Das Wahlsystem für den Deutschen Bundestag als



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Das Wahlsystem für den Deutschen Bundestag als 1. Persönlichkeitswahl als direkte Wahl 2. Parteien(Listen)wahl als indirekte Wahl = ausgewertet nach dem Prinzip der MEHRHEITSWAHL = ausgewertet nach dem Prinzip der VERHÄLTNISWAHL d.h.......... d.h................... Wissenswertes: Wissenswertes:............ + Kandidat des Vertrauens = Persönlichkeit + genauer Wählerwille wird ermittelt steht im Vordergrund + alle gültigen Stimmen zählen + eindeutiges Ergebnis der Wahl + Spitzenkandidaten werden über die + Kandidat ist mit dem Wahlkreis eng Landesliste des Partei abgesichert verbunden - Wählerwille wird nicht korrekt wieder- jedoch 5-%-Klausel - viele Parteien sind im Bundestag vertreten, gegeben, da die Stimmen für die unter- - Regierungsbildung wird erschwert => legenen Kandidaten verloren gehen - weniger Chancen für kleinere Parteien Stichwort: Sitzverteilung Stichwort: 5%-Sperrklausel Koalition aus mehreren Parteien erforderlich Stichwort: Überhangmandat

Auszählung der Stimmen Die Fünf-Prozent-Klausel = Parteien, die im gesamten Wahlgebiet unterhalb eines Anteils von fünf Prozent der gültigen Stimmen geblieben sind, werden bei der Verteilung der Sitze nicht berücksichtigt (so genannte "Fünf-Prozent-Klausel"). Wenn ein Wahlkreisbewerber jedoch seinen Wahlkreis erobert hat, behält er seinen Sitz im Bundestag auch dann, wenn seine Partei bei den Zweitstimmen an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert ist. Eine Ausnahme: Erzielt eine Partei in drei oder mehr Wahlkreisen das Direktmandat, findet die Fünf-Prozent-Klausel auf sie keine Anwendung; sie wird vielmehr dann bei der Mandatszuweisung aufgrund ihres Zweitstimmenanteils berücksichtigt wie alle jene Parteien, welche fünf Prozent oder mehr der Zweitstimmen erhalten haben. Ein Beispiel: Die PDS blieb 2002 bei den Zweitstimmen unter fünf Prozent, zog aber mit zwei Abgeordneten in den Bundestag ein, die Direktmandate erzielt hatten. Feststellung der Mandatszahl jeder Partei = Nun wird nach der Divisormethode mit Standardrundung (Sainte- Laguë/Schepers) berechnet, wie viele Mandate jede Partei im Bundestag erhält. Dabei werden nur noch die Zweitstimmen für Parteien berücksichtigt, die an der Mandatsvergabe überhaupt teilnehmen, indem sie die Fünfprozenthürde geschafft oder mindestens drei Direktmandate errungen haben. Aufteilung der Sitze auf Landesgruppen = Nachdem feststeht, wie viele Sitze eine Partei insgesamt im Bundestag hat, werden sie auf die verschiedenen Landesgruppen aufgeteilt. Jede Landesgruppe erhält entsprechend dem Anteil der Zweitstimmen für ihre Landesliste Mandate. Die Berechnung erfolgt auch hier nach dem Verfahren Sainte-Laguë/Schepers. Berücksichtigung der Direktmandate = Von der Anzahl der Sitze, die eine Landesgruppe im Bundestag erhält, wird die Anzahl der Direktmandate abgezogen. Die ihr verbleibenden Sitze werden mit Listenkandidaten besetzt. Es kommt vor, dass eine Landesgruppe mehr Direktmandate gewonnen hat, als ihr Mandate zustehen. Es ziehen trotzdem alle erfolgreichen Direktkandidaten in den Bundestag ein. Die Mandate, die»zuviel«vergeben werden, heißen»überhangmandate«. Überhangmandate = Die Anzahl der Bundestagsabgeordneten nimmt um die Überhangmandate zu. Ein proportionaler Ausgleich zugunsten von Parteien, die keine Überhangmandate erringen, findet nicht statt. Dies benachteiligt natürlich die kleinen Parteien, die für gewöhnlich kein Direktmandat erringen. Ausgangssituation: Eine Partei bekommt auf Grund der gewonnenen Zweitstimmen eine bestimmte Anzahl von Sitzen im Bundestag zugesprochen (Bsp. 10 Sitze). Die Partei gewinnt in einem Bundesland mehr Direktmandate (Bsp. 11) in Wahlkreisen, als ihr auf Grund der Zahl der Zweitstimmen zustehen würde. Der zusätzlich gewonnene Sitz wird zum Überhangmandat. Beispiel: 11 Direktmandate durch gewonnene Wahlkreise => 10 Sitze (auf Grund der Zweitstimmen)+ 1 Überhangmandat => 11 Sitze Sitzzuteilungsverfahren nach Sainte-Laguë/Schepers Bei der Bundestagswahl gilt ein neues Berechnungsverfahren für die Sitzverteilung. Die bisherige Methode Hare/Niemeyer wird durch die Methode Sainte- Laguë/Schepers ersetzt. Es handelt sich dabei um eine Abwandlung des Verfahrens nach d Hondt, um die Benachteiligung kleinerer Parteien zu vermeiden. Bei dem Verfahren nach Sainte-Laguë/Schepers werden die Zweitstimmen der einzelnen Parteien durch einen gemeinsamen Divisor (Divisormethode mit Standardrundung) geteilt. Die sich ergebenden Quotienten werden standardmäßig zu den Sitzzahlen gerundet. Der Divisor wird so bestimmt, dass die Anzahl an Sitzen mit der Gesamtzahl der zu vergebenden Mandate übereinstimmt. Formel: Zweitstimmenanzahl der Partei Zuteilungsdivisor = Sitzanzahl der Partei (nach Standardrundung) Stimmenthaltung, ungültige Stimmen Das Bundestagswahlrecht kennt keine explizite Stimmenthaltung; eine fehlende Kennzeichnung auf dem Stimmzettel zählt als ungültige Stimme (getrennt nach Erstund Zweitstimme). Stimmen sind ungültig, wenn sich der Wille des Wählers nicht zweifelsfrei erkennen lässt oder der Stimmzettel einen Zusatz oder Vorbehalt enthält oder nicht amtlich hergestellt ist. Bei Stimmzetteln, die für einen anderen Wahlkreis gedacht waren, ist seit der Bundestagswahl 2009 nur noch die Erststimme ungültig, wenn sie die passenden Landeslisten für die Zweitstimme enthalten. Fraktion Direktmandate Landeslisten gesamt CDU/CSU 211 26 237 SPD 63 83 146 FDP 0 93 93 DIE LINKE. 16 60 76 B90/GRÜNEN 1 67 68 gesamt 291 329 620 22 Überhangmandate für die CDU/CSU

Ermittlung des Zuteilungsdivisors durch das Iterative Verfahren: Gesamtanzahl der Zweitstimmen Gesamtanzahl der zu verteilenden Sitze = vorläufiger Zuteilungsdivisor. Damit die Sitzzahlen mit der Anzahl zu vergebenden Mandate übereinstimmt, wird der Zuteilungsdivisor ggf. herauf- bzw. herabgesetzt, bis die Berechnung in der Summe die zu verteilenden Sitze ergibt. Standardrundung: Die Sitzzahl wird bei einem Bruchteilsrest von mehr als 0,5 aufgerundet, bei einem Bruchteilsrest von weniger als 0,5 abgerundet Beispiel: Verteilte Zweitstimmen: Partei A: 10.000 Stimmen Partei B: 6.000 Stimmen Partei C: 1.500 Stimmen Anzahl der Zweitstimmen insgesamt: 17 500 Stimmen Anzahl der zu verteilenden Sitze: 8 1. Ermittlung des vorläufigen Zuteilungsdivisors: 17.500 8 = 2.187,5 = vorläufiger Zuteilungsdivisor 2. Berechnung der Sitzverteilung: Partei A: 10.000 2.187,5 = 4,57 Ergebnis nach Standardrundung: 5 Partei B: 6.000 2.187,5 = 2,74 Ergebnis nach Standardrundung: 3 Partei C: 1.500 2.187,5 = 0,69 Ergebnis nach Standardrundung: 1 Bei der Berechnung mit dem Zuteilungsdivisor 2.187,5 entfallen insgesamt 9 Sitze auf die Parteien. Es sind aber nur 8 Sitze zu vergeben. Deshalb muss der Zuteilungsdivisor heraufgesetzt werden, bis die Berechnung der Sitzzuteilung in der Summe 8 ergibt. Das führt zu dem Zuteilungsdivisor von 2.300. 3. Berechung der Sitzverteilung mit neuem Zuteilungsdivisor: Partei A: 10.000 2.300 = 4,35 Ergebnis nach Standardrundung: 4 Partei B: 6.000 2.300 = 2,61 Ergebnis nach Standardrundung: 3 Partei C: 1 500 2.300 = 0,65 Ergebnis nach Standardrundung: 1

Wahlorgane Das wichtigste Wahlorgan ist der Bundeswahlleiter, der unter anderem die ordnungsgemäße Durchführung der Wahl überwacht, dem Bundeswahlausschuss vorsitzt und vom Bundesministerium des Innern ernannt wird. In der Regel wird das Amt vom Leiter des Statistischen Bundesamtes wahrgenommen. Dem Bundeswahlleiter zur Seite stehen für jedes Bundesland der Landeswahlleiter und der Landeswahlausschuss, für jeden Wahlkreis der Kreiswahlleiter und der Kreiswahlausschuss und für jeden Wahlbezirk der Wahlvorsteher und der Wahlvorstand. Die Wahlorgane sind Einrichtungen gesellschaftlicher Selbstorganisation und damit Organe eigener Art. Sie haben im weiteren Sinne die Stellung von Bundesbehörden. Als oberste staatliche Wahlbehörde ist das Bundesministerium des Innern für den Erlass der zur Vorbereitung und Durchführung der Bundestagswahl erforderlichen Vorschriften der Bundeswahlordnung und der Bundeswahlgeräteverordnung zuständig. Das Bundesministerium des Innern ist aber gegenüber den Wahlorganen nicht weisungsbefugt. Wahlprüfung Binnen zwei Monaten nach der Bundestagswahl kann von jedem Wähler die Wahlprüfung beantragt werden. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes muss der Wahlprüfungsausschuss des Bundestages einen Einspruch ablehnen, wenn sich die Mandatsverteilung auch bei Annahme des Einspruches nicht ändern würde. Der Wahlprüfungsausschuss prüft nur die korrekte Anwendung des Bundeswahlgesetzes. Eine etwaige Verfassungswidrigkeit desselben wird von ihm nicht festgestellt. Wird der Einspruch vom Bundestag abgelehnt, so kann binnen weiterer zwei Monate beim Bundesverfassungsgericht eine Wahlprüfungsbeschwerde erhoben werden. Der Beschwerde müssen 100 Wahlberechtigte beitreten. Ist der Einspruch erfolgreich, so endet die Mitgliedschaft des betroffenen Mitglieds des Bundestages. Dieser kann gegen die Entscheidung seinerseits klagen. Bestimmung der Kandidaten Vorschlagsrecht Kreiswahlvorschläge können von Parteien und von Wahlberechtigten, Landeslisten nur von Parteien eingereicht werden. Parteien, die nicht im Bundestag oder einem Landtag seit dessen letzter Wahl aufgrund eines eigenen Wahlvorschlages ununterbrochen mit mindestens fünf Abgeordneten vertreten sind, müssen, um Wahlvorschläge einreichen zu können, dem Bundeswahlleiter rechtzeitig, d. h. bei turnusmäßigen Bundestagswahlen spätestens 90 Tage vor dem Wahltag, ihre Beteiligung an der Bundestagswahl angezeigt haben und vom Bundeswahlausschuss als Partei anerkannt worden sein. Parteien, die ihre Beteiligung an der Wahl anzeigen müssen, benötigen außerdem Unterstützungsunterschriften für ihre Wahlvorschläge: Jeder Kreiswahlvorschlag muss von mindestens 200 Wahlberechtigten des Wahlkreises, jede Landesliste von mindestens 1 der Wahlberechtigten des Landes, höchstens aber 2000 Wahlberechtigten, unterzeichnet sein. Der Kreiswahlvorschlag eines nicht für eine Partei auftretenden Bewerbers benötigt ebenfalls 200 Unterstützungsunterschriften. Parteien, die eine nationale Minderheit vertreten, benötigen keine Unterstützungsunterschriften. Jeder Wahlberechtigte darf nur jeweils einen Kreiswahlvorschlag und eine Landesliste unterzeichnen. Kreiswahlvorschläge Die Bewerber einer Partei müssen in einer demokratischen und geheimen Wahl durch die Versammlung der Mitglieder der Partei im Wahlkreis gewählt werden oder von einem von dieser Partei bestimmten ähnlichen Gremium. Aktiv vorschlagsberechtigt ist jedes stimmberechtigte Parteimitglied; der Vorgeschlagene muss nicht Parteimitglied sein. Seit der Bundestagswahl 2009 darf eine Partei keinen Bewerber mehr aufstellen, der (auch) einer anderen Partei angehört. Über die Wahl des Kreiswahlvorschlages muss ein Protokoll geführt werden; es muss dem Kreiswahlleiter vorgelegt werden. Dieser prüft den Wahlvorschlag, benachrichtigt bei Feststellung von Mängeln die Vertrauensperson und fordert sie auf, Mängel rechtzeitig zu beseitigen. Die meisten Mängel können nur bis zum Ablauf der Einreichsfrist behoben werden. Landeslisten Nach dem Bundeswahlgesetz erfolgt die Aufstellung der Landeslisten grundsätzlich analog zur Aufstellung von Kreiswahlvorschlägen. Zusätzlich ist festgelegt, dass die Reihenfolge der Landesliste in geheimer Wahl bestimmt werden muss.

Wahlsystem Der Wähler hat zwei Stimmen. Das Bundestagswahlrecht unterscheidet die beiden Stimmen als Erststimme und Zweitstimme. Diese Begriffe kennzeichnen aber weder ein Rangverhältnis unter den Stimmen noch eine logische Abfolge bei einem korrekten Wahlvorgang. Irrtümlich bezeichneten in Umfragen ca. 63 % (2005) bis 70 % (2002) der Wahlberechtigten die Erststimme als wichtiger. Zutreffend ist, dass jede Stimme des Wählers eine eigene Funktion hat. Demzufolge werden in den Landeswahlgesetzen einiger Bundesländer, die für die Landtagswahlen ein dem Bundestagswahlrecht nachgebildetes Zweistimmenwahlrecht haben, die Stimmen als Personenstimme und Listenstimme bezeichnet. Erststimme Mit der Erststimme wählt der Wähler einen Direktkandidaten seines Wahlkreises, der sich dort für ein Direktmandat im Bundestag bewirbt (siehe obige Abbildung, Punkt 2). Gewählt wird nach dem relativen Mehrheitswahlrecht, d. h. der Kandidat mit den meisten Stimmen erhält das Mandat. Bei Stimmengleichheit entscheidet das vom Kreiswahlleiter zu ziehende Los. Die Stimmen für die anderen Kandidaten werden verworfen. Die Erststimme dient der Personalisierung der Wahl. Da zurzeit 299 Wahlkreise existieren, werden 299 Mandate des Bundestages an die jeweils in den Kreisen gewählten Kandidaten vergeben. Allerdings bestimmt man mit der Erststimme nicht die Stärke der Parteien im Bundestag. Für jedes Direktmandat in einem Bundesland erhält die Partei dort grundsätzlich ein Listenmandat weniger. Die Größe und geografische Form der Wahlkreise wird von einer vom Bundespräsidenten bestellten Wahlkreiskommission überprüft. Die endgültige Entscheidung trifft der Bundestag mit einer Anlage zum Bundeswahlgesetz. Zweitstimme Die Zweitstimme ist die maßgebliche Stimme für die Sitzverteilung im Bundestag. Mit ihr wählt der Wähler eine Partei (siehe obige Abbildung, Punkt 3), deren Kandidaten auf einer Landesliste zusammengestellt werden. Alle 598 Proporzmandate werden nach ihren bundesweiten Zweitstimmenzahlen auf die Parteien verteilt, die bundesweit entweder mindestens 5 % der gültigen Zweitstimmen auf sich vereinen oder (über die Erststimme) mindestens drei Direktmandate erringen (siehe Sperrklausel). Der Anteil der Bundestagssitze einer Partei entspricht damit in etwa ihrem Anteil der erhaltenen Wahlstimmen (siehe obige Abbildung, Punkt 4). Verzerrungen entstehen durch Überhangmandate und Sperrklausel. Gemäß 6 Abs. 1 Satz 2 BWahlG bleiben die Zweitstimmen der Wähler für die Sitzverteilung unberücksichtigt, die mit ihrer Erststimme für einen erfolgreichen unabhängigen Direktkandidaten (Direktkandidat, der von keiner Partei aufgestellt wird) gestimmt haben. Mit dieser Regelung soll eine faktisch zweifache Einflussnahme dieser Wähler auf die Zusammensetzung des Bundestages verhindert werden. Ein prinzipiell ähnliches Problem trat bei der Bundestagswahl 2002 auf. Die PDS errang in Berlin zwei Direktmandate, scheiterte jedoch mit ihrem Zweitstimmenanteil von 4,0 % an der Sperrklausel. Die Zweitstimmen der Wähler dieser Direktkandidaten wurden trotzdem gewertet, da in diesem Fall beide einer Partei angehörten, die in dem betreffenden Bundesland eine Landesliste eingereicht hatte. Das Bundesverfassungsgericht hat den Gesetzgeber in seinem Beschluss vom 23. November 1988 [10] auf die entsprechende Regelungslücke im Bundeswahlgesetz hingewiesen. Eine Abschaffung des Zweistimmenwahlrechts mit der Möglichkeit des Stimmensplittings würde die Problematik von selbst beseitigen. Stimmenthaltung, ungültige Stimmen Das Bundestagswahlrecht kennt keine explizite Stimmenthaltung; eine fehlende Kennzeichnung auf dem Stimmzettel zählt als ungültige Stimme (getrennt nach Erstund Zweitstimme). Stimmen sind ungültig, wenn sich der Wille des Wählers nicht zweifelsfrei erkennen lässt oder der Stimmzettel einen Zusatz oder Vorbehalt enthält oder nicht amtlich hergestellt ist. Bei Stimmzetteln, die für einen anderen Wahlkreis gedacht waren, ist seit der Bundestagswahl 2009 nur noch die Erststimme ungültig, wenn sie die passenden Landeslisten für die Zweitstimme enthalten. Da das Bundeswahlgesetz nicht regelt, dass Stimmen ungültig sind, die in einer das Wahlgeheimnis gefährdenden Weise gekennzeichnet sind (etwa durch ein aufrecht stehendes Kreuz als Stimmabgabe oder wenn das Kreuz mit einer unüblichen Stiftfarbe gemacht wurde), sind diese Stimmen gültig.

Bei der Briefwahl gibt es gemäß 39 Abs. 4 BWahlG weitere Gründe für eine Ungültigkeit: Wenn der Stimmzettelumschlag leer ist, mehrere verschieden gekennzeichnete Stimmzettel enthält oder eigentlich zurückzuweisen gewesen wäre (worunter auch Stimmzettelumschläge fallen, die in einer das Wahlgeheimnis gefährdenden Weise von den normalen abweichen), sind beide Stimmen ungültig. Ausdrücklich gültig bleiben dagegen gemäß 39 Abs. 5 BWahlG die Stimmen von Wählern, die vor der Urnenwahl sterben oder ihr Wahlrecht verlieren. Ungültige Stimmen hatten bei bisherigen Bundestagswahlen auf die Sitzverteilung ebenso wenig Einfluss wie nicht abgegebene Stimmen. Nach der Wahlrechtsänderung von 2011 haben ungültige Stimmen jedoch Einfluss auf die Verteilung der Sitze zwischen den Bundesländern. So kann eine ungültige Stimme künftig dazu führen, dass eine Partei einen Sitz verliert und eine andere Partei einen gewinnt. In der amtlichen Wahlstatistik ist gemäß 4 Wahlstatistikgesetz auch der Ungültigkeitsgrund ein Erhebungsmerkmal. Zuletzt (für die Bundestagswahl 2005) veröffentlicht [11] wurden die Zahlen für insgesamt 12 Kategorien von (teilweise) ungültigen Stimmzetteln. Es handelt sich dabei allerdings nur um Kombinationen aus den 3 Basiskategorien leer oder durchgestrichen, mehrere Kreuze und sonstige Ursachen, getrennt nach Erst- und Zweitstimme, woraus sich kaum erschließen lässt, ob die Ursache Absicht, Versehen oder Unkenntnis des Wahlrechts war. Für Kombinationen aus ungültiger und gültiger Stimme auf einem Stimmzettel wurden auch die zugehörigen gewählten (größeren) Parteien aufgeschlüsselt. Bei der Parteienfinanzierung wirkt eine ungültige Stimme wie eine nicht abgegebene Stimme: Die Parteien erhalten für sie kein Geld. Nachdem aber die Parteienfinanzierung gedeckelt ist und der maximale Gesamtbetrag regelmäßig ausgeschöpft wird, ist der Unterschied zu gültigen Stimmen für an der Parteienfinanzierung teilnehmende Parteien in der Praxis gering. Tendenziell profitieren von weniger gültigen Stimmen die Parteien mit überdurchschnittlich hohem Spendenaufkommen (inklusiv Mitgliedsbeiträgen), weil dadurch mehr Geld für den Spendenbonus übrigbleibt. Sperrklausel Sperrklausel ist der Überbegriff für die Fünf-Prozent-Hürde und die Grundmandatsklausel. Gemäß 6 Abs. 6 BWahlG werden Bundestagsmandate über die Landesliste nur an Parteien vergeben, die mindestens 5 % der bundesweiten gültigen Zweitstimmen erreichen. Alternativ genügt es, wenn eine Partei mindestens drei Direktmandate erringt (Grundmandats-, Direktmandats- oder Alternativklausel). In diesem Fall erhält sie trotzdem Proporzmandate entsprechend ihrer Zweitstimmenanzahl. Die Zweitstimmen für Parteien, die weder die Sperr- noch die Grundmandatsklausel überwinden, werden beim Verhältnisausgleich (Verteilung der Proporzmandate) nicht berücksichtigt. Die Grundmandatsklausel bevorzugt unter den kleinen Parteien jene, deren Wählerschaft regional stark konzentriert ist, wie die Deutsche Partei zu den Wahlen 1953, als sie bei einem Zweitstimmenanteil von 3,3 % und zehn Direktmandaten mit 15 Abgeordneten und 1957, als sie bei einem Zweitstimmenanteil von 3,4 % und sechs Direktmandaten mit 17 Abgeordneten im Bundestag vertreten war. Nach der Wahl 1957 kam die Grundmandatsklausel erstmals 1994 wieder einer Partei zugute: Die PDS errang in Berlin vier Direktmandate. Daher konnte sie mit einem Zweitstimmenanteil von nur 4,39 % mit 30 von 672 (4,46 %) Abgeordneten in den Bundestag einziehen, hatte dort jedoch nur Gruppen- und keinen Fraktionsstatus, für den sie 5 % der Sitze benötigt hätte. Die Sperrklausel soll eine Parteienzersplitterung verhindern, die in der Weimarer Republik zur Handlungsunfähigkeit des Parlaments zum Teil beigetragen hatte. Im Grundgesetz wird die Sperrklausel nicht erwähnt; sie steht mit dem Grundsatz der gleichen Wahl in Konflikt, der unter einem Verhältniswahlsystem bedeutet, dass jede Wählerstimme grundsätzlich das gleiche Gewicht haben muss. Jedoch ist man sich darüber einig, dass die Sperrklausel für die Stabilität des Parteiensystems, der Handlungsfähigkeit von Parlament und Regierung und damit für die politische Stabilität wichtig ist. Hier besteht Konkurrenz zwischen zwei Verfassungszielen, für die ein Ausgleich geschaffen werden muss. Das Bundesverfassungsgericht billigt die Sperrklausel mit dem Argument, dass gegen ein Verfassungsziel hier also gegen die Einhaltung eines Wahlrechtsgrundsatzes in engen Grenzen verstoßen werden darf, wenn dies zur Erreichung eines höheren Verfassungsziels unumgänglich ist. Demnach lässt das Bundesverfassungsgericht eine Sperrklausel von maximal 5 % zu. Der Gesetzgeber hat also keinen Spielraum zu ihrer Erhöhung. Parteien nationaler Minderheiten, wie etwa der SSW, der zuletzt 1961 an einer Bundestagswahl teilgenommen hat, sind aufgrund des verfassungsrechtlich gebotenen Minderheitenschutzes von der Sperrklausel befreit. Diese Sonderregelung gilt nicht etwa für eine Partei der Türken, da Türken in Deutschland nicht den Status einer nationalen Minderheit genießen wie die Dänen und Friesen in Schleswig-Holstein mit ihrer Partei SSW oder die Sorben in Sachsen.