Warum ist die Energiewende so schwer?

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Transkript:

Warum ist die Energiewende so schwer? Karlsruhe, 27. Mai 2014 Prof. Dr. Armin Grunwald Institut für Technikfolgenabschätzung KIT Universität des Landes Baden-Württemberg und nationales Forschungszentrum in der Helmholtz-Gemeinschaft www.kit.edu

Überblick 1. Ziele Energiekonzept 2010 2. Was ist das Energiesystem? 3. Abschied von Illusionen 2 27.02.2012 Prof. Dr. Armin Grunwald - Integrative Energieforschung für nachhaltige Entwicklung Institut für Technikfolgenabschätzung

1. Ziele Energiekonzept 2010 Klima Erneuerbare Energie Effizienz THG (ggb. 1990) Anteil Strom Strom Anteil gesamt Primärenergie Energieproduktivität Gebäudesanierung 2020-40% 35% 18% - 20% -10% 2030-55% 50% 30% 2040-70% 65% 45% 2050-80- 95% 80% 60% - 50% - 25% Anstieg um 2,1% p.a. Verdopplung der Rate 1% -> 2% Heizwärme -20% bis 2020 Primärenergie -80% bis 2050 ggb. 2008 3 27.02.2012 Prof. Dr. Armin Grunwald - Integrative Energieforschung für nachhaltige Entwicklung Institut für Technikfolgenabschätzung

Herausforderung in historischer Perspektive 4 27.02.2012 Prof. Dr. Armin Grunwald - Integrative Energieforschung für nachhaltige Entwicklung Institut für Technikfolgenabschätzung

Anteile der Energieträger am Primärenergieverbrauch Deutschlandweit im Jahre 2010 (Vorjahr in Klammern) Quelle: AG Energiebilanzen e.v. (AGEB) 5 27.02.2012 Prof. Dr. Armin Grunwald - Integrative Energieforschung für nachhaltige Entwicklung Institut für Technikfolgenabschätzung

2. Was ist das Energiesystem? traditionelles Bild: alles, was hinter der Steckdose ist Energiesystem ist technisch gesehen die Verbindung von Elementen wie: Kraftwerke Leitungen Verteilnetze Speicher Steuerungseinheiten Fokussierung auf Strom, Vernachlässigung von Treibstoff und Wärme herkömmliches Bild: darum kümmern sich die Ingenieure, und die Nutzer merken nichts davon infrastrukturelle Utopie : Leistung gegen Geld 6 27.02.2012 Prof. Dr. Armin Grunwald - Integrative Energieforschung für nachhaltige Entwicklung Institut für Technikfolgenabschätzung

Aber: die Energieinfrastruktur ist mehr als ein technisches System sie ist eng mit Menschen und gesellschaftlichen Strukturen verbunden eine Transformation des Energiesystems ist mehr als der Ersatz von vorhandener Technik durch neue wir richten unser Leben (Arbeit, Freizeit, Wertschöpfung etc.) an Infrastrukturen aus gesellschaftliche Strukturen, Gewohnheiten etc. müssen sich mit wandeln daher ist die Transformation von Infrastrukturen so schwierig Akzeptanzprobleme drohen transformatives Wissen gefordert, das technische, natürliche und gesellschaftliche Anteile integriert 7 27.02.2012 Prof. Dr. Armin Grunwald - Integrative Energieforschung für nachhaltige Entwicklung Institut für Technikfolgenabschätzung

Transformation des Energiesystems 8 27.02.2012 Prof. Dr. Armin Grunwald - Integrative Energieforschung für nachhaltige Entwicklung Institut für Technikfolgenabschätzung

Energiesysteme der Zukunft Projekt der Nationalen Akademie, Federführung acatech Bündelung der Expertise von Technikund Sozialwissenschaften im gemeinsamen Projekt der Wissenschaftsakademien Bereitstellung wissenschaftlich fundierter Handlungsoptionen als Grundlage für den gesamtgesellschaftlichen Diskurs Versachlichung der Diskussion durch interdisziplinäre Klärung komplexer Kausalzusammenhänge des Energiesystems Identifizierung neuer Forschungsthemen zur Gestaltung der Energiewende Projektlaufzeit 2013-2016, Förderer: BMBF 9 27.02.2012 Prof. Dr. Armin Grunwald - Integrative Energieforschung für nachhaltige Entwicklung Institut für Technikfolgenabschätzung

Steuerkreis- und Arbeitsgruppenleitung 10 27.02.2012 Prof. Dr. Armin Grunwald - Integrative Energieforschung für nachhaltige Entwicklung Institut für Technikfolgenabschätzung

Energiesysteme der Zukunft sind sozio-technische Systeme bestehend aus alten und neuen Technologien Wertschöpfungsketten und Geschäftsmodellen Anbietern und Nutzern ( Prosumer ) Regulierern und Innovatoren zentralen und dezentralen Strukturen Planungsverfahren mit Akzeptanz und Widerstand Gewohnheiten und Lebensstilen Verantwortlichkeiten und Machtverhältnissen. 11 27.02.2012 Prof. Dr. Armin Grunwald - Integrative Energieforschung für nachhaltige Entwicklung Institut für Technikfolgenabschätzung

3. Abschied von Illusionen Technikgläubigkeit allein hilft nicht, auch keine grüne Technikgläubigkeit: Energiewende ist mehr als der Ersatz alter durch neue saubere Technologien mit den politischen Zielsetzungen der Energiewende ist noch nicht viel gewonnen der Weg zur Zielerreichung ist in vielem unklar, einen Masterplan für die Energiewende gibt es nicht die Energiewende ist nicht zum Nulltarif zu haben Franz Alt hat nicht Recht: die Sonne stellt jawohl eine Rechnung über die Konversions- und Transportkosten der Sonnenenergie erneuerbare Energien sind nicht unerschöpflich Knappheiten treten an anderen Stelle auf (Beispiele Funktionsmetalle, Energie aus Biomasse) erneuerbare Energieträger sind nicht an sich gut oder an sich nachhaltig, das ist jeweils im Einzelfall zu prüfen 12 27.02.2012 Prof. Dr. Armin Grunwald - Integrative Energieforschung für nachhaltige Entwicklung Institut für Technikfolgenabschätzung

Realismus erforderlich Elektromobilität wird sich erheblich langsamer durchsetzen als es die Ziele sagen wenn überhaupt Deutschland wird das globale Klima nicht retten, der deutsche Beitrag zum globalen Klimaschutz ist marginal. Weltweit starkes Wachstum in Energieverbrauch und CO2 Ausstoß (+5.8% in 2013) fossile Energieträger werden noch lange die Energiequelle Nummer 1 bleiben Akzeptanzprobleme und Protest allerorten (NIMBY Not In My Backyard) die Energiewende ist eine gesellschaftliche Transformation, die alle betrifft sie ist keine Illusion, aber eine Vision - und alles andere als ein Plan, den man nur abarbeiten müsse und eine Generationenaufgabe! 13 27.02.2012 Prof. Dr. Armin Grunwald - Integrative Energieforschung für nachhaltige Entwicklung Institut für Technikfolgenabschätzung

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Armin Grunwald 14 27.02.2012 Prof. Dr. Armin Grunwald - Integrative Energieforschung für nachhaltige Entwicklung Institut für Technikfolgenabschätzung