/a und damit einen Anteil von ca. 19 % an der Gesamtenergieerzeugung nach Kohle (ca. 40 %) und Öl / Gas (ca. 24 %) an dritter Stelle der Energiequellen. In Europa wurden in 2002 etwa 593 TWh/a Strom durch Wasserkraft erzeugt, wobei der Ausnutzungsgrad auf 75 % des wirtschaftlichen Potenzials der Wasserkraftnutzung geschätzt wurde (Horlacher 2003). In den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union ist die Energieerzeugung aus Wasserkraft seit Jahrzehnten etabliert, dadurch besteht aber kaum mehr Potential für den Zuwachs an Energieerzeugung aus regenerativen Quellen. Der Anteil der Wasserkraft an den erneuerbaren Energien in den EU-Staaten ist von ca. 94

12 Wasserkraftnutzung in Sachsen aktueller Stand und Perspektiven % (288.8 TWh) in 1990 auf ca. 58 % (327.4 TWh) in 2008 gesunken (BMU 2010). Die Studie von Greenpeace (2005) zeigt, dass das Zuwachspotenzial der Wasserkraftnutzung auch in den meisten Industrieländern weltweit weitestgehend ausgeschöpft ist. 2 Wasserkraftnutzung in Sachsen Wasserkraftnutzung hat in Sachsen eine jahrhundertelange Tradition, die mit dem Betrieb von Mühlen und im Zusammenhang mit der bergbaulichen Erschließung des Erzgebirges begann. Nach Rindelhardt (2007) produzierte in Sachsen erstmals 1882 eine Laufwasserkraftanlage in Olbernhau an der Flöha Strom. Bis heute werden zahlreichen Fließgewässern in Sachsen zur Energieerzeugung aus Wasserkraft in unterschiedlicher Intensität genutzt. Die leistungsstärkste Laufwasserkraftanlage in Sachsen ist mit einer Leistung von 5,6 MW an der Talsperre Kriebstein bereits seit 1929 in Betrieb (Rindelhardt 2007). 2.1 Beitrag der Wasserkraft an der regenerativen Energieerzeugung in Sachsen Die Wasserkraftnutzung zur Stromerzeugung wurde im Freistaat Sachsen seit 1990 erheblich ausgebaut und stieg von 43 GWh im Jahr 1991 auf ca. 320 GWh im Jahr 2008. 2009 betrug die gelieferte elektrische Energie aus Wasserkraft 271 GWh, wobei die Eigennutzung von Energie aus diesen Anlagen nicht berücksichtigt wurde. Damit ist Wasserkraft zurzeit nach Windkraft und Biomasse die drittwichtigste regenerative Energiequelle in Sachsen (Abb. 1).

34. Dresdner Wasserbaukolloquium 2011: Wasserkraft mehr Wirkungsgrad + mehr Ökologie = mehr Zukunft Dresdner Wasserbauliche Mitteilungen 13 1600 gelieferte elektrische Energie (GWh) 1400 1200 1000 800 600 400 200 0 1362 195 906 Wind Solar Biomasse Gruben-, Klär-, Deponiegas 50 271 Wasser Block B1 Energiequelle Abbildung 1 Gelieferte elektrische Energie der fünf wichtigsten regenerativen Energiequellen in Sachsen, 2009 (Quelle: Sächsische Energieagentur GmbH) In 2009 waren in Sachsen ca. 300 Wasserkraftanlagen mit einer installierten Gesamtleistung von ca. 88 MW in Betrieb. Der Hauptanteil (46,5 %) der Energieerzeugung aus Wasserkraftanlagen wird von Anlagen mit einer Leistung zwischen 0,1 und 0,5 MW erbracht (Abb. 2). Installierte elektrische Leistung (MW) 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 2001 2009 0 0,1 > 0,1 0,5 > 0,5 1 > 1 2 > 2 Gesamt Anlagengröße (MW) Abbildung 2 Installierte elektrische Leistung sächsischer Wasserkraftanlagen mit Netzeinspeisung nach Größenklassen in 2001 und 2009 (Quelle: Sächsische Energieagentur GmbH)

14 Wasserkraftnutzung in Sachsen aktueller Stand und Perspektiven 2.2 Ökologische Anforderungen an die Wasserkraftnutzung Wasserkraftnutzung hat als regenerative und klimaschonende Energiequelle Vorteile gegenüber anderen Energiequellen, verursacht aber auch Eingriffe in natürliche Lebensräume und deren ökologischen Funktionsfähigkeit (UBA 2001). Aufgrund der hohen Anforderung der Wasserrahmenrichtlinie (WRRL 2000) zur Erreichung der Umweltziele nach Artikel 4 muss zukünftig die Bewirtschaftung der Gewässer integrativ, unter Berücksichtigung der Auswirkungen aller Nutzungen im und am Gewässer, erfolgen. Belastungen der Fließgewässer durch bestehende Wassernutzungen, die den ökologischen Zustand beeinträchtigen, müssen in ihren Auswirkungen reduziert werden. Neue Wassernutzungen, die die Erreichung der Umweltziele verhindern, müssen vermieden werden. Wasserkraftanlagen und deren Querbauwerke müssen daher für Wanderungsaktivitäten der Fischfauna, aber auch anderer aquatischer Organismen, durchgängig sein. Dies betrifft speziell für die Fischfauna auch Flussabwärtswanderung, da die Passage durch Turbinen einer Wasserkraftanlage eine erhebliche Gefährdung für die Fische darstellt. Wasserkraftanlagen müssen daher mit entsprechenden Vorrichtungen versehen werden, die den aquatischen Organismen eine Wanderung flussaufwärts ermöglicht (z. B. Fischaufstiegsanlagen) und Fische bei der Flussabwärtswanderung vor Schädigungen durch Turbinen schützen (z. B. durch geeignete Schutzrechen) An Wasserkraftanlagen mit Ausleitungsstrecken wird der überwiegende Teil des Wassers aus dem natürlichen Fließgewässerbett in einen Betriebsgraben ab- und durch die Turbinen zur Energieerzeugung durchgeleitet. Im natürlichen Gewässerbett verbleibt in der Ausleitungsstrecke nur eine Restwassermenge. Dies führt neben der Beeinflussung des natürlichen Abflussregimes und der Störung des natürlichen Sedimenttransportes durch die Stauhaltung zu einer weiteren Veränderung der natürlichen Bedingungen, in dem die Ausleitungsstrecke von sehr viel weniger Wasser durchflossen wird, als im natürlichen Zustand (Baker et al. 2010). Diese Beeinträchtigungen der ökologischen Funktionsfähigkeit des Gewässers in Ausleitungsstrecken von Wasserkraftanlagen können durch eine Mindestwassermenge, die im Gewässerbett der Ausleitungsstrecke verbleiben muss, reduziert werden (Pabstmann und Büttner 2000).

34. Dresdner Wasserbaukolloquium 2011: Wasserkraft mehr Wirkungsgrad + mehr Ökologie = mehr Zukunft Dresdner Wasserbauliche Mitteilungen 15 2.3 Das sächsische Durchgängigkeitsprogramm Hauptanliegen des sächsischen Durchgängigkeitsprogramms sind der Erhalt, die Verbesserung und die Wiederherstellung der natürlichen Lebensraumgrundlagen und -bedingungen bei gleichzeitiger nachhaltiger Nutzung, Bewirtschaftung und Unterhaltung der Fließgewässer im Freistaat Sachsen. Damit verbinden sich mehrere konkrete Handlungsfelder. - Gewässerentwicklung in den Bergbaufolgelandschaften - Vernetzung wichtiger aquatischer Lebensräume - Schutz bestimmter Arten der Roten Liste Sachsens sowie der FFH- Richtlinie - Schutzprogramme für Lachs, Aal und Flussperlmuschel - Integration von Hochwasserschutz, ökologischer Funktion und Gewässernutzung Der Freistaat Sachsen fördert seit 2002 den Bau von Fischaufstiegshilfen an Querbauwerken im Rahmen des Programms zur Wiederherstellung der Gewässerdurchgängigkeit. Der Fördersatz beträgt 75 % der Baukosten bzw. bis zu maximal 200.000 Euro. In den Jahren 2002 bis 2009 wurde an 50 privaten oder kommunalen Wehranlagen mit einer Fördersumme von insgesamt 3,6 Millionen Euro die Durchgängigkeit verbessert. Im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) des Bundes ist eine Förderung von Betreibern von Kleinwasserkraftanlagen für ökologische Verbesserungen durch eine erhöhte Einspeisevergütung für elektrische Energie festgelegt. Dadurch wurde seit 2002 an 67 Wehren in privatem oder kommunalem Besitz auch ohne Förderung aus dem sächsischen Durchgängigkeitsprogramm die Passierbarkeit für Fische wieder hergestellt. An weiteren 177 Querbauwerken im Eigentum des Freistaates Sachsen wurde die Durchgängigkeit für Fischwanderungen, im Wesentlichen (ca. 97 % der Wehre) durch Maßnahmen der Sächsischen Landestalsperrenverwaltung, wiederhergestellt oder verbessert (Abb. 3). Block B1

16 Wasserkraftnutzung in Sachsen aktueller Stand und Perspektiven Anzahl der Querbauwerke 70 60 50 40 30 20 10 0 private und kommunale Träger Freistaat Sachsen 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 Abbildung 3 Fertiggestellte Maßnahmen zur Wiederherstellung oder Verbesserung der Durchgängigkeit an Querbauwerken im Zeitraum von 2002 bis 2009 3 Perspektive der Wasserkraftnutzung in Sachsen 3.1 Zukünftiger Beitrag der Wasserkraft an der regenerativen Energieerzeugung in Sachsen Die Ziele der künftigen Klimaschutz und Energiepolitik des Freistaates Sachsen (SMUL 2009) sehen die Erhöhung des Anteils der Erneuerbaren Energien (EE) am Bruttostromverbrauch von 12,5 % (2.628 GWh/a) im Jahr 2007 auf 24,3 % (5.130 GWh/a) im Jahr 2020 vor (unter Annahme eines gleichbleibenden Bruttostromverbrauchs von 21.100 GWh/a in Sachsen). Der Beitrag der Wasserkraft zur Erhöhung des Anteils an EE wird dabei eher gering sein (Steigerung von ca. 1,4 % in 2007 auf ca. 1,5 % in 2020 des Gesamtbruttostromverbrauch). Damit hat die Wasserkraft neben der Geothermie das geringste Zuwachspotenzial der untersuchten EE (Wind, Biomasse inkl. Biogas, Photovoltaik, Wasser) in Sachsen. Das erschließbare Wasserkraftpotenzial in Sachsen wird auf 320 GWh/a (SMUL 2009) bis zu 433 GWh/a (Kreibich 2008) geschätzt. Unter Berücksichtigung der ökologischen Anforderungen an die Wasserkraft und der dadurch bedingten Einschränkungen der wirtschaftlichen Nutzung muss die Erschließung des Wasserkraftpotenzials in Sachsen als weitestgehend abgeschlossen bewertet werden. Dass das Wasserkraftpotenzial auch in anderen Bundesländern nahezu ausgeschöpft ist, zeigen aktuelle Veröffentlichungen zur Situation in Nordrhein-

34. Dresdner Wasserbaukolloquium 2011: Wasserkraft mehr Wirkungsgrad + mehr Ökologie = mehr Zukunft Dresdner Wasserbauliche Mitteilungen 17 Westfalen (Anderer et al. 2007) und Rheinland-Pfalz (Anderer et al. 2009). Die Bedeutung des Zuwachspotenzials der Wasserkraft zur klimaschonenden Erzeugung von Energie und damit zur Reduzierung der Folgen eines möglichen Klimawandels ist damit für Deutschland als vergleichsweise sehr gering, gegenüber den anderen EE, einzustufen. Das Zuwachspotenzial der Wasserkraftnutzung in Sachsen wird in erster Linie in der Erhöhung der technischen Effizienz bestehender Anlagen gesehen. Weiterhin bietet die Reaktivierung bestehender, nicht mehr in Betrieb befindlicher Anlagenstandorte und der Neubau von Flusskraftwerken mit einer elektrischen Nennleistung von mindestens 100 KW an bestehenden Querbauwerken, die bisher nicht für die Energieerzeugung aus Wasserkraft genutzt wurden und für die Fischwanderungen nicht passierbar waren, ein geringes Zuwachspotenzial für die Wasserkraftnutzung. Sowohl bei der Reaktivierung von Anlagenstandorten als auch der Neuerschließung bestehender Querbauwerke ohne vorherige Nutzung müssen die beschriebenen ökologischen Anforderungen an die Wasserkraftnutzung vollumfänglich erfüllt werden, um eine zusätzliche Belastung der Fließgewässer und damit die Gefährdung der Umweltzielerreichung nach WRRL auszuschließen. Die Wasserkraftnutzung in Sachsen ist somit eine wichtige Erneuerbare Energiequelle, die auch zukünftig ihren Anteil zur klimaschonenden Erzeugung von Strom beitragen wird, deren Steigerungspotenzial aber sehr gering ist. Block B1 Literatur Anderer, P., Dumont, U., Kolf, R.: Das Wasserkraftpotenzial in Nordrhein- Westfalen. In: Wasser und Abfall 7-8 (2007), S. 16-20 Anderer, P., Dumont, U., Linneweber, C., Schneider, B.: Das Wasserkraftpotenzial in Rheinland-Pfalz. Korrespondenz Wasserwirtschaft 4 (2009), S. 223-227 Baker, D.W., Bledsoe, B.P., Albano, C.M., Poff, N.L.: Downstream effects of diversion dams on sediment and hydraulic conditions of Rocky Mountains streams. In: River Research and Applications (2010). DOI: 10.1002/rra.1376 BMU: Erneuerbare Energien in Zahlen Nationale und internationale Entwicklung. Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (2010). http://www.bmu.de/erneuerbare_energien/downloads/doc/2720.php

18 Wasserkraftnutzung in Sachsen aktueller Stand und Perspektiven Greenpeace: Energy revolution: A sustainable pathway to a clean energy future for Europe. Greenpeace International (2005). http://www.greenpeace.org/international/en/publications/reports/energyrevolution-a-sustainab/ Horlacher, H.B.: Globale Potenziale der Wasserkraft. Externe Expertise für das WBGU-Hauptgutachten 2003 "Welt im Wandel: Energiewende zur Nachhaltigkeit" (2003). http://www.wbgu.de/wbgu_jg2003.html Kreibich, E.: Wasserkraftnutzung. In: Grüne Ausbaustudie 2020 Perspektiven für Erneuerbare Energien in Sachsen (2008). http://www.gruene-fraktion-sachsen.de/publikationen.html Pabstmann, U., Büttner, U.: Die Bestimmung von Mindestwasserabflüssen für Ausleitungsstrecken von Wasserkraftanlagen auf der Grundlage ökohydrologischer Betrachtungen. In: Tagungsband zum Kolloquium Wasserbewirtschaftung - Einzugsgebietsbezogen und Integrativ. BTU Cottbus, Fak. Umweltwiss. und Verfahrenstechnik (2000), S. 127-132 Rindelhardt, U.: Wasserkraftnutzung in Ostdeutschland. In: Wasserwirtschaft 97 (2007), Heft 6, S. 33-36 SMUL: Hintergrundpapier zu den Zielen der künftigen Klimaschutz und Energiepolitik des Freistaates Sachsen. Sächsisches Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft (2009). http://www.umwelt.sachsen.de/umwelt/klima/18591.htm UBA: Wasserkraftanlagen als erneuerbare Energiequellen rechtliche und ökologische Aspekte. Umweltbundesamt (2001), UBA-Texte 01/01,95S. WRRL: Richtlinie 2000/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2000 zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik (WRRL), Amtsblatt der EG Nr. L 327/1 vom 22.12.2000. Autoren: Dipl.-Ing. Ulrich Kraus Dr. rer. nat. Bernd Spänhoff Dipl.-Ing. Olaf Kind Sächsisches Staatsministerium Sächsisches Landesamt für Umwelt, für Umwelt und Landwirtschaft Landwirtschaft und Geologie Archivstr. 1 Zur Wetterwarte 11 D-01097 Dresden D-01109 Dresden-Klotzsche Tel.: +49 351 5642400 Tel.: +49 351 8928-4419 Fax: +43 351 5642070 Fax: +43 351 8928-4099 olaf.kind@smul.sachsen.de bernd.spaenhoff@smul.sachsen.de