Grundlagenpapier Frau zu Auswirkungen Elektromagnetischer 37170 Uslar Dr. med. Martina Wenker Strahlung Präsidentin der Ärztekammer Niedersachsen am Berliner Beispiel Allee der 20 380kV-Höchstspannungsstromtrasse Wahle-Mecklar 12. November 2014 05.03.2015 Unter Führung der deutschen Energieagentur (dena) wurde in einer mehrjährigen wissenschaftlichen Untersuchung deutschlandweit der Bedarf an Stromleitungen ermittelt. Expertenworkshop Chancen und Risiken der Energiewende aus Gesundheitssicht Bis 2015 am 08.10.2014 sind allein 850 km neue Verbindungen geplant. Aufbauend auf den dena Untersuchungen wurde im August 2009 das Energieleitungsausbaugesetz (EnLAG) erlassen. Es nennt 24 Projekte, darunter die bereits seit 2006 in Planung befindliche 230 km lange Leitung zwischen dem Umspannwerk Wahle im Landkreis Peine (Niedersachsen) und der Umspannanlage Mecklar im Landkreis Hersfeld- Rotenburg Sehr geehrte (Hessen). Frau Dr. Wenker, Im EnLAG wird das Projekt Wahle-Mecklar als Pilotvorhaben bezeichnet. Mit diesem Begriff mit Erstaunen wird treffend haben zum wir Ausdruck den Bericht gebracht, im Deutschen dass Ärzteblatt hier der über Einsatz die Ergebnisse von Erdkabeln des getestet Expertenworkshops Chancen und Risiken der Energiewende aus Gesundheitssicht zu Kenntnis wird. Eine vergleichbare in Betrieb befindliche Strecke existiert in Europa nicht. genommen. Ärzte für Immissionsschutz, Volperstraße 5, 37170 Uslar 30175 Hannover Es ist uns völlig unverständlich, auf welcher Grundlage die Schlussfolgerung gezogen wird, daß Was von ist Infraschall geplant? von Windenergieanlagen keine gesundheitlichen Wirkungen zu erwarten sind. Man kann im Hinblick auf gesundheitliche Wirkung nur bewerten, was man auch wirklich misst. Infraschall gehört jedenfalls nicht dazu, da er in Deutschland streng nach Vorschrift (TA-Lärm) zum Geplant einen ist inadäquat der Bau A-gewichtet einer 380 gemessen kv-trasse und in Drehstromtechnik zum anderen erst ab von 10 Wahle Hz erfaßt nach wird Mecklar (im Neuentwurf zur Vermeidung der DIN 45680 struktureller ab 8 Hz). Engpässe im Übertragungsnetz als Freileitung oder Erdkabel. Für die Freileitung werden vorwiegend sogenannte Donaumaste eingesetzt. Sie tragen je zwei Zudem 380 kv-stromkreise gibt es keine belastbaren (380-kV 2-System) Studien, die mit die je Unbedenklichkeit drei Leiterseilbündeln von langfristiger und sind Einwirkung ca. 50 m tieffrequenten Schalles unterhalb der Hörschwelle beweisen 60 m hoch sowie ca. 30 m breit. Dort, Geforscht wo ein wird Abstand sicherheitshalber von 400 m zur nicht Wohnbebauung - schon 2007 hatte nicht das eingehalten Robert-Koch-Institut werden einen kann, ist die Erdverkabelung deutlichen Mangel zwingend an umweltmedizinisch notwendig. Hierzu orientierten wird auf wissenschaftlichen einer Breite von Studien ca. 21 zu m tieffrequentem der Boden etwa Schall 2 m festgestellt tief ausgekoffert. und großen Zusammen Handlungsbedarf mit der gesehen. in der Bauphase Die Machbarkeitsstudie benötigten Baustraße zu Wirkungen und dem von Platzbedarf Infraschall, für die das im Juni ausgehobene 2014 vom Umweltbundesamt Erdreich besteht veröffentlicht eine temporäre worden ist, beinhaltet die Flächeninanspruchnahme aktuell umfangreichste Literaturübersicht von 45 m Breite. und In sieht die Gräben unverändert werden einen 12 dringenden armdicke Kabel Forschungsbedarf. Beim Vergleich der vorhandenen Untersuchungsergebnisse wird in der nebeneinander ca. 1,50 m tief in Magerbetonbetten o. ä. verlegt. Die Kabel sind außen Machbarkeitsstudie festgestellt, dass negative Auswirkungen von Infraschall im Frequenzbereich ganzjährig unter 10 bis Hz zu auch 70 bei Grad Schalldruckpegeln heiß. Aufgrund unterhalb des Kabelgewichts der Hörschwelle können nicht lediglich ausgeschlossen 700 m lange sind. Kabelabschnitte transportiert und verlegt werden. Verbunden werden diese Abschnitte durch Muffen, die die technischen Schwachstellen dieses Verfahrens darstellen. Alle 2-3 Abschnitte erfolgt das Auskreuzen der Kabelmäntel zur Reduzierung der Kabelmantelströme www.aefis.de und daraus resultierender Wärmeverluste, sichtbar durch 1 m Seite x 1 m 1 von 3 Ansprechpartner: Dr. med. Thomas Carl Stiller Volperstraße 5 E-mail: info@aefis.de
große Koffer, die eine Höhe von 50 cm haben. Nach der Verlegung der Kabel wird die Erde wieder aufgebracht. Beim Übergang von der Freileitung zum Erdkabel bzw. vom Erdkabel zur Freileitung wird eine Kabelübergangsanlage benötigt, vergleichbar mit einem kleinen Umspannwerk, die eine Fläche von ca. 70 m x 40 m einnimmt. Die Höhe des Portals beträgt 25 m. Die Spitzen sind bis zu 35 m hoch. Elektrische und magnetische Felder, Grenzwerte Elektrische Leitungen erzeugen zwei Arten von Feldern: elektrische und magnetische Felder. Ein Magnetfeld entsteht, wenn Strom durch eine Leitung fließt. Beim in Deutschland verbreiteten Wechselstrom ändert der Strom seine Richtung. Man spricht von einem Wechselfeld. Bei einer Frequenz von 50 Hertz ergeben sich 100 Richtungswechsel pro Sekunde. Bei Stromleitungen geht es nur um niederfrequente Felder. Zur Charakterisierung eines Magnetfeldes wird meistens die Flussdichte B mit der Einheit Tesla (T) herangezogen. 0,000001 T = 1 µt. Während elektrische Felder durch die metallischen Kabelmäntel komplett abgeschirmt werden können, ist ein Schutz vor dem magnetischen Feld kaum möglich. Es durchdringt Hauswände und auch den menschlichen Körper. Selbst metallische Abschirmungen halten es nur sehr begrenzt zurück. Ein Schutzanspruch ist in der 26. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Verordnung über elektromagnetische Felder 26. BImSchV) geregelt. Dieses Gesetz zählt gemäß 3 die magnetischen Felder zu den schädlichen Umwelteinwirkungen, vor denen Mensch und Umwelt geschützt werden müssen. Vorschriften nicht nur zum Schutz, sondern auch zur Vorsorge, könnten in dieser Verordnung durch den Verordnungsgeber bereits heute erlassen werden. Lediglich in 4 werden konkrete Aussagen für Niederfrequenzanlagen bzgl. eines Vorsorgeanspruchs getroffen (allerdings mit nur unzureichenden Bestimmungen). Besondere Vorsichtsmaßnahmen sind demnach nötig bei Errichtung von Niederfrequenzanlagen in der Nähe von besonders schützenswerten Einrichtungen wie Wohnungen, Krankenhäusern, Schulen, Kindergärten, Kinderhorten, Spielplätzen und ähnlichen Einrichtungen. In dieser Verordnung werden auch die Grenzwerte für elektromagnetische Felder geregelt. In Deutschland gilt für Höchstspannungsleitungen ein Grenzwert für die magnetische Flussdichte von 100 µt bei maximaler Anlagenauslastung. Die weltweit sehr unterschiedlichen Grenzwerte, Vorschriften und Empfehlungen zum Schutz der Bevölkerung vor niederfrequenten elektromagnetischen Wechselfeldern, die teilweise nur ein Hundertstel der deutschen Werte betragen, zeigen die bestehende Wissensunsicherheit und die unterschiedlichen wissenschaftlichen Betrachtungsweisen. Während in Deutschland lediglich die direkten Wirkungen der im Körper induzierten bzw. influenzierten Ströme und die absorbierte, in Wärme umgewandelte Energie betrachtet werden, berücksichtigt man beispielsweise in der Schweiz auch subtilere Wirkungen auf Zellen und Vorgänge im Körper. Sicherheitshalber wurden im Ausland deshalb im Bereich von z. B. Kindergärten und Schulen die Grenzwerte nochmals drastisch herabgesetzt. So beträgt beispielsweise der Vorsorge-Grenzwert in der Schweiz 1 µt.
Die über und neben der Erdkabeltrasse zu erwartenden Werte hängen u. a. von der Verlegetiefe der Kabel und von der Stärke des übertragenen Stroms ab. Verschiedene Berechnungen weisen darauf hin, dass die zu erwartenden Werte den deutschen Grenzwert direkt über der Trasse nur knapp unterschreiten oder sogar überschreiten. Rechts und links der Erdkabeltrassen fallen die Feldstärken des magnetischen Feldes schneller ab als seitlich der Freileitungen. Direkt über dem Erdkabel werden dagegen deutlich höhere Werte erreicht als unter Freileitungen gleicher Spannung. Das magnetische Feld in Funktion des Abstands zu einer Freileitung und zu einem unterirdischen Hochspannungskabel, Quelle: Elia
Alle bisher veröffentlichten Werte bzgl. der magnetischen Flussdichte bei 380 kv- Erdkabeltrassen in Drehstromtechnik resultieren lediglich aus Berechnungen, da es sich bei dem Projekt Wahle-Mecklar um ein Pilotvorhaben handelt. Lt. der holländischen Fa. TenneT, die als grenzüberschreitender Übertragungsnetzbetreiber für Planung und Bau dieser Trasse verantwortlich ist, wird mit dem Begriff treffend zum Ausdruck gebracht, dass hier der Einsatz von Erdkabeln getestet wird. Unter wissenschaftlicher Begleitung der TU Delft und der Universität Hannover wird das Pilotprojekt zwar technisch und landwirtschaftlich ausgewertet, eine medizinische Begleitung hinsichtlich gesundheitlicher Gefährdungen ist jedoch nicht vorgesehen. Auswirkungen auf den Menschen Problem der bereits weltweit zahlreich durchgeführten medizinischen Studien bzgl. der Auswirkungen elektromagnetischer Strahlung auf die Gesundheit ist die wissenschaftliche Anerkennung aufgrund einer zu geringen Anzahl an untersuchten Menschen und fehlender Bestätigung durch Versuche. Eine geforderte Beweisführung ist aus ethischen Gründen aber nicht möglich, da es sich hierbei um Menschenversuche- und insbesondere Versuche an Kindern- handeln würde. Im Übrigen verbietet auch die Schwere der durch elektromagnetische Strahlung erzeugten Erkrankungen Versuche an Menschen. Im Einzelnen handelt es sich um folgende in epidemiologischen, tierexperimentellen und zellulären Untersuchungen festgestellte Erkrankungen: - Häufung von Leukämie bei Kindern, die dauerhaft mehr als 0,2 µt ausgesetzt waren - Diverse andere Krebserkrankungen, auch bei Erwachsenen (z. B. Lungenkrebs, Bauchspeicheldrüsenkrebs) - Veränderung der Melatoninproduktion bei weniger als 10 µt (eine verminderte Ausschüttung des Hormons begünstigt beim Menschen u. a. die Entstehung von Brustkrebs) - Erhöhtes Risiko für amyotrophische Lateralsklerose (degenerative Erkrankung des Nervensystems) für Expositionen über 0,2 µt - Beeinträchtigung der Orientierung - Vermehrtes Auftreten von Alzheimer und Demenz - Vermehrtes Auftreten von Kopfschmerzen - Vermehrtes Auftreten von Erschöpfungszuständen - Vermehrtes Auftreten von Allergien - In Tierexperimenten und durch Untersuchungen an Zellen wurden Veränderungen am Erbmaterial, vermehrte Produktion von Zell-Stress-Proteinen und Beeinträchtigungen bestimmter Zellfunktionen nachgewiesen. Alle diese Effekte haben Bedeutung für die Kanzerogenese. - Störbeeinflussung auf aktive Implantate (z. B. Herzschrittmacher und Defibrillatoren) bei einer Exposition über 20 µt. Die 26. Bundes-Immissionsschutzverordnung berücksichtigt Träger von aktiven Implantaten ausdrücklich nicht. Die Strahlenschutzkommission des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (SSK) sieht dagegen Handlungsbedarf angesichts der steigenden Anzahl von Personen mit aktiven Implantaten. Die SSK empfiehlt, dass in Bereichen, die Implantatträgern zugänglich sind, bei denen ein Exposition vermeidendes Verhalten nicht möglich ist und Erdkabel nicht sichtbar sind, 10 µt bzw. 5 µt nicht überschritten werden sollen.
Literatur D. E. Foliart et al.: Magnetic field exposure and long-term survival among children with leukaemia, 2006 G. Mezei et al.: Residential magnetic field exposure and childhood brain cancer: a metaanalysis, 2008a G. Mezei et al.: Assessment of selection bias in the Canadian case-control study of residential magnetic field exposure and childhood leukemia, 2008b J. Schütz et al.: Nighttime exposure to electromagnetic fields and childhood leukemia: an extended pooled analysis, 2007 EMF-Handbuch; Elektromagnetische Felder: Quellen, Risiken, Schutz Prof. Dr. K. Runge: Umweltauswirkungen unterschiedlicher Netzkomponenten TenneT: Netzausbau für die Zukunft, 380-kV-Leitung von Wahle nach Mecklar Gesetz zum Ausbau von Energieleitungen (EnLAG) 26. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (26. BImSchV)